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Kunst & Kultur

Tanja Winterhalter

Der Fremde - das Fremde: Das Bild des Heiden Rennewart in Wolframs "Willehalm"

ISBN: 978-3-8428-6518-1

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Produktart: Buch
Verlag: Diplomica Verlag
Erscheinungsdatum: 11.2011
AuflagenNr.: 1
Seiten: 104
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Was ist Fremdheit? Wie wird sie dargestellt und wie manifestiert sie sich? Gibt es so etwas wie eine objektive Kennzeichnung des Fremden? Dies sind, um nur einige Punkte zu nennen, Fragen, mit denen sich die vorliegende Untersuchung Der Fremde - das Fremde: Das Bild des Heiden Rennewart in Wolframs 'Willehalm' auseinandersetzt. Nach einem umfassenden theoretischen Überblick über die Begriffe 'eigen' und 'fremd' werden diese anhand der Figur des Heiden Rennewart untersucht. Hierbei gilt es zu beachten, dass sich Fremdheit in Willehalm mitnichten in der Beschreibung des Gegensatzes von 'eigen' im Sinne der christlichen und 'fremd' im Sinne der heidnischen kulturellen und religiösen Lebensweise erschöpft. In diesem Werk geht es vielmehr um die Wahrnehmung des Fremden und den Umgang mit ihm innerhalb der christlichen Gesellschaft. Zwar kennzeichnet Wolfram von Eschenbach Rennewart klar als Fremden, doch relativiert er auch immer wieder seine Andersartigkeit. Dies geschieht vorrangig mit Hilfe von Zeichen - äußerlicher (Erscheinungsbild) und innerlicher (Verhalten) Merkmale - durch die der junge Sarazene charakterisiert wird. Im Verlauf der Untersuchung wird durch die Einbettung dieser Zeichen in den gesamten Kontext offenbar, dass Fremdheit vom Erzähler nicht unbedingt negativ bewertet wird, sondern der Handlungsverlauf auf einen positiveren Wertungszusammenhang hindeutet. Auf diese Weise wird die Fremdheit des Heiden nicht nur abgemildert, sondern sogar partiell überwunden. Des Weiteren ist anzumerken, dass Wolfram von Eschenbach gerade zur Zeit der Kreuzzüge mit der Figur des Rennewart eine Problematik darstellt, die bis heute aktuell ist. Er zeigt an ihr auf, dass für eine erfolgreiche Integration in die Gesellschaft nicht sämtliche Unterschiede eingeebnet werden müssen. Trotz einer gewissen geforderten Anpassung muss nicht aufgegeben werden, was das Wesen in nuce ausmacht, da es möglich und auch wünschenswert ist, kulturelle Unterschiede zu bewahren. Das Aushalten und Beibehalten von Unterschieden kann als Aufgabe und vielleicht sogar als eine Lösung gelten, wie mit Fremdheit umgegangen werden kann.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 1.3, Fascinosum und Tremendum: Der Umgang mit dem Fremden ist für den modernen Menschen zu einem alltäglichen Phänomen geworden und in den unterschiedlichen Lebensbereichen zu beobachten. Sei es das Fremdeln von Kindern im frühen Alter, die tagtägliche Begegnung von fremden Menschen auf der Straße, die verschiedenen Sprachen, welche vornehmlich im Zuge der Globalisierung an unser Ohr dringen, oder die unterschiedlichsten Kulturen, deren Verhalten sich in sozialer und religiöser Hinsicht von unserem Verständnis unterscheiden. Waldenfels schreibt diesbezüglich, dass es das Fremde ‘immer schon unter uns gegeben [hat und dass] auch Erfahrungen des Fremdwerdens nichts Neues [sind]’. Dennoch ist der Begriff des Fremden, obwohl er doch so vertraut erscheinen sollte, keinesfalls eindeutig belegt, da er je nach Einstellung entweder positiv oder negativ konnotiert verwendet werden kann, was sich auch auf den jeweiligen Umgang mit dem Fremden auswirkt. Der Terminus fremd ist demnach keinesfalls wertneutral. Positiv wird er als das Exotische, Spannende und Aufregende, negativ als das Unbekannte, Ungewohnte und Unvertraute empfunden. Die negative Präfigierung der Worte verweist auf die enge Verbindung von fremd und eigen. Etwas Gewohntes wird durch das Präfix un- zu etwas Ungewohntem, das heißt etwas Unbekanntes dringt in den privaten Raum des Menschen ein und konfrontiert auf diese Weise das Eigene mit dem Fremden. Dies stellt eine Herausforderung dar, die je nach Einstellung als Chance auf etwas Neues oder als Bedrohung des Alten empfunden werden kann. Folglich kann auf Fremdes sehr ambivalent reagiert werden mit Faszination oder Furcht oder wie Hahn es formuliert: mit ‘Fascinosum oder Tremendum’. Jene Ambivalenz wird in dieser Untersuchung auch an der Figur des Rennewart thematisiert werden. Je nachdem, ob man den Fremden von vornherein ablehnt – ihn weder toleriert noch akzeptiert – oder ihm mit einer gewissen Wissbegierde begegnet und offen für Veränderungen sowie Neues ist, ist der Wirkungsrahmen auf Umgang, Sichtweise und Handlung ein anderer. Bei Hellmann wird ‘einerseits Fremdheit als Chance, ja als Herausforderung begriffen, die vor neue Aufgaben stellt’ und ‘andererseits wird Fremdheit als Krise, ja als Bedrohung erfahren’. Diese differierenden Formen des Umgangs fußen auf unterschiedlichen Wahrnehmungen des Fremden und begründen die Ambivalenz im Umgang mit ihm. Je nachdem, ob das Fremde – wie Schäffter es formuliert – als Resonanzboden von Eigenheit, als Negation, als Chance zur Ergänzung und Vervollständigung oder als Zusammenspiel sich wechselseitig hervorrufender Kontrastierungen perzipiert wird, geht man auch auf verschiedene Weise mit dem Fremden um. Der Resonanzboden bietet ‘der eigenen Identität die Kontrastfläche’, ohne die das Eigene nicht möglich wäre, wohingegen die Negation aus der grundsätzlichen Unvereinbarkeit von Fremd und Eigen resultiert, ‘mit der die Integrität der Eigenheit bewahrt und geschützt werden soll’. Fremderfahrung als Gelegenheit zur Erweiterung des eigenen Horizonts und zur Veränderung zu verstehen, ist auf eine Entwicklung des Selbst zurückzuführen und ermöglicht ‘entwicklungsfördernde Impulse und strukturelle Lernanlässe’. ‘Fremdheit als Komplementarität’ bedeutet schließlich, dass sich ‘Eigenes und Fremdes wechselseitig relativieren und bestimmen’, das heißt die Grenzen zwischen beiden verschwimmen derart, dass eine Orientierung unmöglich ist. Der Begriff des Fremden ist, wie im ersten Abschnitt erläutert, eng mit dem Begriff des Eigenen verbunden. Eigenheit ist als Schlüssel zur Individualität und Identität schon sehr früh beim Menschen zu beobachten, was sich unter anderem an einem bestimmten Verhaltensmuster von Kleinkindern erkennen lässt. Zwischen dem vierten und achten Monat kann jenes Phänomen, das gemeinhin als ‚Fremdeln‘ bekannt ist, wahrgenommen werden. Das Kleinkind ist in dieser Zeit in der Lage, bekannte von unbekannten Personen zu unterscheiden. Diese plötzlich auftretende Abwehrreaktion gegenüber fremden Personen wird meist lediglich als Misstrauen, Ablehnung oder sogar Angst gegenüber dem Fremden interpretiert. Claessens geht hier noch einen Schritt weiter. Für ihn ist das Fremdeln als Herausbildung des Eigenen, der eigenen Identität zu verstehen, denn indem sich der junge Mensch als Individuum wahrnimmt, beginnt er, sich von den anderen abzugrenzen und lernt, sich von ihnen zu unterscheiden. So schreibt er in seinem Beitrag Das Fremde, Fremdheit, Identität: ‘Der Aufbau einer eigenen Identität, des Wissens darum, daß man ein je Eigener ist, erfolgt in der Tat in der Absetzung vom anderen Menschen’. So ist schon in frühen Jahren ein bestimmter Umgang mit dem Fremden beobachtbar. Ob das Kleinkind auch als Erwachsener bei diesem Verhaltensmuster bleibt oder es in späteren Jahren durchbricht, hängt sehr häufig von den Strukturen innerhalb einer Gesellschaft ab.

Über den Autor

Tanja Winterhalter wurde 1983 in Titisee-Neustadt geboren. Ihr Studium der Germanistik und BWL an der Johannes-Gutenberg-Universität schloss die Autorin im Jahre 2011 mit dem akademischen Grad Magistra Artium erfolgreich ab. Beeinflusst durch ihren Auslandsaufenthalt in China und ihre Faszination für diese fremdländische Kultur entschloss sie sich, sich mit dem Thema Fremdheit näher auseinanderzusetzen.

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