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Geisteswissenschaften


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Produktart: Buch
Verlag: Bachelor + Master Publishing
Erscheinungsdatum: 02.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 40
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Die vorliegende Arbeit vergleicht die Dramen ‘Don Juan kommt aus dem Krieg’ von Ödön von Horváth und ‘Don Juan oder die Liebe zur Geometrie’ von Max Frisch als Variationen der literarischen Figur, wie sie die europäische Literatur seit Tirso de Molina kennt. Sie möchte die These belegen, dass beide Dramen in ihren Variationen des literarischen Stoffes die Erwartungen, die der Name Don Juan hervorruft, nicht erfüllen. Horváth und Frisch spiegeln in Don Juan ihre eigene Zeit, sie gestalten die eigenen Themen und Gegenwartserfahrungen literarisch. Im Vordergrund der Arbeit steht ein inhaltlicher Motivvergleich, der die Entwicklung Don Juans, sein Verhältnis zu den Frauen und zur Liebe sowie sein Verhältnis zur Religion behandelt. Er richtet sich auf die Verfremdungen, die beide Dramen prägen, und schließt mit einer kurzen Einordnung in das Werk der Autoren, durch die sie in den Kontext ihrer wesentlichen Themen gestellt werden.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 3, Vergleich der Don Juan-Dramen von Horváth und Frisch: 3.1, Don Juans Entwicklung: Der Vergleich der Entwicklung Don Juans bei Horváth und Frisch gibt einen ersten Einblick, wie weit die Autoren sich von der Tradition unterscheiden und wie sie deren Motive einsetzen. Im Folgenden werden wesentliche Entwicklungsschritte hervorgehoben und die Figuren in ihrer individuellen Form der Suche nach einem Ideal charakterisiert. Schon Don Juans erstes Auftreten bei Horváth enttäuscht die Erwartungen, einen vitalen Frauenhelden agieren zu sehen. Aus dem ersten Weltkrieg zurückkommend, trägt er als ausgemusterter Soldat eine verdreckte Uniform und hat als glanzloser Mann nichts Verführerisches an sich. Seine ersten Worte, an eine Soubrette gerichtet, lauten: ‘Ich suche Sie. Wir kennen uns.’ (S. 17) Damit sind bereits zu Beginn zwei Motive genannt, die das Stück prägen: Don Juan befindet sich auf der Suche nach seiner Braut, die er vor dem Krieg verlassen hat, und glaubt sie zunächst in der Soubrette, später in anderen Frauen wiederzuerkennen. Er ist in der Absicht zurückgekehrt, treu zu werden und auf Affären zu verzichten. In einem Brief, den er seiner Braut schickt, betont er, dass er nur ihr gehören wird. Doch eilt ihm sein Ruf voraus: Die ehemalige Vermieterin seiner Braut, bei der er die Suche beginnt, charakterisiert ihn als ‘stadtbekannte Persönlichkeit mit lauter erotischen Skandalaffären’ (S. 19). Sie beschreibt Don Juan konform der Zuschauererwartung, doch stimmt sein Ruf zunächst nicht mit seinem Verhalten überein. Nicht einmal mit einer Prostituierten lässt er sich ein, sondern möchte nur einen Schlafplatz von ihr (vgl. S. 23). Am Schluss des ersten Aktes liegt Don Juan im Krankenhaus und phantasiert todkrank von einem Gespräch mit seiner Braut, in dem er sein früheres Leben scheinbar bereut. Die Krankenschwester muss sich seine Sünden anhören und gewinnt den Eindruck, er brüste sich mit ihnen. Die Wendung zur Reue wirkt auf den Zuschauer daher zweifelhaft. So kurz der erste Akt ist, so kurz hält der beabsichtigte Gesinnungswandel an. Don Juan hat in den ersten sieben Szenen tatsächlich keine Affären mit Frauen, kaum ist er aber von der Grippe genesen, äußert er die Absicht, dass dies nicht so bleiben werde, wenn seine Braut ihm nicht schreibe (vgl. S. 29 und 33). Don Juan meint zwar, durch den Krieg ein anderer geworden zu sein, doch glaubt man ihm nicht. Die Großmutter kichert beim Lesen seines Briefes grimmig, in dem er versichert, eine schwere Kriegsverletzung habe ihn gelehrt, dass man nur einer gehöre (vgl. S. 27). Die Witwe, eine ehemalige Geliebte, belächelt seinen angeblichen Gesinnungswandel höhnisch (vgl. S. 31) und eine Kellnerin hält ihn für einen Verführer (vgl. S. 34), obwohl es eine Kunstgewerblerin ist, die ihn zum Tanzen auffordert. Daraus wird eher zufällig eine Affäre (II.1), es bestätigt sich aber die Prophezeiung der Witwe, dass Don Juan den Frauen ‘nicht entrinnen’ (S. 31) kann. Davon, fast verheiratet zu sein (vgl. S. 24), ist keine Rede mehr, und die Suche nach seiner Braut tritt in den Hintergrund. Stattdessen mietet er ein Zimmer bei einer Professorenwitwe, deren Tochter er sofort anstarrt. Don Juan behauptet, er sei im Krieg ein besserer Mensch geworden und finde sich erst im Frieden wieder (vgl. S. 37-39). Er fällt in seine alten Gewohnheiten zurück: In der folgenden Szene warten vier Geliebte auf ihn, während er mit einer fünften Dame in der Oper sitzt. Vor seiner Vermieterin gibt er am Ende des zweiten Aktes zu ‘Ich find es halt nicht, mein Ideal’ (S. 50). Es ist das erste und einzige Mal, dass er selbst von ‘Ideal’ spricht. Jetzt, da das Wort ausgesprochen ist, verliert es seine Wertigkeit. Parallel zum moralischen ‚Abstieg‘ vollzieht sich sein gesellschaftlicher Aufstieg zum Kunsthändler und Geschäftsmann, den er der Kunstgewerblerin verdankt. Mit dem materiellen Erfolg verblassen die Vorsätze, die von Anfang an fragwürdig waren. Der dritte Akt relativiert Don Juans Rolle als Verführer wieder. Erst misslingt es ihm, eine Dame nach einem Maskenball auf sein Zimmer zu locken, wobei er beteuert, keiner anderen zu gehören (vgl. S. 57). Später wird er der Vergewaltigung der minderjährigen Tochter seiner Vermieterin bezichtigt. Er hat ein reines Gewissen und geht selbst zur Polizei, wird aber zum Opfer seines Rufs: Man glaubt ihm seine Unschuld nicht und er muss fliehen. Diese Flucht wird zur Fortsetzung der Suche nach seiner Braut. Die anfängliche Reue aber ist verflogen. Als er die Großmutter trifft, will er seiner Braut sagen, ‘daß man ein Verantwortungsgefühl haben muß für einen, der sich bessern möcht--’. Er will sich nicht mehr ändern: ‘Alles wär anders geworden, hätte sie geantwortet!’ (S. 69). Von der Großmutter erfährt er, dass seine Braut schon lange tot ist. Sie wurde wahnsinnig, weil Don Juan sie verließ, und starb am Trennungsschmerz. Die Großmutter lässt ihn von ihrer Magd zum Friedhof führen. An Annas Grab spricht Don Juan mit seiner toten Braut und glaubt, sie wolle ihn nicht wieder gehen lassen, weil sich sein Mantel am Grabgitter verfängt (vgl. S. 71). Don Juan ergibt sich seiner Todessehnsucht und stirbt im immer stärker werdenden Schneefall. Don Juans Entwicklung hat etwas Paradoxes: Seine Liebe zu seiner toten Braut wird zur Liebe zum Tod. Trotz der Erfahrungen im Krieg, die nicht näher beschrieben werden, ändert er sich nicht: Don Juan ‘bildet sich ein, ein anderer Mensch geworden zu sein. Jedoch er bleibt, wer er ist.’ (S. 11) Die Rückkehr zu Treue gelingt nicht, er entwickelt sich zurück: Aus dem Geschäftsmann des zweiten Aktes wird im dritten wieder der gehetzte Mann des ersten Aktes, der sich verfolgt glaubt (vgl. S. 18 und 64 ff.).

Über den Autor

Verena L. Rumpf wurde 1988 in Grünstadt geboren. Nach ihrem Rechtspflege-Diplom begann sie 2010 das Studium der Germanistik und der Romanistik an der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz, an der sie 2013 den akademischen Grad ‘Bachelor of Arts’ erwarb. Während des Studiums verbrachte sie ein Jahr an der Universität in Dijon und absolvierte Praktika in Straßburg bei ARTE und in Mannheim beim ‘Institut für Deutsche Sprache’. Seit dem Wintersemester 2013/2014 setzt sie ihr deutsch-französisches Studium an der Sorbonne in Paris fort und wird es 2015 in Bonn mit dem Titel ‘Master of Arts’ beenden.

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