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Pädagogik & Soziales

Sarah-Raphaela Schmid

Mediation als Haltung in der Schulsozialarbeit. Denkansätze für die Praxis

ISBN: 978-3-96146-980-2

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Produktart: Buch
Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 09.2024
AuflagenNr.: 1
Seiten: 84
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Die Studie versucht zu veranschaulichen sowie zu diskutieren wie eine professionelle Haltung entstehen kann, welche Rolle dabei die gewählte Methodik hat und welchen Einfluss darauf die gewählte Theorie haben kann. Genauer gesagt wie das Konstrukt Haltung in der Mediation sichtbar wird und sich auf die Systeme Schule und Schulsozialarbeit übertragen lässt. Die Studie vermittelt dem Leser mit der Brille der Systemtheorie Denkansätze für die Praxis. Im ersten Teil der Studie geht es um die Einordnung systemischen Denkens in der Sozialen Arbeit sowie der Mediation. Systemische Fachbegriffe wie Kybernetik, Autopoiese, Kommunikation, Sinn und Sprache werden beschrieben sowie mit exemplarischen Beispielen aus den Fachrichtungen Sozialpädagogik, Schulsozialarbeit und Mediation in Verbindung gesetzt. Des Weiteren wird der Begriff Haltung aus verschiedenen Perspektiven der zuvor angesprochenen Fachrichtungen beleuchtet, eingeordnet sowie abschließend diskutiert. Es wird auf die schulischen Rahmenbedingungen in Baden-Württemberg und der damit verbundenen gesellschaftlichen Konstituierung von Schulsozialarbeit eingegangen. Da Mediation kein starres Verfahren ist wird in jedem Abschnitt das Augenmerk daraufgelegt durch welche Faktoren eine mediative Haltung konstruiert wird. Dabei beschäftigt sich die Studie mit den Fragen: Was macht einen Mediator im System Schule und in der Schulsozialarbeit aus? Unter welchen Rahmenbedingungen kann er mediativ agieren? Was macht eine Haltung mediativ? Gibt es überhaupt eine professionelle Haltung? Wie erkenne ich diese? Wie werden Prinzipien und Werte einer professionellen Fachrichtung zur Haltung?

Leseprobe

Textprobe: Humansystem Duss-von Werdt beschreibt in seinem Skript eine spezielle Systemtheorie der Mediation , das Humansystem. Es heißt Humansystem, da es in der Mediation Menschen sind, die mit der systemischen Brille betrachtet werden. Ein solches System kommt durch Kommunikation zustande (vgl. Duss-von Werdt 2013, S. 20). Aus diesem Grund besteht systemisch gesehen Mediation aus Kommunikation (vgl. Duss-von Werdt 2009, S. 252). Wie in Abschnitt B, 4. Kommunikation, Sinn und Sprache beschrieben, ist es dem System unmöglich, nicht zu kommunizieren. Kommunikation ist als ein zirkuläres Geschehen zu betrachten. Demnach ist Kommunikation ein wechselseitiges, selbstorganisiertes Phänomen, das zwischen mindestens zwei Personen geschieht (vgl. Duss-von Werdt 2013, S. 54f. Simon 2017, S. 90ff.). Dabei kommt es zu Missverständnissen, da jede Person aus sich heraus seine Wirklichkeit konstruiert. Sie gewinnt ihre Erkenntnis aus der beobachteten Kommunikation (Kybernetik 2. Ordnung) (vgl. Duss-von Werdt 2013, S.55 Simon 2017, S. 29ff.). Das passiert in der Mediation, wenn die Medianden beide denken, jeder besitze die objektive Wirklichkeit, also die Wahrheit und habe somit Recht (vgl. Duss-von Werdt 2013, S. 21). Dabei geht es um den einen entscheidenden Punkt. Beide sehen etwas unterschiedlich (vgl. ebd., S.21). Beide haben eine subjektive Sichtweise auf oder von etwas kreiert, denn sie sind autopoietische, also selbstorganisierte, Systeme (Simon 2017, S. 33). Diese sind operational geschlossen, was heißt, dass sie sich nur öffnen, wenn sie im Kommunizierten einen Sinn erkennen. Dieser entsteht durch Irritation des kognitiven Systems, zum Beispiel durch Zeichen oder Bilder (vgl. Von Schlippe/Schweitzer 2012, S. 112). Das macht der Mediator den Medianden in der Mediation begreifbar und sie somit zu Intersubjekten, indem er die Kommunikation von du bist… zu ich empfinde dich… umwandelt. Dies stellt ein wechselseitiges Geschehen dar, da beide Medianden auf die Aussagen wechselseitig reagieren können. Mediand A äußert sich ich sehe es so… und Mediand B reagiert darauf und ich sehe es so… oder mir geht es mit deiner Aussage… und A kann ebenfalls auf die Aussage von B reagieren. Dadurch entsteht Metakommunikation, also Kommunikation über Kommunikation. Durch das Offenlegen der subjektiven Wirklichkeiten, wird das System irritiert und somit können die Medianden die Aussagen des anderen in ihre Kommunikation aufnehmen und ihr einen Sinn zuordnen. So reden sie nicht mehr aneinander vorbei, sondern miteinander. Dieser Vorgang, zwei subjektiv Handelnden ihr intersubjektives Agieren bewusst zu machen, ist bereits Vermittlung (vgl. Duss-von Werdt 2013, S. 21ff.). Nach Berghaus eignet sich die Systemtheorie, um die moderne Gesellschaft auf einer Metaebene zu beobachten und zu beschreiben (Kybernetik 2. Ordnung), um so zu erkennen wie sie sich ausdifferenziere und weiterentwickle (vgl. Berghaus 2002, S. 21). Ludewig beschreibt dies wie folgt, [s]ystemisches Denken macht sich Grundfragen menschlicher Existenz zum Gegenstand und versucht, diese unter Rückgriff auf systemwissenschaftliche Erkenntnis zu beantworten (Ludewig 2009, S. 12). Deshalb werde ich des Weiteren verschiedene Perspektiven auf den Terminus Haltung in unterschiedlichen Kontexten beschreiben. Eine Annäherung an den Begriff Haltung Im Folgenden werde ich einen Versuch einer Annäherung an den Begriff Haltung auf verschiedenen Ebenen, wie Mediation, Sozialpädagogik, Schulsozialarbeit und Pädagogik vornehmen. Laut Schwer und Solzbacher stellt der Begriff Haltung einen theoretisch wie empirisch ungeklärten Begriff dar. Der Begriff wird zwar in wissenschaftlichen Diskursen (gerade in pädagogischen) vielfältig verwendet, jedoch ist nicht genau definiert, also festgelegt, was darunter zu verstehen ist. Auch inhaltlich wird nicht genau beschrieben, wie eine pädagogische professionelle Haltung zu sein hat, wenn dies überhaupt möglich ist, ohne den Begriff normativ und ideologisch aufzuladen. Doch, wenn dies geschieht, ist es auch nicht mehr wissenschaftlich (vgl. Schwer/Solzbacher 2014, S. 7ff.). Daher stellt der Terminus Haltung nach Schwer und Solzbacher keinen wissenschaftlichen Begriff dar, solange keine wissenschaftliche Explikation besteht. Dasselbe gilt für die Begriffe Persönlichkeit und Habitus. Der letztere wird häufig als Synonym für den der Haltung verwendet (vgl. Fiegert/Solzbacher 2014, S. 20ff.). Daraus wird ersichtlich, dass es sich bei dem Terminus Haltung um einen komplexen, nicht leicht einzuordnenden Begriff handelt. Um den Blick zu erweitern und gleichzeitig die Komplexität zu reduzieren, werde ich im Folgenden versuchen, den Terminus Haltung mit Sichtweisen und Einordnungen aus für diese Arbeit relevanten Professionen, wie Mediation, Soziale Arbeit, Schulsozialarbeit und Pädagogik zu beschreiben. Haltung in der Mediation Duss-von Werdt beschreibt die mediative Haltung mit der Brille des Humansystems. Demnach operieren und selektieren verschiedene Systeme (wie bereits beschrieben) mittels Kommunikation und Beobachtung des Kommunizierten, wobei der Mediator versucht eine Metakommunikation zu ermöglichen (vgl. Duss-von Werdt 2013, S. 21ff.). Nach Duss-von Werdt zeigt sich die Haltung in der Mediation im Ethos des Mediators. Dabei geht es nicht um Ethik und Moral an sich, denn beide unterscheiden sich sei. Ethik beschreibt Leitlinien, die besagen, was sein soll. Ethos hingegen ist personifizierte, gelebte Ethik und somit Praxis (vgl. Duss-von Werdt 2010, S. 78). Zum Beispiel sind die Grundsätze in der Mediation, im Mediationsgesetz verankert und werden dort beschrieben. Sie stellen Leitlinien dar, an denen sich eine Mediation orientieren soll. Die Art und Weise, wie der Mediator diese Grundsätze in seinem Handeln nach außen hin lebt, ist Ethos. Jeder lebt diese Grundsätze und somit den darauf beruhenden Ethos nach seiner Vorstellung und Interpretation aus. Ethos entsteht und lebt im jeweiligen Moment in der Mediation. Gesetze stellen demnach explizierte Ethik dar. Wie sie in der jeweiligen Situation umgesetzt werden hängt vom Ethos ab (vgl. Duss-von Werdt 2015, S. 81). Es gibt demnach keinen generalisierbaren und fixen Ethos. Das heißt, Ethos ist nichts Festes, er entsteht und entwickelt sich in jeder Mediationssitzung weiter (vgl. Duss-von Werdt 2015, S. 264). Denn je nachdem, wo Mediation stattfindet schwingt der Kontext mit (wie zum Beispiel im Schulsystem, im Rechtssystem, in darin geltenden Glaubenssätze, Sitten und Regeln). Die im jeweiligen System geltenden Regeln und Gesetze beeinflussen die Mediation (vgl. ebd., S. 81). Dies bedeutet, dass wir uns in einem bestimmten Kontext bewegen, von dem unser Verhalten abhängig ist. Demnach kann man Menschen nicht generalisieren oder gar idealisieren. Nicht alle Schulsozialarbeiter, Mediatoren oder Systemiker sind gleich . Zwar gleich als Menschen, aber als Subjekte verschieden, da jeder unterschiedliche Bedürfnisse hat und ihm andere Werte wichtig sind. Das ist aber nicht immer so, sondern entwickelt sich im Moment, in der jeweiligen Situation. Hinzu kommt, dass zum Beispiel jeder Schulsozialarbeiter als Mediator im System Schule seine eigenen Werte, die des Systems Schule und seine Grundsätze in der Mediation anders interpretiert, definiert, erlebt und lebt. Zudem kommt es darauf an, wie der Beobachter (die Medianden Schüler usw.) den Schulsozialarbeiter beobachtet, d. h. wie er sein Verhalten interpretiert und erlebt. Daraus schließt Duss-von Werdt, dass Sachverhalte, Beziehungen oder Menschen, die einem meist simpel und durchdacht erscheinen, dennoch komplex sind, da der Mediator nie sagen kann, dass der Mensch so ist, wie er einem erscheint und die Situation so, wie wir es wahrnehmen, wirklich gewesen ist. Damit sich der Mediator jedoch ein Bild von den Menschen und der Situation machen kann, muss er diese Komplexität reduzieren und relevante Aspekte auswählen. Dabei habt er im Hinterkopf, dass dies nicht die Wirklichkeit an sich ist, sondern ein Abbild (vgl. ebd., S. 201ff.). Systemisch lässt sich Ethos anhand der non-verbalen Kommunikation beobachten. Dabei wirkt das Kommunizierte auf das System. Die Art und Weise, wie der Mediator spricht, wie er etwas sagt und sich dabei bewegt überträgt sich auf das System (auf die Medianden). Die Haltung tritt so von innen nach außen zu Tage (vgl. ebd., S. 79f.). Die Haltungen im System existieren nicht isoliert nebeneinander, sondern in ihrer Intersubjektivität. Sie bestehen im Moment zwischen zwei Systemen. Die Systeme können ihre Haltungen gegenseitig beobachten. Man kann Haltung, wie soeben beschrieben, sehen und hören. Hier entscheidet nicht die Persönlichkeit der beteiligten Personen, sondern der Kommunikationszusammenhang. Der Ethos einer Person beeinflusst somit den Ethos der anderen Person. Das heißt, wie der Ethos des Mediators wahrgenommen, bzw. beobachtet wird hängt vom Kontext und dem beobachtenden System ab. Auch wie der Mediator seine Haltung in der Mediation zum Ausdruck bringen kann, hängt von den Medianden und dem dazugehörigen Kontext ab. Der Mediator und seine Haltung ist somit kein fertiges Produkt , sie existiert, entsteht und entwickelt sich nicht isoliert, also nur durch ihn, sondern im Zusammenspiel mit den Medianden. Duss-von Werdt nennt dies den systemischen Wandel des Ethos (vgl. ebd., S. 80). Motivationen enthalten nach Duss-von Werth ebenfalls einen Ethos. Wieso ist jemand motiviert etwas zu tun? Weil er eine gewaltfreie Streitkultur unterstützen möchte oder weil er sich im Wandel der Zeit mit etwas beschäftigen muss? Aus welchem Grund macht jemand etwas? Was ist sein Motiv (vgl. ebd., S. 81)? Nach Duss-von Werdt ist Haltung auch eine Methode. Nicht das Mediationsverfahren ist die Methode, sondern der Mediator als Person (vgl. Duss-von Werdt 2009, S. 255). So sehen das auch Krabbe und Thomsen (vgl. Krabbe/Thomsen 2017, S. 139). Demnach versucht man, mittels der Haltung die Frage zu klären, wer, nicht was der Mediator ist, was der Fall wäre, wenn der Mediator auf ein Werkzeug, also ein Mittel zum Zweck reduziert würde. Daraus folgend bewirkt der Mediator etwas durch seine Person. Betrachtet man den europäischen geschichtlichen Hintergrund von Mediation (wie zum Beispiel Fabio Gigi, 16 Jahrhundert) findet man mehr über die Haltungen, Persönlichkeit und Eigentümlichkeit der Mediatoren, als über das Verfahren. So kann man zur Schlussfolgerung kommen, dass zur damaligen Zeit der homo mediator , der Vermittler als Person, und nicht der Könner und Macher im Zentrum der Betrachtung stand. Die Vermittler seiner Zeit waren nicht zertifiziert und konnten dennoch vermitteln. Professionalisierungsansätze gibt es ab dem 17. Jahrhundert (vgl. Duss-von Werdt 2009, S. 255). Mit der systemischen Brille betrachtet handelt jeder Mediator nach seinen individuellen Motiven. Deshalb ist die Mediation, das Vermitteln an sich auch nicht starr erlernbar und auf feste Phasen reduzierbar. Das mechanische Erlernen des Mediationsverfahrens und damit das Richtige oder Falsche zu erlernen, reicht nicht aus. Die Authentizität eines jeden Mediators spielt ebenfalls eine Rolle. Das geschieht nicht von heute auf morgen, sondern bedarf viel Zeit, Erfahrung und Selbstreflexion. Seine Haltung entwickelt der Mediator stets im Scheitern seines Handelns und der Reflexion darüber. Deshalb muss sich der Mediator auf die Mediation einlassen und auch Fehler geschehen lassen. Durch die anschließende Reflexion darüber entsteht Weiterentwicklung und Haltung (vgl. ebd., S. 257f.). Die Haltung als Methode zeichnete sich somit durch Wissen (wie zum Beispiel Theorie, Grundsätze der Mediation und Techniken) und den Umgang mit dem Wissen sowie den daraus resultierenden Erfahrungen aus. Der Mediator begleitet die Medianden auf dem Weg zur Vermittlung durch seine Person, also durch seine Haltung. Durch reines Wissen (Theorie) und durch Instrumentalisierung wird sie nicht zur Haltung. Mit dem systemischen Blick betrachtet, lassen sich Systeme nicht von außen kontrollieren und lenken, höchstens durch Kommunikation irritieren. Sie bedürfen eines Beobachters auf Metaebene, der von außen beobachtet und reflektiert, was geschieht. Somit ist die Haltung des Mediators keine starre Methode, sondern eine flexible und reflexive, die sich in Abhängigkeit zu den anderen Systemen betrachtet. Eine Haltung die nicht starr ist, ist veränderbar. Das geschieht fortwährend bei jeder Mediation. Der Mediator bewirkt es aufgrund seiner Erfahrungen und der Intersubjektivität. Systemisch gesehen kann der Mediator nicht isoliert betrachtet werden, sondern alle Systeme und ihre vorhandenen Haltungen regulieren und irritieren einander im Wechsel. Jede Mediation ist demnach einzigartig. Was bei einer Mediation sich als gut erweist, ist bei einer anderen nicht angebracht. Der Mediator kann den Weg der Vermittlung nicht starr von A bis Z durchplanen, sondern muss sie im Moment geschehen lassen. Es gibt kein Rezept für eine gelingende Mediation. Um das Unvorhersehbare zuzulassen und sich darauf einzulassen, bedarf es einer Haltung in der Mediation (vgl. ebd., S. 258ff.). Von der Haltung in der Mediation nun zur Haltung in der Sozialen Arbeit. Sozialpädagogische Haltung Gemäß Thiersch ist die sozialpädagogische Haltung ein sehr komplexes Konstrukt, das sich in seiner Komplexität nur schwer erfassen lässt. Nach Thiersch setzt sich die sozialpädagogische Haltung aus den individuellen Lebensentwürfen und den daraus resultierenden Erfahrungen in Verknüpfung mit berufsspezifischem theoretischem Wissen, der Berufserfahrung und ihrer Verarbeitung zusammen. Zudem ist der kulturell geprägte gesellschaftliche Rahmen entscheidend, in der sich die Haltung entwickelt. Haltung wird durch Handlungen sichtbar. Haltung ist nicht Handlung, sondern Haltung setzt sich nach Thiersch aus der Berufserfahrung sowie den subjektiven Lern- und Lebenserfahrungen zusammen. Der jeweilige Kontext, in dem dieser Prozess stattfindet muss miteinbezogen werden (vgl. Thiersch 2014, S. 2ff.). Bezieht man historische Kontexte mit ein, gestaltet sich auch die Haltung der einzelnen Akteure unterschiedlich. Haltung stellt ein gesellschaftliches Konstrukt, das an sich nicht existiert, sondern aus seiner jeweiligen Zeit, theoretischen Brille und den dazugehörigen Kontexten heraus vom jeweiligen Subjekt konstruiert wird. Blickt man zurück, war es damals die Disziplinierung, die Erziehung ausmachte. So schrieb Pestalozzi im 19. Jahrhundert, nach Thiersch, […] dass Kinder auch dann, wenn er sie prügelte – prügeln musste, wie er meinte – sie ihm dafür dankbar waren, denn sie wussten, dass er es aus Liebe getan hatte (Thiersch 2014, S. 5). Heute stellt die körperliche und seelische Züchtigung von Kindern keine pädagogische Maßnahme dar und ist im Bürgerlichen Gesetzbuch (§ 1631 Abs. 2 Satz 2 BGB) geregelt und untersagt (vgl. BMFSFJ). Daraus kann man nach Thiersch schließen, dass Haltung einen moralischen und ethischen Anspruch formuliert, was Thiersch als überfordernd und anmaßend beschreibt. Zu wissen, was richtig sei und was funktioniere, ist in einer so komplexen Gesellschaft wie dieser nicht gegeben (vgl. Thiersch 2014, S. 6). Deshalb kann man darüber auch keine generellen Aussagen treffen, sondern die sozialpädagogische Haltung besteht im Kern darin, Menschen in ihren spezifischen Kontexten, ihren Lebenswelten, zu sehen, sie anzuerkennen und zu akzeptieren. Dadurch kann man auch keine Aussagen darüber treffen, wie jemand zu sein habe, sondern immer nur darüber was gerade beobachtet werde, wie sich jemand im Kontext verhält. Das ist der Ausgangspunkt sozialpädagogischen Handelns. Dazu erfordert die Soziale Arbeit ein hohes Maß an Selbstreflexion. Nur wer erkennt, was sein subjektives Denken und Handeln mit der Herangehensweise und der Zusammenarbeit mit den Adressaten und dem Gelingen sozialpädagogischen Arbeitens zu tun hat, kann professionell agieren (vgl. ebd., S. 10ff.). Professionelles Handeln ist jedoch nicht ausschließlich von der eigenen Haltung abhängig, sondern auch davon, wie die Adressaten der Sozialen Arbeit mitbestimmen und mitgestalten dürfen. Soziale Arbeit hat zur Aufgabe Partizipation zuzulassen und Möglichkeiten dieser zu kreieren (vgl. ebd., S. 18). Zusammenfassend lässt sich demnach sagen, dass die sozialpädagogische Haltung sich aus dem Theoriewissen, den beruflichen Rahmenbedingungen sowie der eigenen Lebensgeschichte und ihrer Selbstreflexion darüber entwickelt (vgl. ebd., S. 2ff.). Laut Thiersch ist eine reflexive sozialpädagogische Haltung elementar, um ihre Berufsidentität nach außen hin zu vertreten. Nur so kann sie in Kommunikation mit anderen System, wie zum Beispiel dem Schulsystem, treten und ihrer Aufgabe der Aufklärung von Gesellschaft über soziale Themen und Belange gerecht werden (vgl. ebd., S. 20).

Über den Autor

Sarah-Raphaela Schmid (M.M.), geboren 1983, absolvierte 2014 erfolgreich ihr Bachelorstudium im Fach Erziehungswissenschaften an der Eberhard Karls Universität Tübingen. Bereits während des Studiums entwickelte die Autorin ein besonderes Interesse an systemtheoretischen Ansätzen und dem konstruktiven Umgang mit Konflikten. Was sie dazu motivierte während ihrer Tätigkeit als Schulsozialpädagogin berufsbegleitend (2016) Mediation im Master (M.M.) an der FernUniversität in Hagen zu studieren und ihren Systemischen Berater (2020) sowie Systemischen Therapeuten (2022) am Systemischen Institut in Tübingen zu absolvieren. Die persönlichen und beruflichen Erfahrungen in diesen Fachgebieten bewegte die Autorin dazu sich der Thematik der vorliegenden Studie zu widmen. Seit 2019 ist sie in der Aufsuchenden Familientherapie tätig.

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