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Geisteswissenschaften

Thomas Vasniszky

Sexualität und Gewalt im Film Noir der 70er: Martin Scorseses "Taxi Driver"

ISBN: 978-3-95684-217-7

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Produktart: Buch
Verlag: Bachelor + Master Publishing
Erscheinungsdatum: 02.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 64
Abb.: 16
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Anfangs existieren Travis Bickles Es und Über-Ich des Freud'schen Modells der Psyche noch nebeneinander. Im Verlauf des Films verschmelzen sie zu Travis' Doppelgänger, der gleichzeitig mit dem Subjekt Travis fusioniert. Die nachfolgende Lesart behandelt Taxi Driver als ein Coming of Age-Drama. Travis ist symbolisch auf dem Weg vom Kind zum Manne, hat dabei aber mit seiner symbolischen Impotenz und Kastration zu kämpfen. Der Text vereint Freud, Lacan, Gender- und Genre-Betrachtungen und befasst sich mit der Fragestellung, in welchem Verhältnis Sexualität und Gewalt in Martin Scorseses Film Noir Taxi Driver stehen.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 2.1.3, Das psychische Krankheitsbild: Die Ursache für seine Unantastbarkeit, Einsamkeit und seinen psychischen Zustand sind in den Spuren, die der Vietnamkrieg hinterlassen hat, zu suchen. Er hat mit der Film Noir-typischen ‘Last der Vergangenheit’ zu kämpfen. Gleich zu Beginn erfährt der Zuschauer von Travis' Schlaflosigkeit. Vor seinem Job als Taxifahrer ist er nachts – wenn seine Insomnie ihn nicht in die Pornokinos getrieben hat – mit öffentlichen Verkehrsmitteln durch die Stadt gefahren. Sein Vorname Travis leitet sich von 'traveler' ab. Da er nicht schlafen kann, ist es ihm nicht möglich, zu träumen. ‘Träume suchen die Reizbewältigung unter Angstentwicklung nachzuholen, deren Unterlassung die Ursache der traumatischen Neurose geworden ist’. Folglich kann Travis sich nicht seinen Problemen stellen. Er zeigt alle Symptome eines Traumas. ‘The classic symptoms of trauma range from feelings of restlessness and agitation at one end of the emotional scale to feelings of numbness and bleakness at the other. Traumatized people often scan the surrounding world anxiously for signs of danger, breaking into explosive rages’. ‘In der Welt des Film noir dreht sich alles um die Kausalität der Ereignisse, die allesamt unentrinnbar miteinander verbunden sind und unvermeidlich auf ein lange vorausgedeutetes Ende hinauslaufen’. Die Gewalteskalation am Ende ist also durch Travis' Vietnam- Trauma schon lange vorherbestimmt. ‘How long have I been driftin' alone through the night?’, geht es ihm mit den Worten aus Late for the Sky durch den Kopf. Dass der Song nicht aus dem Fernsehgerät kommt, sondern nichtdiegetisch und Travis' Gedankenwelt zugehörig ist, folgt aus der Abwesenheit der Hintergrundgeräusche, insbesondere des deutlich sichtbaren Ventilators. Er leidet an Schizophrenie. ‘The schizophrenic lives outside time and space as if endlessly drifting in outer space’. Neben der zersplitterten Männlichkeit ist auch seine Schizophrenie verantwortlich für die Entstehung seines Doppelgängers und den Verlust des Ichs. ‘Schizophrenia involves the loss of self (fragmentation of self) and the loss of a shared social world’. Dass er den Kontakt zur Außenwelt verloren hat, nimmt er selbst wahr: ‘Loneliness has followed me my whole life, everywhere. In bars, in cars, sidewalks, stores, everywhere. There's no escape. I'm God's lonely man’. Seine Einsamkeit ist durch einen schizoiden Angstzustand begründet: The fear of engulfment is the fear of being controlled by another's love or friendship. In this logic, love is a form of control that makes the loved one become more or less identical to the lover. Isolation from others is the only means of avoiding being absorbed by others. Die Isolation ist der Auslöser für Travis' Melancholie. Diese äußert sich in Hasstendenzen gegen sich selbst und der Erwartung von Ablehnung und Strafe. Schlaflosigkeit, auf die Vergangenheit ausgestreckte Selbstkritik ('Loneliness has followed me my whole life, everywhere') und Erniedrigung vor anderen Personen sind kennzeichnend für den Melancholiker. ‘Die Anlässe der Melancholie [...] umfassen alle die Situationen von Kränkung, Zurücksetzung und Enttäuschung, durch welche ein Gegensatz von Lieben und Hassen’ entsteht. Durch Betsys Zurückweisung entsteht ein Ambivalenzkonflikt: Hat sich die Liebe zum Objekt, die nicht aufgegeben werden kann, während das Objekt selbst aufgegeben wird, in die narzißtische Identifizierung geflüchtet, so betätigt sich an diesem Ersatzobjekt der Haß, indem er es beschimpft, erniedrigt, leiden macht und an diesem Leiden eine sadistische Befriedigung gewinnt. In dem Sinne befriedigt sich der Doppelgänger am Subjekt, lange bevor sie miteinander verschmelzen. Wie für das Monster aus Literatur und Film gilt für Travis, dass allein seine Existenz, sein Leben in New York und sein Job als Taxifahrer, schon Strafe ist. Die Fahrerei hat nie ein Ende, denn es wird immer neue Fahrgäste geben – es ist eine Sisyphusarbeit. Dass er in einem Teufelskreis des ewigen Taxifahrens steckt, wird verdeutlicht durch die Kongruenz von Vor und Abspann, sowie die Montage von Vorspann, in dem er Taxi fährt und der darauffolgenden Szene, in der er (wieder einmal) anfängt, Taxi zu fahren. 2.2, Coming of Age: 2.2.1, Jungfräulichkeit, Impotenz, Kastration: Womit ist Travis zuerst in Kontakt gekommen – mit Sexualität oder Gewalt? Bei seiner Bewerbung um den Job als Taxifahrer gibt er an, im Mai 1973 ehrenhaft aus dem Kriegsdienst entlassen worden zu sein. Diese Bezeichnung hat aber kaum Aussagewert: ‘a person rendered physically or psychologically incapable of performing his or her assigned duties will normally have his or her service characterized as honorable’. Dies bedeutet zwar nicht zwingend, dass Travis damals schon mit psychischen Problemen zu kämpfen gehabt hat, schließt es allerdings auch nicht aus. Die Narbe auf seinem Rücken könnte aus seiner aktiven Zeit als Marine stammen. Die Vietcong Flagge in seinem Appartement, die vermutlich eine Trophäe aus Vietnam ist, legt nahe, dass er aktiv am Kriegsgeschehen beteiligt gewesen und dann selbstverständlich mit Gewalt in Berührung gekommen ist – ganz im Gegensatz zur Sexualität.

Über den Autor

Thomas Vasniszky, B.A., wurde 1988 in Temeschburg geboren. 2013 erlangte er mit diesem Text seinen Bachelor-Abschluss an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Seit Kindertagen ist er vom Film fasziniert und hat seitdem weit über 3000 Filme gesehen. Neben seiner wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit den Medien ist er auch als Autor, Regisseur und Künstler tätig.

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