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Produktart: Buch
Verlag: Diplomica Verlag
Erscheinungsdatum: 06.2012
AuflagenNr.: 1
Seiten: 132
Abb.: 6
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Bereits seit einigen Jahren ist die Abrechnung ärztlicher Leistungen im medialen Fokus und es häufen sich Meldungen über betrügerisch abrechnende Ärzte und Krankenhäuser. Dabei liegt der Schwerpunkt der Berichterstattung zumeist auf den vermeintlichen Schäden, die durch Falschabrechnungen im Gesundheitswesen entstehen. Immer spektakulärere Beträge werden genannt. Eine detaillierte Berichterstattung über die Hintergründe der Abrechnung von ärztlichen Leistungen und die tatsächlichen Sachverhalte, die solche Anschuldigungen auslösen, erfolgt jedoch nur selten. Dass in einem Großteil der Verdachtsfälle von Abrechnungsbetrug keine Anhaltspunkte für ein strafbares Verhalten gefunden werden und Verfahren wegen Betruges regelmäßig ergebnislos eingestellt werden, ist nur selten eine Meldung wert. Gerade die Privatabrechnung von ärztlichen Leistungen ist jedoch durch eine große Komplexität gekennzeichnet, die durch ein weitreichendes Geflecht von Normen, Gesetzen und Abrechnungsbestimmungen bedingt ist. Darüber hinaus wurde es seit geraumer Zeit unterlassen, die Grundlagen der Privatliquidation weiterzuentwickeln und an modernen Gegebenheiten im Gesundheitswesen anzupassen. Selbst die Höhe der Vergütung privatärztlicher Leistungen ist seit mehr als einem Jahrzehnt unverändert geblieben. Aber es blieben nicht nur Innovationen der letzten Jahrzehnte bisher unberücksichtigt - auch bestehende Konfliktfelder in der Abrechnung wurden nicht korrigiert, sodass eine unstrittige und fehlerfreie Abrechnung nur noch für Spezialisten möglich ist. Für Privatpatienten selbst ist eine ärztliche Abrechnung ohnehin in weiten Teilen nicht mehr nachvollziehbar. Vorwürfe über vermeintlichen Abrechnungsbetrug sind somit kaum verwunderlich. Gerade die chefärztliche Abrechnung ist von diesen Problemen besonders betroffen, da sowohl an die Person des Chefarztes als auch an seine Leistungen besondere Erwartungen geknüpft sind. Dies gilt auch aus Sicht der Patienten, die bereit sind, für die persönliche Zuwendung ein gesondertes Entgelt zu zahlen und ein besonderes Vertrauen in den Chefarzt setzen. Die gebührenrechtlichen Anforderungen an eine einwandfreie Chefarztabrechnung sind ebenfalls besonders hoch. Betrachtet man die Chefarztabrechnung aus Sicht des Betruges, so liegt der Schluss nahe, dass nur in einem geringen Anteil der Fälle ein tatsächlich strafbares Verhalten anzutreffen ist. Es lassen sich hierzu einige Fallkategorien von möglichen Falschabrechnungen unterscheiden, die strafrechtlich relevant sein können. Dazu zählen u. a. Luftleistungen oder nicht persönlich durch den Chefarzt erbrachte Leistungen. Aber muss ein Chefarzt wirklich jede Leistung selbst erbringen und wo liegen die Grenzen einer wirksamen Delegation aus der Perspektive des Gebühren- und Strafrechts? Diesen und anderen Fragen aus der Chefarztabrechnung widmet sich dieses Buch.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 3.1.4, Irrtum: Aus der Täuschungshandlung des Arztes muss ein Irrtum beim Getäuschten, in der Regel ein Privatpatient als Selbstzahler, entstehen. Die Täuschung muss unmittelbar kausal den Irrtum des Patienten erregen oder unterhalten, und sich aus der Erklärung des Arztes, d.h. der Rechnung oder den sie begleitenden Erklärungen ergeben (sog. Äquivalenztheorie). Unter einem Irrtum versteht man die ‘unrichtige, der Wahrheit nicht entsprechende Vorstellung über Tatsachen’. Ferner kann auch das teilweise Fehlen einer Vorstellung irrtumsrelevant sein, wenn gerade in entscheidenden Punkten Lücken vorhanden sind. Nicht als Irrtum verstanden werden kann hingegen, wenn eine Person sich gar keine Gedanken macht. Wer sich keine Vorstellung über Tatsachen macht, kann sich auch nicht über deren Bestehen irren. Insofern muss für die Arztabrechnung von vornherein festgehalten werden, dass nur dann getäuscht und ein Irrtum erregt werden kann, wenn der Patient sich tatsächlich mit der Rechnung des Arztes auseinandersetzt. Wickelt er die Zahlung rein automatisch ab, ohne sich Gedanken über den Inhalt der Rechnung zu machen, kann er sich nicht über die behaupteten Tatsachen irren. Wichtig sind hier gerade die in §12 GOÄ vom Verordnungsgeber festgelegten Mindestinhalte einer privatärztlichen Abrechnung. Intention dieser Regelung ist die Schaffung einer ausreichenden Transparenz, um den Patienten in die Lage zu versetzen, die geforderte Vergütung zu kontrollieren. In der Regel sollte die Rechnungsprüfung in Bezug auf nicht-erbrachte Leistungen für einen durchschnittlich informierten Patienten problemlos möglich sein. Als unmittelbar Beteiligter am Handlungsgeschehen ist es ihm durchaus möglich festzustellen, ob eine Leistung tatsächlich nicht erbracht wurde. Sowohl Leistungsdatum, als auch die eigentlichen ärztlichen Leistungen können vom Patienten normalerweise, auch ohne einschlägige medizinische oder gebührenrechtliche Kenntnisse zu besitzen, zur Gewissheit festgestellt werden. Da der Patient bei der Leistungserbringung selbst anwesend war, kann er an Hand der Rechnung verhältnismäßig genau prüfen, ob bspw. ein EKG durchgeführt wurde oder ob es sich hier um eine versuchte Täuschung handelt. Stellt der Patient bei der Prüfung der Rechnung fest, dass eine Leistung so nicht erfolgte, kann nur noch ein versuchter Betrug in Betracht kommen, da das objektive Betrugstatbestandsmerkmal Irrtum als nicht erfüllt angesehen werden muss und eine Vollendung des Taterfolges unmöglich geworden ist. Ein Patient kann nur über Tatsachen irren, die nicht bereits bekannt sind. Für den Betrug nicht relevant ist jedoch die mögliche Erkennbarkeit einer Täuschung. Für den Irrtum kommt jedenfalls nur das Bestehen einer falschen Vorstellung in Betracht. Die Sorgfalt des Patienten bei der Rechnungsprüfung ist also für das Tatbestandsmerkmal des Irrtums nicht von belang. In den Fällen der tatsächlich erbrachten Leistungen, die jedoch gebührenrechtlich zu beanstanden sind, entfällt der Irrtum in der Regel. Wie bereits im vorangegangenen Abschnitt ausgeführt, handelt es sich in diesen Fällen zu meist nicht um betrugsrelevante Täuschungen, sondern um die Äußerung einer Rechtsmeinung des Arztes. Da also bereits beim objektiven Tatbestandsmerkmal der Täuschung ein Betrug verneint werden kann, muss auch der Irrtum verneint werden, da es ohne ursächliche Täuschungshandlung durch den Arzt an einer Kausalität für einen Irrtum fehlen muss. Für den Irrtum reicht es nach herrschender Meinung auch aus, wenn sich der Getäuschte keine konkrete Vorstellung über einen Sachverhalt macht, jedoch ein ‘...intuitives ‘sachgedankliches’ Mitbewusstsein oder ein ‘Bewusstsein am Rande’’ vorliegt. Diese Vorstellung muss sich aus bestimm ten Tatsachen ableiten, hier wird häufig das Beispiel des Kellners genannt. Er geht ohne gezieltes Nachfragen davon aus, dass ein Gast bereit und in der Lage ist die konsumierten Güter zu bezahlen, wenn dieser das Restaurant betritt und eine Bestellung aufgibt. Für die nicht-erbrachten Leistungen liegt eine ähnliche Konstellation vor, wenn komplexe medizinische oder gebührenrechtliche Sachverhalten in der Rechnungslegung enthalten sind. Die Detailprüfung ist dann nur noch für medizinisch und abrechnungstechnisch informierte Personen möglich. Dem Patienten ist es unmöglich geworden sich eine konkrete Vorstellung über die vorliegenden Tatsachen zu machen, sodass er nur das gedankliche Mitbewusstsein haben kann, dass die abgerechneten Positionen auf einer ordnungsgemäßen Abrechnung des Arztes beruhen. Denn ‘nicht dem Einfältigen, sondern dem Leichtfertigen entzieht das Merkmal ‘Täuschung über Tatsachen’ den Schutz’. Den Chefärzten einer Klinik wird ein besonderes Vertrauen in ihre Fähigkeiten und Person entgegengebracht. Dieses Vertrauen macht für den Verordnungsgeber auch den besonderen Wert von Leistungen der leitenden Ärzte aus und ist der Grund für deren gesonderte Berechenbarkeit. Der so eingeräumte Vertrauensbonus, lässt den Patient also davon ausgehen, dass die Rechnungslegung generell richtig erfolgt und er rechnet nicht mit einer Falschabrechnung. In diesem Fall muss ein Irrtum, ohne konkrete Vorstellung über Tatsachen, angenommen werden, da ein Bewusstsein am Rande besteht. Ob ein solcher Vertrauensbonus tatsächlich besteht oder der Patient die Zahlung ohne bestehende Vorstellungen über die Tatsachen getätigt hat, ist im Einzelfall zu ermitteln. Da es sich um einen Vorgang handelt, der allein in der Person des Patienten vor sich geht, kann nur so eine Prüfung des Tatbestandsmerkmals Irrtums erfolgen und individuell beurteilt werden. Die Beziehung zwischen Arzt und Patient könnte allerdings eine Garantenstellung des Arztes mit Aufklärungspflichten gem. §13 StGB begründen. In der Tat besteht im Arzt-Patienten-Verhältnis die Pflicht zur Aufklärung, dies bezieht sich allerdings nur auf die medizinische Behandlungen, Diagnostik und möglich Risiken, als Nebenpflicht aus dem geschlossenen Behandlungsvertrag. Ferner besteht bei Abschluss einer Wahlleistungsvereinbarung eine Aufklärungspflicht gem. §17 KHEntgG über Inhalt der Vereinbarung und die Form der Vergütung, nicht jedoch über deren Höhe. Eine Aufklärungspflicht über gebührenrechtliche Sachzusammenhänge lässt sich jedoch weder aus dem Behandlungsvertrag, noch der Wahlleistungsvereinbarung ableiten. Eine Schutzfunktion aus dem Behandlungsvertrag kann nur für die Gesundheit des Patienten bestehen, da der Arzt dieses Bereich maßgeblich beherrscht und Schäden von diesem Rechtsgut abwenden kann. Eine Schutzfunktion für das Vermögen des Patienten kann aus dem Arzt-Patienten-Verhältnis, trotz des notwendigen Vertrauen zwischen den Beteiligten, jedoch nicht entnommen werden. Eine möglicherweise auf Grundlage von Treu und Glauben nach §242 BGB begründete Garantenstellung muss ebenfalls verneint werden. Aus dem allgemeinen Verkehrsgebaren eine grundsätzliche Offenbarungspflicht abzuleiten geht zu weit. Im wirtschaftlichen Verkehr kann nicht davon ausgegangen werden, dass man von einem Gegenüber über alle Umstände in Kenntnis gesetzt wird, die zum Nachteil gereichen könnten. Irrtumserregung durch Unterlassen ist also für die ärztliche Abrechnung in der Regel nicht relevant. Werden vom Arzt nicht-erbrachte Leistungen abgerechnet und der Patient erkennt dies nicht oder ist nicht in der Lage dies zu erkennen, so ist das objektive Tatbestandsmerkmal Irrtum als erfüllt anzusehen, wenn sich der Patient auf Grund der falschen Angaben des Arztes eine von der Wirklichkeit abweichende Vorstellung über die erklärten Tatsachen macht. Natürlich gilt dies nur dann, wenn sich der Irrtum kausal aus der vorliegenden Abrechnung oder ergänzenden Erklärungen des Arztes ergibt. Sollten andere Umstände zum Entstehen des Irrtums geführt haben, wäre die Kausalitätskette durchbrochen und im Ergebnis allenfalls der Betrugsversuch zu prüfen.

Über den Autor

Der Autor Tim Patrik Albrecht, geboren 1980, absolvierte neben seiner Ausbildung als Kaufmann im Gesundheitswesen erfolgreich ein Dual-Studium zum Diplom-Wirtschaftsjuristen (FH) an der Fachhochschule für Ökonomie und Management in Essen. Bereits seit elf Jahren ist er im Bereich der Abrechnung von Arzt und Krankenhausleistungen tätig. In seiner beruflichen Praxis beschäftigt er sich hauptsächlich mit gebührenrechtlichen Auseinandersetzungen. Durch sein Studium und seine beruflichen Erfahrungen motiviert, entwickelte der Autor ein besonderes Interesse, die Theorie und Praxis zusammenzuführen und sich der Thematik des vorliegenden Buches detaillierter zu widmen.

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