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Produktart: Buch
Verlag: Bachelor + Master Publishing
Erscheinungsdatum: 07.2013
AuflagenNr.: 1
Seiten: 56
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Am Ende des letzten Jahrhunderts erfuhr der deutsche Literaturbetrieb, der bislang für eine große Qualität seiner Autorschaft stand, eine bis heute viel diskutierte Wendung. Von einer kompletten Neuausrichtung zu sprechen, würde das Problem zwar größer machen, als es tatsächlich ist, doch offenbar waren die von einigen, überwiegend jungen Schriftstellern veröffentlichten Prosatexte deutscher Sprache von solcher Andersartigkeit, das eine kontroverse Diskussion in der Literaturkritik auf den Plan gerufen wurde. Diese für die vorliegende Arbeit grundlegende Auseinandersetzung mit dem Thema Popliteratur - unter welchem Titel genannte Werke seither in differierender Wertung laufen - fußt in essenzieller Weise auf der Ambivalenz zwischen Gegenwart und Vergangenheit. Aufgrund des literaturwissenschaftlichen Paradigmas, dass die Bewältigung von Vergangenem seit jeher nicht nur als maßgebliches Kriterium von Literatur angesehen, sondern vor allem auch als von ihr untrennbar erachtet wurde, lässt sich erahnen, weshalb eine Verschiebung hin zur Gegenwartsfixierung in fiktionalen Texten umstritten sein könnte. Der Fokus der vorliegenden Arbeit liegt darauf herauszuarbeiten, was die Begriffe Pop und Popliteratur ausmacht und worin ihre Besonderheiten für eine literaturwissenschaftliche Betrachtung liegen. Zu diesem Zweck wird zunächst eine alternative Literaturgeschichte ab Mitte des 20. Jahrhunderts erzählt, die in einem chronologischen Überblick das Aufkommen der Popliteratur vom Ursprung bis zu ihrer Wiederkehr nach der Einigung Deutschlands darlegt. In einem zweiten Schritt wird es dann darum gehen, über den hergestellten Bezug zur literarischen Postmoderne den komplexen und uneindeutigen Terminus Pop über theoretische Ansätze zum einen als kulturelle Praxis und zum anderen als individuelles Lebensgefühl zu definieren.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 2.2.2, Das Lebensgefühl Pop: ‘Pop ist Pop leben.’ Diese Überzeugung des deutschen Schriftstellers Rainald Goetz beschreibt das zuvor als Kulturpraxis deklarierte Phänomen Pop entgegen jeder ‘intellektuellen Analytik’. Mit Attributen wie ‘fasziniert betrachten’, ‘besessen studieren’ oder schlichtweg ‘feiern’ versehen, entsteht eine neue Perspektive, die Pop vom subjektiven Erleben des jeweiligen Individuums abhängig macht. Als plausibles Beispiel für diese Sicht dient Fee Magdanz, die in einem Essay Pop als fragmenthaft und situationsbedingt definiert. Demnach zeichnet das zugehörige Lebensgefühl ein Erleben individueller Momente aus, die dann in einem ganz eigenwilligen Sinne als Pop erkannt werden. Dieses spezifische Lebensgefühl schlägt dabei die Brücke zur Kultur, indem auf jene Ereignisse referiert wird, die sich im vorherigen Abschnitt als die Charakteristika der Kultur herausbildeten. Als starker Bezugspunkt kann vor allem das tiefgründige Erleben von geliebter Musik gelten, die einen beispielsweise in eine melancholische Stimmung versetzt. Nicht missverstanden darf die individuelle Erfahrung in diesem Zusammenhang als lediglich allein erlebte. Aus dem Grunde, dass Pop nie seine Massenwirkung verliert, behalten gerade auch ‘Happenings’ wie Partys oder Konzerte, aber auch persönliche Gespräche unter den Begeisterten eine Vormachtstellung. Ein elementarer Bestandteil von Pop besteht für Magdanz in besonderen Modi, mithilfe derer man sich von anderen abgrenzen kann und will. Das dem Menschen dienende Instrument zur Darstellung dieser Individualität, wie auch immer sie geartet sein mag, ist sein eigener Körper. Durch den bestimmten Einsatz des Körpers ist man in der Lage, ganz im Zeichen der Doppelcodierung nach Diederichsen, verschiedene Geheimcodes zu kreieren, die zunächst einmal nur im zugehörigen ‘Expertenkreis’ entziffert werden können. Beispielhaft für eine solch gezielte Einsetzung gelten sowohl mündliche Sprache und Kommunikation in einem ‘geheimen’ Jargon, als auch Kleidungs- oder Tanzstile. Dabei spielt es keine Rolle, von welchen Stilen und Sprechweisen die Rede ist. Es ist einzig und allein entscheidend, dass sich das Individuum bzw. die Gruppe selbst als ‘hip’ im Sinne von Pop und damit insbesondere in Abgrenzung von anderen wahrnimmt. Magdanz spricht deshalb auch von ‘Maskerade’ als wichtiges Funktionselement, die die Individualität stärkt und Identität manifestiert. Das Pop-Individuum eignet sich demnach Körper- und Stylecodes an, die ein mühevolles Einstudieren, ein genaues Befassen mit dem, was im Moment ‘hip’ ist, voraussetzen. Die Rede von einer ‘Hipness’, die bereits in 2.2.1 impliziert wurde, veranschaulicht unterdessen einmal mehr die stete Bewegung und Vergänglichkeit, die Pop auch auf der Seite des Einzelnen ausmacht. Mehr noch: Pop als Lebensgefühl ist vollständig abhängig von seinen kulturellen Konstituenten, die ihn stets zu etwas Neuem transformieren können. Das bedeutet, dass heute noch hippe Musik, Tanzformen sowie passende Kleidung morgen bereits als veraltet und ‘unhip’ empfunden werden können, wenn etwas ‘Neues’ auf den Plan tritt. Nichts bleibt mehr lange bestehen. Es scheint gar so, als gehöre diese unaufhörliche Dynamik und Flüchtigkeit fest dazu, um ein Generationsgefühl überhaupt erst zu erzeugen. So konstatiert Fee Magdanz, dass zur einst liebevollen Konstruktion von Körpercodes immer auch eine spätere Destruktion gehört, um wieder neue Codes zu definieren. Außerdem beweist die Verwendung von Körperlichkeit und Maskerade das ebenso für die Kultur signifikante Bekenntnis zur wahrnehmbaren Seite der Welt.

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