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Produktart: Buch
Verlag: Bachelor + Master Publishing
Erscheinungsdatum: 10.2013
AuflagenNr.: 1
Seiten: 44
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Die vorliegende Studie Arbeit beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit der neuesten Debatte um die wohl meist diskutierte Person der deutschen Sportgeschichte: Carl Diem. Zunächst wird ein Blick auf die Wellen der Auseinandersetzung mit der Person Carl Diems im 20. Jahrhunderts geworfen. In einem weiteren Schritt wird die neueste Diem-Debatte im 21. Jahrhunderts analysiert, wobei Position, Gegenstände und Hintergründe beleuchtet werden. Schließlich erhalten die daraus resultierenden politischen Konsequenzen ihre Bedeutung. Diese Arbeit liefert eine Analyse des Streits um die Deutung und die daraus entstehenden Entscheidungen zum Umgang mit Namen und Werk Carl Diems – ein Streit der nicht nur auf die Benennungen von Straßen Auswirkungen hat, sondern auch repräsentativ für eine inhaltliche Spaltung der Deutungen von Sportgeschichte unter den deutschen Sporthistorikern gesehen werden kann.

Leseprobe

Textprobe: 2, Die zweite Diem-Debatte im Vorfeld der Olympischen Spiele 1972: Die zweite Diem-Debatte ließ knapp zwanzig Jahre auf sich warten. Im zeitlichen Vorfeld der XX. Olympischen Sommerspiele in München 1972 wurde im September 1971 im Münchener Stadtrat darüber entschieden, welche Namensträger für Straßen, Plätze und Brücken im Olympischen Dorf aufzunehmen seien. Im Laufe der Entscheidungsfindung wurde beschlossen, den Namen Carl Diem nicht zu berücksichtigen, um !politischen Komplikationen aus dem Wege zu gehen!. Auf diesen Beschluss folgte am 4. Oktober des gleichen Jahres ein SPIEGEL-Artikel von Walter Goelde. Dieser befasste sich auf kritische Weise mit der Auseinandersetzung um die Sportvergangenheit der NS-Zeit und deren Funktionären. Einige dieser Funktionäre füllten über diese Zeit hinaus verantwortliche Positionen in der deutschen Sportorganisation aus - so auch Carl Diem. Im Artikel wurden die Diem-Zitate: !Die sportlichen Erfolge in Friedenszeiten haben sich in militärische Siege verwandelt! sowie !Der Krieg ist der vornehmste, ursprünglichste Sport! verwendet, wobei vor allem letzteres zu heftigem Streit führte. Die Witwe Carl Diems, Liselott Diem, reagierte mit einem Leserbrief an den SPIEGEL auf Goeldes Artikel und bezeichnete diesen als !systematischen Rufmord!. Etwas später veröffentlichte der Mitarbeiter des Carl-Diem-Instituts der DSHS und Bearbeiter der 1974 herausgegebenen Autobiographie Carl Diems, Bernd Wirkus, einen Artikel in der sportwissenschaftlichen Zeitschrift Leibeserziehung, der gewissermaßen eine Richtigstellung des Diem-Zitats darzustellen versuchte. Demnach zitiere Diem selbst nur den belgischen Schriftsteller und Dramatiker Maurice Maeterlinck aus dessen Buch Gedanken über Sport und Krieg. Somit ist Diem, der den Satz !Der Krieg ist der vornehmste, ursprünglichste Sport! bei einem Vortrag vor der Heeresschule für Leibesübungen in Wünsdorf im Jahre 1931 verwendete, nicht der Urheber dieses Zitates, sondern Maeterlinck - er habe dieses allerdings nicht als solches vermerkt. Weiterhin argumentiert Wirkus, dass Diem ebenso wie Maeterlinck versuche, keine positive Assoziation von Sport und Krieg herzustellen, denn Diem fuhr im nächsten Satz des Vortrags fort, dass Sport und Krieg Gegensätze seien: !Das eine ist Ernst, blutiger Ernst, das andere ist Spiel, heiteres Spiel.! Mit dieser Argumentation intendierte Wirkus wohl eine Richtigstellung des Diem-Bildes, welches seiner Ansicht nach, durch Goeldes Artikel verfälscht wurde und unterstellte diesem die !Ignoranz der Herkunft des Diem-Ausspruches!. Wiederum als Reaktion auf Wirkus´ Artikel folgte ein Aufsatz in der gleichen Zeitschrift nur vier Hefte später. Die Bonner Studenten Ulrich Obieray und Werner Sonnenschein sowie der Kölner Student der DSHS Jens Hinrichsen bezeichneten in ihrem Artikel, der den gleichen Namen trägt wie der von Wirkus, nur mit der Beifügung (2.Teil) am Ende, Wirkus´ Artikel als !offiziösen Teil einer Aktion zur Vergangenheitsbewältigung (..., der) für die Situation der Zeitgeschichte im bundesdeutschen Sport bezeichnend ist! und holten zum Rundumschlag aus. Hierbei kritisieren sie nicht allein den Wirkus-Aufsatz. Auch anderen Autoren, die vornehmlich in ihren angehörigen Sportfachverbandszeitschriften publizierten und !am (Liselott-)Diem-Brief orientierte Schützenhilfe leiste(te)n!, wurde eine fehlende kritische Haltung gegenüber Diems Arbeit im Dritten Reich vorgehalten. Ansatzpunkte der Kritik waren Fehlinterpretationen und Auslassungen von Zitaten, historischen Fakten und deren Zusammenhängen. Sie unterstellten zum Beispiel, dass Diem die von Wirkus ausgeführte positive Assoziation von Krieg und Sport eben nicht versuchte abzuwehren, da er !zeit seines Lebens die Auffassung (vertrat), daß der Sport zum Krieg gehört oder ihm dient!. Letztlich sah sich Bernd Wirkus daraufhin erneut veranlasst, eine Reaktion auf den Aufsatz des Verfasserkollektivs der drei Bonner und Kölner Studenten zu leisten. Diese wurde direkt im Anschluss an deren Artikel in der Leibeserziehung abgedruckt. Wirkus antwortete auf die Kritik des Weglassens historischer Zusammenhänge mit dem Verweis auf den wissenschaftlichen Anspruch des Carl-Diem-Instituts: Ziel sei eine !objektive Erforschung! und nicht !die Erzeugung einer ‘Legende‘ um eine Person!. Hinzu kamen weitere Erklärungen zu den jeweils gewählten Diem-Zitaten und deren Deutungen. Was sich aus dieser zweiten Diem-Debatte schlussfolgern lässt, ist einerseits die Schwierigkeit, mittels Sprache und dem Belegen mit Zitaten, das Denken und Handeln von historischen Personen postum zu rekonstruieren. Schließlich kann die Person, um die es geht, ebenso wenig ein Veto einlegen wie Außenstehende ein objektives Urteil abgeben können. Zweitens ist festzustellen, dass erste Zweifel an der Arbeit des Carl-Diem-Instituts aufkamen – geschehen durch Hinrichsen et al. sowie Goelde. Schließlich gab das Carl-Diem-Institut vornehmlich Schriften aus Diems Nachlass heraus, welche ein positives Bild zu erzeugen suchten. Diese Zweifel wurden von der damaligen Prorektorin Liselott Diem (zwischen 1969-1971) und dem Diem-Instituts-Mitarbeiter Bernd Wirkus versucht, als falsch darzustellen. Wissenschaftliche Untersuchungen zur Organisation des Sports im Dritten Reich wurden nur marginal durchgeführt, was an der sich erst entwickelnden Sportwissenschaft sowie an der mangelhaften Quellenlage lag. Lediglich Hajo Bernett unternahm einen ersten Versuch, eine umfassendere Darstellung der Sportpolitik im Dritten Reich durchzuführen, indem er Akten der Reichskanzlei sezierte. Der Name Carl Diem fand (zunächst) jedoch keine besondere Bedeutung. Dies sollte sich in der Folgezeit ändern.

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