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  • Die Behandlung urteilsunfähiger Patienten nach dem neuen Erwachsenenschutzrecht vom 1. Januar 2013

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Produktart: Buch
Verlag: Igel Verlag
Erscheinungsdatum: 12.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 96
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Das vorliegende Buch befasst sich mit der Behandlung urteilsunfähiger Patienten nach dem neuen Erwachsenenschutzrecht vom 1. Januar 2013. Es stellen sich dabei Fragen rechtlicher, ethischer und politischer Natur. Das Buch ist von Relevanz, da das neue Erwachsenenschutzrecht sowie das Humanforschungsgesetz erst seit Kurzem in Kraft getreten sind, beide Gesetze einige Änderungen mit sich gebracht haben und das Selbstbestimmungsrecht im gesellschaftlichen Kontext in den letzten Jahren immer mehr Bedeutung erlangt hat. Die Rechtslage ist sehr komplex und kritische Auseinandersetzungen mit der aktuellen Legislatur sind noch eher dürftig. Neben der Thematisierung der Probleme, welche sich im Zusammenhang mit der Einführung des neuen Erwachsenenschutzrechts sowie dem Inkrafttreten des Humanforschungsgesetzes stellen, enthält das Buch eine umfassende Darstellung und Gliederung der juristischen Fälle der Behandlung urteilsunfähiger Patienten. Zudem werden systematische Gesetzesfehler aufgezeigt und die Autorin beabsichtigt dem Leser einen Gedankenanstoß zu liefern im Hinblick auf den Abschluss einer Patientenverfügung.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel III, Das Selbstbestimmungsrecht: A, Allgemeines: Herrschte früher noch das Paternalismus-Prinzip, das den Patienten davon abhielt, eigenverantwortliche Entscheidungen in Bezug auf seine medizinische Behandlung zu treffen, hat heute das Selbstbestimmungsrecht Eingang in die Gesetzgebung gefunden. Es gibt bisher noch keine gesetzliche Definition des Selbstbestimmungsrechts. Der Begriff ist dynamisch und wird konkretisiert durch Gesetz, Lehre und Rechtsprechung. In der Lehre wird auch der medizinethische Begriff der sog. Patientenautonomie i. V. m. mit dem Selbstbestimmungsrecht genannt. Das Pendant zur Selbstbestimmung, bildet die Fremdbestimmung. Schutzobjekte sind die körperliche Integrität und der freie Wille. Das Selbstbestimmungsrecht kommt sowohl im öffentlich-rechtlichen als auch im privatrechtlichen Behandlungsverhältnis zum Tragen. Allerdings stützt es sich je nach der Einteilung in ein öffentliches oder privatrechtliches Behandlungsverhältnis auf andere Rechtsgrundlagen. Verfassungsrechtliche Grundlagen des Selbstbestimmungsrechts sind der verfassungsrechtliche Persönlichkeitsschutz und die Menschenwürdegarantie. Im Zivilrecht ergibt sich das Selbstbestimmungsrecht aus dem allgemeinen Grundsatz der Vertragsfreiheit, aus den Be-stimmungen über den Persönlichkeitsschutz im ZGB, aus dem Auftragsrecht. Die strafrechtlichen Grundlagen für das Selbstbestimmungsrecht gelten für das private sowie für das öffentliche Behandlungsverhältnis. Darüber hinaus wird das Selbstbestimmungsrecht konkretisiert im DSG und in zahlreichen medizinrechtlichen Sondererlassen. Zudem schützen auch kantonale Erlasse und die medizinethischen Grundsätze der SAMW über das Recht der Patientinnen und Patienten auf Selbstbestimmung das Selbstbestimmungsrecht und enthalten insbes. Bestimmungen zur Aufklärung und Einwilligung des Patienten. Das Selbstbestimmungsrecht des Patienten stellt die ‘oberste Richtschnur’ für die ärztliche Tätigkeit dar. Der wichtigste Aspekt des Selbstbestimmungsrechts des Patienten besteht darin, dass ein medizinischer Eingriff grundsätzlich nicht ohne Einwilligung und vorgängige Aufklärung des Patienten erfolgen darf. Das Selbstbestimmungsrecht gibt dem Patienten das Recht, selbst über das Rechtsgut der körperlichen Integrität zu verfügen und über eine medizinische Behandlung zu entscheiden. Der urteilsfähige Patient darf selbst bestimmen, ob oder welche medizinischen Eingriffe er zulässt. Die Patientenautonomie enthält ferner das Recht, eine Behandlung abzubrechen oder abzulehnen, und das auch, wenn die Behandlung für die Erhaltung seines Lebens notwendig wäre. Auch ‘objektiv’ unvernünftige Entscheidungen werden vom Selbstbestimmungsrecht erfasst. Zudem beinhaltet das Recht auf informationelle Selbstbestimmung das Recht des Patienten, zu bestimmen, an wen seine Patientendaten weitergebeben werden. Einen Anspruch auf bestimmte medizinische Maßnahmen besteht indes nicht. B, Schranken der Selbstbestimmung: Das Selbstbestimmungsrecht wird durch die allgemeine Rechtsordnung, durch Spezialgesetze und anerkannte Grundsätze der Lehre eingeschränkt. Es schützt unbestrittenermaßen urteilsfähige Patienten. Auch unmündige, aber urteilsfähige Kinder kommen in den Genuss dieses Rechts, da sie aufgrund der höchstpersönlichen Natur der medizinischen Behandlung selbst in den Eingriff einwilligen können. Fraglich ist jedoch, ob das Selbstbestimmungsrecht auch urteilsunfähigen und insbes. urteilsunfähigen, unmündigen Kindern zukommt und ob das Selbstbestimmungsrecht mit Eintritt der Urteilsunfähigkeit endet. Wäre dies der Fall, käme urteilsunfähigen Patienten ein Objektstatus zu. Am 1. Januar 2013 ist das neue Erwachsenenschutzrecht (Art. 360–456 ZGB) in Kraft getreten. Es soll u. a. das Selbstbestimmungsrecht des Patienten stärken. Mittels Vorsorgeauftrag und Patientenverfügung kann sich der Patient absichern, dass sein Wille respektiert wird, sollte er später urteilsunfähig werden. Insofern soll bei Vorliegen eines Vorsorgeauftrags oder einer Patientenverfügung das Selbstbestimmungsrecht gem. Gesetzgeber bis über den Eintritt der Urteilsunfähigkeit hinweg fortbestehen. Obwohl urteilsunfähige Patienten, welche keine Patientenverfügung verfasst haben, gerade nicht in die medizinische Behandlung einwilligen können, kommt ihnen ein ‘einwilligungsunabhängiger Informationsanspruch’ und ein ‘Anspruch auf ein Minimum an Mitsprache bei den Modalitäten der Behandlung’ zu. Dieser Anspruch auf Information ergibt sich einerseits aus Spezialgesetzen, andererseits aus dem Persönlichkeitsschutz gem. Art. 27 f. ZGB, welcher im Rahmen einer verfassungskonformen Auslegung eine Behandlung des urteilsunfähigen Patienten als Objekt nicht zulässt. Insofern garantiert das TPG den Urteilsunfähigen, dass sie in den Informations- und Zustimmungsprozess miteinbezogen werden. Das StG sieht vor, den urteilsunfähigen Betroffenen vor dem Eingriff anzuhören, was die Information des Urteilsunfähigen mitumfasst. Die UN-KRK gewährleistet Kindern besonderen Schutz in der Form eines Anhörungsrechts in Bezug auf Angelegenheiten, die sie selbst betreffen. Sie müssen angehört und ihre Meinung muss ihrem Alter und ihrer Reife entsprechend berücksichtigt werden. Auch wenn Eltern nicht an die Meinung des Kindes bzgl. einer medizinischen Maßnahme gebunden sind, sind sie gem. Art. 301 Abs. 2 ZGB verpflichtet, das Kind unabhängig von seinem Alter über den Eingriff zu informieren und es anzuhören. M. E. verfügen urteilsunfähige Personen daher über ein sog. beschränktes Selbstbestimmungsrecht, da sie zwar nicht umfassend über ihren Körper bestimmten dürfen, ihnen aber ein beschränktes Mitsprache- und Informationsrecht zukommt. Neben der Urteilsunfähigkeit, welche das Selbstbestimmungsrecht einschränken kann, gibt es noch weitere Schranken. So beschränken Zwangsmaßnahmen das Selbstbestimmungsrecht. Mit der Revision des Erwachsenenschutzrechts wurde neu im Rahmen der fürsorgerischen Unterbringung eine Rechtsgrundlage für die Zwangsbehandlung in das ZGB aufgenommen. Daneben gibt es aber auch andere Bundeserlasse und kt. Erlasse, die Zwangsmaßnahmen vorsehen. Grundsätzlich wird das Recht, in Würde zu sterben und über die Art und den Zeitpunkt der Beendigung des Lebens zu entscheiden, vom verfassungsrechtlichen sowie zivilrechtlichen Persönlichkeitsschutz erfasst. Aus dem Selbstbestimmungsrecht ergibt sich auch, dass der Suizid an sich straflos ist. Passive Sterbehilfe, also das sog. Sterbenlassen, wird grundsätzlich als zulässig erachtet. Das Selbstbestimmungsrecht des Patienten steht dabei im Spannungsverhältnis zur Pflicht des Arztes, den Patienten zu behandeln. In der Lehre wird allerdings ein Vorrang des Selbstbestimmungsrechts gegenüber dem Lebensschutz propagiert. Der klar erkennbare Sterbewunsch des urteilsfähigen Patienten bindet den Arzt in diesem Fall. D. h., ein Arzt darf auch bei einem urteilsfähigen Suizidenten nicht rettend eingreifen. Dabei wird argumentiert, dass jede ärztliche Maßnahme einer Einwilligung durch den Patienten bedarf. Eine eigenmächtige Vornahme der medizinischen Behandlung ist daher nicht erlaubt. Ebenso muss der in der Patientenverfügung geäußerte Wille des Patienten, auf lebenserhaltende medizinische Maßnahmen zu verzichten, im Falle des Eintritts der Urteilsunfähigkeit berücksichtigt werden. Die indirekte aktive Sterbehilfe, also die Verabreichung von Mitteln zur Verminderung von Leiden, deren Nebenwirkungen die Lebensdauer verkürzen können, wird ebenfalls i. d. R. als zulässig betrachtet. Dabei wird u. a. argumentiert, dass die Linderung unerträglicher Schmerzen eine gewohnheitsrechtliche Berufspflicht des Arztes darstellt oder dass sich die Rechtfertigung aus dem Behandlungsvertrag ergibt, der den Arzt auch zur Schmerzlinderung verpflichtet. Beihilfe zum Selbstmord, also sog. Suizidbeihilfe, liegt vor, wenn ein Arzt oder ein Dritter dem Betroffenen Hilfestellung zur Selbsttötung gibt indem er ihm eine tödliche Substanz beschafft oder dem Betroffenen bei deren Einnahme hilft. Die Abgrenzung zu den erwähnten Arten von Sterbehilfe ist dabei schwierig. Erfolgt die Suizidbeihilfe aus ‘selbstsüchtigen Beweggründen’, ist sie strafbar. Das Recht, über das eigene Leben und den Tod zu bestimmten, wird dahingehend eingeschränkt, dass es keinen positiven Anspruch auf Tötung durch den Staat bzw. Abgabe von Medikamenten gibt, um den Tod herbeizuführen, und dadurch, dass die direkte aktive Sterbehilfe durch einen Arzt oder einen Dritten unzulässig ist.

Über den Autor

Rebecca Vionnet wurde 1988 in Basel geboren. Ihr Studium der Jurisprudenz an der Universität Basel schloss die Autorin im Jahre 2014 mit dem akademischen Grad Master of Laws erfolgreich ab. Während des Studiums arbeitete sie u. a. als Tutorin im Staatsrecht, half an der Publikation eines Privatrecht Repetitoriums mit und verfasst momentan ihre Doktorarbeit im Zivilrecht an der Universität Basel.

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