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Geschichte


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Produktart: Buch
Verlag: Diplomica Verlag
Erscheinungsdatum: 11.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 104
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Die Stadt Amberg und ihre Umgebung war im letzten Drittel des 19.Jahrhunderts relativ stark industrialisiert. Die Arbeiter dort organisierten sich aber kaum in sozialistischen Gewerkschaften, sondern in katholischen oder christlich-sozialen Arbeitervereinen. Diese Arbeit schildert die Entwicklung der Firmen in Amberg und der nahen Umgebung, wobei der Schwerpunkt auf die Arbeitsbedingungen, die Löhne und die Führung der Betriebe gelegt wird. Aus den bekannten Löhnen und Preisen der Zeit wird ein Bild der materiellen Lebensbedingungen der Arbeiter gezeichnet. Es wird die Entstehung der katholischen Arbeiter-Vereine und der christlichen Gewerkschaften geschildert, insbesondere die Geschichte der Vereine in Amberg und der unmittelbaren Nachbarschaft. Der regionale Untersuchungsraum beschränkt sich auf die Stadt Amberg und Umgebung, hierzu zählt auch das benachbarte Stahlwerk in Rosenberg und der Zeitraum umfasst die Jahre ab etwa 1870 bis 1918.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 3.3, Konsumvereine: Um Lebensmittel und anderen Bedarf billiger einkaufen zu können, wurden Konsumvereine geschaffen. Der erste Amberger Konsumverein dürfte der Verein der Firma Baumann gewesen sein, der 1889 wegen der gestiegenen Brotpreise gegründet worden war, sich auf den Einkauf von Brot beschränkte und nur etwa ein Jahr bestand. Erst 1900 wurde dann ein Konsumverein der Maxhütte in Rosenberg gegründet, - im Haidhofer Werk war dies schon ab 1885 geschehen. In Amberg existierte nach 1900 ein Konsumverein Glückauf der anscheinend zunächst von der katholisch-konservativen Seite dominiert wurde, denn der Geschäftsführer war ein ehemaliger Wahlvorstand des Zentrums. In dem Verein kam es dann auch zu Differenzen zwischen sozialdemokratisch orientierten Mitgliedern und dem Vorstand. Wegen der Konkurrenz zu dem zwischenzeitlich gegründeten Konsumverein der Firma Baumann, geriet der Verein in Schwierigkeiten und musste 1908 Konkurs anmelden, er hatte damals um die 500 Mitglieder. 1910 wurde erneut ein Konsumverein gegründet, diesmal von sozialistisch orientierten Arbeitern, dem aber von den katholischen Kreisen durch Boykotte Probleme bereitet wurden. Auch in den katholischen Arbeitervereinen war oft der Wunsch nach Bildung von Konsumvereinen vorhanden. Dem standen die Präses und Vorstände aber meist ablehnend gegenüber, denn man wollte keinen Keil zwischen die Arbeiter und die Kaufleute treiben, deren Geschäft darunter gelitten hätte, daß in Arbeitervereinen auch Geschäftsleute Mitglied waren und nicht selten im Vorstand saßen, dürfte dabei nicht ohne Einfluss gewesen sein. In den Kriegsjahren wurde die Not aber so groß, daß auch diese Vereine gemeinsame Einkäufe organisierten, Kohle, Kraut und Kartoffeln wurden waggonweise bestellt. Auch vom der Sulzbacher Arbeiter- Verein sind solche Einkäufe dokumentiert, hier wurden bereits 1904 je 200 Zentner Kohlen und Kraut bestellt, 1916 wurden 4 Waggon Kohlen und 200 Zentner Kraut an die Mitglieder verkauft. 3.4, Arbeitszeit: Die Arbeitszeit betrug in den Fabriken bis etwa 1860 noch bis zu 16 Stunden am Tag, sank danach aber allmählich auf etwa 12 Stunden in den Jahren nach 1870 und auf 10 Stunden oder gar weniger bis 1914. Bei der Gewehrfabrik und der Email-Fabrik folgte die Arbeitszeit etwa diesem Muster, bei den Stahlwerken blieb es während des ganzen Zeitraums bei 12-Stunden Schichten, da die Arbeit prozessbedingt nicht unterbrochen werden konnte und die Arbeitgeber noch nicht bereit waren, auf 8 Stunden pro Schicht herunterzugehen. Dies hätte bei gleichbleibenden Stundenlöhnen aber auch eine zu hohe Lohn-Einbuße für die Arbeiter bedeutet. In den Zeiten waren einige Pausen enthalten, sowohl geplante, aber auch Arbeitsunterbrechungen, weil Maschinen gewartet werden mussten, Material ausblieb oder der Arbeitsprozess es erforderte. Mit der Verkürzung der Arbeitszeit ging später eine effektivere Betriebsorganisation einher, so daß die kürzeren Arbeitszeiten durch kürzere Pausen und erhöhten Leistungsdruck zum Teil kompensiert wurden. Am Anfang der Industrialisierung wurde oft auch am Sonntag gearbeitet. Die Sonntagsarbeit wurde durch Vorschriften der Gewerbeordnungsnovelle von 1891, die aber erst 1895 und 1901 in Kraft traten, eingeschränkt, freilich mit Ausnahme der Schichtarbeit. Zur Arbeitszeit muss man die Wegezeiten rechnen. Die Arbeiter der Maxhütte am Standort Leonberg kamen zum Teil aus Dörfern aus bis zu 20 km Entfernung, diese Wege mussten sie zu Fuß zurücklegen, soweit sie keine Möglichkeit hatten, in der Nähe zu übernachten. Für das Rosenberger Werk und die Amberger Fabriken finden sich keine Angaben über die üblichen Wegezeiten, man kann aber davon ausgehen, daß auch hier viele Arbeiter aus umliegenden Dörfern kamen und weite Wege zu Fuß zurückzulegen hatten, soweit sie nicht an der Bahnlinie Nürnberg-Schwandorf wohnten und sich den Fahrpreis leisten konnten. Erholungsurlaub war für Arbeiter bis 1918 nahezu unbekannt. Ausnahmen bildeten lediglich Druckereien, die auch ansonsten Vorreiter für die sozialen Belange der Arbeiter waren. Nach der Jahrhundertwende wurde langjährigen und guten Arbeiter manchmal einige Tage Urlaub für gewährt, so in der Gewehrfabrik. Dieser Urlaub wurde aber nicht als nötig für die Erholung, sondern als Belohnung für gute Arbeit und Betriebstreue gesehen, und war ein Mittel um gutes Personal zu halten. Vorreiter für die regelmäßige Gewährung eines Urlaubs war Josef Habbel, der sich schon in seiner Zeit als Herausgeber der Amberger Volkszeitung als sozial engagierter Journalist zeigte. Nach Berichten eines Fabrikinspektors hatte Habbel ab 1884 75 älteren und getreuen Arbeitern und Arbeiterinnen seiner Regensburger Buchdruckerei einen bezahlten 14tägigen Urlaub gewährt. Spätestens ab 1898 kamen alle seine Arbeiter in diesen Genuss. Hiervon konnten andere Arbeiter nur träumen, selbst 1908 wurde in Amberg nur wenigen Stahlarbeitern und Bergleuten ein freiwilliger Urlaub von einer Woche gewährt. 3.5, Wohnungen: Durch das schnelle Anwachsen der Bevölkerung im Zuge der Industrialisierung wurde die Wohn-Situation in Amberg problematisch. Vor allem die hohe Fluktuation der Beschäftigung in der Gewehrfabrik und die explosive Entwicklung der Email-Fabrik dürften den Arbeitern große Probleme bereitet haben, in Amberg eine Wohnung zu finden. Die Stadt Amberg selbst fühlte sich allerdings zu keinen Maßnahmen berufen, dem Wohnungsmangel abzuhelfen, man verließ sich auf die private Initiative. Auch als der Magistrat 1906 einräumen musste, daß der Zustand der Altbauten in der Stadt wegen Feuchtigkeit, mangelnden Abortanlagen und hygienischen Missständen sehr mangelhaft war, folgten keine Aktivitäten. Selbst als die Kreisregierung 1908 die Stadt zu einer aktiveren Wohnungsbau-Politik drängte, geschah nichts, erst 1913 wurde zumindest ein Wohnungsinspektor angestellt. Allerdings gründete sich 1905 eine gemeinnützige Baugenossenschaft, sowie ein Bau- und Sparverein der Gewehrfabrik-Arbeiter , die von der Stadt mittels günstiger Darlehen und verbilligten Kosten unterstützt wurden. Wegen dem Wohnungsmangel für Arbeiter der Gewehrfabrik kam es am 11.11. 1903 sogar zu einer Debatte im Landtag, auf die das Kriegsministerium mit dem Bau von Arbeiterwohnungen reagierte. Allerdings wurden bis 1907 nur 20 2-3 Zimmer-Wohnungen fertiggestellt, was die Wohnungsnöte kaum mildern konnte. Diese Wohnungen wurde für 147 – 95 Mark im Jahr an lang gediente und erprobte Arbeiter vermietet.69 Für die bei weitem meisten Wohnungen sorgte die Firma Baumann. 1896 wurden 230 Arbeiterwohnung in der Nähe der Fabrik gebaut, weitere folgten später. Für die Führungskräfte und einige wenige Facharbeiter des Amberger Bergwerks und später der Luitpold-Hütte wurden schon früh Werkswohnungen gebaut, so sollen um 1900 alle Beamten und Bedienstete über Werkswohnungen verfügt haben. Für die Unterkunft der Arbeiter verließ man sich auf den normalen Amberger Wohnungsmarkt, das erste Arbeiterwohnhaus für 4 Familien wurde erst 1898 errichtet. Auch als 1904 die Wohnsituation von den Zentrumsabgeordneten Giehrl und Lerno als außerordentlich mißlicher Natur gerügt wurde, geschah noch nichts, erst ab 1909 wurden weitere Wohnungen für Arbeiter gebaut, so daß es bis 1917 25 Häuser mit 28 Wohnungen gab, mit je einer Wohnfläche von 46qm und einem Garten. Die Luitpoldhütte förderte den Eigenbau von Häusern, indem Werksgrundstücke günstig als Bauland verkauft wurden, dazu gab es einen Zuschuss von bis zu 750 Mark und ein Darlehen von 1000 Mark mit 5% Verzinsung. Des weiteren wurde Baumaterial zum halben Preis abgegeben und Baupläne kostenlos erstellt. Als Ergebnis waren bis 1913 5 Häuser mit je 3 Wohnungen entstanden, diese Arbeitersiedlung Luitpoldhöhe entwickelte sich dann während des Kriegs und danach noch gut weiter. Für die Maxhütte in Rosenberg meldete das Amberger Tagblatt im Juli 1991 den Bau von 6 Häusern für Arbeiter und 2 für Beamte , in denen 42 Familien Platz fänden. Dies war auch sicher dringend nötig, denn Rosenberg selbst war zu dieser Zeit nur ein kleines Dorf, das für die plötzlich erscheinenden Arbeiter sicher keinen Wohnraum übrig hatte. Auch das nahe gelegene Sulzbach konnte für die vielen Arbeiter wohl kaum genug günstigen Wohnraum anbieten. Nachdem eine große Zahl von Arbeitern vom Werk Haidhof nach Rosenberg verlegt wurden, wurde im Oktober 1991 erneut der Bau einer stattlichen Reihe von Häusern gemeldet und im März und September des nächsten Jahres wuchs die Arbeitersiedlung abermals um 56 Häuser mit 236 Wohnungen. Laut der Zeitung betrug die Miete 60 Mark im Jahr.72 Für die Arbeiter im Stammwerk Haidhof waren schon früher Wohnungen gebaut worden, bis 1873 angeblich 43 Häuser mit 89 Wohnungen. Das Amberger Mietniveau lag 1913 bei 80 -110 Mark für zwei, bis 130 Mark für drei und bis zu 200 Mark für vier Zimmer. 74 Der Jahreslohn eines Arbeiters kann mit mindestens 936 Mark angesetzt werden, dies war der amtliche ortsübliche Lohn in Amberg. Von den hier dargestellten Firmen zahlte keine weniger, die Löhne waren meist höher, bei der Luitpoldhütte konnte der Jahreslohn bis zu 1850 Mark betragen, üblich werden um die 1500 Mark im Jahr gewesen sein. Damit betrug der Aufwand für eine mittlere Wohnung (3 Zimmer für 150 Mark/Jahr) zwischen 16% und 8%, meist werden es um die 10% gewesen sein. Die Firma Baumann verlangte für ihre Werkswohnungen zwischen 48 und 105 Mark Jahresmiete, also nur etwa die Hälfte des üblichen Preises.75 Für heutige Verhältnisse sind diese Mietpreise sehr günstig, daher fällt es schwer sich vorzustellen, warum viele über die viel zu hohen Mieten schimpften, die sich Arbeiter kaum leisten könnten. Dies lässt sich aus der anderen Verteilung der damaligen Lebenshaltungskosten erklären. Da Nahrungsmittel in Relation zu heute weit teurer waren, musste der größte Teil des Lohns für sie ausgeben werden. Für die Miete dann blieb nicht viel Geld übrig.

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