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Produktart: Buch
Verlag: Diplomica Verlag
Erscheinungsdatum: 12.2009
AuflagenNr.: 1
Seiten: 128
Abb.: 18
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Gegenstand der vorliegenden Studie ist die Untersuchung von Aspekten der musikalischen Intonation – hier als Begriff für die Tonhöhengebung in der Musik. Die Zielsetzung liegt dabei in der Bewusstmachung der Möglichkeiten aber auch der Probleme, die sich beim Umgang mit Intonation für MusikerInnen, TonmeisterInnen und DirigentInnen ergeben. Welche Möglichkeiten bietet die Intonation bezüglich der Qualität des musikalischen Ausdrucks (expressive Intonation), welche Eigenschaften haben Melodielinien und welche Phänomene treten bei gleichzeitig erklingenden Tönen auf? Warum muss ein Streichinstrument beim Zusammenspiel mit einem Klavier unweigerlich Kompromisse bezüglich der Intonation eingehen? Diese Studie beschäftigt sich zunächst mit den Grundlagen der Gehörphysiologie und setzt sich mit der Theorie der Intervalle, der Sonanzen sowie der diatonischen Tonsysteme auseinander. Es werden die Möglichkeiten sowie die Grenzen von Intonation als Mittel des künstlerischen Ausdrucks anhand von Musikbeispielen untersucht und anschließend erörtert, welche Konsequenzen sich gegebenenfalls aus den Ergebnissen ziehen lassen. Dabei werden folgende Werke näher untersucht: 1)J.S.Bachs Sonate für Violine Solo in g-moll (BWV1001) - als Beispiel für ein Instrument mit freier Intonationswahl (sog. pitch-free medium) 2)J.Brahms Klavierquintett in f-moll op.34 – hier wird der Konflikt beim Zusammenspiel von intonationsfreien Instrumenten (hier Violine, Viola und Violoncello) mit einem durch eine vorgegebene Stimmung fixierten Instrument (hier Klavier) veranschaulicht. 3)James Brown –I lost someone – eine Analyse der Gesangsstimme verdeutlicht einen möglichen künstlerischen Einsatz von Intonation am Beispiel der Blue-Note.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 2, Untersuchung: Allgemeines: In diesem Kapitel wird nach einer kurzen Zusammenfassung der bisherigen Betrachtungen eine Methodik vorgestellt, die zu einem bewussteren Umgang mit den Möglichkeiten und Grenzen von Intonation angewendet werden kann. Daraufhin werden einige Musikbeispiele auf die jeweiligen Möglichkeiten der Intonationsgebung ausgelotet (Intonationsanalyse) und anhand von Aufnahmen objektiv bezüglich der Tonhöhen untersucht. Problemstellung unter Berücksichtigung der bisherigen Betrachtungen: Was lässt sich nach dem bisher Erörterten folgern in Bezug auf die Anforderungen, die in der Praxis an gute Intonation gestellt werden? Zunächst sei noch einmal herausgestellt, welches die Grundgedanken bei der Untersuchung sind: In der Horizontalen sei angenommen, dass es nach wie vor das System von Pythagoras ist, welches in der abendländischen Musik als Basis für die Konstruktion einer theoretisch perfekt intonierten Melodielinie gilt. Es baut auf reinen Quinten auf und ist dadurch etwas gespreizt, welches eine Forderung des menschlichen Gehörsinnes für das Melodieempfinden ist. Dies wurde beispielsweise in den Experimenten von Nickerson untersucht. In der Vertikalen hat sich jedoch herausgestellt, dass zumindest für einfache konsonante Zwei- und Dreiklänge Intervalle im pythagoreischen Verhältnis nicht optimal sind. Deswegen werden neben der Oktave, Quinte und Quarte auch die Terzen und Sexten aus der Naturtonreihe als reine Intervalle übernommen und als die beste Lösung für das Intonieren im harmonischen Klang angesehen, was auch durch gehörphysiologische Eigenschaften begründet sein mag. Der Verlauf der Musikgeschichte zeigt, dass der Mensch mit der exklusiven Verwendung von nur einem der Systeme alleine nicht zufriedengestellt werden konnte (bei Tasteninstrumenten jedoch sollte ein Spiel in allen Tonarten des Quintenzirkels ohne ein Aufwendiges Umstimmen des Instruments gewährleistet sein). Konsequenterweise entwickelte sich als Kompromiss aus Spielbarkeit sowie ästhetischem Anspruch des Ohrs die gleichstufig-temperierte Skala. Die (oben beschriebene) Einteilung der Oktave in 12 exakt gleich große Tonschritte bedeutet jedoch eine Nivellierung aller Tonqualitäten und Unterscheidungsmöglichkeiten der Intervalle, so dass das System zwar von vielen als das Ultimum akzeptiert wird, jedoch auch auf Kritik stößt. Untersucht man also heutzutage das Thema Intonation, so wird man unweigerlich konfrontiert mit dem Problem des Zusammenspiels zwischen Instrumenten, die gleichstufig-temperiert gestimmt sind und solchen, die (wie beispielsweise die Violine oder die menschliche Stimme) ein fließendes, da nicht durch Tasten fix definiertes Spiel mit der Intonation erlauben. Nun ist also bei gleichstufig-temperiert gestimmten Tasteninstrumenten wie etwa einem Flügel bzw. Klavier a priori eine Intonationsgebung mathematisch festgelegt, nämlich die Teilung der Oktave in 12 exakt gleiche Teile. Daraus resultiert folgendes Problem. Das System der gleichstufig-temperierten Stimmung suggeriert, eine Lösung für alle intonatorischen Probleme zu sein, kann diesem Anspruch aber nur in bedingtem Maße gerecht werden, da das menschliche Ohr und die menschliche Empfindung dieses Intonationssystem zwar akzeptieren, aber je nach Kontext andere Intonationsgebungen bevorzugen. Ein weiterer Aspekt ist, dass auch die oben angeführten Systeme nicht perfekt sein können, denn das menschliche Empfinden für Schönheit scheint nach einer Balance zwischen Harmonie und Unreinheit bzw. Unregelmäßigkeit zu streben. Überlegungen zur Untersuchung: Was macht eine künstlerisch wertvolle Interpretation eines Musikwerkes bezogen auf die Intonation aus? Zunächst sei betont, dass natürlich jeder Mensch seinen eigenen Geschmack und seine eigene Vorstellung von Ästhetik hat. Somit lassen sich bezüglich der Intonation gegebenenfalls gewisse Übereinstimmungen in der Ausführung bei allgemein anerkannten Interpretinnen von Musik feststellen, es kann aber natürlich keine Allgemeingültigkeit beansprucht werden. Man könnte außerdem sagen, dass eine bekannte Künstlerin nicht unbedingt auch eine musikalisch wertvolle Interpretation darbietet. Darüber hinaus gibt es die neutrale, von Mode- und Zeiterscheinungen unbeeinflusste Zuhörerin nicht, denn jede Rezipientin von Musik wurde in einem gewissen System sozialisiert, also den persönlichen Geschmack betreffend von äußeren Faktoren beeinflusst und geprägt. So ist es schwierig allgemein zu sagen, was als musikalisch perfekt, wertvoll, ansprechend, schön oder etwa ästhetisch gilt. Das Ziel der Untersuchung kann folglich nicht darin liegen, ein Regelwerk für Schönheit und Perfektion aufzustellen, sondern vielmehr ein Bewusstsein für jene Aspekte der musikalischen Intonation zu fördern, welche das subjektive, die Musikbewertung betreffende System beeinflussen können. So wird im Folgenden an drei Beispielen zunächst theoretisch ausgeführt, welche Möglichkeiten zur Intonationsgebung theoretisch vorhanden sind (Intonationsanalyse) und schließlich untersucht, für welche Ausführung sich anerkannte Interpretinnen des jeweiligen Musikwerks bewusst oder auch unbewusst entscheiden. Dabei ist selbstverständlich immer zu beachten, dass in der Analyse das vorliegende, auf Tonträger aufgenommene und damit einmalig fixierte Material untersucht wird und somit eine Art Scheinwerferlicht auf eine begrenzte Auswahl aus der Vielzahl von Möglichkeiten geworfen wird. Ergo ist es plausibel, dass die einzelne Musikerin ggf. (beispielsweise auf Grund von technischen Schwierigkeiten in der Ausführung) nicht in der Gesamtheit ihrer Möglichkeiten und künstlerischen Absichten erfasst wird. Die analysierte Intonation in den vorliegenden Tonaufnahmen weicht somit möglicherweise von der eigentlich intendierten Intonation der Künstlerin ab. Die allgemeine Annahme, dass der pythagoreische Ansatz für Melodien und die Verwendung der reinen Intonation im harmonischen Kontext optimal sei, ist in der Wissenschaft kein undiskutiertes Faktum. Es gibt beispielsweise durchaus Gegenstimmen, die behaupten, durch die Einführung des gleichstufig-temperierten Intonationssystems sei das menschliche Ohr sozusagen umtrainiert worden und verlange geradezu nach dieser Stimmung. Es gab und gibt vielleicht auch immer noch Vertreter der Meinung, dass gar ausschließlich in reiner Stimmung intoniert werden sollte. Ein Experiment aus dem Jahre 1949, bei dem die Intonation einzelner Töne und Intervalle von Streichinstrumenten (die praktischerweise auf Grund ihrer Bauart eine freie Wahl der Intonation lassen) gemessen und analysiert wurde, zeigte und bestätigte jedoch, dass der Mensch anscheinend trotz der etwa schon 300 Jahre andauernden Tradition der gleichstufig-temperierten Stimmung dazu tendiere, das System nach Pythagoras zu bevorzugen. Dabei wurde zugleich klar, dass experimentell nicht die Anwendung von ausschließlich einem System bestätigt werden konnte. Das führt aber auch zu der Schlussfolgerung, dass jede Musikausübende eine gewisse Freiheit in Bezug auf die Intonation hat und somit eine Individualisierung der Interpretation durch Intonation stattfinden kann, die als richtig akzeptiert wird, aber nicht einem Regelwerk entspricht. Dies wäre dann der künstlerische Einsatz von Intonation, auch als justesse expressive bezeichnet.

Über den Autor

M.A. David Menke schloss im Jahre 2009 sein Tonmeisterstudium an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien ab. Seitdem ist er freischaffender Tonmeister und Musiker in Paris, Köln und Wien. Er ist Mitbegründer der Beschallungs- und Audioaufnahmefirma PDV Records, in der unter anderem auch der namhafte schweizer Rundfunktonmeister und Erfinder Jürg Jecklin beteiligt ist. David Menke ist neben seiner Tonstudio-Assistenz in Paris auch als Filmtonmeister an Projekten in der ganzen Welt tätig (zuletzt USA und Mongolei) und arbeitete an diversen Orchesterproduktionen mit (u.a.Gürzenich Orchester Köln), bei denen das Thema Intonation eine große Rolle spielt. Selbst spielt er Klavier und Saxophon und wird dadurch tagtäglich mit dem Thema Intonation konfrontiert.

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