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Produktart: Buch
Verlag: Diplomica Verlag
Erscheinungsdatum: 04.2011
AuflagenNr.: 1
Seiten: 156
Abb.: 39
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Mit einer Fläche von knapp 3,3 Mio. km² und einer Population von fast 1,1 Mrd. Menschen (Stand: Census 2001) weist die Indische Union bis heute eine ausgeprägte kulturelle, soziale und wirtschaftliche Vielfalt auf. Die 1991 eingeleiteten Liberalisierungsmaßnahmen für den bis zu diesem Zeitpunkt stark abgeschotteten indischen Markt lösten eine Phase starken wirtschaftlichen Aufschwungs aus und führten zu einer zunehmenden Re-Integration in die globale Wirtschaft. Innerhalb des indischen Subkontinents führte der auf ausgewählte Branchen und auf bestimmte geographische Räume konzentrierte wirtschaftliche Aufschwung zu enormen räumlichen Ungleichgewichten. So stehen Bundesstaaten mit markantem Wirtschaftsaufschwung anderen gegenüber, die von der Entwicklung der letzten Jahre kaum oder überhaupt nicht erfasst worden sind. Die Zielsetzung dieser Studie liegt darin, die bestehenden räumlichen Disparitäten innerhalb der Indischen Union in sozioökonomischer Hinsicht zu identifizieren und zu erforschen, ob und in welchem Ausmaß in den letzten Jahren eine Veränderung beobachtet werden konnte. Dabei werden zum einen bestehende Strukturen, spezifische Merkmale und aktuelle Problemfelder analysiert, zum anderen aber auch mögliche Entwicklungsperspektiven und zukünftige Potentiale auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene diskutiert, die diese Region in den nächsten Jahren nachhaltig prägen könnten. Exemplarisch für die Analyse wurde der Bundesstaat Maharashtra ausgewählt, der nicht nur wegen seiner flächenmäßigen und demographischen Größe, sondern auch wegen seiner wirtschaftlichen und politischen Bedeutung nach Ansicht des Autors ein repräsentatives Beispiel für die aktuelle Situation und die bestehenden Rahmenbedingungen innerhalb der Indischen Union bietet.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 2, Der Streit der großen Theorien : Von den späten 1960er Jahren bis in die frühen 1980er Jahren spaltete ein entwicklungstheoretischer Dogmenstreit die Entwicklungsforscher in zwei Lager: Modernisierungs- vs. Dependenztheoretiker. Der Disput drehte sich zum Beispiel um folgende Fragen: Sind die Ursachen der Unterentwicklung außerhalb oder innerhalb der Dritten Welt zu suchen? Sind sie hausgemacht oder wurden sie von außen aufgezwungen? War es der Kolonialismus, der Unterentwicklung hervorgebracht hat, oder ist es die ‚neokoloniale’ Abhängigkeit, die Entwicklungsländer zu ‚unterentwickelt gehaltenen Ländern’ macht? Jede Schule war bis ca. Ende der 80er Jahre davon überzeugt, dass der von ihr vertretene Ansatz eine Erklärung und Lösung für die Probleme der Unterentwicklung sowie für die Situation der Dritten Welt darstellt. Beide Hauptrichtungen stellen jeweils einen übergeordneten theoretischen Bezugsrahmen dar und sind mit der Zeit starken Modifikationen unterworfen worden. Die verschiedenen Schwerpunkte, jedoch ähnlichen theoretischen Ansätze innerhalb einer Richtung ergänzen sich in der Regel und ermöglichen somit eine Subsumierung unter diese zwei Hauptströme. Eine gemeinsame Grundposition der Modernisierungs- und Dependenztheorien findet sich in der These, dass die Wirtschaft und somit das Materielle die Basis für den Erfolg und Ausprägungsgrad gesellschaftlicher, politischer, kultureller und infrastruktureller Entwicklung darstellt. Beide vertreten auch die These, dass einzelne Länder als Ganzes von einer nachholenden Entwicklung bestimmt werden. Durch das Scheitern des Sozialismus und das Ende des Ost-West Konfliktes hat die Theoriediskussion der so genannten ‚großen Theorien’ ziemlich an Bedeutung verloren. Dennoch sind die Entwicklungstheorien unverzichtbar für die sachkundige Diskussion, da sie unumstritten relevante Zusammenhänge und Einsichten verdeutlichen. Im Zuge der Globalisierungsdebatte erfahren sie, wenn auch eingeschränkt, sogar wieder eine leichte Renaissance und bilden die Grundlage für weitere, modernere Überlegungen. Die Grundpositionen der beiden Ansätze sollen nun als Basis für weitere Überlegungen kurz vorgestellt werden. 2.1, Modernisierungs- oder Wachstumstheorie: Der modernisierungs- oder wachstumstheoretische Ansatz umfasst verschiedene Thesen und Ströme (z.B. Entwicklungsökonomie), von denen jeweils unterschiedliche, aber oft sich ergänzende Aspekte betont werden. Einen erheblichen Einfluss auf die Interpretation des Modernisierungsbegriffs im Sinne eines kombinierten Prozesses von Urbanisierung, Industrialisierung, Überwindung traditioneller Verhaltensweisen und Kommunikationssteigerung hatte unter anderem der von Weber (1920) vorgestellte Rationalisierungsprozess sowie die von ihm entwickelte Prädestinationstheorie. Diese basiert auf der Leistungsmotivation der protestantischen Ethik und sieht den Sinn des Lebens in der Pflichterfüllung. Aus dieser Entwicklung, die vor allem in den industrialisierten Ländern des Nordens vollzogen wurde, kann abgeleitet werden, dass eine allgemeine Versachlichung von Arbeitsverhältnissen und eine Ausdehnung der Zweckrationalität auf Wirtschaft, Verwaltung und Rechtsprechung als Norm für Modernität gelten kann. Diese kapitalistische Dynamik wurde zur Grundlage aller erzielten ökonomischen, gesellschaftlichen und kulturellen Erfolge der Industrieländer. Ähnliche Ansätze, welche auf der Annahme basieren, dass Leistungsmotivation unerlässlich für Modernisierung ist, wurden auch von McClelland (1961) in seiner Untersuchung Die Leistungsgesellschaft und von Behrend (1971) in seiner Theorie des dynamischen Kapitalismus aufgegriffen. Im Allgemeinen teilen die modernisierungstheoretischen Thesen die Ansicht, dass Unterentwicklung als Rückständigkeit angesehen werden kann. Diese ist das Ergebnis von internen traditionellen Faktoren, welche auf den Einstellungen und Verhaltensweisen sowie auf den Sozialstrukturen und Wertsystemen der ‚traditionellen’ Gesellschaften innerhalb der Entwicklungsländer (ehemaliger Kolonien) basieren. Die Entwicklungsländer sind demnach unterentwickelt, weil sie sich noch immer nicht von ihren traditionellen Werten befreien konnten und dadurch noch keine eigenen dynamischen Impulse hervorgebracht haben, die mit denen der (kapitalistischen) Industrieländer vergleichbar wären. Extern vorhandene Innovationen können somit in der Regel nicht hinreichend aufgenommen und für die eigene Entwicklung umgesetzt werden. Daher sind Entwicklungsländer nicht in der Lage die reichlich vorhandenen Ressourcen selbständig zu erschließen und vorhandene Fähigkeiten auszubauen. Die Basis der Entwicklung im modernisierungstheoretischen Sinn ist kontinuierliches wirtschaftliches Wachstum, welches erst eine gesamtgesellschaftliche Modernisierung ermöglicht. Auf dem von den Industrieländern vorgelebten – und nach der Logik der Modernisierungstheorien einzig möglichen – Entwicklungsweg nehmen die Entwicklungsländer eine untere Position ein, die nur durch eine nachholende Entwicklung verbessert werden kann. Modernisierung kann demnach als ein welthistorisch zwangsläufiger und eindimensionaler Prozess eines sozialen, politischen und wirtschaftlichen Wandels interpretiert werden, von dem alle Gesellschaften erfasst werden, wenn auch zu unterschiedlichen Zeitpunkten. Ein, diesem Ansatz entsprechendes Entwicklungsstufenmodell wurde von Rostow (1960) publiziert, der fünf Entwicklungsphasen auf Basis der vergangenen Entwicklung in den Industrieländern beschreibt. (s. Abb. 6). Nach der These der Modernisierungstheorie ist ein institutioneller Wandel nur mit externer Hilfe durch technische, finanzielle und wirtschaftliche Zusammenarbeit sowie durch umfangreiche Reformen erreichbar. In weiterer Folge können dadurch vorhandene interne Kräfte mobilisiert, Bedürfnisse geweckt und somit Marktkreisläufe und Industrialisierung generiert werden. Die gesellschaftlichen Veränderungen schaffen Rahmenbedingungen für die Entstehung notwendiger materieller und sozialer Infrastruktur und können selbst Dynamisierungs- und Demokratisierungsprozesse einleiten. Wirtschaftlicher und technologischer Wandel wurde somit mit sozialem und politischem Wandel verbunden. Das Ziel des modernisierungstheoretischen Ansatzes ist, eine den Gesamtraum durchdringende Homogenisierung (Abbau von Disparitäten) sowie eine gesellschaftliche Dynamisierung zu erreichen. Die Aufgabe der Industriestaaten liegt darin, umfangreiche entwicklungspolitische Maßnahmen zu organisieren und zu finanzieren, um die nachholende Entwicklung der Entwicklungsländer zu ermöglichen. Eine Kontroverse zur Erreichung dieses Ziels entstand jedoch darüber, ob eher im Sinne der neoklassischen Tradition auf die Kräfte des Marktes und somit auf eine wirtschaftsliberale Politik vertraut werden sollte, oder ob eine vom Keynesianismus geprägte Strategie verfolgt werden sollte, die staatliche Eingriffe und eine binnenorientierte Wachstumsstrategie bevorzugte, ohne gleichzeitig die Weltmarktorientierung in Frage zu stellen. Der modernisierungstheoretische Ansatz prägte, beeinflusst von diesen beiden Strömungen, in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts die Entwicklungspolitik der Industrieländer und ihrer internationalen Entwicklungsorganisationen (z.B. IWF, Weltbank).

Über den Autor

Florian Eichberger, geboren 1983 in Fort Lauderdale (USA), schloss im Jahre 2009 das Diplomstudium 'Internationale Betriebswirtschaft' an der Wirtschaftsuniversität Wien erfolgreich ab. Die Ausbildungsschwerpunkte lagen in den Bereichen 'BWL des Außenhandels' und 'Internationale Finanzierung'. Zusätzlich belegte der Autor das Wahlfach 'Wirtschaftsgeographie des Weltwirtschaftsraumes' in der Abteilung 'Angewandte Regional- und Wirtschaftsgeographie', welche diese Studie aktiv unterstützte. Persönliche Erfahrungen während einer Reise in den Bundesstaat Maharashtra und Mumbai motivierten den Autor, sich der komplexen Thematik der vorliegenden Studie zu widmen.

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