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Nachhaltigkeit


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Produktart: Buch
Verlag: Diplomica Verlag
Erscheinungsdatum: 09.2010
AuflagenNr.: 1
Seiten: 104
Abb.: 78
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Green Fashion, ökologische Bekleidung und Bio-Baumwolle sind Begriffe, die verstärkt in den öffentlichen Medien genannt werden. Doch was macht ökologische Bekleidung wirklich aus, wo stecken die Tücken in der Bekleidungsproduktion und wie kann der Verbraucher Einfluss nehmen? Viele Prozesse in der textilen Kette wie das Färben oder Bedrucken von Textilien oder die Wäschepflege werden in ihrer ökologischen Brisanz unterschätzt. Ökolabels kennzeichnen ökologische, hautfreundliche und fair produzierte Textilien, doch die Anzahl an Textilkennzeichnungen ist groß und ihre Bedeutung nicht immer schlüssig. Anstatt einzelne Prozesse auseinander zu reißen, zeigt dieses Buch übergreifend alle ökologisch relevanten Aspekte im Lebenszyklus von Bekleidung auf, informiert über technische Innovationen und die detaillierte Bedeutung von Ökosiegeln und vergleicht verschiedene Fasern auf ihre Ökobilanz. Die textile Kette zu verstehen erleichtert einen Modekonsum im Einklang mit der Umwelt.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 4, Neue ökologische Entwicklungen in der Textilveredlung: Neue Entwicklungen in der Textilveredlungsindustrie richten sich neben den wachsenden Bedürfnissen der Verbraucher vor allem auch nach dem Umweltschutz. Ressourcenschonende Materialien, Techniken und Prozesse in der Textilveredlung gewinnen dabei an Relevanz, da sie sowohl weniger Wasser als auch Energie und Chemikalien beanspruchen. Positiv sind dabei die ökologischen Bemühungen der Industrie zu verzeichnen. Enzymtechnologie: Enzyme bestehen wie alle Proteine aus aneinandergereihten Aminosäuren und werden in der Textilveredlung vor allem als Biokatalysatoren verwendet. Als solche beschleunigen sie chemische Reaktionen, wobei sie auch Chemikalien ersetzen können, ohne jedoch unerwünschte Nebenprodukte zu bilden. So können Rohstoffe und Energie eingespart und die Katalysatoren biologisch abgebaut werden (Abb. 4.1.: Biotechnische Herstellung von Enzymen in Fermentern). Ihren Einsatz finden sie u.a. bei schonenden Vorbehandlungsverfahren in der Vorwäsche bei der Färbung von Wollgeweben (Proteasen), in der Veredlung von Baumwolle (Biobleaching mit Katalasen, Biopolishing und Biostoning mit Cellulasen) und in der EU mit dem Hauptanteil von 40% in Wasch- und Reinigungsmitteln (Lipasen, Proteasen und Amylasen, welche Fette, Proteine und Stärke auf Kleidung spalten und lösen). Äußerst ressoucenschonend ist das Biostoning, da im Gegensatz zum Stonewash-Verfahren auf Bimssteine verzichtet werden kann, deren Ressourcen allmählich knapp werden (auf eine Tonne Jenas fallen 0,6 Tonnen Steinabrieb an) und deren Entsorgung schon immer problematisch war. Hinzukommend können beim Bimsstein-Verzicht Maschinen, Leitungen als auch das Abwasser geschont werden (Abb. 4.2.: Bimssteine). Plasmatechnologie: Im Gegensatz zu nasschemischen Ausrüstungen beeinträchtigen mit der Plasmatechnologie (Plasma wird physikalisch als ein ionisiertes Gas mit exakt gleicher Anzahl positiver und negativer Ladungen definiert) aufgetragene Plasmaschichten aufgrund ihrer Schichtdicke im Nanometerbereich nicht die textilen Eigenschaften wie z.B. Festigkeit und Griff des behandelten Materials (Abb. 4.3.: Mögliche Einsatzbereiche der Plasmabehandlung im textilen Sektor). So können durch Oberflächenmodifizierung Funktionalitäten wie Benetzbarkeit, Wasser-/Schmutzabweisung, Leitfähigkeit, Biokompatibilität usw. durch das trockene und umweltfreundliche Plasmaverfahren erzeugt werden, bei dem kaum Chemikalien eingesetzt werden und somit Abwässer vermieden und Ressourcen geschont werden. Darüber hinaus können bei der Plasmareinigung textile Oberflächen sehr effektiv von Spinnölen, Schlichten gereinigt, durch Erhöhung der Mikrorauhigkeit eine verbesserte Filzfreiausrüstung von Wolle erhalten und durch Plasmapolymerisation multifunktionale Oberflächenschichten gebildet werden, die z.B. antibakteriell ausgerichtet die Wundheilung verbessern und Infektionen vermeiden (Smart Textiles)(Abb. 4.4.: Wasserabweisend ausgerüstetes Baumwoll-/Polyester-Gewebe. Links unbehandelt, rechts nach Plasmaausrüstung Lasertechnologie). Neben dem Laserschneiden und Textilschweißen wird Lasertechnologie vermehrt für Oberfflächeneffekte bei textilen Flächen durch Veränderung der Oberfläche eingesetzt. Oberflächen können perforiert, abgetragen (somit u.a. Farbtiefen beeinflusst werden) oder beschriftet werden. Das Ergebnis ist in jedem Fall wasser- und wischfest und sehr dauerhaft, weswegen Laserbeschriftung als ein schnelles, automatisiertes und individualisierbares Verfahren oft zur Nummerierung von Einzelteilen verwendet wird (Abb. 4.5.: Laserbeschriftung von Leder Inkjet-Drucktechnik). Mit Inkjet-Drucktechnik wird eine digitale Drucktechnik bzeichnet, bei der das Bedrucken wasserfrei durch computergesteuertes Aufsprühen von Farbe, also ohne Druckformen und ohne aufwendige Umrüstzeiten beim Wechsel von Dessins auf den Druckmaschinen erfolgt. Neben der Ressource Wasser können also auch Materialien und Druckschablonen und Energie eingespart werden. Der Einsatz der Farbstoffe reicht dabei von Reaktiv-, über Säure- und Dispersionsfarbstoffe zu Pigmenten. Um hohe Farbechtheiten zu garantieren werden die zu bedruckenden Materialien mit Alkali, Ammoniumsulfate, Harnstoff oder Verdickungsmittel vorbehandelt und zur Fixierung mit Dampf nachbehandelt (Abb. 4.6.: Inkjet-Drucker). Überkritisches Kohlendioxid: Überkritisches Kohlendioxid (Kohlendioxid im Aggregatzustand zwischen flüssig und gasförmig) eignet sich insbesondere für hydophobe Substanzen hervorragend als Lösemittel und wird aufgrund dieser Eigenschaft bei der Behandlung von Textilien für Wasch- und Färbeverfahren eingesetzt. Beide Verfahren erfolgen wasser- und abwasserfrei, benötigen neben den Farbstoffen keine weiteren Chemikalien und viel weniger Energie, da die Prozesse schneller Ablaufen, da das Trocknen der Fasern entfällt. Somit stellt die textile Behandlung mit überkritischem Kohlendioxid erhebliche ökologische Vorteile dar. Des Weiteren ist das Färbeergebnis weltweit reproduzierbar, da es unabhängig von den Frischwasserqualitäten und oft nicht zu unterschätzen auch vom Wassermangel an vielen Produktionsstandorten ist. Beide Verfahren ähneln sich im Ablauf. Beim Färben wird z.B. flüssiges Kohlendioxid aus dem Vorratstank mit einer Hochdruckpumpe komprimiert, über einen Wärmetauscher erwärmt und in den überkritischen Zustand überführt. Dann durchströmt es im Autoklav die auf einen Färbebaum gewickelten textilen Fasern. Diese (bisher ist das Verfahren beschränkt auf Polyester, Polyamid, Triacetat und Elasthan) weiten sich in dem festgelegten Druck- und Temperaturbereich und nehmen die Farbstoffe tief in sich auf. Die Lösung aus Kohlendioxid und Farbstoff zirkuliert anschließend in der Anlage, bis die Farbstoffaufnahme abgeschlossen ist. Beide Prozesse greifen die Fasern weit weniger an als das Färben in Wasser. Abschließend werden Farbstoffüberschüsse an der Faseroberfläche mit frischem Kohlendioxid von den Fasern gespült und im Separator abgetrennt. Da beim Spülen die Temperatur gesenkt wird, schließen sich die Fasern wieder und die Farbstoffe werden so fest eingebunden (Abb. 4.7.: Funktionsschema einer Anlage zur Färbung mit überkritischem Kohlendioxid). Elektrochemisches Färben: Der Vorgang des elektrochemischen Färbens ersetzt durch regenerierbare Redoxsysteme Reduktions- und Oxidationsmittel, die normalerweise nicht mehr aus der Färbeflotte wiedergewonnen und abgebaut werden können. Solche Reduktions- und Oxidationsmittel werden u.a. für das Färben mit Küpenfarbstoffen, zu denen auch Indigo gehört und die Färbung mit Schwefelfarbstoffen benötigt. Dabei wird entweder gänzlich auf chemische Reduktionsmittel verzichtet (direkte Elektrolyse) oder mit wiederverwendbaren Mediatoren gearbeitet (indirekte Elektrolyse), wodurch sowohl das Mediatorsystem als auch die Färbeflotte recycelt werden können. Da wassertoxische Mittel wie u.a. Na2S2O4, Formaldehydsulfoxylate, Hydroxyaceton und Wasserstoffperoxid, welche konventionell bei einem Großteil der Färbungen für cellulosische Fasern eingesetzt werden, somit wegfallen, ist eine signifikante Einsparung im Chemikalien- als auch im Wasserverbrauch zu verkennzeichnen. Bei dem elektrochemischen Verfahren werden die Farbstoffe zum Aufziehen auf die Faser entweder bei der direkten Elektrolyse auf der Kathodenoberfläche reduziert oder wie bei der indirekten Elektrolyse durch aus der Kathode austretende Elektronen über ein lösliches, reversibles Redoxsystem. Da der dispergierte Farbstoff im Färbebad nicht ohne den Zusatz einer ausreichenden Konzentration an reduziertem Mediator (Botenstoff) in einem stabilen Reduktionszustand erhalten werden kann, wird das Färbebad in Zirkulation durch die Elektrolysezelle gehalten. Bei abgeschlossenem Färbevorgang können die Farbstoffe entfernt und das Mediatorsystem, da es beim Prozess nicht verbraucht wurde, regeneriert werden (Abb. 4.8.: Prinzipschema einer elektrochemischen Färbeanlage). Chitosan: Chitosan, ein Derivat des zweithäifigsten Biopolymers Chitin (Hauptstrukturkomponente von Krustentieren) neben Cellulose, wird aufgrund seiner sterilisierenden und komplexierenden Eigenschaften verstärkt in der Textilveredelung eingesetzt. Neben seinem Einsatz als Schlichtemittel (s.a. Kapitel 3.4.1.1. Entschlichten ) wird das nicht toxische, nicht allergene und biologisch abbaubare Biopolymer verwendet um antimikrobielle Effekte auf u.a. Vliesen zu erzielen. Beim Färbevorgang erhöht es die Farbstoffaufnahme und verbessert in der Nachbehandlung von Direktfärbungen die Echtheitseigenschaften. Des Weiteren wird es als Weichmacher und als Bindemittel bei Vliesen eingesetzt und stellt alles in allem ein humanökologisches und abbaubares Substitut für die sonst verwendeten Chemikalien dar. Ultraschallbehandlung: Durch den Einsatz von Ultraschallwellen (Wellen mit einer Frequenz über 16.000 Hz) bei Vorgängen, welche Flüssigkeiten enthalten, erhöht sich die Diffusionsrate und die Relativgeschwindigkeit der Teilchen. Daraus resultierend können niedrigere Prozesstemperaturen eingesetzt werden, die Prozesszeit verkürzt werden und der Textilhilfsmittelverbrauch reduziert werden, was zu einer erheblichen Energie- und Chemikalieneinsparung führt. In einem Färbebad besitzt Ultraschallenergie eine homogenisierende und dispergisierende Wirkung auf Farbmittel und Textilhilfsmittel. Gleichzeitig können erhöhte Egalisiereigenschaften erreicht werden. Bei Bleichvorgängen wird eine höhere Effizienz erreicht und bei Waschprozessen die Ablösung von lipidischen und mineralischen Stoffen gefördert. Niedertemperaturtechniken: Durch den Einsatz von Heizanlagen mit Niedertemperaturtechniken bei Textilveredlungsprozessen kann der Heizölverbrauch um bis zu einem Drittel eingespart und die Schadstoffemission bis zu 50% reduziert werden. Darüber hinaus liegt die Energieausnutzung bei modernen Anlagen bei über 90%. Im Vergleich zu konventionellen Anlagen, deren Kesselwassertemperatur konstant auf bis zu 90°C eingestellt ist, richtet sich die Betriebstemperatur bei modernen Anlagen nach dem Wärmebedarf und liegt somit nur zwischen 40-75°C (Abb. 4.9.: Einsparmöglichkeiten beim Einsatz von Niedertemperaturheizungen). Ozonungsanlagen: Das Ozonungsverfahren ermöglicht durch das Entfärben des konzentrierten Farbabwassers mit Ozon in einem Reaktor ein umfangreiches und ökologisches Wasserrecycling in der Textilindustrie. Betriebliche Abwässer können unter Verzicht auf Chemikalien gereinigt werden und zu einem Großteil wieder in den Wasserkreislauf zurückgeführt werden, sei es für den Einsatz von Färbeprozessen oder Reinigungsprozessen. So können im Vergleich zu herkömmlichen Verfahren neben der Chemikalieneinsparung zusätzlich Klärabfälle verringert und über 5000 m³ Frischwasser jährlich eingespart werden. Ein vom Umweltinnovationsprogramm des Bundes gefördertes Pilotprojekt dazu wurde in einem Textilunternehmen in Nordrhein-Westfalen gestartet. Fotokatalytische Reinigungsverfahren: Fotokatalytische Verfahren stellen eine ökologische Alternative zur konventionellen Abwasserreinigung, welche mit einem enormen Chemikalien- und Energieeinsatz verbunden ist, dar. Erzeugte Radikale verbinden sich mit langkettigen und biologisch schlecht abbaubaren Kohlenwasserstoffen wie z.B. Spulölen aus der Flächenherstellung, Appreturen, Schlichten, organischen Farbstoffen und anderen in der Textilveredlung anfallenden umweltbelastenden Abwasserinhaltsstoffen und brechen diese auf. Bei ausreichendem Vorhandensein von Radikalen im Wasser können die organischen Verbindungen sogar vollständig zu Kohlendioxid und Wasser abgebaut werden. In einem gemeinsamen Projekt des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) mit der Gardinenfabrik Carl Albani und Enviro Tex wurden mehrere fotokatalytische Verfahren auf ihre Fähigkeit untersucht Wasserinhaltsstoffe abzubauen und Emulsionen zu spalten und als Ergebnis neben der Foto-Fenton-Reaktion, bei welcher mithilfe UV- Lichts als Aktivierungsenergie aus Wasserstoffperoxid Hydroxylradikale erzeugt werden, Titandioxid-Katalysatoren und die Photosensibilisierung vorgestellt. Das ausgereifte Verfahren kann sowohl zur Behandlung der Abwässer vor der Abgabe an das kommunale Netz als auch zur vollständigen Reinigung und Kreislaufschließung geeigneter Prozessabwässer eingesetzt werden.

Über den Autor

Edith Piegsa, geboren 1982 in Heydebreck/Cosel, entwickelt Bekleidung im Hinblick auf deren Nachhaltigkeit. Schon früh befasste sie sich mit technischen Innovationen in der Industrie und deren ökologischen Nutzen. Mit dieser Neugier als Antrieb vertiefte sie ihr Wissen während des Studiums der Bekleidungstechnik und bei mehreren Praktika im Handwerk als auch in der Entwicklung von Outdoor- und Sportbekleidung im In- und Ausland.

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