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Produktart: Buch
Verlag: Diplomica Verlag
Erscheinungsdatum: 07.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 128
Abb.: 13
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Pflegebedürftigkeit kommt auf viele Menschen an ihrem Lebensabend zu. Faktoren wie der demografische Wandel, hohe Arbeitslosigkeit und ein verschärfter globaler Markt stellen viele Anforderungen an den Sozialstaat, der die Pflege seiner Bürger zu gewährleisten hat. Die Menschen werden zunehmend älter, sodass auch die pflegerische Versorgung von immer größerer Bedeutung wird. Der Begriff Pflegebedürftigkeit, das Verständnis, was Pflegebedürftigkeit ist und das Begutachtungsinstrument, mit dem die Pflegeversicherung arbeitet, um Pflegebedürftigkeit festzustellen, werden derzeit diskutiert. Kritiker äußern, dass der Pflegebedürftigkeitsbegriff zu eng und zu einseitig somatisch formuliert sei. Patienten die z.B. an Demenz erkranken, würden ihrer Meinung nach, zu wenig mit einbezogen werden. Außerdem seien die Gründe, warum Pflege angewendet wird, komplexer als die tatsächlich einzeln ausgeführten Verrichtungen. Dieses Buch untersucht dieses Problematiken näher und erarbeitet Lösungsvorschläge zur Einführung eines neuen, erweiterten Pflegebedürftigkeitsbegriffs. Außerdem wirft es einen Blick auf die Pflege in den Nachbarländern Österreich und den Niederlanden.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 4, Der Pflegebedürftigkeitsbegriff in Deutschland: 4.1, Entwicklung des Pflegebedürftigkeitsbegriffs: Vor der Einführung der sozialen Pflegeversicherung im Jahre 1995 gab es in der deutschen Rechtsordnung keine konkrete Definition des Begriffs ‘Pflegebedürftigkeit’. Die Bundesregierung begründete dies mit einem klärungsbedürftigen medizinischen Erkenntnisstand. Nach Einführung der Pflegeversicherung wurden die unterschiedlichen Begriffsbestimmungen allerdings zum Teil angeglichen. Immer noch wird der Pflegebedürftigkeitsbegriff in verschiedenen Rechtsgebieten unterschiedlich definiert. Gleichwohl deuten die Definitionen auf eine gemeinsame Grundstruktur hin. ‘Sie bezeichnen die dauernde mangelnde Fähigkeit einer Person, bestimmte gewöhnliche bzw. existenzerhaltende Verrichtungen selbständig auszuführen, was die Notwendigkeit der Hilfe durch andere Personen nach sich zieht.’ Der Pflegebedürftigkeitsbegriff wurde schließlich im Elften Sozialgesetzbuch (SGB XI – Pflegeversicherung) präzisiert und somit ‘gerichtsfest’ gefasst, sodass eine Konkretisierung durch das Richterrecht nicht mehr möglich war, da dies finanzielle Folgen für die neu eingeführte Pflegeversicherung mit sich gebracht hätte. 4.2, Definition der Pflegebedürftigkeit: Die meisten Menschen wissen aus Erfahrung, was der Begriff ‘Pflegebedürftigkeit’ bedeutet. Bei dem Versuch, den Begriff zu konkretisieren, stellt man jedoch unüberwindliche Schwierigkeiten fest. Dies liegt darin begründet, dass der Mensch als Ganzes erfasst wird. Somit stellt der Begriff ‘Pflegebedürftigkeit’ ein komplexes und ‘multidimensionales Phänomen’ dar. Der Pflegebedürftigkeitsbegriff ist sozialrechtlich definiert. Definieren bedeutet eingrenzen bzw. abgrenzen. In Deutschland besteht bisher noch keine eindeutige Definition des Begriffs der Pflegebedürftigkeit. Der Pflegebedürftigkeitsbegriff ist in mehreren Gesetzen verankert. Die unterschiedlichen Definitionen sind jedoch überwiegend sozialrechtlich festgelegt und orientieren sich hauptsächlich an den zwei Grundvoraussetzungen ‘Hilflosigkeit’ und ‘Bedarf’. Seit der Einführung der Pflegeversicherung hat eine sozialrechtliche Definition, verankert im Elften Sozialgesetzbuch, für die soziale Pflegeversicherung bundesweite Gültigkeit gefunden. Nach § 14 Abs. 1 SGB XI wird der Begriff der Pflegebedürftigkeit wie folgt definiert: ‘Pflegebedürftig im Sinne dieses Buches sind Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, in erheblichem oder höherem Maße (§ 15) der Hilfe bedürfen.’ Aufgrund dauerhafter Defizite in den Alltagskompetenzen ist der Begriff ‘Pflegebedürftigkeit’ nicht als Krankheit, sondern als Folge einer Erkrankung oder Behinderung definiert und zu betrachten. Im § 14 Abs. 2 SGB XI werden die Voraussetzungen für die im § 14 Abs. 1 SGB XI aufgeführten ‘Krankheiten’ oder ‘Behinderungen’ aufgezählt. Die ‘Hilfeleistungen’ und die ‘regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen’ im Sinne des § 14 Abs. 1 SGB XI werden im § 14 Abs. 3 und 4 konkretisiert. Demnach werden die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen in vier Bereiche eingeteilt (Körperpflege, Ernährung, Mobilität, hauswirtschaftliche Versorgung), die in mehrere Hilfebedarfe bzw. Verrichtungen untergliedert sind und in § 14 Abs. 4 SGB XI detailliert aufgezählt werden. Diese Einteilung macht deutlich, dass die aufgezählten Verrichtungen bzw. Hilfebedarfe körperbezogen sind. Daraus wird ersichtlich, dass nur für diese Hilfebedarfe Leistungen von der Pflegeversicherung zur Verfügung gestellt werden. Der § 14 Abs. 1 SGB XI verweist auf den § 15 SGB XI (Stufen der Pflegebedürftigkeit), der den zeitlichen Aufwand an erforderlichen Hilfeleistungen festlegt. Der Begriff der Pflegebedürftigkeit (§ 14 SGB XI) basiert somit auf dem Grundgedanken, dass zur Feststellung von Pflegebedürftigkeit eine dauernde Hilfebedürftigkeit in lebensnotwendigen Lebenslagen obligatorisch ist, die aufgrund einer Krankheit oder Behinderung auftritt. Somit wird der Begriff ‘Pflegebedürftigkeit’ deutlich von dem Begriff ‘Krankheit’ abgegrenzt. Im sozialrechtlichen Kontext wird ‘Pflegebedürftigkeit’ demnach anhand der zeitlichen Pflegeleistungen und der Art der Pflegeleistung bestimmt. Entscheidend ist demnach der Hilfebedarf bei den im Gesetz definierten Basisverrichtungen. Der Grad der Selbstständigkeit stellt dabei nur eine untergeordnete Rolle dar. Im Folgenden wird der gegenwärtig definierte Pflegebedürftigkeitsbegriff auf seine Unzulänglichkeiten analysiert. 4.3, Unzulänglichkeiten des gegenwärtigen Pflegebedürftigkeitsbegriffs: Schon seit der Einführung der Pflegeversicherung im Jahr 1995 sind der Pflegebedürftigkeitsbegriff im § 14 SGB XI und das darauf basierende Begutachtungsverfahren ein Diskussionsthema. Bislang orientiert sich der Pflegebedürftigkeitsbegriff zu sehr an körperlichen Gebrechen, und er wird als zu eng und zu verrichtungsbezogen bzw. zu somatisch, ausgelegt, sodass hilfebedürftige Menschen dadurch ungleich erfasst werden. Bei der Formulierung des Pflegebedürftigkeitsbegriffs wurde eine ganzheitliche Betrachtung der pflegebedürftigen Person ausdrücklich vermieden, sodass insbesondere der Hilfebedarf demenzkranker und geistig behinderter Menschen bisher kaum berücksichtigt worden ist. Diese Ausgrenzung hat zu enormen Defiziten bei den Pflegeleistungen dieser Personengruppe geführt (z. B. die Zuordnung zu keiner oder einer niedrigen Pflegestufe). Zwar wird der Hilfebedarf demenzkranker und geistig behinderter Personen gemäß § 14 Abs. 3 SGB XI ‘in der Unterstützung, in der teilweisen oder vollständigen Übernahme der Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens oder in Beaufsichtigung oder Anleitung mit dem Ziel der eigenständigen Übernahme dieser Verrichtungen’ berücksichtigt, jedoch wird ein darüber hinausgehender allgemeiner Betreuungs- und Beaufsichtigungsbedarf nicht einbezogen (z. B. Tendenzen des Weglaufens, Gefährdung fremder Personen und sich selbst). Auch die Ermittlung von Pflegebedürftigkeit bei Kindern gilt als unbefriedigend und stößt auf Kritik.

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