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  • Happy American Dream: Die großen amerikanischen Mythen und Ihre Dekonstruktion bei Francis Scott Fitzgerald, Jonathan Franzen und Philipp Roth

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Produktart: Buch
Verlag: Diplomica Verlag
Erscheinungsdatum: 11.2012
AuflagenNr.: 1
Seiten: 108
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Mythen sind ungeheuer wichtig für das ganzheitliche Selbstverständnis der USA als Nation. Happy American Family, American Dream, Manifest Destiny und einige andere geben der unschuldigen Nation in Anbetracht ihres verhältnismäßig kurzen Bestehens den Kitt, den sie benötigt, um auf sozialer und politischer Ebene dem ideologischen Zusammenbruch zu entgehen. Mythen existieren überall. Sie begegnen uns tagtäglich selbst in den kleinsten Begebenheiten des Alltags. Aber sie sind auch wichtig, um die Wirtschaft am Laufen zu halten und das Selbstverständnis der Individuen innerhalb einer Gruppe zu festigen. Dennoch tragen Mythen - wie der Volksmund längst zu sagen weiß - auch immer etwas Unwahres, Artifizielles und sogar Verlogenes in sich. Und genau da setzt dieses Buch an. Lukas Dingelmaier erklärt die oben genannten Mythen mittels eines fundierten, logischen, leicht nachvollziehbaren Ansatzes und zeigt auf, wo sie in den Büchern Der große Gatsby von F. Scott Fitzgerald, Die Korrekturen von Jonathan Franzen und Amerikanisches Idyll von Philip Roth vorkommen. Im Zuge der Analyse entlarvt der Autor sie als das, was sie sind - eben nicht Wahrheiten, sondern konstruierte Mythen. Ein Beispiel ist der Mythos des Selfmademan, der wiederum ein Untermythos des American Dreams ist. Jay Gatsby - Hauptcharakter von Der große Gatsby - lebt an der Oberfläche diesen Traum des Geschäftsmannes, der scheinbar aus dem Nichts ein Millionenvermögen geschaffen hat und sich und seinen neu erlangten Status auf rauschenden Festen zu zelebrieren scheint. Dennoch ist sein Vermögen, vor allem aber sein sozialer Rang, den er sich in der monetär fixierten amerikanischen Gesellschaft durch das viele Geld aufzubauen hoffte, lediglich eine Illusion. Sein Vermögen ist auf unlauterem Wege entstanden, sein sozialer Rang kann sich somit keineswegs mit dem des U.S.-Geldadels messen, dem er so verzweifelt angehören will, um die Liebe seines Lebens für sich zu gewinnen. Dies ist lediglich eines der Beispiele dafür, wie die Charaktere der analysierten Bücher durch Mythen verblendet und ins Verderben gestürzt werden.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 2.1, U.S.-amerikanische Mythen allgemein: Zunächst soll auf die Wichtigkeit von Mythen für die Gesellschaft der USA eingegangen werden. Wenn die USA eines nicht haben, so ist das eine ethnische Homogenität ihrer Bürger. Die heutige Bevölkerung ist eine Mischung aus vielerlei Volksgruppen, die aus allen Kontinenten der Erde eingewandert sind. Die Amtssprache der USA ist zwar Englisch, dennoch haben viele dieser Gruppen eigene Muttersprachen und Spanisch ist gerade dabei, Englisch als meist gesprochene Sprache zu überholen. Sprache ist insofern wichtig, als dass sie einen 'natürlichen' Aspekt in der Konstruktion einer gemeinsamen Identität innerhalb einer Gesellschaft bildet. Natürlich haben all diese verschiedenen Ethnien nicht nur ihre eigene Sprache und Mundart, sondern auch ihre eigene Kultur mit allem was dazu gehört: eine eigene Religion oder/und eigene Götter, eigene Riten und Traditionen, eigene Essgewohnheiten und Gerichte und vieles mehr. So muss Zusammengehörigkeit und Einheit innerhalb des Staates auf anderen Wegen entstehen. Da sie sich für diese Funktion anbieten, haben Mythen in den USA immer schon eine speziell wichtige Rolle im öffentlichen Bewusstsein ihrer Bewohner gespielt und besitzen 'eine anhaltende […] Popularität'. Die Gründe für diese Popularität sind in der Geschichte zu suchen und sind ein direktes Ergebnis der gesellschaftlichen Strukturen der frühen Siedler und ihrer politischen Bedürfnisse. Die neu-englischen Gründerväter stützten die moralischen, ethischen und juristischen Aspekte ihrer Gesellschaft in der Neuen Welt auf Gottes Wort. Die Lutherbibel war das Gesetz nach dem es sich für die Bürger zunächst zu richten galt. Nach der Säkularisierung durch die Verfassung der Vereinigten Staaten löste sich diese Gesetz- und Rechtsprechung auf. Es entstand ein moralisches, ethisches und juristisches Vakuum: 'This void was gradually filled by a similarly universal and no less authoritative referential system – myth. The settlers urgently needed its identificatory properties in the critical transitional phase between the separation from their mother country and their reconstitution as an independent state.” Durch Etablierung und Verbreitung der amerikanischen Mythen war es möglich, dass die schnell wachsenden Einzelstaaten, denn immer mehr Siedler kamen aus Europa und Asien, e pluribus unum, zu den Vereinigten Staaten von Amerika wurden. Im Lauf der Geschichte schloss man sich immer wieder gegen gemeinsame Feinde zusammen, etwa die englischen und französischen Kolonialherren, und erkannte dabei, dass Gemeinsamkeit große Vorteile hat. Da die Mythen viele Menschen ansprachen und sich viele Individuen mit ihnen identifizieren konnten, aus ihnen Hoffnung und Vertrauen schöpften und sich durch sie ihre Identität erklärten, war es möglich, durch die ihnen immanenten Vorstellungen einen ideologischen Unterbau für die Staatsgemeinschaft der USA zu liefern. Die U.S.-Mythen dienen 'der nationalen Sinngebung' der USA, denn sie dienen den U.S.-Amerikanern dazu, 'Widersprüche zwischen Legitimation und Wirklichkeit, zwischen äußerer Fassade und innerer Struktur, Elend und Verheißung, Verfall und neuem Leben [zu überbrücken]. Mythen erfüllen u.a. die Funktion, auf die dialektischen Fragen, die eine Gesellschaft stellt, keine unangenehmen Antworten geben zu müssen.' Fragen nach dem 'Wie?' und dem 'Wer?' der Nation werden durch die Mythen hinreichend beantwortet, sodass Friktionen und Widersprüche wenn nicht aufgelöst, so doch auch nicht prävalent werden. Zudem dienen die Mythen '[…] der internationalen Wahrnehmung' der Vereinigten Staaten. So wird beispielsweise der American Dream nicht mit dem gesamten nordamerikanischen Kontinent, der auch Grönland, Kanada und die Karibikstaaten einschließt, sondern allein mit den USA in Verbindung gebracht. Dies gilt auch für die Happy American Family und den American Exceptionalism. Des Weiteren haben Mythen 'bestimmte, gewissermaßen mit einem Skepsistabu belegte 'Wahrheiten' über den historischen Ursprung und den prinzipiellen Charakter der Gesellschaft der Vereinigten Staaten zum Inhalt'. Auf die angesprochene Eigenschaft hin, dass Mythen immer auch etwas Unwahres in sich tragen, muss hier geantwortet werden, dass es schlicht eine Frage des Glaubens des Individuums an einen entsprechenden Mythos ist, ob er oder sie ihm 'Wahrheit' zugestehen mag oder nicht. Die Wissenschaft muss hierbei anders vorgehen und so stellt sich dieser Band auch der Aufgabe, die Dekonstruktion der U.S.-Mythen zu analysieren. Die U.S.-amerikanischen Mythen haben auch und vor allem die Aufgabe, Hoffnung zu stiften. Sie 'machen sicherlich vielen [Bürgern] ihre Rolle in diesem gesellschaftlichen Zusammenhang [die USA] subjektiv plausibel und damit nicht selten auch erst erträglich.' Dies gründet darin, dass das in der U.S.-amerikanischen Unabhängigkeitserklärung propagierte ''Streben nach Glück' zu einem Recht aller [U.S.-amerikanischen] Menschen' gemacht wird. Pursuit of Happiness ist so ein Auftrag der Gründer der USA, namentlich Thomas Jeffersons und der der anderen Unterzeichner der Unabhängigkeitserklärung, an die Bevölkerung ihrer 'eigenen Glücke Schmied' zu sein. Was aber noch wichtiger ist, ist, dass viele Bürger an das Glück glauben, das ihnen von ihren Gründern versprochen wurde. So ist jeden Tag aufs Neue die Hoffnung auf Glückseligkeit für alle, zumindest gefühlt, nicht mehr fern.

Über den Autor

Lukas Dingelmaier, geboren 1981 in Hamburg, ist ein universitärer Spätzünder. Nach Ausflügen in den Journalismus und das Verlagswesen holte er 2006 sein Abitur nach. Das unbändige Interesse an einem der vielfältigsten und einflussreichsten Länder dieser Erde und an literarischen Texten bewog ihn dazu, Amerikanistik sowie englische und deutsche Literaturwissenschaften zu studieren. Nach Semestern an den Universitäten Wien und Augsburg, wo er auch den Grad des Magister Artium erhielt, krönte er sein Studium mit einer Präsentation an der University of California in Berkeley, wo er über hybride Identitäten von Migranten in kanadischer Migrantenliteratur sprach. Lukas Dingelmaier wohnt und arbeitet in Augsburg.

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