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Geschichte


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Produktart: Buch
Verlag: Diplomica Verlag
Erscheinungsdatum: 12.2012
AuflagenNr.: 1
Seiten: 98
Abb.: 13
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Als am 9. Mai 1945 durch die Kapitulation des Deutschen Reiches der Zweite Weltkrieg nach 6 Jahren endete, sollte eine Zeit der politischen Umwälzung auf deutschem Boden beginnen. Durch die besonderen Umstände, welche sich nach dem Krieg im besetzten Ostdeutschland abzeichneten und schließlich in der Gründung der Deutschen Demokratischen Republik mündeten, gab es städtebauliche Entwicklungen, die in Westdeutschland nicht vorzufinden sind, und die sich von den dort vorgenommenen Planungen stark unterscheiden. Ziel des ersten Teils des vorliegenden Buches ist es, diese Umstände näher zu erläutern und zu bewerten. Dazu soll der Zeitraum von 1945, also unmittelbar nach Kriegsende, bis zur Deutschen Einheit 1990 untersucht werden. Dafür ist es unumgänglich, sich mit der Gründungsgeschichte der DDR, der zentralen Stadtplanung und den Sechzehn Grundsätzen des Städtebaus auseinanderzusetzen. Zusätzlich gibt es im Zusammenhang mit der Problematik des Wohnungsbaus in der DDR einen Exkurs zu den eingesetzten Typen der Plattenbauten und dem dahinter stehenden sozialistischen Grundgedanken. Die Gründe für den Aufbau der sozialistischen Arbeiterstadt Halle-Neustadt mit den sozialistischen Idealvorstellungen sollen im zweiten Teil analysiert werden. Des Weiteren wird näher auf die Entwicklung der Stadt und die wachsenden Probleme eingegangen. Dieser Abschnitt der Studie wird sich vor allem auf den zeitlichen Rahmen vom Beginn der Planungen zu Halle-Neustadt ab Ende der 1950er Jahre bis zum Zusammenbruch der DDR beschränken. Im dritten und letzten Teil der Untersuchung wird schließlich die Problematik der schrumpfenden Städte in Ostdeutschland nach 1990 angesprochen. Hierbei möchte ich im Besonderen auf die damit entstandenen Probleme in Halle-Neustadt und die Versuche der Stadt Halle eingehen, diesem Bevölkerungsrückgang entgegen zu wirken.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 4.1, Das Leitbild der ‘schönen deutschen Stadt’: Zeitgleich mit der Bekanntgabe der ‘Sechzehn Grundsätze des Städtebaus’ sowie dem Aufbaugesetz am 7. September 1950 sprach Lothar BOLZ erstmalig von der ‘schönen deutschen Stadt’ und forderte, dass ‘in ganz Deutschland die Städte nach dem neuen Gesetz als schöne deutsche Städte gebaut werden’ (zitiert bei DÜWEL 1995: 63) sollten. Synonym zum Begriff der ‘Schönheit’ wurde im Bezug auf die von Stalin geforderte Architektur oftmals auch von ‘historisch, national oder künstlerisch’ gesprochen. Die Architekten hatten die Aufgabe ‘ausgehend von den großen wertvollen Bautraditionen der Vergangenheit, eine deutsche Architektur zu entwickeln, die dem deutschen Volke verständlich ist und seiner nationalen Eigenart entspricht’ (HOSCISLAWKSI 1991: 67). Klaus VON BEYME (1987: 287) definiert ab diesem Zeitpunkt bis 1955 die erste Phase des Städtebaus in der DDR als ‘die Phase der Anknüpfung an nationale Bautradition’. Man muss an dieser Stelle noch einmal deutlich machen, wie sehr sich der Städtebau der DDR bereits zu diesem Zeitpunkt vom Städtebau der BRD unterschied. Während in der BRD bewusst auf eine Nachahmung historischer Stile verzichtet wurde, der Wiederaufbau dabei trotzdem ‘gewissermaßen den zerrissenen Faden der Geschichte wieder knüpfen’ (PAUL 1992: 319) sollte, wurde in der DDR bewusst kopiert, auch wenn dies öffentlich anders dargestellt wurde. Denn um die neue ‘Gesellschaftsform, des neuen Staates und der ihr tragenden Partei’ zu manifestieren, bediente man sich historischer Stile um den Anspruch erheben zu können, ‘die kulturelle Nachfolge zu dokumentieren’ (PAUL 1992: 319). Damit die von BOLZ geforderte ‘schöne deutsche Stadt’ entstehen konnte, wurden von der Bauakademie und dem ‘Nationalen Aufbauprogramm’ 1952 schließlich folgende städtebauliche Merkmale festgelegt: ‘Im Zentrum liegen die wichtigsten politischen, administrativen und kulturellen Stätten und die öffentlichen Räume für die Selbstdarstellung der neuen Gesellschaft, also für politische Demonstrationen und Volksfeiern. Die wichtigen Funktionen erhalten monumentale Gebäude, die die Komposition des Stadtplans und das architektonische Panorama der Stadt beherrschen’ (BEYME V. 1992: 319). Die Mitte der Stadt sollte ‘weder ein Handelszentrum mit einer Menge zusammengedrängter Warenhäuser noch ein Vergnügungszentrum mit eleganten Restaurants, Varietés usw., noch ein Finanzzentrum mit Banken und Verwaltungsgebäuden der Konzerne’ (BOLZ 1951: 43) werden. Dies war eine eindeutige Abkehr von der im Westen zunehmenden Citybildung und sollte durch eine gelenkte Verdichtung der Wohnbevölkerung im Innenstadtbereich erreicht werden. Um den Machtbestand des Staates zu demonstrieren, wurden drei Hauptelemente gewählt, welche dem Ausbau Moskaus nach Stalins Vorstellungen entsprachen. Der Zentrale Platz würde für Aufmärsche und politische Demonstrationen genutzt werden. Die Einrichtung einer Magistrale für militärische und politische Paraden und die Errichtung eines Turmhauses sollten eine horizontale und vertikale Dominante repräsentieren. Dabei wurde die Fassadengestaltung ‘in aufdringlicher Weise’ (RICHTER 1974: 184) durch starken Gebrauch von teurem und aufwendigem Fassadendekor betont. Nach dem sechsten Grundsatz des Städtebaus sollte das Stadtzentrum Mittelpunkt des politischen Lebens sein. Aus diesem Grund hatte der Zentrale Platz für Standdemonstrationen zu dienen, und die Magistrale dem Ablauf von Fließdemonstrationen. Demnach war ‘das Maß für das Zentrum nicht der in modernen Kraftwagen, die Stadt durcheilende Reisende, sondern der zu Fuß gehende Mensch, der politische Mensch und seine Marschgeschwindigkeit’ (BOLZ 1951: 43). Aus dieser Vorgabe heraus entwickelten sich im Zentrum fast jeder größeren Stadt der DDR überdimensionierte öffentliche Räume, ‘die aus dem Stadtgrundriss herausgebrochen wurden’ (HOSCISLAWKSI 1991: 100). Für die Gestaltung der Räume war der einheitliche Stil des ‘Sozialistischen Realismus’ verpflichtend, was in der DDR nichts anderes bedeutete, als aufwendig und teuer, geradezu eklektizistisch mit vielen kleinen Türmchen und Säulen an den Gebäuden zu arbeiten. Neben dem Zentralen Platz und der Magistrale sollte aber noch ein drittes Element die Größe der sozialistischen Epoche widerspiegeln. In vielen Planungen zu Beginn der 1950er Jahre fand sich als ‘Stadtkrone am Zentralen Platz’ (HOSCISLAWKSI 1991: 101) ein alles dominierendes Turmhaus wieder. Dieses symbolisierte die Standhaftigkeit, die Dauer und die aufstrebende Kraft des Sozialismus und war als Kulturhaus und Begegnungsstätte geplant. Doch angesichts der hohen Kosten für den Bau eines solchen Turmhauses und den noch immer existierenden Wohnraummangel wuchs der Widerstand seitens der Bevölkerung sehr schnell. Neben den repräsentativ wichtigen Städten spielten auch die Städte am Werk, gemäß der Maxime ‘Städte von der Industrie für die Industrie’ eine besondere Rolle. Deswegen lässt sich in vielen Stadtplänen eine Ausrichtung der Magistrale auf das Werk wiederfinden, welche den Arbeiterstrom vom und zum Werk zu lenken hatte.

Über den Autor

Lars Grummich, geboren 1987 in Leipzig, legte im Jahr 2011 an der Universität zu Köln erfolgreich sein Staatsexamen ab. Der Autor legte seinen Schwerpunkt bereits während des Studiums auf den sozialistischen Städtebau in der DDR, welcher fest mit seiner Biographie verbunden ist. Die noch heute spürbaren städtebaulichen Auswirkungen in den Städten der neuen Bundesländer motivierten ihn, sich der Thematik in dem vorliegenden Buch tiefergehend zu widmen.

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