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Produktart: Buch
Verlag: Diplomica Verlag
Erscheinungsdatum: 03.2012
AuflagenNr.: 1
Seiten: 140
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Im Jahre 1998 veröffentlichte die Journalistin He Qinglian die Fallgrube der Modernisierung , eine Revue der chinesischen Wirtschaftsreformen seit 1978. Darin formuliert sie eine umfassende Kritik an der verfehlten Modernisierung Chinas und prangert offen die Korruption und Schattenwirtschaft an, welche die Volksrepublik bedrohlich nah an die Fallgrube der Modernisierung geführt hat. Dieses Werk war so brisant, dass sein Manuskript nur mit Verzögerungen und Entschärfungen publiziert werden konnte. Trotzdem entwickelte sich unter chinesischen Intellektuellen eine hitzige Debatte über Methodik und Inhalt von He Qinglians Analyse. Wie die vorliegende Untersuchung aufzeigt, standen in der Debatte weniger die aufgestellten Thesen im Fokus, als vielmehr He Qinglians Kritik an ihren ökonomischen Kollegen. So suchte sie nach einer Antwort auf die Frage nach der Wertneutralität der Wirtschaftswissenschaften und kritisierte den achtlosen Umgang chinesischer Ökonomen mit westlichen Wirtschaftstheorien. Diese Studie basiert auf einer detaillierten Untersuchung von Artikeln aus chinesischsprachigen Journalen und zeigt, dass kaum eine Diskussion von He Qinglians Thesen stattgefunden hat. Kritiker zweifeln die verwendete Methodik und die Quellen an und bestreiten den Nutzen von He Qinglians Analyse. Auch die Befürworter rezipieren bestenfalls einige Thesen, ohne jedoch inhaltlich weiter auf sie einzugehen. Die Debatte wurde im Jahre 2000 von der Regierung erstickt, nachdem He China als polarisierte Hochrisikogesellschaft bezeichnete und von einer institutionalisierten Korruption schrieb. Seit 2001 lebt He Qinglian in den Vereinigten Staaten. Auch zwölf Jahre nach der Debatte verlieren ihre Thesen kaum an Relevanz. Die Einkommensverteilung ist noch ungerechter geworden und gegen die Korruption konnten noch immer keine erfolgreichen Waffen eingesetzt werden.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 2.a.i, He Huaihong - ‘Zwischen Wirtschaftswissenschaften und Ethik’: Bereits He Qinglian und Fan Gang führen Adam Smith an, um ihre Auffassung zur Abgrenzung der Ökonomie zu der akademischen Ethik zu untermauern. Smith wird in der Debatte sowohl als Beleg der Forderung angeführt, dass Ökonomen sich mit ethischen Problemen auseinandersetzen sollten, als auch dass Ökonomen dies nicht tun sollten. Bei dieser Argumentation wird Smith als einer der wenigen Einzelfälle gewertet, der den Spagat meisterte, gleichzeitig Ökonom und Ethiker zu sein. Detailliert wird seine Rolle von He Huaihong im Artikel ‘Zwischen Ökonomie und Ethik’ analysiert. Laut He Huaihong liegt Smith’ Bedeutung in der Ambivalenz der Rollen als berühmter Ethiker und als Begründer der modernen Ökonomie. In Smith Tätigkeitsfeld als Professor für Moralphilosophie fielen im Schottland des 18. Jahrhunderts die Theologie, die Ethik, die Jurisprudenz und die politische Wissenschaft. Eine selbständige Ökonomie gab es noch nicht: ‘Die Ökonomie hatte damals noch nicht den Status einer alleinstehenden akademischen Disziplin. Sie ist in dem vierten Teil, der Kategorie der ‚politischen Wissenschaft’ enthalten. Das breite Spektrum seines Lehrstuhls legt bereits den Grundstein der Überschneidung seines Wirkens als Ethiker und als Wirtschaftswissenschaftler, so He Huaihong. Diese setzt sich in seinen beiden Hauptwerken fort. Der Unterschied zwischen beiden ist jedoch laut He Huaihong nur der andersartige Betrachtungswinkel. ‘Die Theorie der ethischen Gefühle’ analysiert von einem individuellen Standpunkt aus und ‘Der Wohlstand der Nationen’ von einem gesellschaftlichen. ‚Aber, wir haben vorherig gesagt, ‘Der Wohlstand der Nationen’ ist eigentlich nicht die Schlussfolgerung ‘Der Theorie der ethischen Gefühle’, aber es ist das Ergebnis einer objektiven und alleinstehenden wirtschaftlichen Analyse […] Die zwei Bücher halten gemeinsam dieselbe Ansicht zur menschlichen Natur, gleichsam beachten sie den dualen Charakter des Menschen lediglich der Schwerpunkt ist in gewisser Weise unterschiedlich’. Da ‘Der Wohlstand der Nationen’ als ökonomische und ‘Die Theorie der ethischen Gefühle’ als philosophische Analyse lediglich der Betrachtungswinkel trennt, gab es damals auch keine Konflikte zwischen Ökonomie und Ethik. He Huaihong begründet also: ‚Unsere Darstellung betrifft tatsächlich immer Smiths zwei Bücher - sie geht zwischen seiner Ethik und Ökonomie hindurch. Insgesamt können wir sagen, dass es zwischen beiden bei Smith keinen Konflikt gibt, sogar sind beide nicht scharf [voneinander] getrennt.’ Allerdings beruft sich He Huaihong - genau wie Fan Gang auch - auf die im 18. Jahrhundert erst beginnende Herausbildung des modernen wissenschaftlichen Fächerspektrums. In der Gegenüberstellung mit der heutigen Fächervielfalt macht He deutlich, dass das gleichzeitige Arbeiten auf verschieden Fachgebieten nur noch schwer möglich ist. ‘Der absolute Großteil der Gelehrten kann nicht wie vor 200 Jahren viele Gelehrte einige [Fach-]Gebiete überqueren.’ Auch wenn nur noch wenig Raum für Universalgelehrte wie Adam Smith ist, bleibt eine Durchbrechung der Grenzen der eigenen Disziplin zur Lösung von Problemen dennoch nötig. Dies begründet He Huaihong mit dem Facettenreichtum der modernen Probleme, die nicht an den von Menschenhand gezeichneten Fächergrenzen Halt machen: ‚Aber wir müssen uns häufig selbst ermahnen, dass jede akademische Disziplin nur ein Abbild und ein Beobachtungswinkel zum Ordnen und zur Erklärung der Welt ist. Aber das reale Leben der Welt ist tatsächlich ein Ganzes. Die vielen auf der Welt entstehenden Probleme betreffen oft viele Aspekte.’ Folglich kann es bei der Erforschung von Fragestellungen nötig sein, ‘die Grenzen zu überqueren’ und hierzu nicht nur die Methoden der eigenen akademischen Disziplin anzuwenden. Als Beispiel für ein solches Problem führt He die Einkommensverteilung an, die sowohl ein wirtschaftliches, als auch ein ethisches Problem ist und darüber hinaus auch von rechtlicher Bedeutung ist. Eine rein wirtschaftswissenschaftliche Analyse trägt den vielen mit diesem Problem behafteten Aspekten nicht hinreichend Rechnung. Er fordert deswegen: ‚Alle akademischen Disziplinen können sich gegenseitig in Bezug auf die Art und Weise der Gedanken, die Methoden der Analysen und sogar den Stil der Darlegungen anregen. Deshalb haben wir den Wunsch, in die anderen Wissenschaften zu gehen und von Gelehrten anderer Bereiche zu lernen.’ Der Wunsch des Lernens von anderen Fachbereichen und die Komplexität moderner Probleme sprechen dafür, die Grenzen der eigenen Disziplin zu durchbrechen auch die ethischen Ursprünge der Ökonomie lassen sich als ein weiteres Argument hierfür anführen: ‚Wenn man die Entwicklung der Wissenschaft und die Geschichte der Differenzierung der Wissenschaft betrachtet, so kann man sagen, dass das Gebiet der Humanwissenschaften und der Philosophie der ‘mütterliche Körper’ vieler in neuerer Zeit entstandener Sozialwissenschaften ist. Deshalb ist es, wenn heutzutage Ökonomen oft das Gebiet der Ethik durchwaten, keine ‘Expansion’, sondern es ist besser gesagt die Rückkehr zum ‘mütterlichen Körper’. Ökonomen können sehr wohl qualifiziert zu ethischen und politischen Fragen Stellung beziehen: ‘Aber die Ökonomen können oft mit sehr guten Ansichten zu ethischen Fragen an die Öffentlichkeit treten.’ Dem Ethiker ist es selbst allerdings nicht möglich auch noch wirtschaftswissenschaftliche Fragen zu behandeln. Die von Fan Gang aufgestellte These, dass die Ökonomie eine a-moralische Disziplin ist, lehnt He Huaihong - wenn auch nicht explizit formuliert - ab, denn seiner Auffassung nach hat die Ökonomie sich im Verlauf der Differenzierung des Wissenschaftsbereiches aus der Ethik entwickelt. Ökonomen, die sich mit ethischen Fragestellung beschäftigen, geben also nicht das von Fan Gang gezeichnete jämmerliche Bild eines Hundes, der beginnt Mäuse zu jagen, sondern sie kehren zu den Ursprüngen ihrer eigenen Disziplin zurück. Zu dieser Rückkehr werden sie bei manchen Fragestellungen, die die Grenzen der Wirtschaftswissenschaften durchbrechen, geradezu gezwungen. Es kann also nicht die Rede von einem ‘Pfuschen in das Handwerk anderer’ sein.

Über den Autor

Philipp Zielke, M.A., wurde im Jahre 1985 in Hamburg geboren und begann bereits während seiner Schulzeit mit dem Erlernen der chinesischen Sprache. 2002 besuchte er zum ersten Mal das Reich der Mitte im Rahmen eines Schüleraustausches zwischen den Partnerstädten Hamburg und Shanghai. 2004 begann er sein Studium der Sinologie und Betriebswirtschaftslehre an der Universität Hamburg. Neben Forschungsaufenthalten führten ihn Praktika in internationalen Unternehmen und die Faszination der Geschichte und Kultur immer wieder nach China. Diese Aufenthalte motivierten Philipp Zielke dazu, sich näher mit den chinesischen Wirtschaftsreformen und ihrer Bewertung durch Intellektuelle auseinanderzusetzen. Seit 2011 promoviert er im Rahmen des von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Projektes Megacities - Megachallenge. Informal Dynamics of Global Change .

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