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Kunst & Kultur

Hannes Plattmeier

Sounds of the ugly: Die Ästhetik des Hässlichen in der Popmusik

ISBN: 978-3-8428-9248-4

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Produktart: Buch
Verlag: Diplomica Verlag
Erscheinungsdatum: 01.2013
AuflagenNr.: 1
Seiten: 108
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Das 'Hässliche' oder auch Nicht-Schöne (oder das so Empfundene) hat sich in der Kunst nach 1850 mehr und mehr etabliert und ist im 20. Jahrhundert gar nicht mehr aus ihr weg zu denken. Der theoretische und ästhetische Diskurs hält in seiner Kontroverse allerdings bis heute an und schafft es erst in den letzten Jahren das Hässliche als ästhetische Kategorie zu akzeptieren. Die Akzeptanz des als hässlich Empfundenen macht natürlich auch vor der Popmusik nicht halt. Hört man sich nur etwas durch die Geschichte der Popmusik, so erkannt man sehr schnell, dass auch erfolgreiche Popmusik viele Elemente des nicht Schönen bzgl. musikalischer und klanglicher Parameter enthält. Die Stimmen Janis Joplins oder Bob Dylans sind nach den Regeln der Ästhetik sicher nicht schön, die verzerrten Gitarren im Heavy Metal oder die kurzen und einfachen Formen des Punk wohl ebenso nicht. Einerseits wird in der vorliegenden Studie theoretisch untersucht, warum das Hässliche in der Popmusik musikalisch-interpretatorisch und klanglich möglich ist, während das zum Beispiel in der westlichen Kunstmusik nicht denkbar ist. Hierzu mu¨ssen vorerst die Begrifflichkeiten der Popmusik und des Hässlichen so klar wie möglich umrissen werden. Außerdem soll in Form einer Inhaltsanalyse von Amazon Kundenrezensionen erörtert werden, wie die Wahrnehmung der PophörerInnen durch die Existenz von landläufig als hässlich empfundenen Elementen innermusikalischer und technisch-klanglicher Natur in der Popmusik beeinflusst wird. Entsteht durch den Einsatz hässlicher Elemente ein Mehr- oder Minderwert fu¨r den Hörer/die Hörerin? Wie kann man diesen Mehr- oder Minderwert charakterisieren? Gibt es signifikante Zusammenhänge gewisser Kategorien hässlicher Elemente mit gewissen Kategorien von Mehr- oder Minderwert? Abschließend werden entsprechende praktische und theoretische Schlussfolgerungen fu¨r die Popmusikproduktion gezogen. Um das Feld der Untersuchung einzugrenzen, wird ausschließlich auf die Stimme im Pop eingegangen.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 2.2.3, Das Hässliche in modernen Ansätzen: Kontrastierend zu den bisher angesprochenen Vertretern der modernen Ästhetik sollen weitere Vertreter einer Ästhetik angesprochen werden, die sich nicht grundsätzlich auf die Epigonen des ihnen vorangegangenen Jahrhunderts stützen. Allen voran ist hier Nelson Goodman zu nennen, der wohl als erster eine Paradoxie des Hässlichen formuliert, wenn dies auch nur am Rande seines vielbeachteten Werks von 1968, 'Languages of Art', geschieht. Er bezieht sich hierzu vorrangig auf die bildende Kunst und stellt dabei fest, dass brauchtümlich das, was allgemein als gute Kunst bezeichnet wird, mit dem Hübschen gleichgestellt wird. Ein Bild muss also hübsch sein, um gelungene Kunst darzustellen. Überträgt man das auf eine höhere Ebene des ästhetischen Diskurses und übersetzt das Hübsche in das Schöne, so wären nur schöne Bilder gute Bilder. Betrachtet man den Kanon der Kunst, fällt aber wiederum sehr schnell auf, dass viele der besten Gemälde der Moderne, alles andere als schön, sondern hässlich sind. Daraus folgert Goodman, dass Schönheit kein Maß für ästhetischen Wert darstellen kann. Die Idee, dass das Schöne auch hässlich sein könne, beziehungsweise die Kunst das Hässliche als Schönes hervorbringt, verwirft er auch entschieden. In dem Fall wäre Schönheit nichts als ein alternativer und vor allem in die Irre führender Begriff für ästhetischen Wert. Sein Ansatz zur Auflösung dieser Paradoxie beruht darauf, dass er den Zweck, den gelungene Kunst und der ihr immanente Symbolisierungsprozess erfüllen soll, darin sieht, Erkenntnis zu erzeugen. Es geht um das Verstehen, um den Wissensdrang, um das Entdecken, Identifizieren und Formulieren dessen, was es zu kommunizieren gilt. Erkenntnisgewinn ist für Goodman das zentrale Element der Symbolisierung in der Kunst, in ihm liegt ihre Erhabenheit. Alle anderen Zwecke, die in der Kunst beziehungsweise in der Symbolisierung gesucht werden, wie Verbesserung praktischen Könnens, das Spielerische oder Kommunikation, sind sekundär und basieren auf dem Erkenntnisgewinn selbst. Die Erkenntnis an sich ist jedoch noch nicht ästhetisch, sondern wird es erst, wenn sie in ästhetischer Art dargestellt wird. Dadurch dass weder 'Hübschheit' ('prettiness') noch der Grad des 'Angenehmen' ('pleasentness', 'pleasure') eines Kunstwerks sein Potential an Erkenntnisgewinn bestimmen, ist keine der beiden Eigenschaften Indikator für ästhetischen Wert, was genauso für das Hässliche gilt. So gesehen kann eben das Schöne genauso wie das Hässliche Ausdruck ästhetischen Werts sein, solange beide dem Erkenntnisgewinn dienen. Ganz ähnliche Gedankengänge verfolgt Arthur Danto, wenn er künstlerische Erhabenheit und ästhetische Schönheit voneinander abkoppelt. Auch wenn hässliche Kunst gut ist, wird sie nicht schön. Auch wenn Kunst, die als hässlich empfunden wird, verstanden wird, verwandelt sie sich nicht durch die Erleuchtung des Betrachters in schöne Kunst. Darüber hinaus ist künstlerische Erhabenheit damit verbunden, was die Kunst will und immer abhängig von Kontext und Inhalt. Das Schöne wie das Hässliche auch ist also dann künstlerisch erhaben, wenn es künstlerisch richtig ist. Wird eine der beiden ästhetischen Qualitäten werkimmanent benötigt und dann auch umgesetzt, so wird künstlerische Erhabenheit erfüllt. Das Goodman und Danto gemeinsame Argument, dass gute Kunst nicht unbedingt schön sein muss, sondern durchaus hässlich sein kann, stößt zum Beispiel bei Ruth Lorand in ihrem Aufsatz 'In defense of beauty' auf Widerspruch.Ihrer Auffassung nach entspringt dieses Argument einer Begriffsverwirrung der Schönheit oder Hässlichkeit des Inhaltes und der Schönheit oder Hässlichkeit der Darstellung des Inhaltes. Hässliches kann natürlich dargestellt werden und wird es nach den Regeln der Ästhetik schön dargestellt, so ist es auch gute beziehungsweise gelungene Kunst. Wird Schönes gleichzeitig entgegen den Regeln der Ästhetik dargestellt, wird es dadurch nicht als gute oder gelungene Kunst empfunden beziehungsweise als hässlich wahrgenommen. Diese zwei Modi gilt es also zu unterscheiden, wenn wir über das Hässliche sprechen: die Hässlichkeit des Inhalts und die Hässlichkeit der Darstellung. Tatsächlich finden wir solche Ansätze schon bei Rosenkranz, wenn er auch für das Hässliche das Primat der Gesetze von Symmetrie und Harmonie fordert. Vergleichbares wie Lorand bemerkt Michael Pauen, wenn er seine Paradoxie des Hässlichen formuliert. Wie kann ein der geltenden Ästhetik widersprechendes Element Gegenstand ästhetischer Darstellung werden? Allein dadurch, dass das Hässliche eben der Ästhetik ausgegrenzt ist – und das einerseits im Alltag und andererseits im theoretischen Diskurs –, stellt sich überhaupt erst diese Frage. Erst durch die Ausgrenzung entsteht eine Einladung zum Tabubruch, sonst gäbe es ja kein Tabu. Pauen trifft wie Lorand die notwendige Unterscheidung von 'hässlicher Darstellung', die seiner Meinung nach misslungen ist, und 'Darstellung des Hässlichen', die ein gelungenes Kunstwerk sein kann. Allerdings sieht er dies anders als Lorand nur als Voraussetzung zur Auflösung, und noch nicht als Lösung der Paradoxie. Als Gründe für die Existenz des Hässlichen in der Kunst nennt er zusätzlich zum Reiz des Tabubruchs noch eine eigene Faszination des Hässlichen und Schrecklichen, die Möglichkeit der Demonstration von Virtuosität im Umgang und in der Darstellung und den so genannten Aspekt der reflexiven Freiheit der RezipientInnen. Damit meint Pauen, dass das Kunstwerk den BetrachterInnen, LeserInnen oder HörerInnen, ganz anders als im Alltag, die Möglichkeit bietet, in jedem Moment ganz selbstbestimmt die Rezeption des Kunstwerks abzubrechen und somit eine gewisse Macht über das Hässliche auszuüben. Pauen wendet sich im Weiteren strikt gegen eine Instrumentalisierung des Hässlichen wie beispielsweise bei Adorno und hält auch eine Abschwächung des aversiven Effekts des Hässlichen für verfehlt, vergleichbar der Forderung der Idealisierung des Hässlichen bei Rosenkranz. Was Pauen für das Fortkommen im ästhetischen Diskurs um das Hässliche für grundsätzlich nötig hält, ist, die Fixierung des Hässlichen auf das Schöne komplett aufzugeben und gleichzeitig auf jegliche Instrumentalisierung des Begriffs und den Bezug auf externe Maßstäbe zu verzichten. Was er fordert, ist die Etablierung einer Kategorie des eigenen Rechts. Der Terminus des Hässlichen lässt sich so lange nicht ästhetisieren beziehungsweise erklären, so lange das Schöne die Prämisse des Begriffes und der Theorie überhaupt bleibt. In dem Moment, in dem das Hässliche als eigene ästhetische Kategorie erkannt wird, fielen zumindest die innerästhetischen Einwände weg.

Über den Autor

Dipl.-Tonmeister Hannes Plattmeier wurde 1984 geboren und wuchs in Hersbruck bei Nürnberg auf. Nach einer musikalisch geprägten Kindheit entschied er sich für das Tonmeisterstudium an der Universität für Musik und darstellende Kunst in Wien. Vor dem Abschluss seines Studiums sammelte er zwei Jahre lang praktische Erfahrung als Engineer in London. Fasziniert vom aktuellen ästhetischen Diskurs und dem Spezialfall der Popmusik, entwickelte er während dieser Zeit auch die Idee der vorliegenden Studie. Hannes Plattmeier arbeitet als freischaffender Tonmeister in Deutschland, England und Österreich.

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