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  • Das Klaviertrio bei Haydn und Mozart: Untersuchungen zur Frühgeschichte einer musikalischen Gattung

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Produktart: Buch
Verlag: Diplomica Verlag
Erscheinungsdatum: 08.2010
AuflagenNr.: 1
Seiten: 110
Abb.: 21
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Das Klaviertrioschaffen Haydns und Mozarts wurde in der musikwissenschaftlichen Literatur bisher eher beiläufig beleuchtet. Diese Untersuchung widmet sich dem gattungsbezogenen Schaffen dieser beiden Klassiker und versucht, sowohl die Vorgeschichte der Gattung vor Haydn und Mozart zu beleuchten, als auch an ausgesuchten Beispielen Tendenzen aufzuzeigen, die sowohl für die spätere Entwicklung der Gattung als auch innerhalb des Gattungsschaffens der Komponisten von Interesse sind. Auch Vergleiche zu unbekannteren Zeitgenossen fehlen nicht, um ihr Schaffen in einen größeren Kontext einordnen zu können. Es werden Entwicklungen innerhalb der Werke der Komponisten aufgezeigt und die dem Klaviertrio eigene Satzentwicklung dokumentiert. Die Emanzipation des Violoncellos zu einem nahezu gleichwertigen kammermusikalischen Partner – eine Entwicklung, die bei Haydn ihren Anfang nimmt und von Mozart auf eigene Weise fortgeführt wird und die ihre Reperkussionen in der Behandlung des Klaviers im veränderten Dialog mit den Streichern findet. Interessant ist, dass, obwohl sich beide Komponisten kannten und ihnen das Werk des jeweils anderen in Auszügen durchaus bekannt war, ihre Kompositionen in anderen sozio-ökonomischen Umfeldern bestehen mussten und daher in trotz ihrer zeitgleichen Entwicklungen voneinander bewusst abgesetzt waren.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 3.2.2, Hob.XV:9 (A-Dur): Das ebenfalls zweisätzige A-Dur-Trio ist deswegen von Interesse, weil Autoren ihm einen Ausnahmestatus, was die Gegenüberstellung von Klavier und Streicher betrifft, bescheinigen. Der erste Satz, ein Adagio, erinnert durch das langsame Tempo, filigrane Klavierläufe und die punktierte Rhythmik an barocke französische Ouvertüren. Er ist dreiteilig aufgebaut mit der Struktur A-B-A‘-Coda (mit Kadenz). Die bereits angesprochene, besondere Streicherbehandlung macht sich bereits in T.2 bemerkbar, in dem Violine und Cello auf den thematischen Beginn des Klaviers in Dezimen antworten (auch T.4). Nachdem der erste thematische Abschnitt abgeschlossen ist (T.1-7), beginnt sofort ein weiterer charakteristischer Part, der von einer Streicherkantilene dominiert wird, welche in ihrem Aufbau absolut ungewöhnlich ist: Zum einen, weil den Streichern ein so großer Raum zugestanden wird, zum anderen, weil über neun Takte kein Texturwechsel stattfindet, bei welchem kleingliedrigere Abwechslungen üblich sind (T.8-16). Ein weiterer thematischer Teil, der an die ersten acht Takte erinnert, jedoch diasthematisch verändert ist, schließt sich an (T.17-23). In ihm gewinnt das Klavier, von beantwortenden Einwänden der Violine unterbrochen, wieder die Oberhand. Es folgt eine Schlussgruppe (T.24-26), die in den kurzen Abschnitt B überleitet (T.27-34). Zu Beginn moduliert Haydn mediantisch von E nach Cis und Fis, wieder mediantisch zurück zum Dominantseptakkord auf A, um das erste Thema in D-Dur spielen zu können (T.27-29). Nach einem erneuten Zitat in H-Dur (T.31ff) bereitet er schnell den Beginn der ‚Reprise‘ vor, indem er dominantisch den Quintenzirkel hinabwandert und auf A-Dur (T.35) am Ziel angekommen ist. Innerhalb dieses kurzen, modulierenden Intermezzos fällt die erneute Kopplung der Streicher auf, die durch die Doppelgriffe in der Violine einen dreistimmigen Streichersatz erzeugen (T.32-34). Ganz seiner ‚Variantentechnik‘ folgend, erscheinen die einzelnen thematischen Sequenzen in A‘ (T.35-53) abgewandelt (ausgeschmückte Klavierstimme T.39, Akkordbrechungen im Cello T.42ff, harmonische Fortschreitungen T.51ff). Unerwartet ist der Quartsextakkord auf E (T.54), der den Beginn einer Kadenz einläutet: E bleibt als Orgelton liegen, während zunächst Klavier und Violine sich alternierend die letzten Gedanken des Satzes zuwerfen, bis auch die Bassstimme (T.57) hinzutritt. Über einem langen Triller (T.61-63) baut sich Spannung auf, die durch den erlösenden Einsatz der Schlussgruppe abgebaut werden kann (T.64-66). Der Gedanke an ein Konzert drängt sich auf, obgleich dieser Satz natürlich zu kurz wäre. Bekommt normalerweise der Solist die Möglichkeit, ein letztes Mal seine Fertigkeiten zu präsentieren, sind es diesmal alle Stimmen – sind demnach alle Stimmen (von der Besetzungsstärke abgesehen) ‚Solisten‘? Übernehmen sonst bei Haydn Cello und Geige die Funktion, die das Orchester in Mozarts Klavierkonzerten hatte, so wird ihnen in diesem Trio eine ranghöhere Position zugestanden, wenn auch nur ausnahmsweise. Ohne zum eben Gesagten einen Widerspruch zu erzeugen, bleibt das Cello trotzdem, bis auf die genannten Ausnahmen, dem Klavierbass zugeteilt. Das Vivace, ein monothematischer Sonatensatz, ist durch Exposition und Reprise durchziehende, thematische Arbeit geprägt. Neu ist, dass das Thema zwei Mal erscheint, zunächst vom Klavier (nicht solistisch), dann von der Violine (T.1-15). Die Überleitung (T.16-53) verarbeitet Motive des Themas, wobei das Klavier diese Arbeit übernimmt und den Streichern eine rein unterstützende Funktion überlässt. Der Seitensatz in E-Dur beginnt als ein transponiertes Zitat des Hauptsatzes, das allerdings im Nachsatz durch ein rhythmisch-alterniertes Motiv eine neue Wendung nimmt (T.54-63). Durch einen Triller (T.64) abgesetzt, schiebt Haydn eine Überleitung ein (T.65-72), die das Einsetzen der Schlussgruppe (E-Dur, T.73-77) durch die wiederholte, trugschlussartige Wendung Fis-F-H verzögert. Welchen besonderen Status der verarbeitende erste Teil in der Satzstruktur einnimmt, lässt sich an der Längenverteilung innerhalb der Exposition abmessen: 15:38:11:8 – 38 Takte sind mehr als die Hälfte derselben. Die Durchführung (T.78-135) wird vom virtuosen Dialog zwischen Violine und Klavier geprägt. Es wird kein neues motivisches Material vorgestellt, sondern Bekanntes kunstvoll diskutiert. Die Reprise setzt mit einem nicht wiederholten Hauptsatz ein, wobei anstelle der Wiederholung eine Fortspinnung des Themas steht (T.136-150) und in die verarbeitende Überleitung (151-193) übergeht. Grob ihrem der Exposition entlehnten Ablauf folgend, setzen der um den Schluss verlängerte Seitensatz, Einschub und Schlussgruppe ein. Mehrere Faktoren sind interessant: Zum einen folgt Haydn wie erwartet seiner ‚Variantentechnik‘, mit der er Wiederholungen modifiziert bzw. anreichert. Die motivische Durchdringung von Exposition und Reprise scheint mir beispielhaft, da sie sich organisch in den Ablauf der SHF fügt und einen wundervoll mitreißenden Satz gestaltet. Zum anderen fällt neben der Virtuosität des Klaviers erneut die Instrumentierung des Cellos ins Auge: An wenigen Stellen löst Haydn das Cello vom Klavierbass ab und ermöglicht dem Klavier dadurch, seine Virtuosität auszuleben. Dies geschieht auf zweierlei Arten: Zum einen verstärkt das Klavier den Ensembleklang durch einen nach unten oktavierten Bass, während die Stimmen des Klaviers, in ihrer Lage eng beieinander gehalten, in höheren Oktaven spielen (T.182-187), zum anderen übernimmt es an manchen Stellen allein die Bassfunktion und bildet mit der Violine einen eigenen Klangkörper, der dem konzertanten Klavier die kurzfristige Lösung aus dem Ensemble ermöglicht (T.158-168). Dass Haydn das Cello traditionell an den Bass bindet, jedoch mit seinem Einsatz den Klang zu strukturieren und Stimmen herauszuheben weiß, zeigt eben zitierte Stelle T.181ff: Das Cello setzt oktavversetzt ein, hebt sich allerdings durch seinen imitatorisch gehaltenen Einsatz gegenüber der Violine ab und tritt solistisch, wenn auch nicht obligat, hervor.

Über den Autor

Christoph Biehl, geboren 1981 in Henstedt-Ulzburg/Schleswig-Holstein, studierte von 2001 bis 2008 an der Musikhochschule Lübeck und der Universität Hamburg Musik und Physik für gymnasiales Lehramt. Darüber hinaus erhielt er 2010 sein Diplom als Musiklehrer von der Musikhochschule Lübeck. Neben seiner intensiven freiberuflichen Tätigkeit als Musiker (German Pops Orchestra, Sinfonietta Baltica, uvm.) und Schlagzeuglehrer war er jahrelang wissenschaftliche Hilfskraft am Lehrstuhl für Musikwissenschaft bei Prof. Dr. Volker Scherliess an der Musikhochschule Lübeck. Seit Februar 2010 ist er als Studienreferendar für die Fächer Musik und Physik an der Lauenburgischen Gelehrtenschule in Ratzeburg tätig.

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