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Pädagogik & Soziales


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Produktart: Buch
Verlag: Diplomica Verlag
Erscheinungsdatum: 09.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 92
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Kinderchöre, Jugendchöre, Kirchenchöre, Studentenchöre, Rundfunkchöre - die Chorlandschaft zeichnet sich durch eine enorme Mannigfaltigkeit aus. Offensichtlich scheint das gemeinsame Singen für viele Menschen - ob Kinder, Laien oder professionelle Musiker - ausgesprochen attraktiv zu sein. Der Grund für die große Beliebtheit des Chorsingen liegt in der Freude am gemeinsamen Singen und Musizieren begründet. Im vorliegenden Buch geht die Autorin der Frage nach, worin genau diese Freude am Singen besteht, was gelungene Chorarbeit bedeutet und unter welchen Bedingungen diese möglich wird. Dabei beleuchtet sie sowohl künstlerische und pädagogische als auch natur- und musikwissenschaftliche Aspekte. Des Weiteren zeigt sie, wie sich die verschiedenen Einzelaspekte gegenseitig ergänzen und es durch eine Integration aller Bereiche möglich wird, einer gelungenen Chorarbeit auf die Spur zu kommen.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 4.2.3, Kommunikation: ‘The essence of eloquent, passionate, spirited communication seems to involve the use of facial expressions, voice, gestures, and body movements to transmit emotions” (Charles Darwin). Jedes gemeinsame Musizieren und damit auch das Dirigieren eines Ensembles ist ein hoch kommunikativer Prozess. Dabei wird vom Dirigenten eine adäquate Vermittlung seiner musikalisch-expressiven Intentionen erwartet. Diese Kommunikation findet auf unterschiedlichsten Ebenen und auf viele Arten und Weisen statt, wobei grundsätzlich in verbale und nonverbale Kommunikation unterschieden werden kann. Im Wesentlichen hat der Dirigent drei Möglichkeiten um mit seinem Ensemble in Interaktion zu treten: die Sprache, die Gestik und die Mimik. Die Sprache sowie das Vorsingen stehen für die verbale Kommunikation, Mimik und Gestik, worunter auch die allgemeine Körperhaltung zu zählen ist, sind hingegen die Elemente der nonverbalen Kommunikation. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass sich das menschliche Gehirn durch zwei Modi der Informationsverarbeitung auszeichnet: der ‘seriellen Verarbeitung’, mit deren Hilfe sprachliche Informationen verarbeitet werden, und der ‘parallelen Verarbeitung’ von Information, die beim Verstehen und Interpretieren nonverbaler Signale zum Einsatz kommt. Mit Hilfe der genannten Kommunikationsformen prägen Dirigenten die Atmosphäre und Effektivität der Proben. Im Folgenden sollen nun diese verschiedenen Aspekte im Einzelnen näher betrachtet werden. 4.2.3.1, Verbale Kommunikation: Die verbale Kommunikation ist ausschließlich der Probenarbeit vorbehalten und spielt für sie eine ganz wesentliche Rolle. Untersuchungen von Single (1990) und Watkins (1996) zeigen, dass in Proben, die als effektiv eingestuft werden, im Schnitt etwa 40-60 Prozent verbale Kommunikation stattfindet. Um die Sprache optimal für die Chorarbeit nutzen zu können, ist es von großem Vorteil, wenn der Chorleiter über gute allgemeine rhetorische Fähigkeiten verfügt. Dazu gehören beispielsweise eine deutliche Artikulation, angepasste und moderate Lautstärke und Wortwahl sowie ein gutes Sprechtempo. Auch die Körpersprache gehört strenggenommen zur Rhetorik, soll aber im nächsten Kapitel besprochen werden, da sie zum Bereich der nonverbalen Kommunikation gehört. Ganz entscheidend für eine angenehme Arbeitsatmosphäre ist der Umgangston. Das schöne Sprichwort ‚Der Ton macht die Musik’ ist hier im wörtlichen wie im übertragenen Sinne zu verstehen. Grundsätzlich sollte sich der Chorleiter um einen freundlichen aber bestimmten Tonfall bemühen. Dies schließt nicht aus, dass sich von Zeit zu Zeit ein energischeres Eingreifen notwendig sein kann. Eine nicht zu verachtende Rolle bei der musikalischen Arbeit spielt der Humor. Gemeinsames Singen und gemeinsames Lachen führt zur Ausschüttung von Oxytozin im Blut, was sich positiv auf die Motivation und damit auf die Lernbereitschaft und Leistungsfähigkeit der Sänger und auch des Chorleiters auswirkt. Wie wichtig das gesprochene Wort in der Probe ist, zeigt unter anderem eine Studie von Skadsem (1997), die die Befolgung von Lautstärkeangaben untersuchte. Die Studie konnte nachweisen, dass die verbale Instruktion in diesem Zusammenhang zu einem besseren Ergebnis führte als Gesten. Allerdings sind solche Aussagen mit Vorsicht zu genießen, da viele unterschiedliche Variablen auf die Ausführung von musikalischen Anweisungen Einfluss nehmen können. Dazu gehört beispielsweise die Sensibilität der Musiker, die mit der jeweiligen Erfahrung, Konzentrationsfähigkeit und -bereitschaft sowie ihrer musikalischen Ausbildung korreliert. Außerdem spielt mit Sicherheit die Vertrautheit zwischen Dirigent und Ensemble eine wesentliche Rolle. Immer wieder machen vor allem unerfahrene Dirigenten den Fehler, dass sie insgesamt zu viel sprechen. Das Wort in der Probe ist zwar äußerst wichtig, da nicht alles durch Gestik veranschaulicht werden kann , doch grundsätzlich gilt, dass jeglichen Anweisungen, Korrekturen und Rückmeldungen präzise und knapp formuliert werden sollten. Lange und umständliche Ausführungen nehmen den Schwung aus der Probe und bremsen den musikalischen Lern- und Arbeitsprozess. Man sollte sich stets bewusst sein, dass die Sprache immer Mittel zu Zweck ist, um bestimmte musikalische Ziele zu erreichen. Außerdem sollten alle Erläuterungen und Forderungen die Sänger zu bewusstem und aktivem Aneignen der Musik motivieren. Es sollte auch darauf geachtet werden, dass im Schnitt nicht mehr als drei Korrekturen oder Anweisungen auf einmal gegeben werden, um die Sänger nicht zu überfordern und um zu gewährleisten, dass jeder einen strukturellen Überblick behalten kann. Um die Musik zu vermitteln und den Chorklang zu formen, stehen dem Chorleiter zum einen natürlich die musikalische Fachsprache und technische Formulierungen zur Verfügung, zum anderen kann jedoch auch durch entsprechende außermusikalische Bilder, Assoziationen und emotionale Formulierungen entscheidend Einfluss auf die Klangqualität genommen werden. Oftmals trifft ein passendes Bild den musikalischen Gehalt präziser, als das Fachvokabular. Beispielsweise birgt die dynamische Anweisung Forte eine Vielfalt von Schattierungsmöglichkeiten und Klangqualitäten und kann von kraftvoll, weich und samtig bis spitz, starr oder sogar rabiat variieren. Die Tatsache, dass sprachliche Bilder sich für die musikalische Arbeit gut eignen und effektiv zur Gestaltung der Klangqualität beitragen können, liegt im bereits besprochenen Phänomen der Spiegelneurone begründet. Da es beim Menschen bereits ausreicht zu hören, wie von einer Handlung gesprochen wird, um diese neuronal zu bahnen, kann die Sprache einen wesentlichen Teil zur erfolgreichen musikalische Arbeit beitragen. Entscheidend ist dabei, dass die Bilder immer Bezug zur Erfahrungswelt der Sänger haben. Das bedeutet für die Praxis, dass man seine Bildersprache dem jeweiligen Ensemble anpassen muss. Dabei sollte das Alter, das soziale Umfeld und die musikalische Bildung bzw. der Grad der Professionalität der Sänger berücksichtig werden. Kinder brauchen ganz andere Bilder als Jugend-, Studenten- oder Kirchenchöre. Die Erfahrung zeigt, dass Assoziationen umso sparsamer und gezielter eingesetzt werden sollten, je professioneller ein Ensemble ist. Profis wollen wie Profis behandelt werden. Sie sind an die musikalische Fachsprache gewöhnt und verfügen diesbezüglich in der Regel auch über ein weit differenzierteres Vokabular als Laien, auf die eine Sprache mit vielen Fachtermini schnell wie unverständliches ‚Fachchinesisch’ wirken kann. Die Sprache bietet viele Möglichkeiten zu jonglieren und zu spielen. So lassen sich Fachbegriffe in Emotionen und Bilder aus der Erfahrungswelt des Alltags ‚übersetzen’ und umgekehrt. Hinsichtlich geistlicher Musik ist diese Tatsache besonders interessant. Oftmals haben viele Chorsänger zu geistlichen Texten keinen direkten Zugang und die theologische Sprache ist vielen fremd. Gelingt es, religiöse Bilder in Bilder zu übersetzten, die von den Sängern unmittelbar in Bezug zu ihrer Erfahrungswelt gebracht werden können, kann man sich mühsame Erklärungen religiöser Inhalte sparen. An dieser Stelle möchte ich ein Beispiel aus meiner eigenen chorleiterischen Tätigkeit anführen: Vor einigen Jahren probte ich mit einem Projektchor, der vorwiegend aus Schulmusikstudenten bestand, Hör mein Bitten von Felix Mendelssohn-Bartholdy. Als wir an die Stelle kamen, an der der Bittende sich an Gott wendet und ihn anfleht ‘Herr kämpfe du für mich’, gefiel mir der musikalische Ausdruck nicht. Für meine Begriffe wurde die Stelle zu belanglos gesungen und brachte nicht zum Ausdruck, dass der Bittende einen schrecklichen Kampf hinter sich hat, vollkommen erschöpft ist und erkennt, dass er aus eigener Kraft die ‘Feinde’ nicht besiegen kann. In seiner Not und Verzweiflung wendet er sich an Gott und bittet ihn um Hilfe. Die beiden wichtigsten Aspekte schienen mir zum einen die Erschöpfung und zum anderen die Einsicht des Verzweifelten zu sein, trotz aller Bemühung das Problem nicht eigenständig lösen zu können. So suchte ich nach einer Situation im Alltag, in denen diese beiden Gefühle zu finden sind. Spontan fiel mir das Empfinden ein, das sich einstellt, wenn man nach einem sehr anstrengenden Arbeitstag todmüde ins Bett fällt, obwohl noch jede Menge Arbeit zu tun wäre. In einer solchen Situation kann man nicht anders, man muss sich einfach, ob man will oder nicht, der Regeneration im Schlaf überlassen. Nachdem ich dem Chor dieses Bild beschrieben hatte, veränderte sich die Klangqualität der gesamten Passage wesentlich und entsprach dem geistigen Text und meiner interpretatorischen Auffassung deutlich mehr als die Fassungen zuvor. Je konkreter die Bilder sind, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie die gewünschte Wirkung haben. Mit der Zeit wird sich beim Dirigenten ein gewisses Repertoire an Bildern entwickeln, so dass man das Rad nicht immer neu erfinden muss, doch als Chorleiter sollte man niemals müde werden, offen für neue Bilder und Assoziationen zu sein. Kondraschin spricht in seinem Buch Die Kunst des Dirigierens von der Gefahr, dass sich ein Künstler in seine Töne verschließen und dies zur Verarmung der Phantasie führen kann. Daher rät er Vergleiche aus anderen Kunstgattungen hinzuzuziehen. Auch der schwedische Chordirigent Anders Eby legt seinen Schülern ans Herz, viel zu lesen und sich mit möglichst vielen unterschiedlichen Themen und Fachgebieten zu beschäftigen, um die Phantasie und Kreativität auszubilden. Die Erfahrung zeigt, dass sich manchmal verblüffende Zusammenhänge offenbaren und man auf Gemeinsamkeiten zweier Phänomene stoßen kann, die auf den ersten Blick scheinbar nichts miteinander zu tun haben. Als eine Variante der gesprochenen Sprache kann das Vorsingen gesehen werden. Das gute Vorsingen kann viel Zeit sparen und dem Sänger letztlich viele wichtige Informationen zur Ausführung einer Passage liefern, ohne dass ein Wort gesprochen werden muss. Auch hier treten die Spiegelneurone wieder in Aktion. Beim Zuhören vollzieht jeder Sänger die Handlung des Chorleiters mit und simuliert den gesamten Prozess des Singens. Je besser ein Chorleiter die eigene Stimme in technischer und musikalischer Hinsicht beherrscht, desto effektiver kann die Methode des Vor- und Nachsingens eingesetzt werden. 4.2.3.2, Nonverbale Kommunikation: ‘First, in order to make music, one must have the ability to use the ‘joy of movement‘ inherent in all people’ (Eric Ericson). Die nonverbale ist im Gegensatz zur verbalen Kommunikation nicht auf die Probenarbeit beschränkt, sondern spielt dann letztlich im Konzert die zentrale Rolle. Auf die Sondersituation des Konzertes soll allerdings später näher eingegangen werden, während hier der Schwerpunkt auf der Probenarbeit liegen soll. Wie oben bereits erwähnt, lässt sich die nonverbale Kommunikation bezüglich des Dirigierens in zwei Hauptaspekte untergliedern: die Gestik und die Mimik. Des Weiteren spielt für den Gesamteindruck die allgemeine Körperhaltung bzw. die Gesamterscheinung der Person eine Rolle. Hinsichtlich der Freude, die ein wesentlicher Bestandteil einer gelungenen Chorarbeit zu sein scheint, ist das oben erwähnte Zitat von Eric Ericson interessant, der von einer grundsätzlichen Freude an Bewegung spricht denn Dirigieren in all seinen Facetten ist eindeutig körperliche Bewegung. Zunächst soll es um Gestik und im Besonderen um die Schlagtechnik gehen, die das charakteristischste Werkzeug des Dirigenten ist. Der ganze Bereich der Schlagtechnik wird in zahlreichen Lehrbüchern ausführlich behandelt und diskutiert. Die Ausführung einzelner Schlagfiguren zur Verdeutlichung musikalischer Details soll hier nicht Thema sein. Vielmehr soll es um grundsätzliche Aspekte des Schlages gehen und welche Informationen ihm zu entnehmen sind. Durch eine präzise Schlagtechnik kann der Dirigent dem Ensemble mit einem Auftakt bzw. Abschlag den Beginn und das Ende eines Stückes bzw. einer Phrase vermitteln, er kann die Taktart zeigen und Taktwechsel deutlich machen, Einfluss auf jegliche Veränderungen hinsichtlich des Tempos nehmen und die Artikulation formen. Außerdem können Dynamik und Akzente deutlich gemacht werden. Je differenzierter der Schlag eines Dirigenten ist, desto mehr Informationen kann er mit Hilfe seiner Arme und Hände vermitteln. So sollten schon im Auftakt Tempo, Dynamik und Charakter der Musik erkennbar sein. Hinsichtlich der Vermittlung eines Pulses gibt es interessante Untersuchungen. Luck (2000) zeigte seinen Versuchspersonen Videosequenzen, in denen ein Dirigent bei der Ausführung von Auf- und Abwärtsschläge gezeigt wird. Die eine Hälfte der Probanden sah den Film im Original, der anderen Hälfte hingegen wurden nur die Bewegungsinformationen des Taktstockes unter Eliminierung aller übrigen Informationen gezeigt. Die Probanden wurden nun gebeten, per Mausklick den Puls zu definieren. Die Auswertung zeigte, dass die Versuchsteilnehmer insgesamt mehr als 80ms zu spät reagierten. Lediglich 33 Prozent der Probanden, die nur den Taktstock sahen, synchronisierten in etwa korrekt mit dem Schlag, während dies nur 23 Prozent der anderen Gruppe gelang. Eine weitere Untersuchung von Clayton (1986) konnte zeigen, dass sich Ensemblemusiker in ihrer zeitlichen Koordination eher auditiv orientieren als visuell am Schlag des Dirigenten. Die Ergebnisse dieser beiden Untersuchungen sind zunächst verwirrend, gilt ein präziser Schlag doch als das Medium zur Tempovermittlung. Offenbar liegt die entscheidende Information aber nicht im Puls oder im Schwerpunkt selbst sondern im Weg zum Punkt und zu einem großen Teil in dem, was der Musiker auditiv wahrnimmt. Damit das Tempo klar verständlich ist, scheint außerdem sehr wichtig zu sein, dass die Bewegungen zwischen den Pulsen gleichmäßig und organisch und dadurch vorhersehbar gestaltet sind, damit die Musiker den nächsten Puls antizipieren können. Weitere Beachtung verdient das Verhältnis von rechter und linker Hand. Grundsätzlich wird in den meisten Lehrbüchern der rechten Hand die Aufgabe beigemessen Informationen bezüglich des Metrums zu geben, während die linke Hand mehr für die musikalische Gestaltung zuständig ist. Obwohl es hinsichtlich technischer Fragen durchaus individuelle Unterschiede gibt, so scheint es doch einen Konsens zu geben, der es möglich macht, dass Dirigenten nicht nur ihr eigenes Ensemble leiten können. ‘Internationally the one goes down’ (Jorma Panula). Neben dieser vielleicht fundamentalsten und scheinbar banalen gemeinsamen Basis des Dirigierens gibt es noch eine Reihe weiterer, universal gültiger Dirigiergesten. Christiane Palmen, Soloflötistin der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz betont, dass bestimmte Zeichen, wie etwa zu Tempofragen oder auch Auftakt- Einsätzen klar und selbstverständlich zu dekodieren sein müssen. Wöllner beschreibt einige Gesten, die bis zu einem gewissen Grad konventionalisiert sind und ähnlich entschlüsselt werden. Dazu gehört beispielsweise die geöffnete Hand, die unterstützend wirkt oder die flache, nach oben hin geöffnete Hand, die Ermutigung oder Bestärkung vermittelt. Ebenso stehen in der Regel Herz und Zwerchfell für Emotion und das Ohr für bewusstes Hören. Der schlagtechnische, handwerkliche Aspekt des Dirigierens, auf den in der Hochschulausbildung großen Wert gelegt wird, der im Ganzen gesehen aber den kleinsten Teil der gesamten Dirigentenausbildung ausmacht, stellt zugleich die ‘unabdingbare Basis alles dirigentischen Tuns’ dar. Bräm und Boyes Bräm betonen ausdrücklich, dass der zielgerichtete Gebrauch von Gesten erlernt werden muss, sodass die Hochschulausbildung ihren Schwerpunkt offenbar zu Recht auf die Ausbildung einer soliden Schlagtechnik setzt. An dieser Stelle mag der Einwand kommen, dass es große Dirigenten gibt und immer gab, die scheinbar ohne jegliche Schlagtechnik ein Ensemble zusammenhalten können und in der Lage sind, musikalisch überzeugende Interpretationen zu schaffen. Als legendäres Beispiel hierfür gilt Wilhelm Furtwängler. Wie genau die Verständigung zwischen diesen Dirigenten und einem Ensemble funktioniert, ist oftmals nicht präzise zu analysieren, doch vermutlich haben diese Musiker unglaublich gut ausgebildete Fähigkeiten in anderen Bereichen der musikalischen Kommunikation, sodass die Schlagtechnik für die Organisation nicht mehr benötigt wird. An dieser Stelle ist die Hypothese angebracht, dass der Verzicht auf eine klare und präzise Schlagtechnik voraussetzt, dass alle beteiligten Musiker über eine ausgesprochen gute musikalische Ausbildung verfügen und viel Erfahrung im Ensemblemusizieren haben sowie mit dem Dirigenten vertraut sind. Die musikalische Praxis zeigt eindeutig, dass jeder Dirigent die technischen Grundlagen beherrschen sollte. Nur so ist gewährleistet, dass er sich adäquat auf ein Ensemble und dessen Niveau einstellen kann und in der Lage ist, die Hilfestellungen und Informationen zu geben, die im konkreten Fall benötigt werden.

Über den Autor

Judith Schweiger (*1984) studierte in Weimar und Stockholm Kirchenmusik A, Schulmusik und Dirigieren mit Schwerpunkt Chorleitung. Neben ihrer eigenen umfassenden künstlerischen Ausbildung beschäftigte sie sich bereits während ihres Studiums intensiv mit musikpädagogischen Aspekten und konnte durch ihre Lehrtätigkeit sowohl im musikalischen Einzelunterricht als auch in der Gruppenarbeit wertvolle praktische Erfahrungen sammeln. In Ihrem Buch Integrale Chorarbeit - wie sich wissenschaftliche Erkenntnisse und künstlerische Gestaltung begegnen und bereichern können bringt die Autorin wissenschaftliche, künstlerische und pädagogische Aspekte der Chorarbeit zur Sprache und führt alle Bereiche zu einem kohärenten Ganzen zusammen.

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