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  • Gruppendynamik in der Zirkuspädagogik: Eine Studie zu den gruppendynamischen Veränderungen während eines zirkuspädagogischen Schulprojekts

Pädagogik & Soziales


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Produktart: Buch
Verlag: Diplomica Verlag
Erscheinungsdatum: 03.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 72
Abb.: 19
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Manege frei! , so schallt es alljährlich aus dem Munde des Zirkusdirektors, in einem rot-weißen Zelt in dem grünen Park gegenüber der freien Waldorfschule Würzburg. Seit 1993 besucht der Zirkus Knirps die Schüler der Waldorf Schule und ermöglicht ihnen ein Zirkuserlebnis der besonderen Art. Es ist nicht nur ein kurzweiliges Zirkus-Spielen, sondern ein Zirkus-Machen und Zirkus-Leben. Schon im Herbst beginnen die ersten Schnuppertage, in denen sich die Schüler mit den verschiedensten Bereichen künstlerischer Darbietung im Zirkus beschäftigen, um sich die für sie interessantesten auszusuchen. Wöchentlich üben die Schüler in den darauffolgenden Monaten in der Schulturnhalle und vertiefen ihre Fähigkeiten und Fertigkeiten in den vielfältigen zirzensischen Künsten. In den Osterferien ist es dann soweit: Der Zirkus kommt. Zusammen mit Helfern bauen die Schüler das Zirkuszelt auf, die Sitztribünen werden positioniert, die Hobelspäne in die Manege eingestreut und der rote Vorhang wird aufgehängt. Sogar ein Vorzelt für den Pausenverkauf wird aufgebaut und zahlreiche Zirkuswägen, in denen geschminkt wird, wo Requisiten verstaut sind und in denen sich die kleinen Artisten umkleiden können, werden um das Zirkuszelt aufgestellt. Die nun folgende Woche des Intensivtrainings inklusive General- und Hauptprobe und der drei abschließenden Wochenendvorstellungen vermitteln jedem einzelnen Teilnehmer das Gefühl, ein Teil des Zirkus zu sein und das zirzensische Leben erfahren zu dürfen. Die Entwicklung und Stärkung der Gemeinschaft im Zirkus wird in der vorliegenden Studie zum theoretischen Bezugsrahmen. Das Ziel liegt in der empirischen Erforschung der sozialen Gemeinschaft in Hinblick auf die gruppendynamischen Veränderungen, die sich durch das Zirkusprojekt auf dem Zirkus-Luna-Hof an der teilnehmenden Schülergruppe beobachten lassen. Das Buch gliedert sich somit in folgende Teile: 1. Theoretischer Hintergrund zur Zirkuspädagogik (Kapitel 2) 2. Theoretischer Hintergrund zum soziologischen Thema der Gruppendynamik (Kapitel 3) 3. Durchführung des einwöchigen Zirkusprojektes (Kapitel 4) 4. Auswirkung eines Zirkusprojektes auf die Gruppendynamik (Kapitel 5) Die Punkte drei und vier orientieren sich an dem konkreten Praxisbeispiel eines einwöchigen zirkuspädagogischen Schulprojekts zweier Schulklassen einer Grundschule auf dem Zirkus-Luna-Hof. Im Zuge von Teil drei wird zum einen auf die Rahmenbedingungen des besagten Zirkusprojekts eingegangen und zum anderen das Projekt in seiner Struktur beschrieben. Punkt vier befasst sich, unter Berücksichtigung des im dritten Teil geschaffenen theoretischen Hintergrunds, mit der konkreten Erforschung der Gruppendynamik der am Projekt teilnehmenden Gruppe. Hierbei bedient sich das Buch der Ergebnisse der soziometrischen Studie, die ihre Rohdaten aus einer Erhebung vor und einer Erhebung nach dem Zirkusprojekt zieht.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 2.4, Der motorische Wirkungsbereich: Die vielfältigen Bewegungsmöglichkeiten, die die diversen Zirkusdisziplinen bieten, fördern die Kinder- und Jugendzirkusteilnehmer im motorischen Lernen. Kurt Meinel und Günter Schnabel verstehen unter motorischem Lernen die Aneignung – die Entwicklung, Anpassung und Vervollkommnung – von Verhaltensweisen und -formen, speziell von Handlungen und Fertigkeiten, deren Hauptinhalt die motorische Aktion, die motorische Leistung ist (2007, S. 149). Entsprechend dieser Definition werden den Kindern und Jugendlichen im zirkuspädagogischen Training sportspezifische Techniken vermittelt. Sie lernen zum Beispiel die motorische Bewegungsausführung einer Sprungrolle in der Bodenakrobatik oder verbessern die Hand-Auge-Koordination im Jonglage-Training. Der motorische Wirkungsbereich von Zirkus darf jedoch nicht auf das Lernen motorischer Fertigkeiten beschränkt werden, vielmehr ist ‘das motorische Lernen […] als integrierender Bestandteil der körperlichen Vervollkommnung und sportlichen Leistungsentwicklung ein Aspekt der Persönlichkeitsentwicklung’ (Meinel und Schnabel, 2007, S.209). Die zahlreichen Bewegungs- und Körpererfahrungen gelten als wichtige Entwicklungsanreize für den Organismus des Kindes und beeinflussen nicht nur die motorische, sondern auch die geistige und soziale Entwicklung. Kinder erlangen durch das zirzensische Training Selbstbewusstsein und erhöhen ihr Selbstvertrauen. Dies wird in einem neuen Körperbewusstsein und wesentlich erhöhter Bewegungssicherheit deutlich. Wobei nicht vergessen werden darf, dass dieses Körperbewusstsein auf den neu erlangten motorischen Kompetenzen und die Bewegungssicherheit auf einer höheren Bewegungskontrolle basiert (vgl. Behrens, 2007, S. 10). Weiterhin ist festzustellen, dass zwischen motorischem und mentalem Lernen eine interdependente Beziehung besteht. Beide Bereiche bedingen und entwickeln sich zwar gegenseitig – schließlich erwirbt der Sportler beim Erlernen einer Bewegung auch kognitives Wissen – jedoch bleibt der kognitive Bereich in Bezug auf das motorische Lernen nur Mittel zum Zweck (vgl. Meinel und Schnabel, 2007, S. 149f.). 2.5, Der kognitive Wirkungsbereich: Der kognitive Wirkungsbereich von Zirkus schließt die Förderung der menschlichen Kreativität, Wahrnehmungs- und Konzentrationsfähigkeit, Problemlösefähigkeit, Frustrationstoleranz und Motivation ein (vgl. Behrens, 2007, S. 11). Kreativität ist in vielen Bereichen zirkuspädagogischer Arbeit gefordert, sei es in Disziplinen des zirzensischen (Bewegungs-) Theaters wie der Clownerie oder Pantomime oder in der Erarbeitung von Zirkusnummern, dem Bühnenoutfit, dem Bühnenbild und der gesamten Zirkusshow. Grabowiecki betont die Bedeutung der Handgeschicklichkeiten für die kognitiven Lernziele der Zirkuspädagogik. Insbesondere die Wahrnehmungs- und Konzentrationsfähigkeit wird hier geschult. Vor allem in den Jonglagedisziplinen lässt sich ‘über bewusstes Wahrnehmen und Erkennen […] leichter lernen und korrigieren’ (Grabowiecki, 1997, S. 36). Während manch einer es schafft, die Drei-Ball-Kaskade durch Rhythmusübernahme und Intuition zu erlernen, ist für andere eine genaue Analyse der Bewegungsstruktur nötig. Diese Analyse ist zum Beispiel durch eine Zeitlupensequenz oder das langsame Rollen der Ballflugmuster an einer schrägen Ebene – wie einer schräggestellten Turnmatte – vorstellbar. Aber auch die Sicherheitsmaßnahmen in den akrobatischen Disziplinen verlangen höchste Aufmerksamkeit und Konzentration, um das Verletzungsrisiko zu minimieren. Die Kinder entwickeln und benötigen Problemlösefähigkeiten unter anderem bei der Zusammenführung der einzelnen Kunststücke zur Zirkusnummer. Beispielsweise sind in den Disziplinen der Bodenakrobatik durchdachte Abläufe wichtig, um fließende und ästhetische Übergänge zwischen den einzelnen Kunststücken zu gestalten. Durch das gegenseitige Beobachten der Trainingsresultate wird weiterhin die ästhetische Wahrnehmung geschult (vgl. Behrens, 2007, S. 11). ‘Mist, es hat schon wieder nicht geklappt!’, ist ein Satz, den man im Training oft hören kann. Gerade im Bereich der Jonglage werden die Frustrationstoleranz und das Durchhaltevermögen der Kinder und Jugendlichen auf eine harte Probe gestellt, denn das, was am Ende so einfach aussieht, erfordert viel Fleiß und Geduld im Training. Aber warum geben die Kinder das Training nicht einfach auf? Warum machen sie da weiter, wo ihnen das Gefühl von Frustration begegnet? Was motiviert sie dazu, die Trainingsstrapazen auf sich zu nehmen? Die Motivation im Zirkustraining rührt daher, dass das Training von Beginn an mit dem Ziel der Aufführung verbunden ist. Das Vorführen des Gelernten ist entscheidend für eine beständige Motivation während des Übens (vgl. Ballreich, 2000, S. 35). Aber nicht nur die Aufführung motiviert die Kinder, sondern auch die einzelnen Kunststücke selbst. Natürlich geht mit den pädagogisch förderlichen Aspekten im Kinder- und Jugendzirkus auch ein gewisser Anspruch an künstlerischer Leistung einher. Denn was wird denn als Ergebnis auf der Bühne präsentiert? Ein Kunststück, etwas Besonderes, das man erlernt hat, eine ungewöhnliche Fähigkeit, die man anderen gerne vorführen möchte. Und genau dieser Fakt, das Beherrschen eines Kunststückes, schafft den Kindern das Erfolgserlebnis, was […] auch beim Auftritt als bestätigender Applaus die pädagogischen Ziele unterstreicht (Gröger, 2007, S. 31). Die Kinder wissen, dass nur besondere Fertigkeiten die Bewunderung des Publikums hervorrufen können und sind daher bereit, eine enorme Anstrengung auf sich zu nehmen, um das schwer erlernte Kunststück auf der Bühne präsentieren zu können. Das Scheitern im Training wird von ihnen als Teil des Lernprozess akzeptiert und infolgedessen bauen die Kinder während dieses Prozesses eine höhere Frustrationstoleranz auf (vgl. Behrens, 2007, S. 10). Auch im Hinblick auf die eigene Leistungsmotivation lernen die Kinder dazu. Weil sie sich besonders schwer zu erreichende Ziele setzen, ist das Erfolgserlebnis umso größer, was wiederum das Durchhaltevermögen und die Leistungs- aber auch die Lernmotivation stärkt. Die Arbeit im Zirkus konfrontiert die Kinder und Jugendlichen folglich mit großen Gefühlsschwankungen zwischen Frustration und Stolz, zwischen Vorfreude und Lampenfieber und fördert dadurch ihre emotionalen Kompetenzen. 2.6, Der sozial-emotionale Wirkungsbereich: In Hinblick auf die Forschung zum gruppendynamischen Prozess (siehe Kapitel 5) ist hier der soziale Wirkungsbereich der Zirkuspädagogik besonders interessant. Emotionen und soziales Handeln stehen in einer engen Beziehung zueinander. Um sich in eine Gesellschaft zu integrieren und sozial handeln zu können ist es unabdingbar, sowohl die eigenen Emotionen wahrnehmen und ausdrücken zu können, als auch die seiner Mitmenschen richtig zu interpretieren, um ihnen in angemessener Weise zu begegnen. Die kommunikativen Kompetenzen stellen dabei die Grundvoraussetzung für soziale Interaktionen dar. Obwohl die Bereiche eng verknüpft sind, sollen der Übersichtlichkeit halber die zirzensische Förderung der kommunikativen Kompetenz, der emotionalen Kompetenz und der sozialen Handlungsfähigkeit in drei Unterkapiteln beleuchtet werden.

Über den Autor

Fabian Jung B.A. wurde 1988 in Würzburg geboren. Sein Studium der Fächer Sport und Englisch für das Lehramt an Bayerischen Realschulen studiert er an der Julius-Maximilian Universität zu Würzburg. Begleitend zu seinem Studium beschäftigte er sich regelmäßig und ausdauernd mit sportlichen Trainerarbeiten, sei es als Betreuer in der Turnabteilung der TG Zell, als Sporttrainer für Untersuchungshäftlinge in der Justizvollzugsanstalt Würzburg oder als Trainer diverser Zirkusdisziplinen im Kinder-Winter-Zirkus Würzburg bzw. als Trainer und Betreuer beim Zirkus Luna, Langendorf. Insbesondere die Erfahrungen im Bereich der Zirkuspädagogik motivierten ihn dazu sich der Thematik des vorliegenden Buches zu widmen.

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