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  • Für die Menschen bestellt in schwerer Zeit: Karl - Andreas Krieter Pfarrer der Kirchengemeinde St. Bonifatius in Hbg. – Wilhelmsburg von 1934 bis 1961

Gesellschaft / Kultur


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Produktart: Buch
Verlag: disserta Verlag
Erscheinungsdatum: 10.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 396
Abb.: 168
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Karl-Andreas Krieter, von 1934 bis 1961 Pfarrer der Kirchengemeinde St. Bonifatius in Hbg.-Wilhelmsburg, galt vielen seiner Mitmenschen als ebenso liebenswerte wie bedeutende Persönlichkeit. Wegen seiner Verdienste um den Bau und Erhalt des Wilhelmsburger Krankenhauses ‘Groß-Sand’ wurde er mit dem Bundesverdienstkreuz Erster Klasse geehrt. Eine Straße in Wilhelmsburg wurde nach ihm benannt. Die Katholische Kirche ehrte ihn durch den Titel ‘Geistlicher Rat’. Der hier vorgelegte zweite Teil seiner Biografie beschreibt das Leben und Wirken des Pfarrers und Dechanten in der Kirchengemeinde St. Bonifatius und im Dekanat Lüneburg / Harburg in den Vorkriegsjahren der nationalsozialistischen Diktatur, während des Zweiten Weltkrieges, der ersten Nachkriegsjahre und der Aufbaujahre der Bundesrepublik Deutschland. Weil Pfarrer Krieter in diesen einflussreichen Epochen gelebt hat, werden in seiner Biografie auch die überpersönlichen Umstände, Sorgen und Nöte sowie die positiven Möglichkeiten der genannten Zeitabschnitte deutlich. Das Buch lässt dabei historische Quellen so oft wie möglich selbst zu Wort kommen und macht einige neue Forschungsergebnisse und noch nicht beschriebene Einzelheiten der Ortshistorie Wilhelmsburgs und Harburgs erstmals zugänglich. Es ist somit nicht nur für Katholiken ein lesenswertes Stück Zeitgeschichte.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 3., Das erste Jahr im Amt des Pfarrers von St. Bonifatius: Nach seinem Dienstbeginn in St. Bonifatius blieben Pfarrer Krieter noch neun Wochen bis zum nächsten großen Festtag im Kirchenjahr, Weihnachten. Das war wenig Zeit, sich in die neue Aufgabe hineinzufinden. 3.1, Nationalsozialistischer Geist in der katholischen Schule: Gar keine Anlaufzeit blieb Pfarrer Krieter bis zu seinem Dienstantritt in der katholischen Schule Wilhelmsburgs. Dort hatte er den Katechismusunterricht zu erteilen. In den Quellen findet sich kein Hinweis, dass Rektor Hupe und sein Kollegium eine offizielle Begrüßung des neuen Pfarrers in ihrer Schule vorgenommen hätten. Karl-Andreas Krieter war es ganz recht, dass um seine Person nicht Aufhebens gemacht wurde, zumal er den Rektor und die meisten anderen Mitglieder des Kollegiums seit Jahren kannte. Andererseits wurde ihm durch die mangelnde Aufmerksamkeit verdeutlicht, dass der Einfluss der Geistlichkeit auf die katholische Bekenntnisschule im Schwinden war. Es dauerte nur wenige Wochen, bis Pfarrer Krieter genug Hinweise gesammelt hatte: Die nationalsozialistische Weltanschauung war in der katholischen Schule Wilhelmsburgs dabei, dem katholischen Erziehungsideal den ersten Platz streitig zu machen. Der Rektor zeigte sich in der Schule in nationalsozialistischer Uniform. Flaggenappelle waren für die Schulkinder selbstverständlich. Damit alle Schüler und Schülerinnen der oberen Klassen Ansprachen der NS-Elite gemeinsam hören konnten, wurden die Radioübertragungen durch eine Lautsprechanlage verstärkt. Im Schulgebäude - auf den Stufen des Treppenhauses sitzend - lauschten die Kinder andächtig dem Wortschwall Adolf Hitlers oder anderer NS-Größen. Durch Gespräche mit Lehrkräften, die im Kirchenvorstand waren, und durch die Konferenzprotokolle erfuhr Pfarrer Krieter, dass der Schulleiter seine Kolleginnen und Kollegen regelmäßig bedrängte, in den Nationalsozialistischen Lehrerbund einzutreten. Referate in den Lehrerkonferenzen dienten dazu, das Kollegium nationalsozialistisch zu schulen. Mehrmals fand Pfarrer Krieter in den Konferenzberichten den Hinweis, dass der Unterricht mit dem Hitler-Gruß zu beginnen habe. Im Turnunterricht sollte die Sprache der ‘SA’ ‘Kommandosprache’ sein. Das Protokoll der Lehrerkonferenz vom 29. August 1934 enthielt eine Eintragung, die Pfarrer Krieter noch mehr von der wachsenden Konkurrenz der nationalsozialistischen Jugendverbände zu den kirchlichen Jugendgruppen überzeugte: ‘Herr Hoffmann ist zum Mittelsmann zwischen Schule und DJ (Deutsche Jugend Anm. d. Verf.) ernannt. Es soll darauf hingewiesen werden, dass die Kinder mehr denn bisher den (nationalsozialistischen Anm. d. Verf.) Jugendverbänden beitreten. Für die Oberstufe wird der Unterricht im Turnen, Zeichnen und in der Musik um eine Stunde gekürzt’. Pfarrer Krieter wusste, dass diese Stundenkürzung Freiraum für den ‘Staatsjugendtag’ schaffen sollte, an dem Übungen oder Veranstaltungen der Deutschen Jugend und der Hitlerjugend stattfanden. Im Konferenzbericht vom 29. August 1934 las Pfarrer Krieter weiter: ‘Die Teilnahme am `Staatsjugendtag´ wird im Handbuch durch Eintragen eines `H´ vermerkt. … Für die Nichtteilnehmer am Staatsjugendtag sind am Sonnabend zwei Stunden politische Schulung vorgesehen. Diese zwei Stunden sollen für die Kinder ein Erlebnis und keine Paukerei sein. Sie sollen Plauder- und Heimstunden sein, in denen Stoffe gelesen werden, die dem Zeitgeist entsprechen und eine Zugabe bedeuten, also nicht aus dem Stoffgebiet für die Gesamtklasse genommen sind. Die Besprechung des Gelesenen hat in Form einer Unterhaltung zu geschehen. An Stelle der zweiten Schulungsstunde kann auch eine Turnstunde eingelegt werden. In jedem Monat findet an einem Sonnabend eine Wanderung im Klassenverband statt’. Gegenüber dem Wachsen des nationalsozialistischen Geistes in der katholischen Bekenntnisschule waren Pfarrer Krieter und seine Kapläne machtlos. Sie erteilten ihren Katechismusunterricht und waren froh, dass wenigstens an der Tradition der Schulgottesdienste während der Woche und am gemeinschaftlichen Beichten der Schulklassen vorerst nicht gerüttelt wurde. Im Übrigen vertrauten die Geistlichen zu Recht darauf, dass die Mehrzahl der Lehrkräfte an ihrer katholischen Grundüberzeugung festhielt. Diese Lehrkräfte widersetzten sich zwar nicht dem ‘neuen Geist’, aber sie erteilten weiter ‘gut katholischen’ Unterricht in ‘Biblischer Geschichte’. Einzelne Lehrkräfte waren sogar weiterhin bereit, in der Gemeinde an führender Stelle mitzuarbeiten. So war denn Pfarrer Krieter mit der Situation in der katholischen Schule Wilhelmsburgs gegen Ende des Jahres 1934 leidlich zufrieden. Eine besondere Freude hatte er außerdem: Der ehemalige Organist, Konrektor Rhein, und der Lehrer Riediger feindeten ihn nicht an. 3.2, Die Nutzung der ‘Höpenwiese’: Laut Protokoll der Lehrerkonferenz der katholischen Schule Wilhelmsburgs vom 17. 12. 1934 erfuhren die Lehrkräfte an diesem Tag: ‘Es soll eine erhöhte Werbung für die DJ (= Deutsche Jugend) in den Klassen stattfinden, da unsere Schule (in Harburg-Wilhelmsburg Anm. d. Verf.) prozentual am geringsten in der DJ vertreten ist.’ Pfarrer Krieter reagierte mit verstärkten kirchlichen Bemühungen um die Jugend der Bonifatiusgemeinde. Als er die ‘Sturmschar’ besuchte, trugen ihm die jungen Männer die Bitte vor, auf der Gemeindewiese im ‘Höpen’ ein Holzhaus bauen zu dürfen. Es sollte Wohn- und Übernachtungsmöglichkeiten bieten und eine Kochgelegenheit. Die ‘Sturmschar’ wollte ihr bisheriges Gruppenheim - eine Holzhütte, die neben dem Gemeindehaus stand - abbrechen. Das so gewonnene Baumaterial sollte auf der ‘Höpenwiese’ Verwendung finden. Natürlich würden sie noch weiteres Material benötigen. Pfarrer Krieter konnte angesichts der finanziellen Probleme der Gemeinde den Plänen der jungen Männer nicht sofort zustimmen, aber grundsätzlich befürwortete er den Plan. Schon im Frühjahr 1935 wurde der Plan in die Tat umgesetzt. Ab 1935 listete Pfarrer Krieter in den Jahresabrechnungen der Kirchengemeinde Aufwendungen für die ‘Höpenwiese’ auf. Sie betrugen im jährlichen Durchschnitt rund 100 Reichsmark, im Jahre 1935 die erstaunlich hohe Summe von 179, 08 RM. Sehr wahrscheinlich entstanden diese hohen Ausgaben durch die Anschaffung des Baumaterials für das Holzhaus. Die Wiese und das Holzhaus fanden in der Gemeinde großen Anklang. Die folgenden Aussagen von Zeitzeugen verdeutlichen, wie wichtig ihnen die ‘Höpenwiese’ war. Jonny Swoboda erzählte: ‘Was haben wir für schöne Zeiten im ‘Höpen’ erlebt! Das kann man gar nicht richtig erzählen, wie schön das war! Auf der Wiese stand ein Holzhaus, in dem wir übernachten konnten. Dieses Haus haben wir als Mitglieder der `Sturmschar´ gebaut. Viele Jugendliche waren ja zu Beginn der dreißiger Jahre arbeitslos und hatten Zeit. … Wir waren jedes Wochenende da draußen. Wir sind mit dem Fahrrad hingefahren. … von da aus haben wir dann weitere Radtouren gemacht, bis nach Buchholz und noch weiter. Das waren so schöne Stunden! Geld hatten wir ja damals nicht! Heute fliegen ja alle Leute mit dem Flugzeug in den Urlaub, aber für uns war das Urlaubsziel der Höpen!’. Franz Lota berichtete: ‘Im Höpen war unser ‘Heim’. Da sind wir zu Fuß hinmarschiert, von Wilhelmsburg aus! Im Winter haben wir Schlitten mitgenommen. Früher war es ja richtig Winter, mit viel Schnee, nicht so wie die Winter heute. Wir sind fast jeden Sonntag in den Wald marschiert, mit allen Mann. Wir hatten hellblaue Hemden und graue Kniehosen aus Manchester-Stoff, schwarze Strümpfe und Wanderschuhe. Wir waren da meistens zu den Festtagen, auch einmal Weihnachten. Nachher, als die Nazis da waren, war das schwieriger. Ich glaube, da haben wir noch ein Jahr das so gemacht, und dann haben sie uns aufgelöst. Da durften wir nicht mehr zusammen auftreten.’ Der Zeitzeuge Karl-Heinz Wellner erzählte: ‘Nachdem wir auf dem ‘Höpen’, eine ‘feste Bude’ mit Übernachtungsmöglichkeit hatten, haben wir natürlich nicht mehr die Wanderungen in den Harburger Bergen gemacht, sondern sind zum ‘Höpen’ gegangen. Das war ja viel bequemer. Wir sind an Samstagen abends hingegangen, haben uns vom Bauern Stroh geholt, haben die ganze Bude ausgelegt und dann da geschlafen. Kochen konnte man da auch. Wasser war am Ende des Grundstückes, da war eine Pumpe’. Auch die Mädchengruppen der Gemeinde nutzten die Höpenwiese zu Freizeitaktivitäten. Erna Nowacki berichtete: ‘Ja, der ‘Höpen’ war eine wunderbare Sache für die Jugend. Davon will ich gern erzählen. Als Kinder waren wir ja in ‘Lioba’. Wir sind manchmal zu Fuß zum ‘Höpen’ gezogen. Wir hatten ja damals die Vinzentinerinnen in der Gemeinde. Eine von denen ist mit uns zu Fuß dahin gezogen. Später sind wir alle mit dem Fahrrad gefahren. Mit der Straßenbahn konnte man auch hinfahren, bis Rönneburg. Man ging dann anschließend durch die Felder. Das war ein wunderschöner Weg. … Auf der Wiese stand eine schöne Holzbude mit allem Drum und Dran. Es wurde ja damals mit diesen einfachen Knipps-Apparaten viel fotografiert. Ich habe da noch viele Bilder. Es gab doch diese ‘Lioba’- Uniform giftgrüne Trägerröcke haben die Mädchen getragen, aber wirklich giftgrün, und eine Bluse dazu. Ich selbst habe leider keine Uniform gehabt. In unserer Lioba-Gruppe haben wir Reigen getanzt und so weiter. Das war richtig schön. Luzie Thielmann - die war ein paar Jahre älter als wir - die hat das mit uns gemacht. Ach, einen Wimpel hatten wir auch! Den mussten wir dann bis zum ‘Höpen’ tragen. …’. Die spätere Pfarrhelferin in der Bonifatiusgemeinde, Karla Pachowiak, berichtete von der ‘Höpenwiese’: ‘Wir konnten da übernachten, allerdings zu zweit in einem Bett. Übers Wochenende sind wir oft da gewesen und am Sonntagmorgen sind wir nach Wilstorf marschiert, zur Messe in die St. Franz-Josef-Kirche. Für mich persönlich war der ‘Höpen’ besonders günstig, weil mein Onkel in Fleestedt ein Haus besaß, ein schönes, großes Haus. … Es war so in der Nähe, dass ich aus dem Gemüsegarten dort für meine Gruppe leicht etwas zum Essen holen konnte. … Ich bin mit meiner ‘Lioba’-Gruppe per Straßenbahn von Wilhelmsburg nach Rönneburg gefahren. Danach ging es zu Fuß durch Feld und Wald, in Uniform und mit Wimpel. Im Dritten Reich war so etwas ja eigentlich verboten. Aber wir haben ‘Maria zu lieben’ und andere Kirchenlieder gesungen. Wir sind mit unserem Wimpel von Rönneburg losgezogen und haben dabei Kirchenlieder gesungen. Das muss in den Jahren 1935 / 1936 gewesen sein. Wir hätten schon Ärger bekommen können, denn die Kirchengemeinden durften mit Gemeindegruppen nur religiös arbeiten. Aber wir waren ja ein `Betklub´. Damit konnten wir uns herausreden. …’. Die Mädchengruppen waren im Normalfall in Begleitung einer erwachsenen Person auf der ‘Höpenwiese’. Das berichtete Martha Swoboda: ‘ … wir waren von der ‘Lioba’ als Gruppe da immer mit einer Älteren, z.B. Frau Plass. Und unter Aufsicht durften wir Mädchen da auch übernachten. Ich selbst durfte das aber nie! Das haben mir meine Eltern nicht erlaubt. Abends musste ich immer nach Wilhelmsburg zurückfahren. Morgens bin ich dann für 15 Pfennig mit der Straßenbahn bis Rönneburg gefahren und dann zu Fuß da hingegangen’. An kirchlichen Festtagen während der warmen Jahreszeit war die ‘Höpenwiese’ Treffpunkt für die ganze Gemeinde. Der Zeitzeuge Albin Lisiewicz berichtete: ‘Da war die Wiese voll! Die Kinder haben Fußball oder Völkerball gespielt. Die Eltern konnten im Wald spazieren gehen. Da wurden Klapptische und Klappstühle aufgebaut und man aß und trank. Kaffee und Kuchen wurden von zu Hause mitgebracht. Später konnten die erwachsenen Gemeindemitglieder auch Tanzen gehen, nebenan in der Gastwirtschaft `Waldquelle´. Also, das war schon eine tolle Sache! Die Wiese war sehr beliebt!’. Die Zeitzeugin Martha Swoboda sagte zur ‘Höpenwiese’: ‘Wir haben uns da so wohl gefühlt, im Freien, im Grünen, Wälder rund herum! Für mich ist der ‘Höpen’ der Himmel gewesen! Und für mich ist der ‘Höpen’ immer mit dem Namen Krieter verbunden’. Pfarrer Krieter wusste, dass die ‘Höpenwiese’ im Jahre 1932 von Pfarrer Schmidts ‘hauptsächlich für Zwecke der Katholischen Schule’ gekauft worden war. Nachdem die Übernachtungs- und Verpflegungsmöglichkeiten von den Jugendgruppen erprobt waren, bot Pfarrer Krieter die ‘Höpenwiese’ deswegen der katholischen Schule Wilhelmsburgs für Aufenthalte von Schulklassen an. Die Lehrerin Kraushaar, die sich im Leben der Kirchengemeinde stark engagierte , nahm als einzige Lehrkraft dieses Angebot an. Die Zeitzeugin Hilde Mlotek erzählte: ‘Unsere ganze Klasse ist `mal mit Frl. Kraushaar `im Höpen´ gewesen. … Da war so ein schönes Holzhaus. Es lag am Wald. Wir haben uns selbst verpflegt, gekocht. Da haben wir auch geschlafen, in Etagenbetten. Das war wunderschön.’ Die übrigen Lehrkräfte der katholischen Schule Wilhelmsburgs nutzten das Angebot nicht. Möglicherweise befürchteten sie, bei Rektor Hupe missliebig zu werden, wenn sie mit einer Klassenfahrt der ‘Deutschen Jugend’ Konkurrenz machten. Als die katholische Schule an einer Nutzung der ‘Höpenwiese’ nicht interessiert war, hatte Pfarrer Krieter den Einfall, Wiese und Holzhaus den Familien seiner Gemeinde zum Erholungsaufenthalt bereitzustellen. Dieses Angebot wurde freudig aufgegriffen. Im Bericht an den Caritas-Verband für das Jahr 1936 schrieb Pfarrer Krieter: ‘Die Gemeinde besitzt außerhalb der Stadt eine größere Wiese mit Gartenhaus, wo mittellose - besonders kinderreiche - Familien gegen geringes Entgelt Erholung finden’. Nachdem das Holzhaus auf der ‘Höpenwiese’ gebaut war und intensiv genutzt wurde, tat sich ein großes Problem auf: Die Wiese musste gepflegt werden, die Unterkunft musste regelmäßig gesäubert und Grundstück und Holzhaus mussten überwacht werden. Es musste also ein ‘Wiesenmeister’ gefunden werden, der bereit war, diese Arbeiten - möglichst ehrenamtlich - zu erledigen. Der Zeitzeuge Albin Lisiewicz, dessen Vater neben der ‘Höpenwiese’ ein eigenes Grundstück besaß, erinnerte sich an ‘einen alten, erwerbslosen Polen, der von Pfarrer Krieter als Wiesenmeister eingesetzt war’. Wie Albin Lisiewicz erzählte, hatte dieser ‘Wiesenmeister’ die Aufsicht und die Schlüsselgewalt über das Gelände. Er war auch für die Vermietung des Holzhauses zuständig. Vermutlich war der ‘alte, erwerbslose Pole’ der ehemalige Kirchenvorsteher Wilhelm Kolodziej. Für diese Vermutung gibt es Anhaltspunkte: Am 22. Februar 1935 erhielt Pfarrer Krieter einen Brief des Kirchenvorstehers Wilhelm Kolodziej. Er gehörte zu derjenigen Hälfte der Kirchenvorsteher, die am 24. 2. 1935 neu gewählt werden oder aus dem Amt ausscheiden musste. In seinem Brief zeigte Herr Kolodziej sich sehr enttäuscht, dass sein Name für die anstehende Wahl nicht auf die Kandidatenliste gesetzt worden war. Er wäre gern Mitglied des Kirchenvorstandes geblieben. Nun äußerte er schriftlich seine Enttäuschung, ‘dass man alte erwerbslose Arbeiter, die für die Allgemeinheit doch nur als Last empfunden werden, auch von Ehrenämtern abdrängt’. Er schrieb weiter: ‘Ich sehe es ein, dass, wenn unser Herr und Meister sozial zurückgesetzt wurde und auch heute noch in der Welt überall zurückgesetzt wird, wir uns nicht beklagen dürfen, wenn wir selbst Zurücksetzung erfahren, da wir doch alle seine Jünger sein wollen.’ Zum Abschluss seines Briefes bat Wilhelm Kolodziej den Pfarrer Krieter, ihm Gelegenheit zu einer Aussprache zu gewähren. Er wolle ‘einige noch ungeklärte Fragen, die Spielwiese am Höpen betreffend’, besprechen und ‘zu einer Regelung kommen’. Es ist recht wahrscheinlich, dass Wilhelm Kolodziej von Pfarrer Krieter überredet worden ist, das Ehrenamt ‘Wiesenmeister im Höpen’ zu übernehmen.

Über den Autor

Ulrich Krieter wurde 1942 in Münster geboren. Weil er Vollwaise geworden war, wurde er 1952 von seinem Onkel, dem kath. Pfarrer K.-A. Krieter, als Pflegekind aufgenommen. Bis zu seiner Volljährigkeit lebte er im Pfarrhaus der Kirchengemeinde St. Bonifatius in Hbg.-Wilhelmsburg. So erwarb er einen profunden Erfahrungsschatz hinsichtlich katholischer Religions- und Lebensauffassung. Nach dem Abitur studierte der Autor Geschichte und Pädagogik und - in einem Zusatzstudium ab 1970 - Sonderpädagogik und Sport. Neben seiner Lehrertätigkeit an Sonderschulen für körperbehinderte und lernbehinderte Kinder übernahm er Lehraufträge an Gymnasien, am Institut für Lehrerfortbildung Hamburg, an der Fachschule für Sozialpädagogik und an der Universität Hamburg. Seit seiner Pensionierung beschäftigt sich Ulrich Krieter mit der katholischen Kirchengeschichte Hamburgs und veröffentlichte in diesem Zusammenhang mehrere wissenschaftliche Aufsätze und drei Bücher.

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