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Psychologie


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Produktart: Buch
Verlag: Diplomica Verlag
Erscheinungsdatum: 03.2012
AuflagenNr.: 1
Seiten: 212
Abb.: 74
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Würden Sie freiwillig in ein buddhistisches Kloster eintreten, 10 Stunden am Tag schweigend im Schneidersitz hocken und meditieren? Genau das haben die Teilnehmer dieser Studie getan. In einer breit angelegten psychologischen Untersuchung wurde die Wirkung von altbuddhistischer Meditation erforscht, wie sie auch heute noch in südostasiatischen Klöstern und in einigen westlichen Meditationszentren praktiziert wird. Sie nennt sich Vipassana, Einsichtsmeditation. Angeblich hat der Buddha vor 2600 Jahren durch sie die Erleuchtung erlangt. Meditation ist angesagt, auch bei uns. In jedem Fitnesscenter, in jeder Volkshochschule, auf jeder Kur, in jeder psychosomatischen Klinik gibt es sie in zahlreichen Versionen als Entspannungstrainings. Den Mönchen geht es beim Meditieren jedoch nicht um Wellness und Entspannung. Sie wollen nichts weniger, als sich vom Leiden der Welt zu befreien. Ernsthafte Meditation ist eine langfristige und kontinuierliche Angelegenheit, oft anstrengend und ermüdend. Was läuft bei der Meditation ab? Was erleben Menschen in der Dauermeditation? Um diese Fragen zu klären, wurde ein strenger Klosteralltag während einer Meditationsklausur nachgestellt und unter psychologischer Betreuung erforscht. Das Buch leistet durch seine detailreiche statistische Erfassung der Erfahrungen mönchischer Meditationspraxis einen wichtigen Beitrag zur Meditationsforschung. Es richtet sich an alle, die an der wissenschaftlichen Erforschung der Meditation interessiert sind.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 2.2.4.4, Die Ansatzpunkte von Meditation im transaktionalen Streßkonzept von Lazarus: In der Darstellung des transaktionalen Streßkonzeptes wurde für das Entstehen akuter Streßreaktionen die Bedeutung der Art der Bewertung der belastenden Situationen und Ereignisse (Stressoren) dargestellt. Weiterhin wurde der Vermittlungscharakter von insbesondere chronischem Streß zwischen Gesundheit und Krankheit beschrieben, wobei sich chronischer Streß über Rückkopplungskreise generiert, zwischen: - Reizen, Situationen, Ereignissen und Zuständen. - Wahrnehmungen und Bewertungen dieser als Bedrohung. - damit einhergehenden negativen Gedanken (internal, global, dauerhaft) und damit einhergehenden negativen Emotionen. - externalen und internalen Copingaktivitäten. - und erneuten Bewertungen der Reize als bedrohlich und damit Bewertung der eigenen Aktivitäten als unfunktional, bzw. unwirksam. Als Ursachen für Leidhaftigkeit werden vom Buddhismus folgende Gründe gelehrt: Begierde, Aversion und Unwissenheit: - die Gewohnheit der Anhaftung an angenehme Körperzustände hervorrufende Situationen und Ereignisse. - die Gewohnheit des Widerstandes gegen unangenehme Körperzustände hervorrufende Situationen und Ereignisse. - die Unwissenheit und Ignoranz, bzw. das unmittelbare Nichtgewahrsein über die Tatsache der Entstehung von Leiden und die grundlegenden drei Eigenschaften allen Daseins. Die ersten beiden dieser drei Punkte könnten innerhalb des kybernetischen Lazarus‘schen Informationsverarbeitungsmodells auf den übergeordneten Aspekt Persönlichkeitsfaktoren, kognitive und emotionale Stile bezogen werden (Trait-Konzept). Dieser Aspekt drückt sich in den interindividuell unterschiedlichen und intraindividuell relativ stabilen Wahrscheinlichkeiten aus, auf ein Reizmuster mit positiver, oder negativer primärer Bewertung und sekundärer Bewertung und damit einhergehenden individualtypischen, emotionalen Gestimmtheiten, Kognitionen und Handlungen zu reagieren. Als vermittelnde Glieder zwischen den auf Begierde (‘haben wollen’) und Aversion (‘loswerden wollen’) orientierten primären Bewertungen und persönlichkeitstypischen, interindividuell verschiedenen, habituellen Neigungen auf Reizmuster zu reagieren, sind lerntheoretische Gesetzmäßigkeiten denkbar (positive und negative opperante Konditionierung). Es sei hier jedoch darauf hingewiesen, daß die Tendenz ‘unbotmäßigen Anklammerns’ als Ursache von leidhaften Zuständen von buddhistischer Seite nicht nur auf partielle sinnliche Befriedigungen bezogen wird, sondern als allgemeines, oft nicht hinterfragtes, unbewußtes Phänomen gemeint ist, das die gesamte individuelle Existenz durchzieht und sich dabei der als ‘edele Wahrheit’ apriorisch angenommenen grundlegenden Eigenschaft der Veränderung und Prozesshaftigkeit jeglichen Phänomens entgegen stellt (was dann Dukkha zur Folge hat). Dazu zählt das Anklammern an die scheinbare Tatsache einer dauerhaften integeren Identität, die Existenz des eigenen Körpers und der erlebten kognitiv-emotionalen Phänomene: Bewusstsein (inneres Erleben von Phänomenen, Trennung von erlebendem Subjekt, und erlebten Objekten) Wahrnehmung, Empfindung, Reaktion. Weiterhin ist der soziale Aspekt von Tanha zu nennen. Die Tendenz, die soziale Umwelt nach den eigenen Wünschen von subjektiv erlebter sozialer Anziehung und Abstoßung auszurichten nenne ich sozial-emotionalen Magnetismus. Er kann zu Versuchen der selektiven Herausbildung sozialer Netzwerke führen, die mit den sozialen Mustern, die andere Personen versuchen herzustellen in Konflikt geraten können, was wiederum pathogenetische Relevanz besitzen kann. Tanha bezieht sich neben sozialem auch auf materielles, ideologisches und religiöses Besitzstreben. Dichotomisierte Weltbilder, Einstellungen und Überzeugungen in Bezug auf ‚wahr‘ und ‚falsch‘, ‚gut‘ und ‚schlecht‘ gehen häufig mit einem hohen Maß an Tanha einher und bieten ein Feld für das Auftreten von akuten und chronischen Stresszuständen. Die Anhaftung wird aufgrund ihres allgemeinen Charakters auch mit ‘Lebenshang’ übersetzt. Es handelt sich nach J. v. Ott um eine ‘... irrtümliche Wertschätzung ...’ von Aspekten des eigenen Lebens ‘... in Folge der Unwissenheit über die wahre Natur des Daseins...’ Die unmittelbare Unwissenheit über die ablaufenden Prozesse, die Zusammenhänge zwischen Reizen, ihrer Verarbeitung mittels habitueller Bewertungsstile, durch sie hervorgerufene angenehme, neutrale, oder unangenehme Körperempfindungen, und damit einhergehenden Reaktionen mit leidbehaftetem/aversivem, oder lustvollem Erleben dieser Reize im alltäglichen Vollzug der Lebenssituationen, führt nach buddhistischer Ansicht zu einer verstärkten Gewohnheitsbildung, bzw. erhöht die Wahrscheinlichkeit, auf eben diese Reize mit den individuellen habituellen Mustern von Verlangen, oder Abneigung zu reagieren. Wir Menschen sind häufig ohne es zu wissen, mehr oder weniger an unsere ‚automatisierten Süchte‘ nach angenehmen körperlich-emotionalen Zuständen gebunden und unserem Bestreben unangenehme Zustände zu vermeiden ausgeliefert. Das heißt, dass die Person im alltäglichen Lebensvollzug häufig mit den in ihr ablaufenden kognitiven Bewertungsprozessen nahezu vollständig identifiziert ist. Der Buddhismus verspricht eine weitere Möglichkeit der Bewertung von Reizen, die alternativ zu der dichotomen, weitgehend automatisch ablaufenden primären Bewertung im Lazarusmodell jedem Menschen durch entsprechendes Training zugänglich sei. Es handelt sich um das im Folgenden näher erläuterte radikale Einnehmen einer neutralen ‚Beobachterposition‘, von der aus die psychophysischen Vorgänge und Zustände im alltäglichen Leben mit einer vorurteilsfreien, wohlwollenden Attitüde analysiert werden. Treffender wäre für diese Form des In-der-Welt-Seins der Ausdruck ‚Nicht-Bewertung‘. Die Grundlage der in dieser Untersuchung überwiegend praktizierten Meditationstechniken: Beobachtung des natürlichen Atems und Gehmeditation bilden die zwei Aspekte Achtsamkeit und Gleichmut. Diese Aspekte erscheinen mir in Verbindung mit lerntheoretischen Gesetzmäßigkeiten als die zentralen Komponenten der angenommenen langfristig streßreduzierenden Wirkung von Meditation. Sie setzten innerhalb des Lazarus-schen Streßmodells an den Bewertungen an und unterbrechen den kybernetischen Rückkopplungskreis aus negativer Bewertung von Situationen, fehlangepaßten Copinghandlungen und verstärkter negativer Bewertung, die zu einer schraubenartigen realitätsverzerrenden Verstärkung von Bedrohungserleben und negativen Emotionen führen. Gleichmut wird von S. Young als ‘eine Nichtbeeinflussung der Operationen der sechs Sinne’ definiert - ein Zustand radikaler Offenheit. Er schreibt: Wenn jemand ein bestimmtes Körpergefühl im Knie hat, und es ist schmerzvoll, und es ist dabei, sich auszubreiten, dann läßt man es sich ausbreiten. Warum? Weil es genau die Interaktion mit dem Körpergefühl ist, die das Leiden verursacht, nicht das Körpergefühl selbst. Gleichmut bedeutet Balance. Es bedeutet, den Fluß der Sinne nicht zurückzuhalten, oder zu beschleunigen... Gleichmut bedeutet, die Radikale Erlaubnis zum Fühlen zu haben. Gleichmut kann als ein ‚weder für, noch gegen etwas sein‘ beschrieben werden. Der große chinesische Zen-Meister Hui-Hai bezeichnete den anstrengungslosen Zustand des asankharika samadhi, in dem jegliches Lenken der Aufmerksamkeit eingestellt wird und vollkommene innere Stille herrsche als ‘non-abiding of the mind’. Achtsamkeit definiert S. Young als eine spezielle Form von Aufmerksamkeit, bei der man sich der Dinge bewußt ist, die gerade ablaufen. Achtsamkeit bedeutet nicht, daß man darüber nachdenkt, was man gerade tut.

Über den Autor

Tom John Wolff, Diplom-Psychologe, wurde 1976 in Rostock geboren. Nach seinem Studium der Psychologie in Leipzig war er in der stationären Suchttherapie tätig. Seit Jahren arbeitet er in der Psychosomatik und Psychotherapie nach dem Bad-Herrenalber Modell. Er ist außerdem Musiker und Lehrer der tanztherapeutischen Methode Biozentrischer Tanz/Biodanza und hält Seminare und Vorträge. Sein besonderes Interesse gilt der nonkonvessionellen Spiritualität in der Psychotherapie. Bereits während seines Studiums beschäftigte er sich mit Theravada–Buddhismus und Meditation.

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