Suche

» erweiterte Suche » Sitemap

Gesellschaft / Kultur

Alexandra Edlinger

LanguAGEING: Fremdsprachen Lernen im Alter

ISBN: 978-3-95935-190-4

Die Lieferung erfolgt nach 5 bis 8 Werktagen.

EUR 44,99Kostenloser Versand innerhalb Deutschlands


» Bild vergrößern
» weitere Bücher zum Thema


» Buch empfehlen
» Buch bewerten
Produktart: Buch
Verlag: disserta Verlag
Erscheinungsdatum: 02.2016
AuflagenNr.: 1
Seiten: 368
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Vor dem demografischen Hintergrund einer alternden Gesellschaft und der von der Europäischen Union propagierten Devise des Lebensbegleitenden Lernens stellt Lernen im Alter ein brandaktuelles, aber noch wenig erforschtes Thema dar. Die Wahrnehmung der Lernerfahrungen von Fremdsprachenlernenden in der nachberuflichen Lebensphase steht daher im Mittelpunkt dieser Studie. Die aus der empirischen Untersuchung entstandenen Lernendentypen bestätigen einen angenommenen starken Zusammenhang zwischen Lebens-, Berufs- und Bildungserfahrungen und Sprachlernaktivitäten im Alter. Selbstbestimmtes Lernen und selbstbestimmtes Handeln scheinen in einem Zusammenhang zu stehen. Somit ergibt sich für die Unterrichtspraxis mit Älteren die Notwendigkeit einer gezielten Lehrendenfortbildung. Es geht darum, verinnerlichte Altersstereotype kritisch zu hinterfragen, um diesen im Unterricht aktiv entgegentreten zu können. Lernen im Alter ist, so wird auch in diesem Buch aufgezeigt, nicht nur eine Möglichkeit, sondern auch eine Notwendigkeit, um sich selbst als aktives Mitglied der Gesellschaft zu erfahren und ein autonomes Leben zu führen.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 5.1.1. Lernen als Aufbau von Neuronenpopulationen: Lernen ist aus neurologischer Sicht nichts anderes als der Aufbau von Neuronenpopulationen. Wenn ein Reiz kommt, wird im Limbischen System geprüft, ob er relevant ist. Sollte dies der Fall sein, entsteht bereits eine erste schwache Neuronenverknüpfung, die durch Wiederholung und unter günstigen Bedingungen (Motivation, Emotion, Aufnahmefähigkeit durch ausreichend Schlaf etc.) gefestigt wird und in den subkortikalen Bereich wandert. Durch weitere Wiederholungen entsteht eine feste Verbindung im Kortex (vgl. Grein (2012)). Jedes Neuron hat am Ende Kontaktstellen, die sogenannten Synapsen, zum Aufbau von Neuronenverbindungen. Zwischen diesen Synapsen werden Signale durch Neurotransmitter übertragen. Dieser Neurotransmittercocktail ist bei jedem Menschen anders zusammengesetzt. Der Neurotransmitter Dopamin zum Beispiel wird durch Lob hervorgerufen und führt zu einer besseren Speicherleistung. In Lernsituationen gilt es also den für jeden Lerner/jede Lernerin unterschiedlichen Neurotransmittercocktail anzuregen, damit Lernen erleichtert wird. Verbindungen, die häufig verwendet werden, werden mit einer Myelinschicht überzogen. Diese Myelinhülle macht eine schnellere Feuerung zwischen den Synapsen möglich und die übertragenen Signale kommen schneller voran. Das heißt Wissen, das wir haben, sind fest miteinander verknüpfte Neuronen, ganze Neuronenpopulationen. Bei jedem Wissen, das wir neu aufnehmen, ändert sich der Kortex, also die Verbindungen der Neuronen. Dies wird als synaptische Plastizität bezeichnet. Synaptische Plastizität ist bis ins hohe Alter gegeben. Was sich mit dem Alterungsprozess verändert, ist die Zusammensetzung des Neurotransmittercocktails und die Myelinhülle, die mit dem Alter abnimmt. Daher kann es auch zu einer Verlangsamung der Verarbeitungsgeschwindigkeit kommen. 5.1.2. Das Gedächtnis: Etwas zu lernen bedeutet Informationen wahrzunehmen, zu speichern und wieder aufzurufen. Der Speicherplatz für Informationen ist das Gedächtnis. Traditionell wird zwischen Langzeit- und Kurzzeit- (oder Arbeits-) gedächtnis unterschieden. Wobei das Langzeitgedächtnis aus zwei Komponenten, dem deklarativen, expliziten und nicht deklarativen, impliziten Gedächtnis besteht. Die deklarative Komponente umfasst das episodische Gedächtnis (Speicher für Vergangenes) und das semantische Gedächtnis (Speicher für Weltwissen). Die nicht deklarative Komponente ist für prozedurale Fähigkeiten, klassische Konditionierung und nicht-assoziatives Lernen zuständig. (vgl. Squire (2004)). Es wird allerdings angenommen, dass beide Arten des Gedächtnisses miteinander interagieren und nicht getrennt voneinander arbeiten. Das deklarative Gedächtnis ist für das Lernen von Fakten und Ereignissen zuständig, das nicht deklarative Gedächtnis ist beim Perzeptionslernen und dem Erlernen von motorischen Fertigkeiten involviert. Das mentale Lexikon wird mit dem deklarativen Gedächtnis und die mentale Grammatik mit dem nicht deklarativen Gedächtnis in Verbindung gebracht. Diese Unterscheidung wird auch durch neurowissenschaftliche Untersuchungen bestätigt, die unterschiedliche Kreisläufe für unterschiedliche Gedächtnisleistungen identifizieren konnten. (vgl. Stemmer 2010). Das Arbeitsgedächtnis (auch Kurzzeitgedächtnis) bewerkstelligt die kurzzeitige Speicherung und Manipulation von Informationen, sowie die Auswahl und Erhaltung von Zielen. Dass verschiedene neuronale Substrate für verschiedene Gedächtnisleistungen aktiv sind, gilt als Beweis für die Existenz dieser verschiedenen Gedächtnissysteme. Verschiedene Neurotransmitter, Hormone und Proteine steuern die verschiedenen Gedächtnisleistungen in den unterschiedlichen Hirnarealen. Das deklarative Gedächtnis wird mit dem medialen Teil des Temporallappens in Verbindung gebracht. Dieser Teil des Gehirns enthält den Hippocampus, der aus dem Gyrus dentatus, den subikularen Komplex und den perirhinalen und parahippocampalen Kortex besteht. Der Hippocampus fungiert als eine Art Umschaltstelle, in der Informationen aus verschiedenen sensorischen Systemen aufeinander treffen. Die Informationen werden dort geordnet und mit Erinnerungen und Gefühlen assoziiert. Dadurch treten die Informationen mit anderen Gehirnregionen in Verbindung und werden dort gespeichert. So werden Gedächtnisspuren gelegt und neue Synapsen und Verbindungen geformt. Der Hippocampus ist also eine wichtige Gehirnregion für das Lernen. Das prozedurale Gedächtnis wird in den Basalganglien, dem Zerebellum, dem Neokortex und dem ventralen System lokalisiert. Im Frontalkortex wird das Arbeitsgedächtnis vermutet. In den oberen, dorsalen Teilen des präfrontalen Kortex erfolgt die aktive und selektive Manipulation von Informationen im Arbeitsgedächtnis. Der vordere Teil des frontalen Kortex ist mit der aktiven Selektion und dem Halten von Inhalten im Arbeitsgedächtnis beschäftigt. Allerdings arbeiten diese Gehirnteile nicht getrennt und unabhängig voneinander, erst ihre Interaktion macht Gedächtnis möglich. Mit dem Alterungsprozess verändert sich das Gehirn auf verschiedenen Ebenen: Auf makroskopischer Ebene lässt sich ein Schrumpfen des Hirnvolumens feststellen. Auf mikroskopischer Ebene zeigt sich ein Rückgang in der Dichte der weißen Gehirnsubstanz, ein Rückgang in der Neuronenanzahl und –dichte, sowie damit einhergehende Veränderungen auf biochemischer Ebene. Die Dichte der weißen Substanz nimmt ab und die Dichte der Neuronen geht zurück. Am meisten vom Altern betroffen sind Regionen der Gehirnoberfläche, die wichtig für komplexes Verarbeiten sind, aber auch das Verhalten beeinflussen. Besonders beeinträchtigt können Regionen des präfrontalen Kortex sein, der für Planung, Organisation und Entscheidungsfindung und das Arbeitsgedächtnis zuständig ist. Auch im System der Neurotransmitter sind altersbedingte Veränderungen beobachtbar. Die D2 Dopamin und Serotonin Rezeptoren gehen zurück. Sie haben eine wichtige Rolle in der Aufmerksamkeitsregulierung und Reaktionsmodulierung. Untersuchungen haben auch gezeigt, dass der visuelle und der sensorische Kortex im Alter weniger aktiviert werden (vgl. Stemmer (2010)). Kognitive, funktionelle Veränderungen, die mit dem Altern einhergehen, sind Veränderungen in der Verarbeitungsgeschwindigkeit, in den Funktionen des Arbeitsgedächtnisses und bestimmten Aspekten des Langzeitgedächtnisses. Die in der gängigen defizitorientierten Literatur vorherrschende Meinung über Gedächtnisleistungen im Alter ist, dass das Kurzzeitgedächtnis mit zunehmendem Alter weniger leistungsfähig ist. Dies würde also bedeuten, dass neue Information nicht mehr so schnell aufgenommen wird und es in Folge auch schwieriger ist diese Information im Langzeitgedächtnis abzuspeichern. Was allerdings tatsächlich im Alter beeinträchtigt ist, ist das binding, also die Assoziationsbildung. Ort, Ziel und Inhalt von Handlungen werden nicht mehr so zuverlässig miteinander verknüpft. Dies hat auch Auswirkungen auf Einprägen und Erinnern. Einerseits ist es schwieriger neue Assoziationen zu bilden und zu festigen, andererseits werden bereits etablierte Assoziationen nicht mehr so leicht abgerufen. Besonders, wenn Inhalte komplex, ungewohnt oder nicht durch hilfreiche Kontexte der Umwelt begleitet werden, ist das Bilden von Assoziationen erschwert. Laut Burke und Mackay (1997), die eine Reihe von Studien zu Gedächtnis, Sprache und Altern verglichen, sind solche Gedächtnisleistungen kaum alterskorrelierten Beeinträchtigungen unterworfen, die praktische Fähigkeiten und bekannte Information, wie sachbezogene, semantische und autobiographische Sachverhalte, betreffen. Als relativ beeinträchtigt zeigen sich jedoch Gedächtnisleistungen, die neue Information und somit das Erstellen neuer Verbindungen involvieren, wie zum Beispiel neuere autobiographische Informationen, oder neu erlernte Fakten. Gerade im Fremdsprachenlernen geht es um das Erstellen neuer Verbindungen, das Schaffen neuer Kategorien und das Speichern und wieder Aufrufen neuer Information. So stellen Burke und MacKay (1997) fest, dass Ältere größere Probleme als Jüngere damit haben, sich an kürzlich vergangene spezifische Ereignisse zu erinnern, wie zum Beispiel, ob sie ein Wort gelesen oder es selbst aus einem Hinweis rekonstruiert haben, ob es visuell oder auditiv präsentiert wurde, oder ob es nur gedacht oder ausgesprochen wurde. Unterschiede fanden sie auch im impliziten versus expliziten Gedächtnis. Explizite Tests erfordern bewusstes Erinnern an ein bestimmtes vorheriges Ereignis. Zum Beispiel sollen Wörter durch einen Stimulus, der vorher gezeigt wurde, erinnert werden. Implizite Tests untersuchen Effekte einer früheren Erfahrung ohne die bewusste oder explizite Erinnerung an diese frühere Erfahrung. Es sollen zum Beispiel Wörter zu Vogel assoziiert werden, wenn dem Probanden/der Probandin früher Wörter wie Adler präsentiert wurden. Implizite Tests reflektieren das Stärken von existierenden Verbindungen während des Verarbeitens früherer Aufgaben und nicht die Erstellung neuer Verbindungen. Daher treten altersbedingte Beeinträchtigungen eher bei expliziten, aber nicht bei impliziten Tests auf. Das semantische Gedächtnis, der Speicher für Wissen und Fähigkeiten inklusiver semantischer, orthographischer und phonologischer Informationen in Verbindung mit Sprache zeigt wenige altersbedingte Beeinträchtigungen. Das Gedächtnis für neue semantische Informationen hingegen ist von altersbedingten Beeinträchtigungen betroffen, sowohl beim Lernen neuer Fakten, als auch im Lernen neuer kognitiver Fertigkeiten, neuer job-bezogener Fertigkeiten und neuer motorischer Fertigkeiten.

Über den Autor

Alexandra Edlinger, geboren 1980 und aufgewachsen in Niederösterreich, absolvierte das Studium der angewandten Sprachwissenschaft und Sonder- und Heilpädagogik in Wien, Österreich sowie Lund, Schweden. Sie arbeitete als Sprachlehrerin und Bildungsprojektmanagerin unter anderem in Frankreich, Vietnam und Spanien. An der Karl-Franzens-Universität Graz in Österreich dissertierte sie über das Lernen von Fremdsprachen im Alter.

weitere Bücher zum Thema

Akademisierung in der Pflege. Aktueller Stand und Zukunftsperspektiven

Unveränderte Neuausgabe

ISBN: 978-3-95935-596-4
EUR 49,90


Bewerten und kommentieren

Bitte füllen Sie alle mit * gekennzeichenten Felder aus.