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Kunst & Kultur

Elisabeth Pedrini

Die Übersetzung von Bilderbüchern: Das Verhältnis zwischen Text und Bild

ISBN: 978-3-95850-746-3

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Produktart: Buch
Verlag: Diplomica Verlag
Erscheinungsdatum: 11.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 108
Abb.: 20
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Bilderbücher für Kinder stellen für Übersetzer ein besonderes heikles Projekt dar. Die verschiedenen Ebenen von Text und Bild müssen so in die fremde Sprache übertragen werden, dass ihr Zusammenspiel erhalten bleibt. Seit der Entstehung von Bilderbüchern liegt es an den Übersetzern, diese Schwierigkeit mithilfe diverser Theorien der Übersetzungswissenschaft zu überwinden. Das vorliegende Buch liefert dem Leser zunächst einen Überblick über die Geschichte der Kinderbücher und verschafft ihm einen Einblick in die Translationstheorie. Weiterhin widmet sich die Autorin einer detaillierten Untersuchung der Übersetzung von Babar der kleine Elefant aus dem Französischen ins Deutsche, wobei sie die praktische Anwendung der vorgestellten Theorien beleuchtet. An Ende beantwortet das Buch die Frage, wie sich Bilderbücher und ihre Übersetzungen im Laufe der Zeit gewandelt haben und in welchem Verhältnis Text und Bild im Kinderbuch zueinander stehen

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 2., TRANSLATIONSTHEORETISCHE ANSÄTZE IN DER UNTERSUCHUNG VON KINDERLITERATUR: In der relativ jungen Geschichte der Translationswissenschaft haben sich unterschiedliche Richtungen herausgebildet, die einmal mehr die Treue zum Original oder mehr die Wirkung auf den Leser der Zielkultur in den Vordergrund stellen. Während produktionsorientierte Ansätze die Äquivalenz zwischen Ausgangs- und Zieltext als Basis für eine korrekte Übersetzung sehen, haben sich andere Theorien vom Original befreit und sehen den Zweck der Übersetzung als Maß aller Dinge , wie die Skopostheorie von Hans Vermeer. Diesen unterschiedlichen und oft entgegengesetzten Richtungen gemeinsam ist jedoch, dass sie präskriptiv ausgerichtet sind. Demgegenüber gibt es aber auch Ansätze, die auf deskriptive Weise historisch-kulturelle Aspekte in den Mittelpunkt stellen, wie die Manipulation School von Theo Hermanns, die Polysystemtheorie von Itamar Even-Zohar und der Göttinger Sonderforschungsbereich Die literarische Übersetzung. Diese unterschiedlichen theoretischen Ansätze spiegeln sich auch in der Untersuchung von kinderliterarischen Übersetzungen wieder, soweit sie sich überhaupt mit Kinderliteratur auseinandersetzen. Prinzipiell ist es so, dass es zwar vereinzelte Untersuchungen, aber keine umfassende Theorie zur Übersetzung von Kinderliteratur gibt. Sei es aufgrund des Status von Kinderliteratur oder aufgrund ihrer besonderen Merkmale, eine umfassende wissenschaftliche Untersuchung wird entweder als nicht legitim betrachtet oder einfach ausgelassen. Ersteres wird damit begründet, dass in der Kinderliteratur die Grenze zwischen Übersetzung und anderen textbearbeitenden Adaptionen fließend sei und diese deshalb nicht den maßgeblichen Äquivalenzforderungen entsprechen (vgl. O’Sullivan 2000, 178/179). Letzteres Argument betont zwar die besonderen Charakteristika von Kinderliteratur, nimmt diese jedoch nicht als Voraussetzung für eine eigene wissenschaftliche Betrachtung. So nennt Katharina Reiß im Rahmen ihrer Texttypentheorie zwar folgende Faktoren, die bei der Untersuchung von Kinderliteratur beachtet werden müssen, 1. die […] Asymmetrie des gesamten Übersetzungsprozesses: […] Erwachsene übersetzen das von Erwachsenen Geschriebene für Kinder und Jugendliche (Reiß, 1982, 7) 2. die Vermittlerinstanzen, die Druck auf den Übersetzer ausüben, Tabus zu beachten oder pädagogische Prinzipien zu achten (vgl.ibd., 8) und 3. die noch eingeschränkte Weltkenntnis und Lebenserfahrung der Kinder und Jugendlichen (ibd.). (zit. nach O’Sullivan 2000, 180) setzt sich dann aber nicht weiter mit der Übersetzung von Kinderliteratur auseinander. Wieweit ist nun aber eine eigenständige Untersuchung von Kinderliteratur erstrebenswert und unter welchen Voraussetzungen? Zum einen ist natürlich in der Analyse der Übersetzung von Kinderliteratur die Unterscheidung zwischen verschiedenen Textformen, vor allem zwischen Sachtexten und literarischen Texten, genauso wichtig wie in der translationswissenschaftlichen Forschung allgemein. So schreibt O’Sullivan (2000, 190): Danach wären Übersetzer ‚literarischer‘ Ausgangstexte den Texten und deren Autoren gegenüber erst dann treu bzw. loyal, wenn die ästhetische Dimension ebenso wie die Mitteilungssituation in der Übersetzung zum Tragen käme. In einer solchen funktionalistischen Theorie könnte und müsste z.B. differenziert werden zwischen Texten mit ästhetischem Anspruch, solchen, die sich nach dem Grad der sprachlichen Schwierigkeit definieren lassen und Alphabetisierungsfunktion besitzen (z.B. bei Leselern- und Erstlesebüchern) und bei denen in Anbetracht des beschränkten Lexikons der Zielleser die Funktion der Verständlichkeit vorherrschend ist, und Texten, in denen Inhalte über die Form gestellt werden, wie z.B. bei Sachbüchern. In der Untersuchung von kinderliterarischen Texten, auf die sich die vorliegende Arbeit beschränkt, ist die besondere Ontologie literarischer Texte genauso zu beachten wie in der allgemeinen Literatur. Das heißt, dass im Unterschied zu Sachtexten fiktionale Texte nicht referentiell sind, sprich deren Wahrheitsgehalt nicht in der Realität überprüft werden kann, und dass sie einen ästhetischen Charakter haben. Dies bedeutet, dass die Form eines literarischen Werkes genauso viel Aussagecharakter wie der Inhalt hat und der Autor ganz bewusst stilistische Mittel wählt, um damit etwas Bestimmtes auszudrücken. Die formalen Merkmale sind somit gleichermaßen Sinnträger wie der Inhalt selbst und müssen dementsprechend übertragen werden. (vgl. Greiner 2004, 15 ff). Gleichzeitig muss jedoch zwischen allgemein literarischen und kinderliterarischen Texten aufgrund der schon genannten Asymmetrie zwischen dem Verfassen des Textes durch Erwachsene und der kindlichen Rezeption sowie der doppelten Zugehörigkeit zum pädagogischen und literarischen System auch in Bezug auf ihre Übersetzungspraxis unterschieden werden. Bei der theoretischen Betrachtung der Übersetzung von Bilderbüchern müssen insbesondere die sowohl stilistische als auch inhaltliche Funktion der Illustration sowie deren Verhältnis zum Text zusätzlich beachtet werden. Obwohl es, wie schon gesagt, keine umfassende Theorie zur Übersetzung von Kinderliteratur und noch weniger zur Übersetzung von Bilderbüchern gibt, haben sich einige Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen mit dieser Thematik auseinandergesetzt, die im Folgenden genauer betrachtet werden sollen. Juliane House hat im Rahmen ihres Konzeptes eines overt versus covert Übersetzens zum Beispiel auch kinderliterarische Übersetzungen aus dem Englischen ins Deutsche untersucht. Der schwedische Literaturwissenschaftler Göte Klingberg setzte sich in seinem Buch Children’s Fiction in the Hands of the Translators (1986) auf einer praxisnahen Ebene mit Übersetzungsproblemen von Kinderliteratur auseinander. Basierend auf der Polysystemtheorie untersuchten vor allem Zohar Shavit und Basmat Even-Zohar die Funktion von kinderliterarischen Übersetzungen ins Hebräische am umfangreichsten behandelte die Finnin Riitta Oittinen die Thematik des kinderliterarischen Übersetzens und insbesondere auch des Übersetzens von Bilderbüchern. In ihrem Buch Kinderliterarische Komparatistik geht die Professorin für Englische Literaturwissenschaft Emer O’Sullivan auf die Übersetzungsprobleme bei Kinderbüchern ein und nimmt das Konzept des impliziten Übersetzers auf. 2.1., Der übersetzungstheoretische Ansatz von Juliane House: In der alten Tradition der Gegenüberstellung von verfremdender und einbürgender Übersetzung unterscheidet auch Juliane House zwischen overt/offener bzw. covert/ verdeckter Übersetzung. Sie geht jedoch noch einen Schritt weiter und definiert die zwei Arten von Übersetzung aufgrund ihrer unterschiedlichen Form von Äquivalenz, die sie in systematischen Übersetzungsanalysen auf vier Ebenen, nämlich der Funktionsäquivalenz des einzelnen Textes (individual textual function), dem Sprachregister (register), dem Genre (genre) und der sprachlichen Ebene des Textes (language/text), untersucht. Dementsprechend bedeutet Äquivalenz bei der offenen Übersetzung maximaler Erhalt […] des Originals und eine bewusste Analogie des Ensembles der sprachlichen Formen, Gleichheit als Kopie des Originals im neuen Gewand. Diese Gleichheit bei offener Übersetzung bedeutet aber zugleich auch Ferne, Unnahbarkeit, Abwesenheit der Möglichkeit ‚echter‘ Funktionsäquivalenz oder des Direkt-Angesprochenseins des Adressaten. Die ‚Gleichheit‘ bezieht sich auf den Text, nicht auf die Reaktion des Adressaten. (House 2007, 12) Bei der verdeckten Übersetzung hingegen bezieht sich die Äquivalenz nicht auf die textuelle Ebene, noch auf Sprachregister und Genre, sondern vielmehr auf die Reaktion des Lesers. So schreibt House (2007, 19): Um […] die für verdeckte Übersetzung nötige Beachtung der Erwartungsnormen der neuen Adressaten zu bewerkstelligen, muss der Übersetzer ein äquivalentes sprachliches Ereignis kreieren, d.h. die Übersetzung muss sich in einer neuen Diskurswelt, einem neuen Frame entfalten, ohne dass die Diskurswelt, in der sich das Original entfaltet, ko-aktiviert wird. Die verdeckte Übersetzung soll sich also möglichst unerkannt als Übersetzung in die Zielkultur einfügen, und um dies zu erreichen, muss der Übersetzer kulturelle Filter einsetzen. Juliane House unterscheidet aber sehr wohl zwischen Übersetzung und anderen Formen von Textbearbeitung. So schreibt sie (House 2001, 252): This distinction is important in view of recent widespread attempts to indiscriminately view intentionally non-equivalent versions” as translations – even though the new text may have a function different from the original text’s function. Producing a version results from a deliberate turning away from the original, a reevaluation and often renunciation of the original.” Während sich also auch eine verdeckte Übersetzung am Original orientiert, indem sie die gleiche Wirkung in einer anderen Kultur erzielen will, nehmen andere Arten von Textadaptierungen das Original nur zum Anlass, etwas Neues zu schaffen, indem sie den Sinn des Originals bewusst abändern, sei es um ihn zu kritisieren oder um ihn in ein neues Licht zu stellen. Vor allem in Bezug auf literarisches Übersetzen sieht House die offene Übersetzung als die entsprechende Form. Ihre Theorie ist zwar nicht speziell auf Kinderliteratur ausgerichtet, doch hat sie diese unter anderem auf der Basis von systematischen linguistischen Untersuchungen von kinderliterarischen Übersetzungen aus dem Englischen ins Deutsche belegt. Dort hat sie festgestellt, dass den originalen Kinderbüchern meist nicht die nötige Anerkennung entgegengebracht wird und sie eher verdeckt übersetzt werden. However, given that one of the goals of children’s literature is to help children understand and appreciate the cultural diversity of the world, one wonders whether original children’s texts ought not be treated with more respect, i.e. be translated overtly rather than covertly.” (House 2004, 684). House nennt dazu einige Beispiele aus den Übersetzungen der Kinderbücher von Astrid Lindgren. So kommt in einem Buch Lindgrens ein Mädchen vor, das schneller wachsen möchte, und sich deshalb bei Regen in einen Misthaufen stellt. Nun wollte der amerikanische Übersetzer aus dem Misthaufen einen Haufen welker Blätter machen, worüber sich Astrid Lindgren natürlich beschwerte, da so die Logik des kleinen Mädchens und die damit verbundene Ironie verloren geht. Hier konnte sich Lindgren erfolgreich durchsetzen, in einem anderen Fall kündigte sie jedoch einen Vertrag mit dem französischen Verlag Hachette auf, der aus der wilden Pipi Langstrumpf ein höfliches kleines Mädchen machen wollte, dass statt einem Pferd nur ein Pony hochheben kann. House nennt als Gründe für eine verdeckte Übersetzungspraxis bei Kinderbüchern moralisch-pädagogische Absichten, aber auch die Unterschätzung der kindlichen Rezeptionsfähigkeit. Sie meint (2004, 685): Adults often underestimate the child, and this underestimation is reflected in adults‘childish (not childlike) attitudes, which lead to sentimentalizations of matter-of-fact texts, such as Astrid Lindgren’s.” Ein weiterer Grund für verdecktes Übersetzen kann auch die unterschiedliche Tradition von Kinderliteratur in der Ausgangs- und Zielkultur sein. So wird zum Beispiel im deutschen Sprachraum genauer zwischen Kinder- und Erwachsenenliteratur unterschieden als in der anglo-amerikanischen Kultur, wo es viel Kinderliteratur gibt, die von großen klassischen Autoren geschrieben wurde und sich gleichzeitig an den erwachsenen Leser richtet. Juliane House ihrerseits untersucht die deutschen Übersetzungen englischer Kinderbücher nicht so sehr hinsichtlich kultureller Unterschiede, sondern mehr auf einer linguistischen Basis. Nichtsdestoweniger sieht sie auch in dieser Hinsicht drei Ebenen als Rahmen für die Übersetzungsanalyse, nämlich the level of language, wo es um Unterschiede in den beiden sprachlichen Systemen geht, the level of society, der den unterschiedlichen Sprachgebrauch betrifft, und the level of the individual, der die individuelle Einstellung und Zielsetzung des Übersetzers widerspiegelt. (vgl. House 2004, 688) Zum anderen stellt sie vier Parameter auf, um die Abweichungen in der Übersetzung einzuordnen, und zwar: directness versus indirectness, reliance on verbal routines versus ad-hoc formulation, focus on content versus focus on adressees und expliciteness versus implicitness

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