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Marketing

Juliane Lange

Neuromarketing: Modelle und Anwendungen in der Marketingpraxis

ISBN: 978-3-8428-9285-9

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Produktart: Buch
Verlag: Diplomica Verlag
Erscheinungsdatum: 03.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 120
Abb.: 48
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Neuromarketing wird im Moment als wichtiger Trend des Marketings und der Marktforschung betrachtet. Dabei polarisiert es. Auf der einen Seite werden hohe Erwartungen an diese neue Forschungsrichtung gestellt auf der anderen Seite wird ernüchternd festgestellt, dass es keine Wunder vollbringen kann. In erster Linie belegt Neuromarketing vieles, was bereits bekannt ist, mit wissenschaftlich fundierten Hintergründen. Es hilft aber auch, die Produkt- und Kommunikationsgestaltung zu optimieren, und geht da weiter, wo die klassische Marktforschung an ihre Grenzen stößt. Dabei revolutioniert Neuromarketing das klassische Marketing, stellt alte Theorien auf den Kopf, wiederlegt sie teilweise oder entwickelt sie weiter. Die vorliegende Untersuchung gibt zunächst einen Überblick über die wichtigsten Begriffe, Grundlagen, Messverfahren und Modelle des Neuromarketings, um dann relevante Anwendungen aus der Praxis für die Produkt- und Kommunikationsgestaltung aufzuzeigen.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 5, Ausgewählte Modelle und praktische Beispiele: 5.1, Ältere Modelle: In den 1920/30er Jahren herrschte ein rein behavioristisches Bild, in dem der Mensch durch Instinkte beherrscht wurde und verhältnismäßig uniform und passiv mit angeborenen Reizen auf Stimuli antwortete. Es entstand das Stimulus-Response-Modell (S-R-Modell), welches Verhalten als Folge eines bestimmten Reizes oder einer Reizkonstellation ansieht (Reiz-Reaktions-Modell). Das Verhalten ist demnach erklär- und vorhersagbar, wenn bekannt ist, von welchen Reizen es abhängt. Praktische Ableitungen sind aus dieser Theorie jedoch nur sehr eingeschränkt möglich. Es besteht lediglich die Möglichkeit, den Stimulus immer wieder zu verändern, bis sich die gewünschte Reaktion einstellt. Das Black-Box-Modell unterstellt eine mechanische Beziehung zwischen Input (Werbemaßnahme) und Output (Erreichen der Werbezielsetzung). Die zentrale Frage lautet: ‘Welche Reaktionen auf der Inputseite lösen welche Reaktionen auf der Outputseite aus?’ Komplexere und nicht beobachtbare Zusammenhänge zwischen Werbemaßnahme (Stimulus) und Werbewirkung bzw. Werbeerfolg (Response) bleiben dabei unberücksichtigt und können auf Grund der Messmethodik nicht entdeckt werden, denn es wird nicht untersucht, wie und warum bei dem Werberezipienten eine Reaktion entsteht. ‘Der ursprüngliche Behaviorismus […] erklärte alle Versuche der Deutung menschlichen Verhaltens mit Hilfe von Analysemethoden des Verstehens oder der Introspektion für wissenschaftlich ohne Aussagekraft und verwarf folglich auch Begriffe wie Bewusstsein, Wille, Fühlen, Denken als vorwissenschaftlich.’ Beim Reklamemodell ist der zentrale Punkt die Aufmerksamkeit. Es unterstellt, dass die Konsumenten von der Werbung problemlos beeinflussbar sind, sobald ihre Aufmerksamkeit gewonnen ist. Die Aufmerksamkeit wird hierbei über Recognition Tests (Wiedererkennung) bzw. über Recall Tests (Wiedererinnerung) gemessen. Das Problem bei diesen Methoden ist aber, dass lediglich die Gedächtnisleistung und nicht die tatsächliche Aufmerksamkeit erfasst wird. Das wohl bekannteste und viel kritisierte Modell ist das von E. St. Elmo Lewis entwickelte AIDA-Modell. Es unterstellt, dass die einzelnen Wirkungsstufen - Attention (Aufmerksamkeit), Interest (Interesse), Desire (Wunsch) und Action (Handlung) – in einer Kettenreaktion ablaufen. In empirischen Untersuchungen ist eine solche Kausalität allerdings nicht nachzuweisen. Außerdem ist Aufmerksamkeit keine Garantie für Kauf. Esch, Hermann und Sattler schreiben hierzu: ‘Die Wirkung kommunikativer Maßnahmen ist zu komplex, um sie anhand eines einheitlichen Wirkungsmodells darzustellen. Diese Sichtweise, wie sie beispielsweise von dem bekanntesten Werbewirkungsmodell AIDA postuliert wird, hat heute ausgedient.’ In den 1940/50er Jahren entstand das Stimulus-Organism-Response-Modell (S-O-R-Modell). In dieser Weiterentwicklung des SR-Modells, reagiert der Mensch nicht mehr uniform und instinktgesteuert auf Reize, sondern individuell. Es genügt demnach nicht nur, die richtigen Stimuli auszusenden, um eine gewünschte Reaktion zu erhalten, denn die Einstellung des Rezipienten wird als Variable angesehen, die es zu beeinflussen gilt. Die Verarbeitungsleistung des Rezipienten rückt in den Mittelpunkt. Außerdem findet eine Unterscheidung zwischen affektiven (emotionalen) und kognitiven (rationalen) Komponenten der Verarbeitungsleistung statt. ‘Der Neobehaviorismus verstand den Verhaltensbegriff als aus innerem und äußerem Verhalten zusammengesetzt und erweiterte dementsprechend das S-R-Modell durch Einbeziehung intervenierender psychologischer Variablen zu SIR- und SOR-Modellen, die davon ausgehen, dass ein Stimulus (S) auf einen Organismus (O) trifft und dass dabei sowohl die Stimulusfaktoren wie die Organismusfaktoren die Reaktion (R) des inneren (I) oder des äußeren Verhaltens bewirken.’ Die behavioristischen und neobehavioristischen Ansätze haben sich jedoch sowohl für verhaltensorientierte Absatztheorien sowie für Untersuchungen des Konsumentenverhaltens nur als begrenzt nutzbar erwiesen. 1957 prägte Leon Festinger die Theorie der kognitiven Dissonanz. Sie besagt, dass der Mensch bestrebt ist, kognitives Gleichgewicht zu erreichen und störende Spannungszustände zu vermeiden bzw. zu beseitigen. Um kognitive Dissonanz zu vermeiden, tendiert der Mensch zu selektiven Informations- und Wahrnehmungsverhalten. Das bedeutet für die Werbewirkung, dass die sogenannten Selektionsfilter des Rezipienten überwunden werden müssen. Unwillkürliche physiologische Reaktionen, wie Pupillenbewegung oder Veränderung des Hautwiderstandes bzw. der Pulsfrequenz, geben hierfür ohne kognitive Verzerrungen die Aktivierungsleistung des Werbestimulus wieder. Die Aufmerksamkeit wird als Mittler zwischen reiner Sinneswahrnehmung und Aufnahme ausgewählter Reize ins Kurzzeitgedächtnis definiert. 1992 entwickelte Kroeber-Riel das Modell der Wirkungspfade, welches eine Weiterentwicklung des Stufenmodellansatzes ist. Demnach löst emotional gestaltete Werbung emotionale Prozesse beim Empfänger aus. Je nach Grad des Involvements kommt es dann in Wechselwirkung mit den ausgelösten kognitiven Prozessen zu einer Einstellungsänderung und im besten Fall zu einer Kaufabsicht bzw. Kaufhandlung. Informativ gestaltete Werbung löst dagegen kognitive Prozesse aus, bei denen sekundär auch emotionale Prozesse auftreten, die in Wechselwirkung mit den zuerst ausgelösten kognitiven Prozessen eine Einstellungsänderung bzw. Kaufabsicht bewirken können. Ob ein vorwiegend affektiver oder kognitiver Pfad eingeschlagen wird, hängt dabei entscheidend von der Art der Werbung selbst ab. Die folgende Tabelle stellt Erkenntnisse älterer Theorien den neuen Sichtweisen gegenüber: In der aktuellen Marketingpraxis werden Modelle verschiedenster Anbieter genutzt, um Motive, Emotionen, Werte und Lebensstile sichtbar und greifbar zu machen. Dazu gehören unter anderem die ‘Semiometrie’ von ‘TNS Infratest’, die ‘Sinusmilieus’ von ‘Sinus sociovision’ und die ‘rb Profiler’ von ‘Roland Berger Strategy Consultants’. Diese Ansätze gehen alle von demselben Konsumenten aus, dennoch unterscheiden sie sich erheblich in Struktur und Dimensionen. Alle diese Modelle haben erhebliche Lücken, weil sie nur einen Teil der tatsächlich im Gehirn vorhandenen Emotionssysteme erfassen - die gesamte Motiv- und Emotionsdynamik kommt nicht oder nur teilweise zur Geltung. Durch die Vermischung von sozialer Schicht und Wertesystem bleiben wichtige Erkenntnisse verborgen, deswegen kann mit diesen Modellen nicht der ganze Verhaltensraum des Konsumenten abgedeckt werden. Außerdem bleiben Persönlichkeits-, Alters- und Geschlechtsunterschiede und die damit verbundene Dynamik meist unberücksichtigt. Alle diese Instrumente wurden durch umfangreiche Konsumenten-Befragungen entwickelt und durch statistische Methoden mehr oder weniger stark abgesichert, deswegen beginnt keines dort, wo alle Kaufentscheidungen fallen – im Gehirn.

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