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Kunst & Kultur

Huizhong Zheng

Yan Fu (1854-1921)

Übersetzung und Moderne

ISBN: 978-3-8366-7972-5

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Produktart: Buch
Verlag: Diplomica Verlag
Erscheinungsdatum: 10.2009
AuflagenNr.: 1
Seiten: 180
Abb.: 12
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

In der Entwicklung von der Tradition zur Moderne sind die Chinesen nicht zuletzt durch das westliche Gedankengut unterstützt worden. Sie haben in den letzten hundert Jahren zahllose gesellschaftspolitische Experimente versucht, wobei Yan Fu (1854-1921) als Übersetzer und eigenständiger Denker der modernen chinesischen Geistesgeschichte seinen einzigartigen Stempel aufgedrückt hat. Er hat das chinesische Tor für westliches Gedankengut wie Evolutionstheorie, Darwinismus, Liberalismus, Demokratie, Szientismus u. a. geöffnet, so dass die Chinesen zum ersten Mal die durch ihr eigenes Kulturerbe einige tausend Jahre lang eingeschränkten Gedanken erweitern konnten. Aufgrund der herausragenden Verdienste in der modernen chinesischen Geistesgeschichte wird Yan Fu in China als der Vater des chinesischen Liberalismus, der Vater der chinesischen Soziologie und der Vater der modernen chinesischen Übersetzungstheorie verehrt. Aber zugleich wird Yan Fu von den westlichen Beobachtern aufgrund seiner problematischen Übersetzung von westlichem Gedankengut wie Evolutionstheorie, Freiheit u. a. kritisiert. Hätte sich der Liberalismus in China ebenso wie im Westen entwickelt, falls Yan Fu ihn als Übersetzer nicht von Anfang an missverständlich in China vorgestellt hätte? Ist die Entwicklung von westlichem Gedankengut wie Evolutionstheorie, Liberalismus, Demokratie u. a. in China überhaupt ein Übersetzungsproblem? Für solche Fragen rationale Antworten anzubieten, erweist sich als wichtig, aber auch als schwierig für die Chinaforschung. Die Autorin versucht, die Wechselwirkung zwischen dem Übersetzen und anderen Fachgebieten und den Einfluss der Übersetzungstätigkeit auf die Entwicklung der chinesischen Gesellschaft und das chinesische Denken als sinologisches Motiv herauszuarbeiten.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 4.2.1, Ein kurzer Überblick über die Theoriegeschichte der Übersetzung in China: In der Übersetzungsgeschichte Chinas wird die Übersetzungstheorie Yan Fus als Meilenstein des Übergangs zwischen der traditionellen und modernen Übersetzungstheorie in China angesehen. Er wird als ‘Vater der modernen Übersetzungstheorie Chinas” bezeichnet. Laut Lu Xun sind die Übersetzungen Yan Fus die abgekürzte Widerspiegelung der buddhistischen Übersetzungen in der Han- (206 v.Chr.-220 n. Chr.) und Tang-Zeit (618-907). Yan Fu müsse die buddhistischen Übersetzungstheorien zu Rate gezogen haben. Manche Forscher meinen im Gegensatz dazu, dass Yan Fu die Theorie des britischen Übersetzungstheoretikers Alexander Fraser Tytler (1747-1814) sinngemäß übernommen hat, weil die vergleichbaren Prinzipien der Translation Tytlers vor Yan Fus Studienzeit in England publiziert worden waren. Aber diese Ansicht bleibt bis heute nur eine Annahme, für die es keine plausiblen Belege gibt. Der Verfasserin erscheint es glaubwürdiger, dass Yan Fu von der buddhistischen Übersetzungstheorie Chinas und den Prinzipien für chinesische Aufsatzschreibung inspiriert wurde und durch seine Übersetzungspraxis daraus eine eigene Übersetzungstheorie abgeleitet hat. In diesem Zusammenhang ist es sinnvoll, seine theoretische Grundlage vorzustellen. In diesem Kapitel soll vor allem die Theoriegeschichte der Übersetzung in China dargestellt werden, damit die Übersetzungstheorie von Yan Fu bzw. deren Bedeutsamkeit in den Zusammenhang der Übersetzungsgeschichte in China eingeordnet und besser verstanden werden kann. Nach den historischen Daten lässt sich die chinesische Übersetzungsgeschichte offiziell bis in die westliche Zhou-Zeit (11. Jh.-771 v. Chr.) datieren. Vermutlich gab es in China bereits lange vorher übersetzerische Tätigkeiten für diplomatische Angelegenheiten mit verschiedenen benachbarten Nationen, die verschiedenste Sprachen hatten. Dometscherarbeiten sollten sich früher als Übersetzungstätigkeiten für die internationale Kommunikation entwickeln. In der westlichen Zhou-Zeit wurden Übersetzer allgemein mit der Bezeichnung ‘Zungenmensch’ benannt. Sie waren hauptsächlich für das Dolmetschen oder Übersetzen bei auswärtigen Angelegenheiten zuständig. Ihre Tätigkeiten waren unentbehrlich und wurden seit der Zhou-Zeit in Geschichtsbüchern entsprechend erwähnt. Aber die Namen der Übersetzer oder Dolmetscher wurden, abgesehen von buddhistischen Übersetzern, generell weggelassen. Daraus lässt sich erkennen, dass die Übersetzungstätigkeiten zwar wichtig waren, aber die Übersetzer als sprachliches Instrument nur einen relativ niedrigen Sozialstatus einnahmen. Bisher erlebte China vier Höhepunkte der Übersetzungstätigkeit: buddhistische Übersetzung von der Östlichen Han-Zeit (25-220) bis zur Nördlichen Song-Zeit (960-1126) Übersetzung, um vom Westen zu lernen, und zwar technische und wissenschaftliche Übersetzung vom Ende der Ming-Zeit bis zum Anfang der Qing-Zeit und vom Ersten Opiumkrieg (1839-1942) bis zur neuen Kulturbewegung (1919) Seit Anfang der neuen Kulturbewegung begann die neuzeitliche Übersetzungsgeschichte in China. Marxismus, Leninismus und andere kommunistische und literarische Werke, vorwiegend aus Rußland wurden mittels Übersetzungen in China eingeführt Vielfältige Übersetzungen seit der Einführung der Öffnungspolitik nach außen (1978) zu Beginn der 80er Jahre des 20. Jahrhunderts bis heute. Die traditionellen chinesischen Übersetzungstheorien wurden beim Übersetzen der buddhistischen Sutras gesammelt, die modernen Übersetzungstheorien sind seit Yan Fu allmählich aus der Übersetzungspraxis abgeleitet worden. Inzwischen entwickeln sich die chinesische Übersetzungswissenschaft und Übersetzungstheorie allmählich reifer. Seit den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts werden westliche Übersetzungstheorien in China sogar bevorzugt vorgestellt, während die traditionellen einheimischen Übersetzungstheorien unzureichend erforscht werden. Westliche Übersetzungstheorien sind meistens systematisch und detailliert dargestellt, so dass sie bei den jüngeren chinesischen Übersetzern wegen ihrer größeren Überzeugungskraft bevorzugt werden. Im Gegensatz dazu sind die traditionellen chinesischen Übersetzungstheorien meistens abstrakt und vergleichsweise grob ausgedrückt, so dass sie auf heutige chinesische Übersetzer einen rückständigen Eindruck machen. Das Problem erfreut sich seit einiger Zeit der Aufmerksamkeit von chinesischen Übersetzungstheoretikern. Daher wurde eine Reihe von Fachbüchern über die chinesischen Übersetzungstheorien verfasst. Einige dieser Fachbücher sind zwar einigermaßen schematisch geschrieben, aber wenn man die gesamte chinesische Übersetzungsgeschichte und die chinesischen Übersetzungstheorien systematisch durchliest, dann lässt sich erkennen, dass viele westliche Übersetzungstheorien bereits viel früher sinngemäß bei manchen chinesischen Übersetzern zum Ausdruck gebracht wurden. Dabei geht es nicht um den Schutz geistigen Eigentums, sondern es lässt sich erkennen, dass westliche und chinesische Übersetzer in ihrem Berufsleben ähnliche Erfahrungen gemacht haben. Viele chinesische Übersetzungstheoretiker sind allerdings der Meinung, dass einige westliche Übersetzungstheorien zwar fortschrittlich entwickelt seien, aber da sie aus der Übersetzungspraxis in den gleichen Sprachfamilien stammen, z. B. Englisch und Deutsch, seien sie weniger geeignet für die Übersetzungspraxis zwischen dem Chinesischen und westlichen Sprachen. Deshalb besteht stets die Notwendigkeit, die einheimischen chinesischen Übersetzungstheorien weiter zu erforschen und zu entwickeln. Die in dieser Arbeit behandelte Übersetzungstheorie von Yan Fu ist seit hundert Jahren auf dem Gebiet des Übersetzens in China umstritten, wird aber ständig in der Praxis gebraucht. Seine Theorie wurde von der buddhistischen Übersetzungstheorie und den Prinzipien für chinesische Aufsatzschreibung inspiriert und wird als Meilenstein für die chinesischen Übersetzungstheorien angesehen. Im Folgenden wird seine Theorie in die chinesische Übersetzungsgeschichte und ins System der chinesischen Übersetzungstheorien eingeordnet, damit seine Theorie vor dem übersetzungsgeschichtlichen Hintergrund besser zu verstehen ist. Diese Kurzbeschreibung der Theoriegeschichte der Übersetzung in China behandelt nur die wichtigen und repräsentativen Übersetzungstheorien zwischen dem Standardchinesisch und Fremdsprachen, die Sprachen der chinesischen Minderheiten als Zielsprache sollen hier nicht behandelt werden. Die traditionellen Übersetzungstheorien im antiken China: Wie bereits erwähnt, begann die chinesische Übersetzungsgeschichte laut der offiziellen Datierung von der westlichen Zhou-Zeit an. Im Buch der Sitte wurden die damaligen Übersetzungstätigkeiten verzeichnet. Für internationale Treffen wie Staatsbesuche, Friedensverhandlungen, Eheschließungen usw. waren sie unentbehrlich, aber die Namen der Übersetzer wurden nicht in den Geschichtsbüchern niedergeschrieben. In der Zeit vor der Tang-Zeit wurde das amtliche Übersetzungssystem generell gesehen überliefert, allerdings teilweise vereinfacht oder zusammengefasst. In der Tang-Zeit waren Kontakte zwischen China und den benachbarten Nationen wesentlich häufiger geworden, dementsprechend gab es einen großen Bedarf an Übersetzern und Dolmetschern. Die lange in China lebenden Ausländer, die sowohl Fremdsprachen als auch Chinesisch konnten, wurden oft als Übersetzer oder Dolmetscher ausgewählt. Aber es herrschte damals eine negative Einstellung gegenüber Übersetzern oder Dolmetschern mit ausländischer Abstammung. Sie seien nicht unsere eigenen Leute und daher sehr wahrscheinlich nicht wirklich zuverlässig. Dazu erließ die Tang-Regierung speziell ein Gesetz über Versagen oder Verfälschungen der Übersetzer und Dolmetscher. Falls sie mit Absicht falsch übersetzen würden, sollten sie ebenso wie bei strafbaren Handlungen bestraft werden. Bemerkenswert war die buddhistische Übersetzungstätigkeit, die mit der Östlichen Han-Zeit (25-220) begann. Sie erlebte in der Tang-Dynastie ihre Blütezeit. Mit der Entwicklung der enormen buddhistischen Übersetzungspraxis entstanden die frühesten Übersetzungstheorien in China. Als Religion kam der Buddhismus auf einem langen und mühsamen Weg nach China. Als buddhistische Mönche erstmals dieses fremde Land betraten, konnten sie sich mit den Chinesen überhaupt nicht verständigen. Zwecks der Verbreitung des Buddhismus begannen sie durch das Leben in China, die chinesische Sprache zu lernen. Anders als heutzutage hatten sie zu jener Zeit weder Nachschlagwerke noch Sprachschulen oder Lehrer. Durch den langjährigen und intensiven Umgang mit Chinesen versuchten sie, sich diese schwere Sprache anzueignen. Ihre mutigen Bemühungen gelangen relativ gut, so dass sie als erste Übersetzer buddhistische Sutras ins Chinesische übertragen konnten. Weil sie auf diese Weise die chinesische Sprache noch nicht sehr gut beherrschen konnten, waren ihre Übersetzungen zum großen Teil für Chinesen schwer oder sogar überhaupt nicht verständlich. Aber der Buddhismus hatte inzwischen dennoch seine Wurzeln in China geschlagen. Daraufhin begannen chinesische Mönche, bei den ausländischen Mönchen die buddhistische Sprache zu lernen. Durch die Zusammenarbeit der chinesischen und ausländischen Mönche entwickelte sich die Übersetzungstätigkeit für buddhistische Sutras rasch. Es ist gut vorstellbar, dass die Qualität der Sutraübersetzung so verbessert wurde. Mit der Entwicklung des Buddhismus in China reisten einige chinesische Mönche nach Indien, um weiter zu studieren, so dass sie sowohl sprachlich als auch inhaltlich die buddhistischen Sutras ausgesprochen gut begreifen konnten.

Über den Autor

ZHENG Huizhong, Diplomübersetzerin, Promotion an der Uni Bonn. Abschluss 2009 im Fach Sinologie. Derzeit tätig als Dozentin für deutsche Sprache und Literatur in China.

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