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Geisteswissenschaften

Barbara Mühlenhoff

Goethes verkannte Musikalität: Der Dichterfürst und die Musik

ISBN: 978-3-95820-117-0

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Produktart: Buch
Verlag: Bachelor + Master Publishing
Erscheinungsdatum: 09.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 48
Abb.: 9
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

War Goethe musikalisch? Kein anderer Dichter wurde so oft vertont wie er Goethe selbst bewertet sein Musikverständnis eher bescheiden. Tatsächlich setzt sich der große Dichter zeitlebens intensiv mit Musik, sowohl wissenschaftlich als auch persönlich, auseinander. Er forscht dazu nicht nur selbst, sondern pflegt regen Kontakt zu Persönlichkeiten, die er als ‘Kenner’ der Materie schätzt, allen voran Carl Friedrich Zelter. Goethes Schriften zur Tonlehre und Molldebatte sowie die Briefwechsel gehören für ihn zu einem Lernprozess, dem er sich angesichts der Größe und Würde der Musik stets unterlegen fühlt. Die Musik als ‘Künste aller Künste’ beinhaltet für Goethe unterhaltsamen, bildenden und tröstenden Wert. Die Grenzen seiner Vorlieben steckt er dabei klar: Musik soll form-schön und bedeutungsvoll, sinnlich-schön und geistvoll sein. Überschaubare Strukturen wie die des Volkslieds haben es ihm angetan, die ‘neue Musik’ wie die Schuberts behagt ihm allerdings nicht. Ein Überblick über Goethes Verhältnis zur Musik und den Musikern seiner Zeit beleuchtet in Kürze, wie musikalisch der Dichterfürst wirklich war.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 3.8, Sonstige: Im Folgenden werden kurz die Musiker vorgestellt, die randläufig einen Einfluss auf Goethe ausübten: Johann André (1741–1799) Den Offenbacher Seidenwarenfabrikanten Johann André trifft Goethe im Schönemannschen Kreis in Frankfurt 1775. Andrés Singspielkomposition ‘Der Töpfer’ (1773) nach einem eigenen Libretto regt Goethe im November 1773 zur Arbeit an ‘Erwin und Elmire’ an, seinem ersten Singspieltext. Die Komposition der Arien dieses Stückes übernimmt André. 1778 vertont er als zweiten Singspieltext Goethes ‘Claudine von Villa Bella’. Ist die Zusammenarbeit Goethes mit André nur von kurzer Dauer, trifft dennoch dessen erklärtes Bestreben, den Typ des Hillerschen Singspiels, wie Goethe es in Leipzig kennenlernte, dadurch weiterzuentwickeln, dass sich ein kräftig humoristischer Ton mit einer geistvollen Handlungsführung verbindet, Goethes gleichartige Ab-sichten. Philipp Christoph Kayser (1755–1824) Kayser, wie Goethe in Frankfurt am Main geboren und mit ihm frühzeitig bekannt, hält Goethes Erwartungen nicht lange stand. Hatte er 1775, kurz vor seiner Abreise nach Zürich, wo er als Klavierlehrer arbeiten sollte, noch eine von Goethe geschätzte Melodie aus Grétrys Oper ‘La Magnifique’ den Versen ‘Ihr verblühet, süße Rosen’ aus ‘Erwin und Elmire’ angepasst, scheitert er an Goethes Forderung, er möge die Singspiele ‘Jery und Bätely’ sowie ‘Die ungleichen Hausgenossen’ und ‘Scherz, List und Rache’ vertonen. Für letzteres gibt Goethe genaue Anweisungen trotzdem kommt die Komposition nur langsam voran, und noch 1828 blickt der Dichter enttäuscht auf die ‘Stimmenmagerkeit’, die ohne Chor ‘nicht weiter als zum Terzett stieg’ zurück, ‘und man hätte zuletzt die Theriaksbüchsen des Doktors gern beleben mögen, um einen Chor zu gewinnen. Alles unser Bemühen daher, uns im Einfachen und Beschränkten abzu-schließen, ging verloren, als Mozart auftrat.’ Bedeutsam für Goethe ist Kayser in Rom, wo der ihm vor den Besuchen der Auffüh-rungen in den alten Kirchen die Musik der Motetten von Morales und Palestrina und die Kompositionen von Allegri und Benedetto Marcello am Klavier erschließt. Goethes Hochschätzung der Musica Sacra und der Vokalmusik mag hier unter anderem ihre Wurzeln haben zumindest zählen sie zu seinen wichtigen musikgeschichtlichen Erfahrungen. Nach der Italienreise entfremdet sich Goethe immer von Kayser, bis der Kontakt schließlich abbricht. Anna Amalia Herzogin von Sachsen-Weimar-Eisenach (1739–1807) Der gesellige Kreis um die Herzogin-Mutter am Hofe in Weimar kommt auf die Idee eines ‘Liebhabertheaters’, an deren Verwirklichung Goethe regen Anteil nimmt. Zu seinem Singspiel ‘Erwin und Elmire’ komponiert Anna Amalia eine Bühnenmusik, die lange Zeit bei Aufführungen in Weimar gespielt wird. Goethe schätzte wohl die tatkräftige Frau, die sich zwar von den Berufsmusikern am Weimarer Hof beraten ließ, in deren Nachlass sich jedoch eine Fülle an eigenen Kompositionen für Kammerorchester finden lassen, in denen man eine beachtliche Fülle von musikalischen Einfällen erkennen kann, von denen Goethe in der Vertonung seines Singspiel profitierte. Corona Schröter Schon als Student in Leipzig lernt Goethe Corona Schröter in den von Johann Adam Hiller geleiteten ‘großen Konzerten’ kennen. Später (1776) lädt er sie an den Weimarer Hof ein, worauf hin der Herzog Carl August und Goethe gleichermaßen um die Gunst der schönen Frau werben. Dieses verdeckte ‘Spiel der Herzen’ gibt den Auf-führungen der Weimarer Liebhaberbühne manchen ‘galanten Nebensinn’: Goethe versteckt seine Huldigung in den Rollen, die er bewusst für Corona gestaltet. So singt sie in ‘Lila’ die Fee Sonna (1777), im ‘Triumph der Empfindsamkeit’ die Fee Mandane (1778), in ‘Jery und Bätely’ übernimmt sie die Hauptrolle der Bätely (1780) und in ‘Die Fischerin’ hört man erstmals die Ballade ‘Der Erlkönig’ in einer von ihr selbst verfassten Vertonung (1782). Vor allem aber steht sie als erste Iphigenie gemeinsam mit Goethe als Orest bei der Uraufführung des Dramas auf der weimarerischen Liebhaber-bühne (1779). Das Liebhabertheater, dem sie sechs Jahre lang angehört, erreicht 1783 sein Ende. Corona bleibt als Kammersängerin in Weimar und 1786 lässt sie vierundzwanzig eigene Liedvertonungen von Goethes Dichtungen drucken, in denen sich schon dessen Bemühungen um die Weiterentwicklung insbesondere des Singspiels widerspiegeln, denen sie am Weimarer Hof unweigerlich begegnet war. Anton Heinrich Fürst Radziwill (1775–1833) Radziwill, der eigentlich preußischer Statthalter im Großherzogtum Posen war, arbeitete seit 1808 an einer Bühnenmusik zum ‘Faust’. Im November 1813 führt er Goethe in Weimar Teile derselben vor dieser scheint zwar nicht enttäuscht gewesen zu sein, allerdings reicht das Gezeigte wohl für eine Realisierung auf der Bühne nicht aus. Bis 1819 ist die Komposition so weit fortgeschritten, dass Radziwill eine Teil-Aufführung der Faust-Szenen im Privattheater seines Palais in Berlin wagt. Zelter übernimmt die musikalische Leitung, der Chor der Singakademie wirkt ebenfalls mit. 1829 schreibt Frédéric Chopin nach dem Studium der Radziwillschen Partitur einem Freund: ‘...er zeigte mir seinen ‚Faust‘, und ich habe manches darin gefunden, das wirklich schön, ja teilweise sogar genial gedacht ist. Im Vertrauen, ich hätte solche Musik einem Statthalter gar nicht zugetraut...’ Goethe bekommt allerdings das vollendete Werk nicht mehr zu Gesicht. Radziwill stirbt ein Jahr nach Goethe, aber erst 1835 erscheint die Bühnen-musik im Druck. Der Erfolg, den sie bis in die achtziger Jahre des 19. Jahrhunderts für die Aufführungspraxis des Dramas in Deutschland, England und Frankreich erlebt, zeichnet die Musik, die zu Lebzeiten Goethes unter der Hand bleibt, wohl ausreichend aus. Die Eberweins Die Söhne des Weimarer Stadtmusikus Franz Carl Adalbert Eberwein, Max und Karl, spielen für Goethe eine durchaus wichtige Rolle. Ihr Vater hatte Goethe schon des Öfteren mit seiner Musik erfreut. Der ältere Sohn, Max, leitet seit 1797 die Hofkapelle in Rudolphstadt und liefert u.a. Kompositionen für Goethes Singspiel ‘Claudine von Villa Bella’, ‘Die Fischerin’, und die Lieder ‘Ergobibamus’ (‘Hier sind wir versammelt’) und ‘Tischlied’. Ist das Talent des 1809 nach abgeschlossener Ausbildung von Zelter entlassenen Schülers Karl auch nicht ‘so ergiebig (...) scheint er (...) der Mann zu werden, der macht, was man eben braucht, und solche Leute muss es auch geben.’ Goethe vertraut dem jungen Musiker daraufhin seine ‘Hauskapelle’ an. In den Zimmern von Christiane probt dieser gemischte Chor geistliche und weltliche Vokalmusik, wobei Goethe gelegentlich den zweiten Bass mitsingt. Immerhin reichen die Gesangsleistungen so weit aus, dass sie hin und wieder vor geladenen Gästen auftreten – Goethe profitiert zudem von dem praktischen Musizieren und lernt historische und zeitgenössische Chormusik genauer kennen. Weniger zufrieden ist Goethe mit Karl Eberweins Leistung in Bezug auf die Vertonung des ‘Faust’ Er schreibt an Zelter: ‘Des jungen Mannes Talent kennst Du es ist ein geerbtes, äußeres und mit nichts gefüttert. Deswegen klebt’s mit Lust an der Erde und begreift nicht, warum es sich nicht vom Boden erheben kann...Was ich mit Faust vorhatte, wollte er nicht begreifen...’ Schließlich stellt sie ihn wohl doch zufrieden, denn als der ‘Faust’ 1829 in Klingemanns Bearbeitung zu Goethes Geburtstag in Weimar ihre Premiere hat, erklingt dazu Eberweins Bühnenmusik. Seine Wertschätzung den Eberweins gegenüber äußert Goethe zudem bei einem Vor-trag, bei dem Madame Eberwein auf Goethes Wunsch hin einige Lieder des ‘West-Östlichen Divans’ singt, einer Komposition ihres Gatten. Er sagt zu Eckermann: ‘Eberwein übertrifft sich mitunter selber.’ und bittet danach noch um das Lied ‘Ach, um deine feuchten Schwingen.’ Hier ist wohl am ehesten der Vater, Franz Eberwein, mit dem Lob gemeint. 4, Goethes eigene Produktionen und Schriften: 4.1, Dichterisch-produktiv: Goethes Singspiele Zwischen 1773 und 1784 verfasst Goethe insgesamt sechs Singspiele. Seine erste Arbeit ist ‘Erwin und Elmire’ (1773), gefolgt von ‘Claudine von Villa Bella (1774) und ‘Lila’ (1777). ‘Jery und Bätely’ schreibt er 1779, ‘Die Fischerin’ dann 1782 und zuletzt er-scheint ‘Scherz, List und Rache’ 1784. Zusätzlich bringt Goethe vier Opern zu Papier, die jedoch alle Fragmente bleiben. Der erste, vierte und fünfte Akt von ‘Die ungleichen Hausgenossen’ schreibt er zwischen November 1785 und Februar 1786, während das Libretto für ‘Der Zauberflöte zweiter Teil’ erst zehn Jahre später 1795 entsteht. ‘Der Löwenstuhl’ kommt 1814 und ‘Feradeddin und Kolaila’, welches zum ‘West-östlichen Divan’ gehört, nimmt Goethe von 1815 bis 1816 in Angriff. Sein Ziel ist, eine deutsche Oper zu schaffen – wie erwähnt stoppt die Aufführung von Mozarts ‘Entführung aus dem Serail’ Goethes Bemühungen, da er sein Ziel erreicht findet. Von Mozarts Zauberflöte inspiriert, möchte der Dichter eine Fortsetzung derselben verfassen. Die Handlung Schikaneders wird weiter gedacht: Tamino vermacht seine ‘kostbare’ Flöte als Hochzeitsgeschenk Papageno, der mit seinem Spiel die Magie des Instruments ausprobiert und alle Tiere anlockt, darunter gespickte Hasen. Auch Papageno hat sein ursprüngliches Instrument als Hochzeitsgeschenk an Papagena weitergegeben. Indem sie das herrliche Glockenspiel schlägt, fallen alle Vögel ins Netz, und Tauben fliegen dem musizierenden Ehepaar gebraten in den Mund. An einigen Stellen gibt Goethe den Komponisten Anregungen in puncto Besetzung, ob etwa ein Refrain durch verschiedene Ensembles oder einen Chor zu wiederholen sei. Goethe spinnt be-sonders den Gedanken der dem Menschen auferlegten Prüfungen weiter. So wird Sarastro einer Prüfung unterzogen. Er kann gerade noch verhindern, dass die Königin der Nacht mit Hilfe von Monostatos das Kind von Tamino und Pamina mit Namen Genius raubt. Monostatos schafft es jedoch, es in einen Sarg einzuschließen. Genius lebt, so-lange der Sarg in Bewegung bleibt. Sarastro kann seine Freunde nun nicht mehr vor dem Bösen beschützen, denn er muss auf Wanderschaft gehen und verlässt im Pilgerkleid die heiligen Hallen. Auf seinem Weg trifft er Papageno und Papagena, die kinderlos geblieben sind. Aus Straußeneiern zaubert er ihnen drei Kinder. Schließlich befreit sich das eingeschlossene Kind Genius und entschwindet, nach dem allerersten Wortwechsel mit seinen Eltern, aus dem Verlies und strebt gen Himmel. An dieser Stelle endet das Fragment. Während seiner Zusammenarbeit mit den Komponisten Kayser, André und Reichardt erkennt Goethe, dass er niemals mit einem Komponisten von Mozarts Genius zusammen tätig sein würde, der seine Dichtungen in einer Art vertonen könnte, die ihm vor-schwebt. So schreibt er in den Annalen von 1816: ‘...und wie denn, sobald ein bedeutender Stoff mir vor die Seele trat, ich denselben unwillkürlich zu gestalten aufgefordert wurde, so entwarf ich eine orientalische Oper und fing an sie zu bearbeiten. Sie wäre auch fertig geworden, da sie wirklich eine Zeitlang in mir lebte, hätte ich einen Musiker zur Seite und großes Publikum vor mir gehabt (...).’ Das Heitere und Komische gefällt ihm bei seinen eigenen Libretti ebenso sehr, wie er es bei Liedern bevorzugt. An Charlotte von Stein schreibt er: ‘Eine Tollheit hab ich erfun-den, eine komische Oper ‚Die Empfindsamen‘, so toll und grob als möglich.’ Auch ‘Claudine von Villa Bella’ wird vom ‘Schauspiel mit Gesang’ zur komischen Oper umgearbeitet. Doch auch ein Melodram, ‘Proserpina’ (1776), lässt er von Karl Eberwein vertonen. Insgesamt ist für Goethe wichtig, dass Text und Musik zusammenpassen und wirken. Ob nun Gesang oder Ton über dem jeweils anderen stehen soll, legt Goethe nicht konkret fest. Es erscheint ihm als wesentlich, dass bei den Vertonungen seiner eigenen Dichtungen der Grundcharakter herausgehoben und erkannt wird, dass das Stück also in seinem Sinne vertont wird. Dazu gibt er teilweise nicht nur konkrete Anweisungen, sondern vor allem Beurteilungen über das fertige Produkt, durch die so mancher Komponist im Laufe der Zeit bei Goethe ‘in Ungnade’ fällt.

Über den Autor

Barbara Mühlenhoff, M.A, wurde 1980 in Kalkar am Niederrhein geboren. Ihr Studium der Musikwissenschaft, Germanistik und Pädagogik an der Ruhr-Universität Bochum schloss sie im Jahre 2005 mit dem akademischen Grad der Magistra Artium erfolgreich ab. Bereits während des Studiums beschäftigte sie sich intensiv mit dem Verhältnis Johann Wolfgang von Goethes zur Musik. Zu ihrem Spezialgebiet gehört zudem die Chronik der niederrheinischen Klavierbauerfamilie Wilhelm Neuhaus. Die Autorin arbeitet organisatorisch und begleitend für das Klassik-Open-Air-Festival ‘Klevischer Klaviersommer’, als Musikrezensentin des lokalen Feuilletons der Rheinischen Post und sie ist als freie Texterin in verschiedensten Bereichen tätig.

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