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Kunst & Kultur

Stephan Schönlau

Kompositionstechnik in den Studies für Klavier von Charles Ives

ISBN: 978-3-8428-8043-6

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Produktart: Buch
Verlag: Diplomica Verlag
Erscheinungsdatum: 11.2012
AuflagenNr.: 1
Seiten: 140
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Diese Studie möchte dem Leser Einblick gewähren in einige der für Charles Ives‘ Klaviermusik typischen Kompositionstechniken der Fokus liegt dabei auf den Studies Nrn. 5 - 9, 15 sowie 20 - 23, die alle vollständig erhalten und in verschiedenen Ausgaben bereits jetzt oder in naher Zukunft erhältlich sind. Die Studies können dabei als kompositorische Studien Ives‘ gesehen werden, die den größten Teil seiner aktiven Schaffenszeit begleiteten. Doch werden gelegentlich auch andere Werke Ives‘ zum Vergleich herangezogen, sofern sie mit einer oder mehrerer der Studies Material (etwa der Satz IVa der 1. Klaviersonate) oder wesentliche Merkmale teilen (etwa die Three Improvisations sowie die Varied Air and Variations). Einer Darstellung der Quellenlage sowie einer Problematisierung der unterschiedlichen editorischen Praktiken Cowells, Kirkpatricks und anderen Herausgebern folgt eine detaillierte Analyse der Study Nr. 23, die viele der auch in anderen Werken vorkommenden Techniken enthält. Im Anschluss werden einige der bedeutendsten oder originellsten Kompositionstechniken der Klaviermusik von Ives an Hand Beispielen aus den übrigen Studies gezeigt, darunter: Zwölftonreihen und andere ‘aggregate structures’, kontrapunktische Techniken wie Mehrfacher Kontrapunkt, Kanon und Simultan-Spiegelung, Ostinato-Technik einschließlich Isorhythmie, neuartige Akkord-Strukturen aus Intervallschichtungen, Verbindungen tonaler Akkorde, sowie komplexeste Akkorde einschließlich der Gleichzeitigkeit aller zwölf Töne des chromatischen Totals. Bei der Analyse werden u.a. Elemente der pitch-class set theory verwendet, deren Anwendbarkeit auf die Musik des frühen 20. Jahrhunderts und insbesondere der Charles Ives‘ zuvor in einem eigenen Kapitel thematisiert und problematisiert wird, ohne dass jedoch die Kenntnis dieser in Deutschland wenig bekannten Analyse-Technik beim Leser vorausgesetzt wird.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 2, Problematische Aspekte der ‘kritischen’ und anderen Ausgaben: Während die Verdienste John Kirkpatricks für das Werk Ives’ unumstritten sind, so hat insbesondere Herbert Henck doch bereits häufiger darauf hingewiesen, dass es sich bei den ‘Critical Editions’ etwa der Ives Society keinesfalls um ‘kritische Ausgaben’ im streng wissenschaftlichen Sinne handelt, sondern eher um eine Kompromisslösung zwischen einer solchen und einer praktischen Ausgabe, welche dem Interpret oder dem Interessierten den wissenschaftlichen Hintergrund zwar nicht gänzlich verwehrt, diesen Teil aber in den ‘critical commentary’ verschiebt und für die eigentliche Ausgabe teilweise recht willkürliche Entscheidung zu Ungunsten der wissenschaftlichen Authentizität fällt. Es erscheint sinnvoll, zunächst eine kurze Auflistung der Ausgaben nach den verschiedenen Herausgebern vorzunehmen, da jeder Herausgeber eine etwas andere Herangehensweise hat und damit die von ihm betreuten Ausgaben maßgeblich prägt. So ist John Kirkpatrick für die Ausgaben der Studies Nrn. 20, 22, 23 und Henry Cowell für die der Study Nr. 9 verantwortlich, während von der Study Nr. 21 von beiden je eine Ausgabe existiert. Hier bietet sich ein Vergleich beider Ausgaben an. Alan Mandel schließlich ist der Herausgeber der Study Nr. 5, aktuell kümmern sich Donald Berman und David Porter um die Ausgaben der Studies Nrn. 2, 6, 7, 8, 15, 16 und 19, die in ihrer endgültigen Form jedoch noch nicht vorlagen und daher nur bedingt zum Vergleich herangezogen werden konnten. 2.1, Ausgaben von John Kirkpatrick: Zwei der drei Ausgaben, die Henck in ‘Neuland’ unter den oben erwähnten Gesichtspunkten bespricht, stammen von Kirkpatrick, eine davon die Study Nr. 20. Die Quellenlage dieser Study ist, im Vergleich etwa zur unvollständig erhaltenen Study Nr. 1 sowie zu möglicherweise gänzlich verschollenen Studies, eigentlich sehr günstig: Es existieren zwei vollständig erhaltene Fassungen, eine als Bleistift-Skizze, die andere als ‘ink copy’. Kirkpatrick verwendet beide Fassungen gleichberechtigt, wie er im Vorwort betont: This editing aims to balance the advantages of S [the pencil sketch] and M [the ink copy], whichever serve the musical statement most clearly, vividly, and naturally. […] It is tempting to use different readings in 1-68 to vary the repeats in 118-83, but these differences would be too few and too slight to be worthwhile. Der zuletzt zitierte Satz ist bedeutend, da er anspricht, dass die Unterschiede zwischen beiden Fassungen relativ gering sind, also eher Details betreffen und keinesfalls struktureller Natur sind, außerdem überrascht der Verzicht, die beiden Fassungen zur Variantenbildung zu nutzen, zumal Kirkpatrick in der Study Nr. 23 sogar abweichende Details der Tonaufnahme Ives’ hierzu verwendet, stark abweichende Passagen dagegen nicht miteinbezieht. Der erste Satz dagegen, der auch von Henck zitiert wird, muss hellhörig machen, da es offensichtlich Auffassungssache ist, welche Version im konkreten Fall besser dem ‘musical statement’ entspricht. So hält Herbert Henck die ‘Vermengung der Vorlagen von Anbeginn [für] fragwürdig’ und kritisiert, dass ‘weder das eine [Manuskript] noch das andere sich aus Notentext und Anmerkungsteil erschließen lässt’. Angesichts dessen, so Henck, müsse man ‘besser als von einer Ausgabe von einer Fassung oder Version des Herausgebers sprechen’. Dem ist prinzipiell zuzustimmen, wobei der Vorschlag Hencks, ‘beide Texte von Ives, womöglich begleitet von einem Faksimile der Handschriften, gegenüberzustellen’, obwohl begrüßenswert, sich wohl nur in einer streng wissenschaftlichen und wesentlich umfangreicheren Ausgabe verwirklichen lassen könnte. Leider ist eine solche Ausgabe bei Ives bisher noch nicht verwirklicht worden. Auch in der Ausgabe der Study Nr. 23, die im folgenden Kapitel analysiert wird, finden sich zahlreiche kritisierbare Entscheidungen: So wurden von Kirkpatrick etwa für den Anfang Taktstriche und Taktvorzeichnungen ergänzt, die bei Ives, wohl mit Grund, fehlen. Doch dient die zwar nicht willkürliche Taktziehung keinesfalls der Übersichtlichkeit (die auch ohne Taktstriche gegeben wäre), wohl aber werden dadurch Betonungen, etwa der ‘Eins’ eines jeden Taktes, impliziert, die Ives so vielleicht gar nicht vorgesehen hatte. Das gleiche Verfahren hat Kirkpatrick in seinen Ausgaben der Studies Nrn. 20 und 21 sowie in der Three-Page Sonata angewandt, bei welcher der gesamte erste Abschnitt (bis zum Andante - in der Ausgabe immerhin 30 Takte), im Original durch einen einzigen Taktstrich in zwei geteilt, in ein Korsett aus ständig wechselnden Takteinteilungen gezwängt wurde. Ähnliches lässt sich über die Änderung von Takteinteilungen sagen: So greift Kirkpatrick in den Originaltext ein, indem er die Takte 20 und 21 der Ausgabe, im Original in einen 4/4- und einen 6/4-Takt eingeteilt, umgekehrt in einem 6/4- gefolgt von einem 4/4-Takt notiert. Zwar begründet Kirkpatrick dies (man mag der Begründung folgen oder nicht), aber es bleibt eine Entscheidung, die nicht das Original Ives’ wiedergibt, so willkürlich und unvollständig die Takteinteilungen in diesem auch sein mögen. In der Ausgabe der Study Nr. 20 belässt es Kirkpatrick dagegen in den Takten 40-46 bei der originalen Einteilung in der Bleistiftskizze (die Tintenreinschrift kommt hier ohne Taktstriche aus) und deutet seinen Vorschlag für eine Neu-Einteilung lediglich in kleinen Taktartzeichen über den Noten an. Weitere Eingriffe, die Kirkpatrick vornimmt, betreffen die Notation von Tonhöhen. So wird dies zwar im Vorwort von Sinclair angesprochen, im ‘Critical Commentary’ aber fehlt jeder Hinweis, welche Tonhöhen enharmonisch umnotiert wurden und warum. So bleibt es dem Forscher überlassen, die Ausgabe mit den Manuskripten zu vergleichen und festzustellen, dass das as¹ T.16.1 von Ives als gis¹ und die beiden b¹’s T.16.3 und 16.4 als ais¹ notiert wurden. Nun mögen die genannten Fälle vielleicht einleuchten. Bei der R.H. T.24f. (siehe Notenbeispiele 2a und 2b leuchtet es hingegen nicht unmittelbar ein, warum eis¹+fis¹ (Kirkpatrick) besser sein soll als f¹+ges¹ (Ives). Sicher verschleiert das ges ein Stück weit die (klanglich eindeutige) dominantische Funktion des Akkords und die implizierte Stimmführung fis-g, doch vielleicht war gerade dies von Ives intentiert. Spätestens hier scheinen einige Entscheidungen Kirkpatricks fragwürdig. Herbert Henck spricht angesichts solcher enharmonischen Umdeutungen in der Study Nr. 20 von ‘Trivialisierung des Textes, da diesen Tönen [...] ihre Andersartigkeit, ihre Fremdheit genommen wird, und sie damit einer Form der ‚Kolonialisierung’ anheimfallen.’

Über den Autor

Stephan Schönlau wurde 1985 in Kapstadt/Südafrika geboren, wo er bis zum Abitur die Deutsche Schule besuchte. Von 2005 bis 2007 studierte er an der Hochschule für Musik Hanns Eisler Berlin Tonsatz / Musiktheorie bei Professor Jürgen Ganzer (Klavier bei Susanne Grützmann) und wechselte anschließend an die Hochschule für Musik und Tanz Köln zu Professor Thomas Daniel (Tonsatz) und Cosmin Boeru (Klavier). Dort erlangte der Autor 2010 das Diplom als Musikpädagoge für Tonsatz und Klavier. Zum Wintersemester 2010/11 begann er ein Master-Studium der Musikwissenschaft an der Universität zu Köln. Seit Beginn seines Studiums in Berlin beschäftigt sich der Autor intensiv mit der Musik des 20. Jahrhunderts, sowie mit aktueller Neuer Musik. Er pflegt Kontakte zu Komponisten und besuchte Festivals und Symposien zur Neuen Musik, darunter die Donaueschinger Tage Neuer Musik. Während seines Studiums in Köln kristallisierten sich zunehmend zwei Interessensschwerpunkte heraus: Die Musik des frühen 20. Jahrhunderts einschließlich der Theorie post-tonaler Musik, deren Anwendung auf die Musik Charles Ives im vorliegenden Buch eine bedeutende Rolle einnimmt, sowie Musik vor 1750, insbesondere des Barocks. So schrieb der Autor seine Diplomarbeit, welche er mit Auszeichnung bestand, über die Studies für Klavier von Charles Ives, die auch Thema des vorliegenden Buches sind. Seine Master-Arbeit verfasste der Autor 2012 über die Verwendung des Lamento-Bass in den dramatick operas Henry Purcells.

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