Suche

» erweiterte Suche » Sitemap

Branchen

Simone Busch, geb. Brucksch

Gemeinwohlorientierung in der Marktwirtschaft

Zur Renaissance der Daseinsvorsorge am Praxisbeispiel Hausmüllentsorgung

ISBN: 978-3-8366-8552-8

Die Lieferung erfolgt nach 5 bis 8 Werktagen.

EUR 38,00Kostenloser Versand innerhalb Deutschlands


» Bild vergrößern
» Blick ins Buch
» weitere Bücher zum Thema


» Buch empfehlen
» Buch bewerten
Produktart: Buch
Verlag: Diplomica Verlag
Erscheinungsdatum: 02.2010
AuflagenNr.: 1
Seiten: 78
Abb.: 6
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Aufgrund europarechtlicher Vorgaben und marktendogener Anpassungsprozesse unterliegt die Daseinsvorsorge in Deutschland seit einiger Zeit einem gravierenden Strukturwandel. Der berühmte Leitsatz: Privat vor Staat hat nicht mehr den Stellenwert, den er in den 1980er Jahren hatte. Globalisierung und Wettbewerb verursachen einen ständigen Wandel der Gesellschaft und ihrer Bedürfnisse. Der heutige Staat ist kein Leistungsstaat mehr, sondern ein Gewährleistungsstaat. Er muss die Versorgung mit daseinsnotwendigen Leistungen gewährleisten – im Sinne des All-gemeinwohls. Es gibt die unterschiedlichsten Modelle, die Leistungen der Daseinsvorsorge zu gewährleisten und derzeit ist ein Trend zur Re-Kommunalisierung zu beobachten. Eine Re-Kommunalisierung des Abfallmarktes aufgrund von leeren Staatskassen oder infolge der sinkenden Auslastung ist allerdings ökonomisch nicht zu rechtfertigen. Da jedoch auch die Bürger eine Re- Kommunalisierung häufig befürworten, bleibt eine ökonomische Umsetzung der Leistungen der Daseinsvorsorge derzeit oft weitestgehend aus. Diese Bestandserhaltung wiederum bremst einen Strukturwandel, welchen wir dringend brauchen, da er in Zeiten der Globalisierung essentiell ist. Die Renaissance der Daseinsvorsorge ist kein bloßer Modetrend und deshalb muss jeder ein-zelne Fall auf mögliche Varianten der Erfüllung geprüft werden. Simone Brucksch stellt im vorliegenden Buch vier verschiedene Modelle zur Gewährleistung der Daseinsvorsorge vor und diskutiert diese: das Versorgermodell, das Universaldienstmodell, das Betreibermodell und das Quersubventionierungsmodell. Darüber hinaus beschäftigt sie sich eingehend mit den unterschiedlichen Instrumenten , mit Hilfe derer eine Daseinsvorsorge verwirklicht werden kann.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 4.1, Die Reformen der Stadtreinigung: Die Industrialisierung im 19. Jahrhundert ging, wie schon im Kapitel 2.1. erwähnt, mit einer erhöhten Konzentration der Bevölkerung in den Städten einher. Esser sprach sogar von einer ‘demographischen Revolution’ in dieser Zeit. Infolge der Urbanisierung kam es zu einer steigenden Ansammlung von Abfällen in den Städten, die zu unzumutbaren hygienischen Zuständen führten. Der Müll wurde an ‘sonst nicht nutzbaren Plätzen’ gelagert, weil man nicht wusste, wohin damit. Seuchen und Epidemien machten sich breit, und der Gesundheitszustand der Menschen in der Stadt wurde zunehmend schlechter. Melosi nennt zwei Gründe für die derart schlechte Entwicklung in der Stadt. Erstens den ‘unterentwickelten Stand der öffentlichen Entsorgung, die durch Überbevölkerung und eine explosionsartige Urbanisierung überfordert war’ . Zweitens eine sich wandelnde ‘Lebensweise, bei der mehr Abfälle in einer neuen Zusammensetzung anfielen, …’. Die Fabriken passten sich der Industrialisierung an und begannen mit der Produktion von Konserven, Gläsern etc., was zur Folge hatte, dass der Anteil an Verpackungsmaterial in den Haushalten wuchs. Die erste Reform der Stadtreinigung nahm Einzug mit dem Resultat, dass die Abfallbeseitigung als ‘rein öffentliche Angelegenheit’ deklariert wurde. Zuerst wurde die Stadtreinigung übernommen und nach und nach folgte auch die Beseitigung der Hausabfälle als städtische Dienstleistung. Vorrangig waren die Städte und Gemeinden für die Entsorgung der Abfälle zuständig, wobei man sich allerdings auch damals schon Unterstützung von Privatunternehmen besorgte. In Preußen wurde 1893 ‘mit dem Recht der Städte festgelegt, Abgaben für Entsorgungsdienstleistungen zu bestimmen. Dadurch wurden Benutzungszwänge für die Bürger festgeschrieben, deren Konsequenz die Herausbildung städtischer Monopolbetriebe war, in deren alleinigen Kompetenz die Müllabfuhr fiel’. Technische Lösungen (zum Beispiel Kanalisationssysteme, Standardisierung von Müllbehältern) und die Festlegung von Kompetenzen (zum Beispiel die Zuständigkeit der Kommunen für Abfallentsorgung, Anschluss- und Benutzungszwang) waren die Folge der ersten Reform der Stadtreinigung, welche die hygienischen Zustände gravierend verbesserte. Es ist beachtlich, dass die meisten Grundlagen der Abfallentsorgungssysteme bis heute ähnlich geblieben sind: Anschluss- und Benutzungszwang, Gebühren, standardisierte Müllbehälter etc. Damals hatte sich eine Leistungsverwaltung herausgebildet, die sich heute zur Gewährleistungsverwaltung gewandelt hat. In den 60er Jahren kam es zu einer zweiten Reform der Stadtreinigung. Ein Grund war, dass man zum Beispiel im Zuge der ersten Reform zur Abfallbeseitigung, zahlreiche Mülldeponien eingerichtet hat. Abgesehen von der Müllverbrennung waren Abfalldeponien in Deutschland der Standart. Von 1950 bis 1961 verdoppelte sich das Volumen des Hausmülls. In der Bundesrepublik sprach man von einer Mülllawine. Die Veränderung der Quantität und der Zusammensetzung der Abfälle führte zu steigenden Müllbergen. Blechverpackungen nahmen um 84 %, Glas um 120 % und Kunststoffverpackungen um 3780 % zu. Außerdem wurden nur 2,2 % der statistisch erfassten Abfälle verbrannt, 0,8 % kompostiert und 97 % deponiert. Der Raum für Müllkippen wurde immer begrenzter, aber im Gegensatz dazu wuchs das Umweltbewusstsein in den Menschen. Schon in den 50er Jahren wurden wissenschaftlich belegte Hinweise auf eine Gefährdung des Grundwassers gegeben. Um nun einem erwarteten Entsorgungsnotstand vorzubeugen und die Umwelt ‘zu schonen’, propagierte man die Verbrennung als Entsorgungsstrategie, und es kam zu einer technischen Festlegung von Standards innerhalb der Entsorgungsanlagen. Zusätzlich wurde 1964 ein Müllhandbuch gedruckt, welches den aktuellen Stand der Technik (für Entsorgungsanlagen) immer zur Verfügung stellen sollte. Die gravierendste Innovation war aber das Abfallgesetz, welches 1972 verabschiedet wurde. Ein einheitlicher Rahmen der Entsorgung innerhalb der Bundesrepublik wurde festgelegt und die Städte bekamen die Abfallhoheit zugeschrieben. Die Gewährleistung der Abfallentsorgung wurde somit im Rahmen der Daseinsvorsorge nach § 3 II 1 AbfG, den Kommunen übertragen. Es gab jedoch die Option, Dritte in die Erfüllung der Entsorgungspflichten einzuschalten (§ 3 II 2 AbfG), wobei diese auch hier nur als Verwaltungshelfer agierten, da eine Übertragung der Entsorgungspflicht nicht möglich war. Als ‘Dritte’ werden in dieser Arbeit sämtliche rechtsfähigen Personen des privaten oder öffentlichen Rechts und juristische Personen des Privatrechts bezeichnet. Private Entsorger übernahmen lediglich die technische Ausführung der Entsorgungspflicht. Das Entsorgungsmonopol blieb bei den Kommunen, und private Entsorgungsunternehmen bildeten die Ausnahme. Abschließend betrachtet sind die Ursachen und Reaktionen beider Reformen der Stadtreinigung ähnlich. Soziale, demographische, technische und wirtschaftliche Entwicklungen haben zu einer Überforderung tradierter Systeme in der Entsorgung geführt. Im 19. Jahrhundert entstanden Seuchen und Epidemien infolge der mangelhaften hygienischen Zustände und im 20. Jahrhundert durch Änderung der Mengen und Zusammensetzung der Abfälle die Mülllawine mit zahlreichen Deponien.

Über den Autor

Simone Brucksch wurde 1982 in Münster (Westfalen) geboren. Im Jahr 1995 Umzug nach Fichtenwalde. Nach dem Abitur begann sie das Studium der Wirtschaftswissenschaften an der Universität Potsdam, welches sie im Frühjahr 2009 mit dem akademischen Grad der Diplom Kauffrau erfolgreich abschloss. Um Ihre Qualifikationen auch praktisch weiter auszubauen, ging die Autorin während des Studiums mehreren Nebentätigkeiten nach. Sie arbeitete u. a. als stellvertretende Stationsleiterin an einer Tankstelle und übernahm in einem Eisenbahnverkehrsunternehmen vertretungsweise die Logistik und Personalplanung. Praktika absolvierte die Autorin bei Mercedes Benz als Assistentin der Geschäftsleitung sowie bei der Hays AG als Recruiterin. Interessant ist, dass die Autorin als Betriebswissenschaftlerin ihre Diplomarbeit jedoch im Bereich der Volkswirtschaftslehre geschrieben hat, um dadurch ihre Affinität zur Wirtschaftpolitik zu dokumentieren. Die Wirtschaftpolitik ist für sie ein Bereich, der jeden interessieren sollte, egal welches Fach er studiert, …denn die Wirtschaftpolitik gestaltet wesentlich unser Leben! Geprägt durch eine sehr umweltbewusste Erziehung durch die Eltern, war auch das Thema der Mülltrennung und -entsorgung Diskussionsgegenstand in ihrer Familie, was erklärt, warum sich die Autorin in ihrem Praxisbeispiel mit Vorliebe der Sparte der Hausmüllentsorgung zugewandt hat.

weitere Bücher zum Thema

Bewerten und kommentieren

Bitte füllen Sie alle mit * gekennzeichenten Felder aus.