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Produktart: Buch
Verlag: Diplomica Verlag
Erscheinungsdatum: 08.2015
AuflagenNr.: 1
Seiten: 80
Abb.: 7
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Durch die Berichterstattung in den Medien kann der Eindruck entstehen, dass das Transatlantische Freihandelsabkommen, das seit Mitte 2013 unter dem Begriff TTIP (Transatlantic Trade and Investment Partnership) verhandelt wird, ausschließlich wirtschaftliche Interessen bedient und Verbraucher eine Reihe negativer Konsequenzen zu befürchten haben. Sind tatsächlich ein Verlust staatlicher Souveränität und eine Überschwemmung der europäischen Märkte mit US-Produkten zu befürchten, oder überwiegen doch die von den Befürwortern des Abkommens angeführten positiven Effekte? Dieses Buch versucht, eine Antwort auf diese beiden Fragen zu geben. Dabei werden aktuelle Studienergebnisse ebenso in die Untersuchung einbezogen wie Standpunkte verschiedener Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 4.4. Standpunkte zu TTIP aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft: Da mit dem sich in Verhandlung befindenden Abkommen viele Wirtschaftsbereiche und sensible Sozial- und Umweltstandards angesprochen werden, existieren dementsprechend viele Standpunkte in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Eine Fülle aus europäischer und amerikanischer Parteien, internationale Organisationen, Unternehmen und ihre Verbände sowie NGOs und Vertreter zivilgesellschaftlicher haben ihre Meinung zu den transatlantischen Liberalisierungsbemühungen. Da eine umfassende Ausführung zu den Standpunkten der involvierten Parteien, Institutionen, Unternehmen und Organisationen nicht möglich ist, beschränkt sich die folgenden Darlegung auf die offiziellen Stellungnahmen von den deutschen Bundestagsparteien, den wichtigen deutschen Wirtschaftsverbänden und dem deutschen Gewerkschaftsbund sowie von verschiedenen NGOs und Akteuren der Zivilgesellschaft. 4.4.1. Akteure der Zivilgesellschaft: Lobby Control kritisiert die Verschwiegenheitspflicht der Verhandlungsführer und dass im Rahmen der TTIP-Verhandlungen nahezu ausschließlich Gespräche mit Unternehmensvertretern geführt werden und übrige Gesprächsteilnehmer wie Gewerkschaften, Verbraucherschutzorganisationen und andere zivilgesellschaftliche Akteure nur marginal beteiligt seien. Lobbyverbände wie die Bertelsmann-Stiftung, Business Europe, Forum Europe und zahlreiche Anwaltskanzleien würden ihren privilegierten Zugang zu politischen Entscheidungsträgern dazu nutzen, eine positive Stimmung für TTIP zu erzeugen. So bestünden die Expertengruppen der EU-Kommission hauptsächlich aus wirtschaftsfreundlichen Lobbyisten (vgl. Bank 2014). In ihrem Beitrag TAFTA - die große Unterwerfung beklagt Lori Wallach, Handelsexpertin der Verbraucherschutzorganisation Public Citizen, neben der Verschwiegenheit der Verhandlungen und dem großen Einfluss der Wirtschaftslobbyisten die mögliche Implementierung der Investorenrechte, die mit einem Verlust staatlicher Souveränität einhergehen würden. Demnach können fremdländische Unternehmen - außerhalb des nationalen Rechtsweges - Staaten in einem dreiköpfigen Schiedsgericht auf Entschädigungszahlungen verklagen, wenn befunden wird, dass die Politik oder bestimmte Maßnahmen einer Regierung die erwarteten künftigen Profite eines Unternehmens schmälern. Letztlich dürfe das staatliche Regelwerk daher nach einer getätigten Investition nicht mehr verändert werden (vgl. Wallach 2013). Wallach sieht zudem die von sozialen Bewegungen im 20. Jahrhundert durchgesetzten Fortschritte gefährdet. Regierungen würden im Namen der regulatorischen Konvergenz dazu bewegt werden, Produkte und Dienstleistungen zuzulassen, die den jeweiligen einheimischen Standards nicht genügen. Als Beispiel nennt Wallach die Einfuhr gentechnisch veränderter Organismen (GMO) oder bisher verbotener US-Fleischerzeugnisse in die EU, den ungehinderten Abfluss persönlicher Daten aus der EU in die USA und die Deregulierung des amerikanischen Finanzsektors, die vor allem seitens der deutschen Banken angestrebt wird. Zudem würde der mächtige Verband Airlines for America die Abschaffung des europäischen Emissionshandelssystem fordern und auch in einigen anderen Bereiche des Dienstleistungssektors gebe es Absichten, die durch eine Begrenzung der staatlichen Regulierungsmöglichkeiten gekennzeichnet sind. (vgl. Wallach 2013). Die weltweit agierende NGO Attac vertritt ebenfalls eine ablehnende Haltung gegenüber TTIP und äußert einige der bereits genannten Kritikpunkten. Ergänzend sei hier die Kritik an der Liberalisierung des öffentlichen Beschaffungswesens angeführt. Diese würde eine regionale Wirtschaftsförderung erschweren und letztlich auch als Einfallstor dienen, die Wasserversorgung, die auch in den USA noch überwiegend auf kommunaler Ebene bereitgestellt wird, zu privatisieren. Außerdem moniert Attac eine mögliche Umkehrung des Vorsorgeprinzips. So gelte in der EU das Prinzip, dass ein Verfahren oder ein Produkt nur dann durchgeführt bzw. angeboten werden dürfe, so lange die Unschädlichkeit wissenschaftlich nachgewiesen ist. Befürchtet wird, dass sich dieses Prinzip bei einem Abschluss von TTIP umkehren würde und Verfahren oder Produkte zulässig werden, deren Unschädlichkeit nicht wissenschaftlich bestätigt ist (vgl. Attac 2014). Die Direktor des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts (HWWI), Thomas Straubhaar, spricht sich hingegen für TTIP aus. Er argumentiert, dass Freihandel von zentraler Bedeutung für Wohlstand und Beschäftigung sei, dieser aber nicht über einen Konsens der WTO-Mitglieder zu erreichen sei, sondern über eine Annäherung von Ländern mit ähnlichen wirtschaftlichen Strukturen und gesellschaftlichen Vorstellungen. Für die übrige Welt sieht er zwar aufgrund der Handelsumlenkung eine kurzfristig nachteilige Entwicklung, langfristig würde aber die ganze Welt von den Wohlfahrtseffekten der EU und USA profitieren. Deshalb, so Straubhaar, sollte die Weltwirtschaft das Scheitern und nicht den Erfolg von TTIP fürchten (vgl. Straubhaar 2014). Für einen erfolgreichen Abschluss von TTIP seien, so Straubhaar, einige Streitpunkte zu lösen. Der Abhörskandal der National Security Agency (NSA) müsse beigelegt werden. Hier erkennt Straubhaar einen politischen Richtungswechsel der USA, die mittlerweile die Schäden einer Partnerschaft erkennen würden, wenn nicht nur Feinde, sondern auch Freunde abgehört würden. Weiterhin müsse auch eine Lösung bezüglich gentechnisch veränderter Lebensmittel gefunden werden, die von den Amerikanern als Segen im Kampf gegen den Hunger angesehen würden, in Europa jedoch weiterhin abgelehnt werden. Auch müsse Klarheit bei den Sozial- und Umweltstandards geschaffen werden. Alles in allem sollten in den folgenden Verhandlungsphasen Kompromisse gefunden werden, die beide Seiten als fair und akzeptabel bewerten können (vgl. Straubhaar 2014). 4.4.2. Die Bundestagsparteien: Die CDU spricht sich klar für ein transatlantisches Freihandelsabkommen aus und benennt einige der in Abschnitt... angeführten positiven Auswirkungen ökonomischer Integration. Auch die in Abschnitt... geschilderten potentiellen ökonomischen Effekte von TTIP finden sich hier wieder. So ist die Rede von der Schaffung 1,3 Mio. Jobs in Europa oder einer jährlichen Zunahme der jährlichen Wirtschaftskraft um fast ein Prozent (vgl. CDU 2014a). Zudem argumentiert die CDU in einem Thesenpapier namens Mythen und Fakten zu TTIP , dass viele der Kritikansätze an TTIP ungerechtfertigt seien. So würden die Verhandlungen durch Transparenz gekennzeichnet sein, der Abbau von Qualitäts- und Sicherheitsstandards sei nicht zu befürchten und es wird angeführt, dass das ISDS nicht zu staatlichen Souveränitätseinbußen führen würde (vgl. CDU 2014b). Die SPD spricht sich grundsätzlich für das geplante Abkommen aus und führt an, dass eine Abstimmung von Vorschriften und Regeln in der Wirtschaft Europas und der USA Chancen für Wachstum, Beschäftigung und sozialen Ausgleich biete und auch auf globaler Ebene Fortschritte bei der Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten, Verbraucherschutz und Arbeitnehmerrechten erzielt werden könnten. Hinsichtlich der Investorenrechte vertritt die SPD den Standpunkt, dass spezielle Investitionsschutzvorschriften zwischen der USA und der EU nicht erforderlich seien, da beide Partner hinreichend Rechtsschutz vor nationalen Gerichten gewähren würden (vgl. SPD 2014b). Um mehr Transparenz in den TTIP-Verhandlungen zu schaffen, hat Wirtschaftsminister Gabriel einen Beirat gegründet, der den Kritikern von TTIP in den Verhandlungen mehr Gewicht verleihen soll. Mitglieder sind u.a. IG-Metall-Chef Detlef Wetzel oder der Vorsitzende des Bundes für Umwelt und Naturschutz, Hubert Weigner (vgl. SPD 2014a). Die Grünen beanstanden die Verschwiegenheit der Verhandlungen und kritisieren Wirtschaftsminister Gabriel, weil dieser lediglich öffentliche Bekenntnisse gegen die Investorenrechte abgebe und sich nicht aktiv für deren Ausklammerung in den Verhandlungen einsetze. Weiterhin wird angeführt, dass der Schutz und Ausbau von Verbraucherschutz-, Sozial-, Umwelt-, Lebensmittel- und Gesundheitsstandards nicht verhandelbar seien und nicht einer Harmonisierung zum Opfer fallen dürfe. Grundsätzlich stehe man einer Vertiefung des transatlantischen Handels positiv gegenüber, allerdings unter der Voraussetzung, dass Standards auf beiden Seiten des Atlantik gestärkt und das europäische Vorsorgeprinzip nicht umgekehrt werden (vgl. Bündnis 90/Die Grünen 2014). Die Linke ist der Auffassung, dass TTIP nur einigen wenigen Profite beschere, während die meisten Menschen Nachteile zu erleiden hätten. Die Verschwiegenheit der Verhandlung zeige, dass das Abkommen nicht zu aller Nutzen sein kann, da es sonst keine Geheimhaltung bräuchte. Weiterhin werden die Ergebnisse der CEPR- und der ifo-Studie relativiert. So seien die vom CEPR geschätzten jährlichen Zuwachsraten des europäischen BIPs von jährlich 0,03% im optimistischen Szenario kein echter Wachstumsimpuls (Schlecht 2014). Die im optimistischen Szenario der ifo-Studie genannte Schaffung von Arbeitsplätzen würde lediglich einem Anstieg der deutschen Beschäftigung um jährlich 0,4% bedeuten. Zudem wird eine Herabsetzung von Gesundheits- und Sozialstandards befürchtet. Die provokante Forderung der Linken lautet: TTIP im Atlantik versenken! (Schlecht 2014).

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