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Gesundheitswesen


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Produktart: Buch
Verlag: Diplomica Verlag
Erscheinungsdatum: 06.2013
AuflagenNr.: 1
Seiten: 104
Abb.: 20
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Die Entwicklung von Arzneimitteln bis zu ihrer Markteinführung ist ein hochkomplexer und langwieriger Prozess, der sich über eine Zeitspanne von zehn bis fünfzehn Jahren erstreckt. Die neue Arzneimittelgruppe Arzneimittel für neuartige Therapien (ATMP) umfasst Gentherapeutika, somatische Zelltherapeutika sowie biotechnologisch bearbeitete Gewebeprodukte. Die ATMPs eröffnen Therapieoptionen für eine ganze Reihe von bisher nicht heilbaren Erkrankungen. Hierzu zählen neben den (mono-) genetischen Erkrankungen, wie beispielsweise den angeborenen Immunmangelerkrankungen und Virus-induzierten Erkrankungen wie AIDS, vor allem die große Gruppe der Tumorerkrankungen. Zelluläre Immuntherapeutika bilden hierbei den Großteil der in den klinischen Studien befindlichen ATMP. Das vorliegende Buch beschreibt den Weg der ATMPs von der Grundlagenforschung über die präklinische und klinische Prüfung bis hin zur Marktzulassung sowie das anschließende Risikomanagement. Die regulatorischen Rahmenbedingungen, innerhalb derer sich die Entwicklung von ATMPs vollzieht, werden ausführlich besprochen. Außerdem werden die neuesten Entwicklungen aufgezeigt, mit dem Ziel, für diese innovative Arzneimittelgruppe den Durchbruch zum Nutzen von Patienten zu ermöglichen.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 2, Paradigmenwechsel in der Arzneimittelentwicklung: von der chemischen Synthese zu den Arzneimitteln für Neuartige Therapien: 2.1, Arzneimittelentwicklung in Deutschland: ein kurzer historischer Abriss: Die Entwicklung von Arzneimitteln bis zu ihrer Markteinführung ist ein hochkomplexer, langwieriger Prozess, der sich regelhaft über eine Zeitspanne von zehn bis fünfzehn Jahren erstreckt. Dies gilt gleichermaßen für die Entwicklung ‘klassischer’ Arzneimittel als auch für Arzneimittel für Neuartige Therapien (ATMP). Wie bereits angesprochen, stellen ATMPs eine gänzlich neue Gruppe von Medikamenten dar, die sich sowohl hinsichtlich der Art ihrer Erforschung und Entwicklung als auch hinsichtlich ihrer Wirkungsweise deutlich von den ‘klassischen’ Arzneimitteln unterscheiden. Dies hat deutliche Auswirkungen auf die Unternehmen am Markt, die Arzneimittel entwickeln. Im Folgenden soll daher ein kurzer Überblick über die Pharmabranche am Standort Deutschland gegeben werden. Das Ende des 19. Jahrhunderts ist in den medizinisch-naturwissenschaftlichen Disziplinen vor allem durch die Erkenntnis geprägt, dass viele der damaligen lebensbedrohlichen Erkrankungen wie Tetanus, Diphtherie, Tuberkulose und Syphilis durch Mikroorganismen verursacht wurden. Folglich stand die Bekämpfung der Krankheitserreger im Fokus der wissenschaftlichen Arbeit vieler Ärzte und Naturforscher. Zu dieser Zeit sind es vor allem deutsche Ärzte wie Robert Koch, Emil von Behring und Paul Ehrlich, um hier nur einige exemplarisch zu nennen, die hier Bahnbrechendes geleistet haben und als die Gründungsväter der modernen Bakteriologie, Hämatologie und der Arzneimittelforschung anzusehen sind. Insbesondere Paul Ehrlichs Arbeiten zur Entwicklung von Medikamenten für die Behandlung von Malaria, Trypanosomen Infektionen und später auch der Syphilis unter Verwendung chemischer Verbindungen, markieren den Beginn der systematischen Arzneimittelentwicklung in Deutschland. Paul Ehrlichs Namen steht somit gleichsam für den Beginn der ‘Chemotherapie’ unter Ausnutzung chemischer Verbindungen zum Abtöten von Infektionserregern oder im heutigen, engeren Sinne, für den Einsatz der Chemotherapie mit zytotoxischen Substanzen zur Tumortherapie. Die besondere Bedeutung die Deutschland in der Arzneimittelentwicklung für über ein Jahrhundert bis in die 1980er Jahre hinein hatte, lässt sich zweifelslos auf die besondere Forschungsstärke Deutschlands zum Ende des 19. Jahrhunderts zurückführen, wenngleich dies für sich genommen nicht ausreichend war. Es war vor allem die Art und Weise, wie diese Forschung betrieben wurde. Unter Verwendung der heutigen Nomenklatur würde man die Arbeiten von Koch, Behring und Ehrlich als typisch translationale Forschung bezeichnen. Diese Art der Forschung geht, im Gegensatz zur ergebnisoffenen Grundlagenforschung von einem pathophysiologischen Zustand, also vom Kranken und der Krankheit selbst aus und stellt die wissenschaftliche Fragen, was der Auslöser der Erkrankung ist und wie die Erkrankung zu behandeln sei. Somit ist es insbesondere die translationale Herangehensweise an wissenschaftliche Fragen, die die besondere Forschungsstärke Deutschlands im Übergang des 19. Ins 20. Jahrhundert auszeichnete. Dies für sich allein genommen erklärt dennoch nicht, warum Deutschland über viele Jahrzehnte hinweg als ‘Apotheke der Welt’ galt. Zu der Forschungsstärke, also um das Wissen wie Krankheiten zu heilen sind, musste sich das Wissen um die Herstellung der entsprechenden Heilmittel gesellen. Dieses Wissen war in Deutschland seit Mitte des 19. Jahrhunderts verfügbar und gründete sich auf ein etabliertes Apothekerwesen aus denen sich international renommierte Pharmaunternehmen wie die Schering AG (Berlin) sowie Merck (Darmstadt) entwickelten. Als dritte Säule, auf die sich Deutschlands Stärke im pharmazeutischen Bereich lange Zeit stützen konnte ist die besondere Dominanz ihrer chemischen Industrie. Die Herstellung von Arzneimitteln mittels chemischer Synthesen führte zu deutlichen Synergieeffekten zwischen der chemischen und pharmazeutischen Industrie und führte maßgeblich dazu, dass Deutschland zur ‘Apotheke der Welt’ aufstieg. Stellt man die Frage nach dem Zeitpunkt, wann Deutschland begann, seinen Status als ‘Apotheke der Welt’ zu verlieren, so ist dies auf die Zeit des Nationalsozialismus zu datieren. Zwei wichtige Gründe sprechen für diese Einschätzung: i) Deutschland war isoliert und wurde vom wissenschaftlichen Informationsaustausch und vom wissenschaftlichen Fortschritt abgeschnitten, und ii) durch die Emigration vieler Wissenschaftler und Ärzte erfolgte eine Schwächung der Forschung in Deutschland, die vor allem bedeutsam war für die Zeit nach 1945. Wenngleich bereits während des Dritten Reiches die Weichen gestellt wurden für die spätere Schwächung und den Verlust der internationalen Dominanz deutscher Pharmaunternehmen, so waren es doch vor allem die politischen Entscheidungen der 1980er Jahre, die unmittelbar hierzu beitrugen. Zu dieser Zeit begann die Gentechnik aus der Grundlagenforschung herauszutreten und bot neue, bis dahin nicht gekannte Anwendungsmöglichkeiten, von der Lebensmittelindustrie bis hin zur Entwicklung neuer Therapieoptionen. Gesellschaftliche Bedenken gegenüber dieser neuen Technologie führten jedoch zu ihrer politisch gewollten gesetzlichen Reglementierung mit dem Ergebnis, dass Deutschland in diesem zukunftsträchtigen Bereich, auch gegenüber vielen europäischen Nachbarländern ins Hintertreffen geriet. Hinzu kam, dass zu wenig in die Forschung investiert wurde, und sich somit die Situation noch weiter verschärfte. Vor allem die USA investierten ein Vielfaches der Summe, die in Deutschland für Forschung verausgabt wurde und lösten in den medizinisch-naturwissenschaftlichen Fächern einen Innovationsschub aus. Dies bildete in den 1970ern die Basis für die Gründung einer Vielzahl von Biotechnologie-Unternehmen.

Über den Autor

Abdo Konur (Dr. dipl.-biol.) studierte und forschte an den Universitäten Münster, Regensburg, München, Mainz und Marburg. In seinem wissenschaftlichen Werk beschäftigt sich der Autor mit tumorimmunologischen und tumortherapeutischen Fragen. Die Ergebnisse seiner Forschung wurden in international renommierten Fachzeitschriften publiziert. Darüber hinaus war der Autor an der Entwicklung innovativer immunologischer Krebstherapeutika bei einem Start-Up-Unternehmen beteiligt. Im Zuge seines Studiums im Bereich Clinical Research Management hat er sich außerdem intensiv mit den regulatorischen Rahmenbedingungen zur Entwicklung innovativer Krebsmedikamente auseinandergesetzt.

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