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Kunst & Kultur

Markus Scholz

Der Justizpalast von Brüssel: Aufbau und Ausgestaltung

ISBN: 978-3-95934-614-6

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Produktart: Buch
Verlag: Diplomica Verlag
Erscheinungsdatum: 06.2015
AuflagenNr.: 1
Seiten: 76
Abb.: 47
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Die Elbphilharmonie in Hamburg, der neue Tiefbahnhof in Stuttgart oder der neue Flughafen Berlin-Brandenburg - sie alle sind Großprojekte, die mit gewissen Problemen zu kämpfen haben: zu hohe Kosten, nicht ausreichende Sicherheitsbestimmungen, Bauverzögerungen, Unmut in der Bevölkerung. Der zwischen 1866 und 1883 errichtete Justizpalast von Brüssel war zur damaligen Zeit ein ebensolches Großprojekt. Nach einem kurzen Porträt über den Architekten, Joseph Poelaert und einer groben Analyse der Situation in Brüssel Mitte des 19. Jahrhunderts folgt das Kernthema der Studie, die Betrachtung des Bauwerks an sich. Neben dem architektonischen Aufbau des Justizpalastes wird auf einige wichtige Werke der künstlerischen Ausgestaltung des Gebäudes eingegangen. Eine Bewertung des Gesamtzusammenhanges bildet den Abschluss.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 3, Die Situation in der Mitte des 19. Jahrhunderts: Durch die 1830 erlangte Unabhängigkeit Belgiens war das Land noch eine sehr junge Nation, der noch eigenständige Monumente und Denkmale fehlten. Der von Joseph Poelaert entworfene und gebaute Justizpalast war jedoch nicht das erste größere Gerichtsgebäude in Brüssel: Der erste Justizpalast von Brüssel befand sich in einem ehemaligen Jesuitenkolleg (Abb.2), das 1816 auf Geheiß von Wilhelm I. Prinz von Oranien und König der Niederlande der Justiz zur Verfügung gestellt wurde und durch einen Architekten aus Lille eine neue Fassade erhielt (Abb.3). Die Hauptfassade dieses Vorläufers des heutigen Justizpalastes war auf den ‚Place de la Justice‘ ausgerichtet und entlang des Gebäudes verlief die ‚Rue de Ruysbroeck‘, die auch heute noch in Brüssel existiert. Das Gebäude des ehemaligen Jesuitenkonvents ist heutzutage jedoch nicht mehr zu sehen, an seiner Stelle steht heute die ‚Bibliothèque royale de Belgique‘, die unmittelbar an den Kunstberg angrenzt. Der erste Justizpalast befand sich also beinahe in direkter Nachbarschaft des neuen Gebäudes. Nach der Unabhängigkeit Belgiens stellte sich schnell heraus, dass für den Sitz der Gerichte ein neues Gebäude geschaffen werden musste: Die Räumlichkeiten des ehemaligen Jesuitenkonvents waren marode und mussten teilweise abgestützt werden, die Dächer waren undicht, sodass an manchen Stellen Wasser in das Gebäude drang und viele der Räume waren so feucht und schlecht belüftet, dass Papier das dort aufbewahrt wurde schon nach wenigen Tagen zu schimmeln begann. Ein weiteres Problem, das noch hinzukam, war vermutlich der Platzmangel, da das alte Gebäude nicht allen juristischen Instanzen Platz bieten können würde , die nach der Erhebung Brüssels zur Hauptstadt des souveränen Staates Belgien dort ihren Sitz haben sollten. All diese Punkte führten dazu, dass sich die zuständigen Behörden einig waren einen neuen Justizpalast errichten zu wollen man war sich nur nicht einig darüber, ob man das neue Gebäude am bisherigen Standort errichten, oder ob man diesen aufgeben und nach einem neuen suchen sollte. Nach reiflichen Überlegungen und sorgfältigem Abwägen der Möglichkeiten wurde festgestellt, dass die Fläche des Grundstücks des alten Justizpalastes nicht groß genug wäre, um dort einen neuen Justizpalast zu errichten, der alle Behörden und Instanzen aufnehmen könnte. Auf Grund von diversen Einsprüchen verschiedener Institutionen und Gerichtskammern begann eine lange Diskussion, wie und wo die verschiedenen Gerichte untergebracht werden sollten. Tilman-François Suys, der spätere Lehrer Poelaerts, wurde 1836 beauftragt einen vorläufigen Plan eines Ausbaus des Kassationshofs, dem obersten belgischen Gericht, zu entwerfen, dem dann alle anderen Instanzen angegliedert werden sollten. Hierfür wurde eine Maximalsumme von 240.000 Francs vom Parlament beschlossen, die Suys jedoch mit veranschlagten 315.000 Francs überschritt. Der Justizminister war nicht bereit eine solch hohe Summe zu bezahlen, ohne vorhin mit dem Parlament Rücksprache zu halten. Diese Diskussion gab der Planung eine neue Wendung, da mehrere Abgeordnete der Meinung waren, dass es sinnvoller sei ein komplett neues Gebäude zu errichten, anstatt ein altes zu erweitern. Aus diesem Grund schob der Justizminister den Ausbau des Gerichtsgebäudes erneut auf und rief stattdessen eine Kommission ins Leben, bestehend aus Staatsanwälten des Kassationshofes und Vertretern der ständigen Abordnung der Provinz Brabant, sowie des Gemeinderates der Stadt Brüssel. Diese Kommission war es, die zu dem oben genannten Schluss kam, dass der jetzige Standort ungenügend sei, um alle juristischen Instanzen dort zu vereinigen und man stattdessen nach einem neuen Standort suchen müsse. Abermals wurde der Architekt Suys mit den Planungen beauftragt. Auf Grund von Meinungsverschiedenheiten bei der Aufteilung der Finanzierung des neuen Justizpalastes und Bedenken seitens der Opposition, ob der Justizpalast überhaupt in Brüssel errichtet werden müsse und nicht beispielsweise in Mechelen wurde der Bau erneut verschoben. 1838 meldete sich die ‚Commission des monuments‘ zu Wort und bemängelte die schlechte Lage des von Suys geplanten Gebäudes, da dieses durch die Hanglage zu starke Höhenunterschiede zu überwinden hätte außerdem würden die engen Straßenzüge die gewünschte monumentale Wirkung des neuen Justizpalastes zu sehr einschränken, weswegen von der Kommission empfohlen wurde das Gebäude eher im neu geschaffenen ‚Quartier du Léopold‘ zu errichten (Abb.4). , Nachdem Suys die Pläne des neuen Stadtviertels gesehen hatte sprach auch er sich für einen Neubau in ebendiesem aus. Dieser plötzliche Umschwung war aber keineswegs zufällig: Der ‚Gesellschaft zur Vergrößerung und Verschönerung von Brüssel‘ (‚Société civile pour l’agrandissement et l’embellissement de Bruxelles‘), die für die Errichtung des neuen Stadtviertels verantwortlich war, gehörten sehr einflussreiche Leute an, unter anderem auch König Léopold I., einflussreiche Politiker und sogar Tilman-Fran¬çois Suys, der bei der Muttergesellschaft ‚Société Générale‘, die zu dieser Zeit als Bank diente, ein wichtiger Aktionär war. Trotz des starken Drucks seitens der ‚Société Générale‘ und ihrer Tochtergesellschaft entschied die liberale Mehrheit im Gemeinderat von Brüssel, dass die Stadt das Projekt nur finanziell unterstützen wird, wenn der neue Justizpalast an der Stelle des alten Gebäudes errichtet werden würde. Der Justizminister schaltete sich ebenfalls ein und schien zunächst die Ansicht des Gemeinderates zu unterstützen, jedoch änderte er bald darauf unter dem Druck der ‚Société Générale‘ seine Meinung und befürwortete von nun an die Errichtung des Justizpalastes im neuen ‚Quartier Léopold‘. Dieses stete Hin- und Her zog sich die nächsten Jahre durch, ohne dass man zu einer Einigung gekommen wäre. Die ständig wechselnden Justizminister, von denen jeder vermutlich eine eigene Vorstellung eines Justizpalastes hatte, trugen auch nicht gerade zur Lösung dieses Problems bei. 1857 wird die Diskussion nach dem Standort des neuen Justizpalastes wieder angefeuert: Im Zuge der Überlegung im ‚Quartier Léopold‘ einen neuen königlichen Palast zu errichten wurde auch erneut der Bau des Justizpalastes im selben Viertel vorgeschlagen. Allerdings waren sowohl die Justizbehörden als auch die gegründete Kommission zur Errichtung des Justizpalastes dagegen. Der amtierende Justizminister Alphonse Nothomb sprach sich derweil gegen einen Neubau am Standort des ersten Justizpalastes aus, konnte sich aber auch nicht für einen anderen Standort entscheiden. Der im November neu vereidigte Justizminister Victor Tesch suchte hingegen nach einer Lösung des Problems. In diesem Zusammenhang wurde zum ersten Mal der ‚Place du Grand Sablon‘ als neuer Standort vorgeschlagen, eine Idee die 1864 von einem Dr. Hecke erneut aufgegriffen wurde. Tesch teilte dem Gouverneur von Brabant, der auf eine schnelle Lösung drängte mit, dass er die Ansicht seines Vorgängers teile und gegen einen Neubau auf den Überresten des alten Justizpalastes am ‚Place de la Justice‘ sei. Des Weiteren wies der Minister alle Vorschläge zurück, bis auf den eines Mitglieds der ‚Commission du Palais de Justice‘. Dieses Mitglied schlug als Baugrund ein Gebiet zwischen der ‚Rue aux Laines‘ und der ‚Église des Minimes‘ in der einen Richtung und zwischen der ‚Rue aux Laines‘ und dem ‚Pensionnat des Dames de Berlaimont‘ in der ‚Rue de la Régence‘ in der anderen Richtung vor. Um den Justizpalast dort errichten zu können müsste man nur die dort liegenden Gärten den Eigentümern, der Familie Mérode, abkaufen und die wenigen Häuserreihen, die sich zwischen der ‚Rue de la Régence‘ und der ‚Rue de l’Arbre‘ befänden, abreißen. Der Justizminister Tesch und der Gouverneur von Brabant, Liedts, waren von der Idee angetan und trugen diese Idee dem Bürgermeister von Brüssel vor. Am 21. September 1858 informierte der Minister für öffentliche Arbeiten seine Brüsseler Kollegen, dass man unter gewissen Voraussetzungen das Vorhaben bezuschussen würde. Auf Antrag des Justizministers Victor Tesch, wurde im Dezember 1858 der Chefingenieur des Brücken- und Straßenbauamtes der Provinz Brabant eingeladen den Entwurf der Stadt zu überprüfen. Groetaers befand den vorgeschlagenen Standort für den neuen Justizpalast für gut, merkte jedoch an, dass auf Grund der großen Höhenunterschiede eine rechteckige Form, wie sie von der Stadt vorgesehen worden war, ausscheiden und er deshalb den Palast in Trapezform bauen würde. Der Vorschlag den Neubau in der Achse der Verlängerung der ‚Rue de la Régence‘ zu bauen wurde sowohl vom Justizminister, als auch vom Minister für öffentliche Arbeiten wohlwollend aufgenommen. Anstatt Groetaers weiter mit der Ausarbeitung der Planung zu beauftragen schlug der Bürgermeister Charles de Brouckère 1859 vor den Bau des Justizpalastes in einem Wettbewerb öffentlich auszuschreiben und den möglichen Teilnehmern nur grob die Begrenzungspunkte des vorgesehenen Geländes zu nennen, um ihnen möglichst viel gestalterische Freiheit zu lassen. Am 20. Dezember 1859 sprach sich auch der Gemeinderat von Brüssel für eine öffentliche Ausschreibung aus, von der man sich erhoffte möglichst vielfältige Lösungsansätze für die Überwindung der Höhenunterschiede zu erhalten. Am 27. März 1860 wurde der Wettbewerb offiziell per königlichem Erlass öffentlich gemacht. , , , In dem Schreiben wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die teilnehmenden Architekten auf jegliche Maßangaben, Kostenschätzungen und Details der Ausführung verzichten und lediglich einen groben Entwurf vorlegen sollten, der allerdings den durch die Kommission festgelegten Rahmenbedingungen entsprechen musste. Zu diesen Bedingungen gehörte auch, dass die Front des Justizpalastes an einem Platz liegen sollte, der mindestens genauso groß sein muss wie der ‚Place Royale‘ und mit diesem über die verlängerte ‚Rue de la Régence‘ verbunden sein muss. Darüber hinaus musste sich der Palast zwischen der ‚Rue aux Laines‘ und der ‚Rue des Minimes‘ befinden und mindestens eine Grundfläche von 16.000m² besitzen. Als Anreiz sollten die drei besten Entwürfe je einen Geldpreis in Höhe von 10.000, 6.000 und 3.000 Francs erhalten.

Über den Autor

Markus Scholz wurde 1989 in Stuttgart geboren. Das Studium der Kunstgeschichte in Tübingen schloss er 2009 mit dem akademischen Grad Bachelor of Arts (B.A.) ab. Interesse an Architektur war bereits vorhanden, ein Seminar zum Thema Politische Architektur lenkte das Interesse auf den Justizpalast in Brüssel, woraufhin diese Studie entstand. Seit 2015 studiert der Autor Technische Redaktion & Multimediale Redaktion an der Technischen Hochschule Mittelhessen (THM) in Gießen.

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