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Geisteswissenschaften


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Produktart: Buch
Verlag: Bachelor + Master Publishing
Erscheinungsdatum: 03.2015
AuflagenNr.: 1
Seiten: 64
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Teilhabe und Partizipation sind wesentlicher Bestandteil fast aller Demokratietheorien und insbesondere in den letzten Jahren wieder stark in den theoretischen wie auch alltagspraktischen Fokus geraten. Es gibt Hinweise auf ein sinkendes Interesse, sich politisch einzubringen – insbesondere im Rahmen klassischer Institutionen – aber auch auf eine wachsende Bereitschaft, beispielsweise im Rahmen digitaler Dialogangebote. Diese Arbeit ist von der Frage geleitet, wie sich Teilhabe zur Zufriedenheit der Bürgerinnen und Bürger – sowohl im Hinblick auf den Prozess als auch auf die Ergebnisse – verwirklichen lässt. Design Thinking ist eine Innovations-, Lehr- und Lernmethode, die konsequent auf Hilfe zur Selbsthilfe setzt. Sie erfordert keine Vorbildung und wirkt integrativ und ausgleichend durch die Wertschätzung für die Expertise jeder und jedes Einzelnen im eigenen Lebensbereich. Neben einer theoretischen Erkundung des Partizipationsbegriffs enthält die vorliegende Arbeit eine Reihe von Argumenten, die für die Erprobung und Evaluierung von Design Thinking als Partizipationsmethode im politischen Kontext sprechen.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 4, Inwieweit ist Teilhabe konstituierend für eine Demokratie? Im letzten Kapitel wurde das Konzept der politischen Teilhabe eingeführt und erläutert. Teilweise wurde bereits angedeutet, warum Partizipation generell und besonders angesichts gegenwärtiger Entwicklungen, wie der zunehmenden Pluralisierung der Gesellschaft, eine hohe Bedeutung zukommt. In diesem Kapitel soll konkretisiert werden, in welchem Verhältnis Demokratie und Teilhabe stehen bzw. ob und warum Partizipation eine notwendige Bedingung für demokratische Systeme ist. Viele etablierte Prinzipien moderner Demokratien zielen direkt oder indirekt auf die Teilhabe der Bürgerinnen und Bürger. Ungehinderte Beteiligung am politischen Prozess ermöglichen beispielsweise das Petitionsrecht, die Vereinigungs- und Koalitionsfreiheit, die Presse- und Meinungsfreiheit sowie die intermediären Institutionen, wie Medien, Parteien oder Verbände, die helfen Interessen zu aggregieren und zu artikulieren, was insbesondere für die erste Phase des Policy-Zyklus, die Initiation, eine zentrale Rolle spielt. Auch durch Gewaltenteilung wird Teilhabe gewährleistet: Checks and balances verhindern Einflusskonzentrationen bei einzelnen Organen, so dass stets das Volk der Souverän bleibt, und sichern Grundrechte, zu denen auch Teilhaberechte zählen. In ihrer Kontinuität und wohl auch Intensität eingeschränkt wird Teilhabe durch das Repräsentationsprinzip. Ein möglichst umfassendes Wahlrecht soll dies abmildern. Ebenfalls organisatorisch bedingt ist das Mehrheitsprinzip, das zumindest im Moment der Selektion den Input der Minderheit unberücksichtigt lässt. Nicht zuletzt um dennoch Teilhabeanreize zu schaffen, existieren in pluralistischen Gesellschaften Regeln, die dem Schutz und der Integration von Minderheiten sowie der aktiven Gewährleistung ihrer Beteiligung dienen. Je weiter dabei vom Mehrheitsprinzip abgerückt wird, umso näher ist das System am Ideal der Konsensdemokratie, über die später noch einmal zu sprechen sein wird. Folgt man Dahl, zählt die aufgeklärte politische Beteiligung großer Teile der Bevölkerung zu den wichtigsten Qualifikationskriterien für Demokratien, neben dem beispielsweise durch die oben genannten Prinzipien geregelten politischen Wettbewerb und der Beachtung normativer Standards wie der Menschenrechte. Diese sich abzeichnende empirische und theoretische Relevanz des Teilhabe-Gedankens lässt jedoch nicht darauf schließen, dass es sich um ein unstrittiges Konzept handelt: Als ‚Demokratie’ wird eine Vielzahl an Formen des politi¬schen Regierens (und Lebens) bezeichnet. Gemeinsam ist allen Demokratien, dass die Herrschaft aus dem Volk hervorgeht und unter Berufung auf seine Interessen ausgeübt wird. Aus dieser allgemeingültigen Definition lässt sich allerdings kaum die Bedeutung von politischer Partizipa¬tion ableiten. Es ist daher nicht erstaunlich, dass politi¬sche Beteiligung in unterschiedlichen Demokratietheorien höchst divergent bewertet wird. Das Spektrum der als ideal erachteten Partizipation bewegt sich zwischen den elitetheoretischen Ansätzen à la Schumpeter, die politische Partizipation in periodisch stattfindenden Wah¬len der Eliten erschöpft sehen, und den partizipativen Ansätzen im Sinne Rousseaus, die eine aktive Rolle der BürgerInnen in (fast) allen Phasen des Willensbildungs-und Entscheidungsprozesses fordern […]. Die Debatte, welche Partizipationsmöglichkeiten und welches Ausmaß an politischer Mitbestimmung der Bürge¬rInnen ideal sind, ist bis heute in der Politikwissenschaft aktuell . Eine besonders prominente Rolle spielt Partizipation in der Kritischen (vgl. z. B. Offe), Komplexen (vgl. z. B. Scharpf), Deliberativen (vgl. z. B. Habermas) sowie vor allem in der Partizipatorischen Demokratietheorie (vgl. z. B. Barber). Im Verhältnis dazu haben elitentheoretische Ansätze im Verlauf der letzten Jahrzehnte an Strahlkraft verloren. Eine politisch apathische Bevölkerung wird heute sehr viel eher als Bedrohung für das demokratische Gemeinwesen, denn als förderlich betrachtet. Diese Sichtweise begann sich bereits in den 1980er Jahren zu etablieren: Aktive Beteiligung der Bürger an politischen und gesellschaftlichen Angelegenheiten ist eine notwendige Voraussetzung zur Verwirklichung eines demokratischen Gemeinwesens . Auch Rita Süssmuth schreibt: Die Demokratie lebt von der Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger . Einen sogar identitären Zusammenhang konstatiert van Deth: Wer Demokratie sagt, meint Partizipation . Wichtige Einblicke in die Rolle der Partizipation für unsere Demokratie erlauben insbesondere deren zahlreich diagnostizierte Krisensymptome. Es besteht die Sorge, dass die Heterogenität und Komplexität der Gesellschaft durch die Politik nicht mehr angemessen abgebildet würden. Auch die zunehmende Medialisierung der Politik verflacht komplexe Entscheidungen zu personalisierten und emotionalisierten Inszenierungen. Generell sind ein sinkendes Vertrauen in Politiker und eine tendenziell abnehmende Beteiligung an Wahlen zu beobachten, vor allem in den einkommensschwachen und sogenannten bildungsfernen Schichten. Süssmuth sieht darin weniger einen Ausdruck von Politikverdrossenheit, als vielmehr das Bedürfnis nach mehr Transparenz, Information und Kommunikation. Schwer oder gar nicht lösbare Probleme würden durch die Politik nicht thematisiert. Dies führe teilweise zu Handlungsunfähigkeit und einem verbreiteten Empfinden von Stillstand. All diese Kritikpunkte verweisen auf eine wachsende Distanz zwischen Regierenden und Regierten, obwohl doch nach Lincoln jede Demokratie eine Regierung des Volkes durch das Volk und für das Volk sein sollte. Dass sich solch eine Grabenbildung zwischen der Sphäre der hauptberuflichen Politikerinnen und Politiker und der heterogenen, vielfach politisch enttäuschten Bevölkerung negativ auf gelingende Inklusion und Teilhabe auswirkt, ist auch Kern der wohl umfassendsten gegenwärtigen Demokratiekritik, die unter der Bezeichnung Postdemokratie firmiert. In der Postdemokratie sind zwar die formalen Institutionen der Demokratie intakt, doch es fehlt ihnen an ausreichender Legitimation durch die Partizipation der Bürger. Dies werde vor allem durch den häufigen Vorrang wirtschaftlicher Interessen und die damit einhergehende Privatisierung und Kommerzialisierung der Politik bewirkt. Die zunehmende Personalisierung von politischen Vorgängen und ihre jüngste Darstellungsform, das Politainment, sind naheliegende Konsequenzen. Die zentralen Merkmale der Postdemokratie sind also 1) ein Legitimitätsverlust der politischen Akteure, da sie zunehmend unter den Einfluss privater und partikularer Interessengruppen geraten, 2) ein Management von Sachzwängen anstelle des Aushandelns von divergierenden gesellschaftlichen Interessen , 3) abnehmende Responsivität der Politik auf gesellschaftliche Missstände sowie 4) verbreitete Gefühle von Ohnmacht, Verdrossenheit und schwindendem Vertrauen gegenüber den Institutionen der repräsentativen Demokratie. Als Expertokratie oder auch TINA-Politik ( There is no alternative. ) ist besonders das erwähnte Management von Sachzwängen in den Fokus und die Kritik geraten: Wenn Bürgerinnen und Bürger den Ein¬druck haben, dass sie bei den grundsätzlichen Entscheidungen über ihre gemeinsamen Angelegenheiten nicht mehr mitreden können, und dass sich nur noch Experten mit politischen Fragen beschäftigen, weil sie als komplexe technische Probleme angesehen werden, werden demokratische Institutionen ihrer Substanz entblößt und ihrer Legitimität beraubt. Wahlen werden darauf reduziert, der Absegnung von Maßnahmen unterschied¬licher Akteure zu dienen, deren Interessen nicht öffentlich verantwortet werden müssen. Damit verliert der demokratische Prozess seine Daseinsberechtigung . Dem Volk stehe keine echte Wahl zwischen Alternativen mehr frei. Dieser Umstand ist laut Mouffe vor allem einer Entpolitisierung durch die zunehmende Anpassung der Parteien des linken Spektrums an die politische Mitte geschuldet […].

Über den Autor

Nach dem erfolgreichen Abschluss eines breitgefächerten sozialwissenschaftlichen Studiums tauchte Lisa Wegener ein Jahr lang in die Innovationsmethode Design Thinking am Hasso-Plattner-Institut der Universität Potsdam ein. Der an der dortigen School of Design Thinking allseits spürbare Unternehmergeist ließ sie den Sprung in die berufliche Selbständigkeit als Life Coach wagen. Wie auch beim Design Thinking ist es im Coaching essenziell, Empathie für die tatsächlichen Bedürfnisse der Betroffenen zu entwickeln und einen Veränderungsprozess zu begleiten, ohne die eigenen Lösungsimpulse für das Maß aller Dinge zu halten. Beide Disziplinen verbinden sich in ihrer Coaching-Praxis flux Coaching in Berlin.

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