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Kunst & Kultur

Martin Monzel

Grenzüberschreitung und die Frontier in Jack Kerouacs On the Road

ISBN: 978-3-95934-648-1

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Produktart: Buch
Verlag: Diplomica Verlag
Erscheinungsdatum: 05.2015
AuflagenNr.: 1
Seiten: 96
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Basierend auf der amerikanischen Frontier – ein Gemisch aus Fakten, Mythen und der amerikanischen literarischen Tradition - kommt es auch in On the Road ständig zu physischen und imaginären Grenzerfahrungen. Die Protagonisten Sal Paradise und Dean Moriarty sehen im Westen den Ort, wo sie auf den Spuren der Pioniere zum ursprünglichen Amerika zurückkehren können. Sie machen sich gen Westen auf, transformieren die Werte allerdings ins Nachkriegsamerika. So ist es noch immer die Mobilität, erweitert durch das Automobil, die Straße und die damit einhergehende Geschwindigkeit, die essentiell für die Frontier-Erfahrung angesehen wird. Bezüglich des Raums orientieren sich die Figuren zumindest anfänglich am geografischen Westen. Doch Sal realisiert, dass die physische Frontier abgeschlossen ist und Authentizität und die amerikanischen Werte auf einer anderen Ebene, die als imaginär bezeichnet werden kann, gefunden werden müssen. Um zu dieser gewünschten Authentizität zu gelangen, muss Sal zuerst den starren, konformen Rahmen des Nachkriegsamerikas durchbrechen. Sal gelingt dies und er gesellt sich zu marginalisierten Gruppen anderer Ethnizitäten wie Afro- oder Hispanoamerikanern oder der indigenen Bevölkerung Mexikos.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 3.2.2, Die Suche nach Alternativen: Auf der Suche nach den amerikanischen Werten wurde herausgestellt, dass die Frontier, die die Protagonisten im Roman physisch und imaginär ständig überschreiten, eine wesentliche Rolle spielt. Historisch und kulturgeografisch war die Frontier die Grenze zwischen der Zivilisation im Osten und der unbesiedelten Wildnis im Westen, wobei hier civilization [...] was characteristically White . (Chandarlapaty, 104) Wie im vorigen Kapitel beschrieben, war der Druck der Konformität der weißen amerikanischen Mittelklasse auf die heranwachsende Generation enorm und so wundert es nicht, dass sich Jack Kerouac nach einer alternativen Lebensform sehnte und die nicht-weiße Bevölkerung als neue Wildnis präferierte. Es war the Beats attempt to construct nonconformist communities based on marginalized identities – most often black identity and Mexican identity. (Martinez, 51) Kerouac versuchte, den Restriktionen des Bürgerlichen zu entkommen und orientierte sich hierzu an der ethnischen Heterogenität (vgl. Holton 2004, 77 ff.). Beat author Jack Kerouac sets out at mid-century to surround himself with the lives of those beyond the bounds of 'normal' American society. [...] [H]is quest leads him to live with hobos, befriend criminals and drug users, and have interracial affairs with Mexican and Native American women – all this in the confining social environment of late 1940s America, when conformity was seen as a civic good. While most Americans in the postwar decades sought comfort and security, Kerouac and his fellow Beat writers would reject those desires as artificial. The life of the outsider was for them the last place where authenticity survived in the manufactured world of America. (Wilson, 78) Sal und Dean bereisen einen amerikanischen Kontinent, auf dem sie nicht mit den Figuren in Kontakt treten, die andere weiße Autoren in ihren Werken beschreiben. Um das Bild der Mobilität und Bewegung aufzugreifen, führt ihre Reise in das Land der Marginalisierten (vgl. Martinez, 13). So ist On the Road filled with other people, people in motion, of various races and ethnicities, speaking many tongues, migrating from one place to another as seasonal laborers, [...], meeting each other in brief but somehow lasting encounters. (Douglas, 23) Um zudem das Bild der Frontier aufzugreifen, war es Kerouacs search for a cultural/social space as yet unterritorialized and regulated by external forces (Martinez, 28), welche sich als imaginäre und soziale Grenzüberschreitung definieren lässt. In den Augen der Beats waren diese Gruppen zu beneiden und aus einer idealisierenden Perspektive heraus dazu fähig, ihr Leben allein nach ihren Wünschen zu gestalten, ohne von den Konformitäten des Mainstream-Amerikas unterdrückt zu werden (vgl. LaFeber, 36). Thus they idolize Negroes as romantic and carefree children, seeing in the ghetto not the reality of poverty and oppression, but freedom from responsibility and, hence, joy. (Vopat, 5) Diese Einstellung Sals wird besonders am Anfang des dritten Kapitels deutlich, als er sich zu seinen Sehnsüchten äußert: I walked with every muscle aching among the lights of 27th and Welton in the Denver coloured section, wishing I were a Negro, feeling that the best the white world had offered was not enough ecstasy for me, not enough life, joy, kicks, darkness, music, not enough night. [...] I wished I were a Denver Mexican, or even a poor overworked Jap, anything but what I was so drearily, a 'white man' disillusioned. All my life I'd had white ambitions [...]. (OR 169 ff) Bei seinem Wunsch, einer anderen Ethnizität anzugehören, nennt er spezifisch die Gruppierungen der Afroamerikaner und der Mexikaner, welchen er im Laufe des Romans näher zu kommen versucht. Dass er anything but what [...] [he] was so drearily, a 'white man' disillusioned (OR 169) sein möchte, zeigt die Unzufriedenheit, die das Square-Leben in ihm auslöst. The position of the 'white man' is made tragic, the position of the ethnic other, as long as it remains abstract, romantic. (Martinez, 91) Sal kann seine Ethnizität nicht ändern, aber sich durch die Empathie und durch die romantische Vorstellung des Autors begünstigt zumindest zeitweise durch andere Welten bewegen (vgl. Theado 2000, 66 ff.) Resultierend aus dieser Empathie begibt er sich aus dem Bereich des Mainstreams und findet einen tieferen Sinn in der Eigenheit derer, die dem Schema des Konformen entweichen (vgl. ebd). Doch will er nicht lediglich mit den gesellschaftlich Marginalisierten in Kontakt treten, sondern Teil von ihnen werden und unterzieht sich einer Selbst-Marginalisierung (vgl. Martinez, 84). Für Kerouac war ethnische Verschiedenheit fest mit der Flucht aus dem konformen Gefängnis der weißen Mittelschicht verbunden, die mit der Sehnsucht nach einer heterogenen Welt und dem Überschreiten einer ethnisch-sozialen Grenze einhergeht, die der dominierenden weißen Gesellschaftsgruppierung missfiel (vgl. Holton, 2004, 79). Wie das oben angeführte Zitat belegt, gibt es auch für die Figur Sal nicht die einzig richtige Ethnizität, der er zugehörig sein will. Holladay vergleicht Sal mit einem Chamäleon, das sich einer Ethnizität nach der anderen anpasst, sich jedoch nie vollständig mit einer identifizieren kann. Vielmehr sucht er sich von jeder seiner multikulturellen Erfahrungen die Vorteile heraus und sieht teils über die Nachteile hinweg (vgl. ebd., 111). The obvious problem with this notion is that it constructs others purely from the point of view of the alienated white male observer and never from the point of view of the others themselves . (Holton 2004, 84) Obwohl Sal physisch den Raum mit Afroamerikanern, Mexikanern und indigenen Gruppen teilt, steht er immer nur am Rande ihrer kulturellen Welten. Er ist weit entfernt von der Realität, die das Leben der Minoritäten in Amerika der 1950er Jahre bestimmen. Ethnizität und ökonomische Klasse sind eng mit der gesellschaftlichen Position verbunden und besonders die Afro- und Hispanoamerikaner haben durch diese Situation zu leiden (vgl. Ligairi, 148 ff.). In works such as On the Road [...] Kerouac seems to be trying very hard – if naïvely – to reach out across boundaries of race and class, but is finally unable to get beyond his dreams of racial and class identity. Ultimately the effect is double: on one hand Kerouac draws the reader's attention toward the lives of marginalized people, to heterogeneous experience. On the other hand his inability to penetrate the stereotypes that frame his cognition of the marginalized other, his aetheticization of subversion, establishes very constricting limits for the understanding of those lives. (Holton 2004, 88) Dieser doppelte Effekt lässt zwei gegensätzliche Sichtweisen aufkommen. Eine Vielzahl der Kritiker Kerouacs nennt eine solche Darstellungsweise ethnischer Minderheiten neokolonial oder imperial (vgl. Ligairi, 139). So führt auch Hurm an, dass die Rhetorik der Befreiung in weiten Teilen auf dieser imperialen Aneignung und Umdeutung der Kultur der Anderen [basiert]. Deren exotische Kultur wird vereinnahmt als naturgegebenes Spielfeld authentisch ausgegebener primitiver Instinkte und Impulse. (Hurm 2005, 204) Ligairi kritisiert, dass die Probleme der Afroamerikaner oder Hispanoamerikaner in Amerika vor der Etablierung der Zivilrechte von Kerouac fast unberücksichtigt bleiben (vgl. Ligairi, 139). Bezüglich der Darstellung der Afroamerikaner äußert sich Podhoretz folgendermaßen: It will be news to the Negroes to learn that they are so happy and ecstatic I doubt if a more idyllic picture of Negro life has been painted since certain Southern Ideologies tried to convince the world that things were fine as fine could be for the slaves on the old plantation. (ebd. 311) Obwohl Kerouacs Darstellung in der Tat aus heutiger Sicht fragwürdig erscheint und eine gewisse Ethnozentrik, die Hurm als imperiale Aneignung missinterpretiert, vorhanden ist, muss sie aus der Perspektive Amerikas der 1950er Jahre gesehen werden. Aus einer solchen Sichtweise heraus muss eine derart kritische Auseinandersetzung mit der Darstellung ethnischer Minoritäten relativiert werden, die Kerouac zu Unrecht als Rassisten oder Neokolonialisten präsentiert. Sicherlich sieht Kerouac in der Kultur der Anderen eine primitive Authentizität , doch anders als ein Imperialist schätzt und glorifiziert er diese (angebliche) Eigenschaft und sieht sich nicht selbst, sondern diese Anderen als überlegen an. Darüber hinaus war es Kerouacs Absicht to poeticize life and thus circumvent its many sufferings and woe he refers to himself as a 'jazz poet' who works in a prose medium. Such intent is not always obvious, and this misreading of Kerouac helped fuel the establishment's condemnation of him. (Swartz 1999, 87) In diesem Sinne ist Kerouac kein Rassist, sondern ein Romantiker. Indem er die Realitätswahrnehmung seiner Leser mit seiner Prosa verändert, provoziert er eine literarische Version der Welt, die nicht in der Affirmation der vorherrschenden Bedingungen, sondern vielmehr in einer Widerstandshaltung begründet liegt (vgl. ebd.) Its general goal was to expose the lack of knowledge and functionality of Americans and their cross-cultural understandings of the outside world. (Chandarlapaty, 4) Theado geht sogar noch einen Schritt weiter und behauptet [that o]ne value of this book is that Kerouac shows that despite the surface differences among the various 'outsiders' he knows, deep human affinities endure. As much as anything else, this awareness may be at the core of what he meant by 'beat,' (Theado, 68) Nicht Rassismus, sondern der Wunsch nach einem multi-ethnischen Amerika ist die Botschaft des Romans. Kerouac definiert nationale amerikanische Identität neu beziehungsweise festigt sie hinsichtlich einer Multikulturalität, in der – wird Turners These im Grundsatz zum Ausgangspunkt genommen – Amerikas Wurzeln zu finden sind und wo auch schwarze Männer und Frauen eine full Americanness besitzen (vgl. Richardson, 209 ff.). Ein beschriebenes Baseballspiel verdeutlicht dies: [A] softball game[] was going on [...]. The strange young heroes of all kinds, white, coloured, Mexican, pure Indian, were on the field, performing with heart-breaking seriousness. [...] Near me sat an old Negro who apparently watched the games every night. Next to him was an old white bum then a Mexican family, then some girls, some boys – all humanity, the lot. (OR 170) Nur zusammen bilden diese Menschen eine multikulturelle Einheit, in der jede der aufgeführten Ethnizitäten die amerikanischste aller Sportarten ausübt (vgl. Ligairi, 148). Diese ethnische Diversität wird über den gesamten Roman hinweg zelebriert (vgl. Holton 2004, 79). Sal beschreibt ein utopisch idealisiertes Amerika, wo unter anderem Schwarze, Weiße und Hispanoamerikaner gleichberechtigt sind. Eine Weltvorstellung, die in den 1940er und 1950er Jahren außerhalb der Buchseiten nicht existierte (vgl. Richardson, 227). Diese Studie untersucht im Folgenden Sal's [...] fetishization of the authentic [...] and – most notably – his appropriation of nonwhite racial identities and travels among Mexico's indigenous peoples. (Ligairi, 141) Methodisch wird sich an der hier diskutierten romantisierenden und idealisierenden Weltvorstellung Sals orientiert, wobei auch den Stimmen Kerouacs Kritiker bezüglich der vorherrschenden Ethnozentrik Beachtung geschenkt wird.

Über den Autor

Martin Monzel studierte u.a. Anglistik an der Universität Trier und legte schon früh seinen Schwerpunkt auf die amerikanische Literaturwissenschaft. Vor allem die Literatur der Beat Generation inspirierte ihn und er machte sich neben der Literaturrecherche auch selbst zu einigen Schauplätzen von On the Road in den USA und Mexiko auf – und getreu des Beat-Gefühls mit dem Rucksack. Derzeit arbeitet der Autor in der deutschen Fernsehbranche.

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