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Finanzen


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Produktart: Buch
Verlag: Diplomica Verlag
Erscheinungsdatum: 12.2017
AuflagenNr.: 1
Seiten: 128
Abb.: 40
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Das anhaltende Niedrigzinsumfeld führt zu sinkenden Erträgen im Bankensektor. Davon besonders betroffen sind Kreditinstitute, deren Geschäftsmodell stark vom Kredit- und Einlagengeschäft abhängig ist. Dazu zählen in Deutschland vor allem Sparkassen und Genossenschaftsbanken. Auf der Suche nach Ertragsalternativen sind Infrastrukturinvestments für regionaltätige Institute eine mögliche und zugleich häufig eine völlig neue Anlageklasse. Ihr hoher Komplexitätsgrad und die wenigen Gemeinsamkeiten mit vertrauten Eigenanlagen wirken herausfordernd. Dieses Buch greift dieses Spannungsfeld auf. Mit einer strukturierten Entscheidungsarchitektur wird ein interner Auswahlprozess ermöglicht, der budgetschonend wirkt und das Spannungsfeld aus Ertragsbedarf und der Sorge vor Fehlentscheidungen ausbalanciert. Hilfreich ist die Erkenntnis, dass bekannte Prozesse aus dem Kreditgeschäft und Erfahrungen aus Auswahlprozessen in anderen Anlageklassen modifiziert nutzbar sind. Zudem sind empirisch belegbare Heuristiken der Finanzwissenschaft anwendbar, die die Komplexität reduzieren. Dadurch öffnet sich ein stark wachsender Markt mit attraktivem Rendite-Risiko-Profil.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 2.4 Wissenstransfer und Erfahrungsaustausch Die Anlageklasse Infrastruktur weist eine hohe Komplexität und Vernetztheit auf. Beispiele hierfür sind das Zusammenspiel unterschiedlicher Rechtsräume, nicht vergleichbare Sektoren sowie höchst unterschiedliche Regulierungen und Fördersysteme, die einer jederzeitigen Änderung unterliegen können. Der Infrastrukturmarkt ist höchst dynamisch und überwiegend unabhängig vom Verhalten der Investoren. Er entwickelt sich z. B. durch politische Entscheidungsträger oder technischen Fortschritt weiter. Gerade für einen sonst nur regional agierenden Investor besteht ein hoher Grad an Intransparenz, da viele Merkmale des Marktes (…) demjenigen, der zu planen hat (…), gar nicht oder nicht unmittelbar zugänglich sind. Kritisch ist, dass diese Unkenntnis zu falschen Hypothesen führen können, da dem Investor das Systemwissen fehlt, das heißt Wissen über die Art und Weise, wie die Variablen des Systems zusammenhängen, wie sie sich beeinflussen. Die Einschätzung dieser Zusammenhänge wird noch erschwert, da [p]eople’s estimation of any situation is colored by their viewpoint – the organization or field they represent (…) [and t]eam member’s interpretations of the available information may be different or conflicting. Die Merkmale eines komplexen Systems - Komplexität, Intransparenz, Dynamik, Vernetztheit und Unvollständigkeit oder Falschheit der Kenntnisse über das (…) System (…) - wie es Dörner in seiner Lohhausen-Simulation berücksichtigt, sind somit erfüllt. Wie ein Regionalinstitut dieses komplexe Problem managen kann, wird in diesem Kapitel dargelegt. 2.4.1 Analogisieren In diesem Abschnitt geht es um das Anwenden bekannter Prozesse auf eine neue Situation durch Abstraktion. A posteriori mag eine solche Analogisierung sehr primitiv und ganz selbstverständlich erscheinen viele (…) kommen aber auf Derartiges nicht und verharren hilflos in der konkreten Situation. Das Analogisieren darf aber nicht mit der Assimilation verwechselt werden. Diese besagt, dass man Handlungsschemata unreflektiert auf neue Probleme anwendet in dem Glauben, es handelt sich um eines altbekanntem Typs. Dies würde den Investor in einer falschen Sicherheit wiegen. Zwischen Kreditprozessen und dem strukturierten Projekt-Auswahlprozess des Fondsmanagements lassen sich Analogien identifizieren. Die Analogie der Prozesse basiert auf der Erkenntnis, dass Kreditanfragen für ein Bauprojekt einen definierten Entscheidungsprozess durchlaufen. Dieser hat sich für die Beurteilung von vergleichbaren Vorhaben in der Vergangenheit bewährt, bevor Gelder zur Verfügung gestellt wurden. Der Ausreichung von Investorengeldern und Fremdmitteln ist gemein, dass eine sorgfältige Prüfung erfolgen muss, an deren Ende die Vermeidung des Verlustes und die Erzielung eines Gewinns steht. Diese Parallelen erleichtern es dem Investor, den Auswahlprozess des Singlefonds-Managements unter Anwendung seiner Kriterien zu prüfen und handwerkliche Fehler zu lokalisieren. Ähnliches ist bei Dachfonds möglich, die Singlefonds auswählen und bewerten sollen. Die Prüfung gelingt durch einen Abgleich zwischen dem kreditprozess-orientierten Vorgehen des Investors mit der Vorgehensweise des Dachfonds-Managements. Bei Abweichungen besteht die Möglichkeit zum Dialog, um Nachvollziehbarkeit über die Methodik zu erhalten. Die Abstraktion des Kreditprozesses eröffnet dem Investor seine kritisch-routinierte Finanzierungssichtweise auf Zielfonds anzuwenden. Dadurch wird beurteilbar, ob das Management über einen stimmigen Auswahlprozess verfügt und die eingebundenen Mitarbeiter das notwendige Know how mitbringen. Gleichzeitig gewinnt das Institut einen Einblick in die Prüfungssystematik und kann diese validieren. Vorab ist zu erwähnen, dass es für den Investor zunächst positiv ist, wenn die Projekte des Zielfonds eine finanzierende Bank vorweisen können. Damit haben diese Projekte bereits eine erste Qualitätshürde genommen. Zur Verdeutlichung der Methodik wird anhand eines Beispiels aufgezeigt, welche Zusammenhänge für ein Windparkprojekt von Bedeutung sind und daher Gegenstand einer Prüfung sein müssen, bevor investiert wird. Dazu wird die Vorgehensweise des Finanzierungsmarktführers Deutsche Kreditbank AG (DKB) für Erneuerbare Energien beschrieben. Der Marktführer weist Stand 30.09.2015 4,6 Mrd. EUR an Windprojektfinanzierungen aus bei einem Gesamtvolumen von 8,7 Mrd. EUR für Erneuerbare Energien. Die Expertise wurde über 20 Jahre aufgebaut und das Team von Kreditanalysten im Laufe der Zeit um ein Ingenieurteam erweitert. Als Voraussetzungen für die Finanzierung legt das Institut u.a. auf folgende Punkte wert: - Anlagenstandort ist geeignet und gesichert - Projekt ist genehmigt - Netzanschluss ist gesichert (einschließlich Kabeltrasse) - Qualifizierte Errichtung ist gesichert - Qualifizierte Betriebsführung und Wartung ist gesichert - Ausreichendes Versicherungskonzept Die Prüfung dieser Voraussetzungen erfolgt durch oder im Auftrag des Instituts. Dazu werden im Wesentlichen vier Prüfungsgebiete analysiert: - Wirtschaftlichkeit - Rechtssicherheit - Technische Due Diligence - Gutachterliche Analyse Die Wirtschaftlichkeitsprüfung umfasst zunächst die Bonitätsbeurteilung des Unternehmers, der den Windparkt baut. Im weitesten Sinne geht es um Ruf und Ansehen von Person und Unternehmen, also z. B. seine nachgewiesene Fähigkeit, in der Vergangenheit solche Projekte wirtschaftlich und bautechnisch einwandfrei zu realisieren (persönliche Bonität). Im engeren Sinne geht es um die Kreditwürdigkeit des Unternehmers, ob zukünftige Zahlungsverpflichtungen vollständig und fristgerecht erfüllt werden können (materielle Bonität). Ergebnis dieser Prüfung ist, für wie wahrscheinlich die ordnungsgemäße Vertragserfüllung eingeschätzt wird. Ergänzt werden muss bei dieser Bonitätsprüfung, dass der Windpark alle Voraussetzungen erfüllt und wirtschaftlich betrieben werden kann. Der zweite Teil der Wirtschaftlichkeitsprüfung bezieht sich z. B. auf Sicherheitsfragen bei Betriebsausfall, Business- und Wirtschaftsplan, das zugrunde liegende Cashflow-Modell, den Schuldendienst und ggf. Instandsetzungsreserven. Hierzu gehört auch die Besicherung. Letztlich geht es um die Bewertung der Perspektiven für das Projekt (Planzahlen-orientierte Zweckgesellschaft hat keine Historie) und eine Jahresabschluss-orientierte bzw. Rating-orientierte Prüfung des Projektdurchführenden. Abweichend von den Bewertungen durch eine Bank ist das primäre Ziel der finanzwirtschaftlichen Due Diligence, den maximalen Kaufpreis für das untersuchte Asset abzuleiten, bei dem unter Risikogesichtspunkten noch die vom Anleger geforderte Verzinsung des Eigenkapitals erreicht wird. Der konkrete Umfang der Prüfung hängt zwar von der Art des betrachteten Projektes ab, wird jedoch stets darauf abzielen, das individuelle Rendite-/Risikoprofil einer bestimmten Infrastrukturanlage zu erkennen. Zu den Analysepunkten aus Kreditgebersicht treten noch weitere Kriterien, die für den Investor von Interesse sind. Neben der materiellen Bonität des Unternehmers muss auch die unternehmerische, persönliche Bonität des Fondsmanagements beurteilt werden. Dabei steht die Befähigung im Vordergrund, solche Projekte beurteilen, betreiben, strukturieren und managen zu können. Neben diesen wirtschaftlichen Aspekten sind Kenntnisse über rechtliche Grundlagen unumgänglich. Rechtliche Fragestellungen betreffen insbesondere ein belastbares Vertragswerk, die Prüfung und Einhaltung von Auflagen durch die öffentliche Hand, Haftungsfragen, Förderregelungen (z. B. EEG in Deutschland) sowie steuerliche Aspekte. Im vorliegenden Beispiel sind z. B. eingehende Kenntnisse über die Gesetzeslage der EEG, wie Vorrang bei der Einspeisung, definierte Mindestvergütungssätze oder Förderzeiträume sowie die gebräuchlichen Finanzierungsangebote des Landes (in Deutschland durch die KfW), erforderlich. Da Infrastrukturinvestments als politisches Asset gelten, gibt es eine hohe Anforderung an lokale Rechtskenntnisse. Der Investor kann das Management somit danach beurteilen, wie mit den verschiedenen Rechtsgebieten, die mit dem Investment verbunden sind, umgegangen wird. Dabei ist zu trennen nach Rechtsfragen bezogen auf das Projekt selbst (z. B. Baurecht, Förderungen) und Rechtsfragen zum Vehikel des Fonds aus gesellschafts-, steuer- und aufsichtsrechtlicher Perspektive. I.d.R. verfügen die Anbieter über umfangreiche Gutachten von renommierten international tätigen Kanzleien. Die technische Analyse bezieht sich insbesondere auf die professionelle Baudurchführung (siehe Baurisiken im Abschnitt 2.3.2) und die verwendeten Materialien. Z. B. erkennt der Marktführer ausschließlich namhafte Rotorenhersteller wie Enercon, Vestas oder Nordex an, da deren Technik seit vielen Jahren erprobt ist und als zuverlässig gilt. Darüber hinaus sind Garantieabnahmen, Inspektionsverträge und Wartungsverträge Gegenstand der Prüfung. Erkenntnisse der technischen Analyse haben i.d.R. Auswirkungen auf die Budgetierung der CAPEX-Maßnahmen . Ein wesentlicher Unsicherheitsfaktor bei Windparks ist das prognostizierte Windangebot, das gutachterlich zu bestimmen ist. Die Windmenge ist die tragende Größe bei der Berechnung der Cashflow-Modelle und eine Fehldiagnose das entscheidende Risiko. Das Ergebnis des Ertragsgutachtens ist der relevante Hebel für die Finanzierung. Das Institut erkennt ausschließlich Gutachten nach dem Standard der Fördergesellschaft Windenergie e.V. (aktuell Technische Richtlinie 6 in der Revision 9 ) an. Problematisch am Standort Deutschland ist, dass durch steigenden Wettbewerb und Zeitdruck es immer häufiger verhindert wird bzw. durchgesetzt werden kann, dass notwendige komplexe Messanforderungen für neue Standorte durchgeführt werden. Diesem Risiko steht gegenüber, dass es immer mehr Vergleichsanlagen gibt und mit standardisierten LIDAR-Messverfahren ein alternatives Messverfahren genutzt werden kann. Für den Investor ist insbesondere der Faktor Zeitdruck problematisch. Er muss den Fondsinitiator überprüfen, ob aufgrund des Zeitmangels wichtige Prüfungen eingespart werden oder alternative Bewertungsmethoden zum Einsatz kommen. Parallel zu den Banken gibt es in Deutschland tätige Fonds , die auf die gleichen Arten von Gutachten bestehen wie der Marktführer. Die Analogien zwischen Investment- und Kreditprozess haben viele Parallelen aufgezeigt. Daraus lässt sich schließen, dass insbesondere regionale Kreditinstitute – auch ohne internationale Erfahrung bzw. als Erstinvestor – in der Lage sind, die Qualität des Fondsmanagements zu bewerten und Aussagen sowie Unterlagen kritisch hinterfragen zu können.

Über den Autor

Ludwig Basel ist verantwortlicher Referent für Alternative Investments bei einer der größten Sparkassen Deutschlands. Vor seinem Wechsel zu den Eigenanlagen war er zehn Jahre in leitender Funktion in der Privatkundenbetreuung tätig. Berufsbegleitend studierte er an der Hamburger Fern-Hochschule und hält die Abschlüsse Diplom-Kaufmann (FH) und Master of Laws (LL.M.). Aufgrund seiner herausragenden Leistungen im Master-Studium wurde Ihm das Gesamtprädikat mit Auszeichnung bestanden verliehen. Ludwig Basel ist verheiratet und hat zwei Kinder.

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