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Produktart: Buch
Verlag: Diplomica Verlag
Erscheinungsdatum: 01.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 156
Abb.: 37
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Der Schwerpunkt des vorliegenden Buches liegt in der Aufarbeitung aller bisher bekannten Besonderheiten und Eigenwilligkeiten des menschlichen Entscheidungsverhaltens. Die Behandlung des tatsächlichen menschlichen Entscheidungsverhaltens, in Abgrenzung zum normativ geforderten, setzt am homo oeconomicus an und zeigt die vielfältigen Limitationen des normativen Modells auf. Diese liegen einerseits in der Komplexität von Entscheidungssituationen begründet, d.h. den für den menschlichen Verstand 'vertrackten' Eigenschaften komplexer Probleme oder Systeme, andererseits aber auch in den kognitiven und ebenso den emotionalen und motivationalen Einschränkungen der menschlichen Informationsverarbeitung. Die mittlerweile vorliegenden Modelle, die die Abweichungen des Entscheidungsverhaltens vom Rationalmodell (bounded rationality) beschreiben und erklären, werden vorgestellt das sind, beginnend mit Simon, die gut belegten Entscheidungsanomalien aus Kahneman & Tverskys prospect theory, die Urteilsheuristiken, die Asymmetrien der Gewinn- und Verlustwahrnehmung und andere Eigentümlichkeiten. Behandelt sind darüber hinaus das garbage can-Modell, das Unternehmensentscheidungen illusionslos mit dem Bestücken eines Abfalleimers vergleicht, Kahnemans schnelles und langsames Denken, die gelernte Sorglosigkeit, der Entscheidungsautismus, auch in seiner groupthink-Form. Das Problem von Fehlentscheidungen in Wirtschaftsbetrieben sowie eine empirische Erhebung deutscher Maschinenbauer vervollständigen das Buch.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 3.3.4.3, Probleme in Wirtschaftsbetrieben, der Politik und Privathaushalten: KIRCHLER (2011) illustriert ein lebhaftes Bild vorherrschender Probleme, die auf das Garbage-Can-Modell zurückzuführen sind. Seiner Meinung nach sind die Erkenntnisse des Modells auf eine Vielzahl von Organisationen anwendbar. Dazu gehören Wirtschaftsbetriebe, die Politik und sogar private Haushalte. So müssen beispielsweise Universitätslehrer Entscheidungen treffen, die zwar ihr Lehrgebiet betreffen, aber eigentlich einen verwaltungstechnischen Akt beschreiben, über den sie u. U. nur teilweise Bescheid wissen. Häufig werden unnütze Informationen eingesammelt und Entscheidungen unter Zeitdruck herbeigeführt, die nicht sorgfältig geprüft werden können (KIRCHLER, 2011). Als Beispiel nennt KIRCHLER (2011) die Budgetvergabe in Universitäten. So müssen Budgets unbedingt zum Ende der Planungsperiode aufgebraucht – auch wenn dadurch noch so unnütze Investitionen getätigt werden – damit der Erhalt neuer Mittel zur nächsten Periode gerechtfertigt wird. Diese Entscheidungen führen wiederum zu neuen Problemen. So ist die Universität dann z. B. in Besitz einer Maschine, die sie gar nicht benötigt, wodurch letztendlich eine Lösung für ein Problem existiert, mit der sich die Universität noch gar nicht auseinandergesetzt hat. Auch in diesem Fall sucht sich die Lösung das Problem! Ähnliche Muster zeigen sich in der Politik, in Wirtschaftsbetrieben und der öffentlichen Verwaltung (KIRCHLER, 2011). Auch nennt KIRCHLER (2011) Probleme in Privathaushalten, etwa beim Kauf eines Hauses, bei dem auch verschiedenste Lösungsmöglichkeiten bestehen. Wie gravierend sich Fehlentscheidungen nach dem Mülleimer-Modell auswirken können, zeigt eine Studie der Forscher TIERNAN & BURKE (2002). Sie untersuchten die Anwendbarkeit der Garbage-Can-Theorie (in ihrer weiterentwickelten Form durch John W. Kingdon) auf die Haushaltspolitik der australischen Regierung. Das Ergebnis: Bei komplexen Problemen, in denen womöglich auch noch Zeitdruck herrscht, kommt es häufig zu irrationalen Entscheidungen. Die Folge: immense Kostensteigerungen und eine Vergrößerung des ‘Sumpfes’, d. h. noch kompliziertere Regeln, Gesetze und Vorschriften. Aufgrund der Tatsache, dass gerade innerhalb der Politik sehr unterschiedliche Wissensstände zu bestimmten Themen herrschen, gepaart mit extrem instabilen Zielen und ständig wechselnden Teilnehmern, kommt es häufig zu Entscheidungen, die nur noch weitere Probleme mit sich bringen (KIRCHLER, 2011). TIERNAN & BURKE (2002) nennen hierfür beispielsweise die Regulierung von Subventionen, Änderungen im Gesundheitssystem oder die Regulierung des Steuerwesens. 3.3.4.4, Voraussetzungen zur Verhinderung eines Garbage-Can-Vorgehens: Entscheidungsprozesse in Organisationen unterliegen also dem relativ zufälligen und gleichzeitigen Zusammentreffen dieser Ströme (wie in einem Mülleimer auch). Entscheidungen sind also ein Produkt dieser relativ unabhängigen Ströme (MARCH & OLSEN, 1994). Das bedeutet aber auch, dass Entscheidungen von Organisationen häufig gar nicht selbst entwickelt werden bzw. sie diese nur kopieren und Probleme teilweise gar nicht selbst erkennen. KIRCHLER (2005) beschreibt diesen Umstand so, dass aufgrund der mehr oder weniger chaotischen Zustände innerhalb der Organisationen – er nennt hierfür den Begriff der ‘chaotischen Arenen’ – es vorkommen kann, dass überhaupt erst eine vorhandene Lösung auf ein bestimmtes Problem aufmerksam macht, bevor dieses (ohne die Lösungsoption) als Problem identifiziert wird. Zur Findung einer optimalen Lösung, die unabhängig von den oben genannten Merkmalen sowie von den unterschiedlichen Strömungen der Organisation ist, bedürfte es der Schaffung von Ordnung und dem Einholen von Informationen (KIRCHLER, 2011). Sämtliche entscheidungsbeeinflussenden Störelemente müssten beseitigt werden (MACHARZINA & WOLF, 2010). Nun wird klar, vor welchem Problem sich Führungskräfte in Entscheidungssituationen wiederfinden: Innerhalb organisierter Anarchien können Probleme häufig nicht durch getroffene Entscheidungen gelöst werden, da diese ‘Lösungen’ nur ein Produkt verschiedener Ströme sind und zufällig entdeckt werden. Dementsprechend sind Entscheidungsträger davon abhängig, welche Lösungen gerade ‘vorüber schwimmen’ bzw. ‘heran treiben’ und ob diese Lösungen einigermaßen zu den Problemen passen (KIRCHLER, 2011). Probleme werden somit häufig entweder ‘übersehen’ oder ‘umgeschichtet’, selten aber gelöst. In diese Beschreibung fügt sich das Bild der ‘chaotischen Arenen’ ein, innerhalb derer Ordnung geschaffen werden müsste, um rationale Entscheidungen treffen zu können (KIRCHLER, 2011). Daneben ergeben sich nicht nur Probleme für die Organisation, sondern auch für die Mitarbeiter (z. B. Frustration oder Verschwendung psychischer und physischer Energie KIRCHLER, 2011). Es stellt sich nun die konkrete Frage, unter welchen Voraussetzungen ein solches Garbage-Can-Vorgehen vermieden werden kann und Entscheidungen effizienter und rationaler getroffen werden können. BERGER & BERNHARD-MEHLICH (2006) beschreiben, dass es hierzu notwendig wäre, Probleme, Lösungen, Teilnehmer und Entscheidungsgelegenheiten von der Entscheidung loszulösen und sicherzustellen, dass diese nicht von außen beeinflusst werden. Die wesentlichen Punkte, die die Voraussetzungen für die Verhinderung von Garbage-Can-Entscheidungen bilden und die auf die am Anfang des Kapitels 3.3.4 beschriebenen Merkmale abzielen, sind folgende (MARCHARZINA & WOLF, 2010 MARCH & OLSEN, 1994): Transparenz organisatorischer Prozesse, Vorgänge und Strukturen (Merkmal: ‘Wissensrestriktion und undurchsichtige Technologie’) Definition der Probleme und Ziele (Merkmal: ‘Instabile Ziele’) die Mitglieder der Entscheidungsgremien (Merkmal: ‘Wechselnde Teilnehmer’). Die organisatorischen Regeln und Strukturen innerhalb eines Unternehmens, in der Politik als auch in gewisser Weise in Privathaushalten, sind maßgeblich dafür verantwortlich, in wie fern Entscheidungen nach dem ‘Mülleimer-Prozess’ getroffen werden. Diese müssen sicherstellen, dass zwischen den oben beschriebenen ‘Strömen’ eine Verbindung hergestellt wird (BERGER & BERNHARD-MEHLICH, 2006). Dabei ist allerdings zu beachten, dass die Unternehmensorganisation selbst nur bedingt dafür sorgen kann, dass die vier Ströme aufeinander treffen. Da – wie oben beschrieben – das Entscheidungsergebnis häufig als Zufallsprodukt eines stochastischen Prozesses angesehen werden muss, kann die Unternehmensorganisation selbst nur einen unwesentlichen Beitrag zur Verhinderung von Garbage-Can-Entscheidungen leisten (BERGER & BERNHARD-MEHLICH, 2006). Vielmehr kommt es auf die Gesamtsituation an, welche allerdings sehr schwer zu analysieren ist (MARCHARZINA & WOLF, 2010). Das bedeutet, dass versucht werden muss, das Entstehen von Mülleimern zu verhindern und somit mehrdeutige und unklare Entscheidungssituationen gar nicht erst auftauchen können (SANDNER, 1990). Dies kann nur durch eine transparente Gestaltung von Prozessen, Strukturen und Vorgängen erreicht werden. Hierzu zählt beispielsweise auch das schriftliche Festhalten von in Meetings gefundenen Lösungsvorschlägen und Ergebnissen (SANDNER, 1990). Wenn es also gelingt, die entscheidungsrelevanten Prozesse transparent zu machen und gleichzeitig dafür zu sorgen, dass die Funktionsweise bzw. die Zusammenhänge von Strukturen und Vorgängen den Mitgliedern am Entscheidungsprozess deutlich gemacht werden, so trägt dies wesentlich dazu bei, dass hinsichtlich des Wissens und der vorhandenen Technologie Restriktionen abgebaut werden und somit der Einfluss eines Merkmals für Mülleimer-Entscheidungen bereits wesentlich reduziert wird (BERGER & BERNHARD-MEHLICH, 2006). Dies kann bereits durch eine gut etablierte Fehlerkultur im Unternehmen geschehen, indem das Eingestehen von Fehlern beispielsweise mit Prämien belohnt wird und somit auch solche zukunftsrelevanten Prozesse transparent gemacht werden (BERGER & BERNHARD-MEHLICH, 2006). Dies setzt allerdings eine entsprechende Kultur innerhalb der Organisation voraus (BERGER & BERNHARD-MEHLICH, 2006). Der zweite wesentliche Punkt, der zur Verhinderung von Garbage-Can-Entscheidungen berücksichtig werden muss, bezieht sich auf die Probleme und Ziele innerhalb einer Organisation. Dabei ist insbesondere folgendes zu beachten (MARCH & OLSEN, 1994): Ziele und Probleme müssen klar definiert sein und von den Teilnehmern akzeptiert werden. Die Anzahl an Entscheidungsmöglichkeiten muss reduziert werden. Wie bereits oben erläutert, kommt es aufgrund instabiler Ziele ebenfalls zu Mülleimer-Entscheidungen. Dabei ist zu beachten, dass dieses zweite Merkmal auch in Verbindung mit dem ersten Merkmal steht, d. h. durch das Erlangen neuen Wissens und durch das ‘Durchblicken’ der Organisation kommt es häufig zu neuen Erkenntnissen und zu neuen Präferenzen und begünstigt Garbage-Can-Entscheidungen (BERGER & BERNHARD-MEHLICH, 2006). Eine unbedingte Voraussetzung ist daher die klare Definition der Ziele und Probleme. Den Teilnehmern am Entscheidungsprozess muss klar sein, worüber sie eigentlich entscheiden. KIRCHLER (2011) beschreibt, dass insbesondere in Organisationen mit starken Verwaltungsstrukturen und starken Hierarchien häufig Entscheidungen getroffen werden, die Entscheidungsträger sich aber nicht über die eigentlichen Probleme und Ziele im Klaren sind. Dies macht auch das oben beschriebene Beispiel deutlich, dass sich die Lösung das Problem sucht. Weiterhin muss die Anzahl an Entscheidungsmöglichkeiten dahingehend reduziert werden, dass den Entscheidungsträgern nicht ein ganzer Papierkorb oder gar verschiedene Papierkörbe an Lösungsmöglichkeiten zur Auswahl stehen. Eine Vielzahl an Entscheidungsalternativen führt zu einer höheren Komplexität des Entscheidungsproblems (MARCH, 1990). Der dritte wesentliche Punkt zur Verhinderung von Mülleimer-Entscheidungen zielt auf die Mitglieder im Entscheidungsgremium ab. Es muss dafür gesorgt werden, dass die an der Entscheidung beteiligten Personen zeitlich stabil an dem Prozess teilnehmen, d. h. sie müssen vorab sorgfältig ausgewählt werden und ihnen muss die Bedeutung einer regelmäßigen Teilnahme klar gemacht werden (BERGER & BERNHARD-MEHLICH, 2006). Aufbauend auf den ersten zwei Merkmalen wird umso deutlicher, weswegen sowohl die Anzahl als auch die Auswahl und Schulung des Teilnehmerkreises wichtig ist. Ein ständig wechselnder Mitgliederkreis hätte zur Folge, dass ständig Uneinigkeit über Probleme und Ziele herrscht und dass es aufgrund neuer Interessen zu einer Erhöhung der Lösungsmöglichkeiten kommt (BERGER & BERNHARD-MEHLICH, 2006). Die Voraussetzungen, welche geschaffen werden müssten, um einer rationaleren Entscheidungsfindung näher zu kommen und um somit einem Garbage-Can-Verhalten aus dem Weg zu gehen, sind vielfältig. Eine Organisation kann diese Voraussetzungen häufig nicht alle schaffen. Zur Illustrierung der Komplexität dieser oben beschrieben Garbage-Can-Entscheidungen sei folgendes Beispiel gewählt, welches an ein von MARCH & OLSEN (1994) beschriebenes Beispiel angelehnt ist: Man stelle sich nur eine Fußballarena, gefüllt mit ganz unterschiedlichen Bällen, vor (= Anzahl der Entscheidungsmöglichkeiten). Nur einer aus dieser Vielzahl an Bällen ist auch wirklich ein Fußball, mit dem auch ein Tor (= richtige Entscheidung nach den geltenden Fußballregeln) erzielt werden kann. Zwar stellen auch die anderen Bälle Lösungen dar, aber wie wahrscheinlich ist es, dass ein Teilnehmer, der nicht weiß, wie das Spiel funktioniert, der nicht weiß, welche Technologie es zur Findung des richtigen Balles gibt, der aus einer Vielzahl unterschiedlicher Bälle auswählen muss, und der nicht weiß, wie ein Fußball überhaupt aussieht, gerade den einzigen vorhandenen Fußball auswählt? Zusätzlich gibt es im Spiel noch zahlreiche andere Mitspieler, die ebenfalls nach dem Fußball suchen und jeder einzelne Spieler ist der Meinung, er habe den richtigen Ball. Es wird also deutlich, wie schwierig es ist, in solch einer Situation die richtige Lösung herbeizuführen! Zwar wird (irgend-) eine Lösung gefunden, inwiefern diese aber die richtige war, stellt sich erst im Laufe der Zeit heraus (BERGER & BERNHARD-MEHLICH, 2006).

Über den Autor

Klaus Wachter wurde 1987 in Bad Waldsee geboren und studierte Internationales Finanzmanagement (B.Sc.) an der European School of Finance der HfWU Nürtingen-Geislingen, an der London Metropolitan University sowie Unternehmensführung (M.Sc.) an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt in Geislingen. Aus seinen Erfahrungen im Controlling eines großen deutschen Maschinenbauers entstand die Anregung zu diesem Buch, welche durch die intensive Auseinandersetzung mit den Themen Entscheidungsfindung, Steuerung komplexer Systeme, strategische Unternehmensführung, Mitarbeiterführung und Organisationsentwicklung schließlich ihre Umsetzung fand.

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