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- Entscheidende Fördermaßnahmen zur beruflichen Integration von Jugendlichen mit Beeinträchtigungen an der Schnittstelle Schule-Beruf
Recht
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Verlag: disserta Verlag
Erscheinungsdatum: 07.2021
AuflagenNr.: 1
Seiten: 110
Abb.: 21
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Die Zahl an arbeitslosen Jugendlichen mit Beeinträchtigungen stieg in den letzten Jahren rapide an. Daher wurden Projekte ins Leben gerufen, die diese Personengruppe bei der beruflichen Integration unterstützen. Der Erfolg dieser Projekte hängt jedoch maßgeblich von der Kenntnis jener Faktoren ab, welche die Integration fördern beziehungsweise erschweren. Aus bisherigen Untersuchungen ist bekannt, dass Faktoren wie ein niedriges Bildungsniveau, mangelnde familiäre Unterstützung bei der Arbeitssuche und Vorurteile von Betrieben gegenüber Personen mit Beeinträchtigungen den Berufseinstieg dieser Personengruppe erschweren. Über Fördermaßnahmen, die diese Jugendlichen an der Schnittstelle Schule-Beruf benötigen, weiß man dagegen wenig. Hier setzt diese Studien an. Sie untersucht die Frage nach den entscheidenden Fördermaßnahmen zur beruflichen Integration von Jugendlichen mit Beeinträchtigungen am Übergang zwischen Schule und Beruf. Zur Beantwortung dieser Fragestellung wurden Interviews mit Expertinnen/Experten der beruflichen Integration durchgeführt. Die Interviews zeigten klar, dass es einige Fördermaßnahmen gibt, die für die Integration in den Arbeitsmarkt entscheidend sind.
Textprobe: Kapitel 4.4.2 Arbeitsassistenz und Jugendarbeitsassistenz: Die zentrale Aufgabe der Arbeitsassistenz ist die persönliche, individuelle, beratende und begleitende Unterstützung im Arbeitserlangungs- beziehungsweise Arbeitssicherungsprozess von Menschen mit Beeinträchtigung. Konkret bedeutet dies, die Beratung und Begleitung von Frauen und Männern mit Beeinträchtigung zur Erlangung von Arbeitsplätzen oder zur Sicherung von gefährdeten Arbeitsplätzen. (Pöschko, H., Meusburger, K. (2012), 20 Jahre Arbeitsassistenz Österreich: Forschungsbericht, http://bidok.uibk.ac.at/library/poeschko-arbeitsassistenz.html#idp9365344, Abfragedatum 26.02.2014) In Österreich starteten die ersten Arbeitsassistenzprojekte 1992 und wurden seitdem stetig ausgebaut. Die Arbeitsassistenz berät und begleitet Menschen mit Beeinträchtigungen (körperlicher, geistiger und psychischer Natur) mit dem Ziel, einen klientengerechten Arbeitsplatz zu akquirieren beziehungsweise einen gefährdeten Arbeitsplatz zu sichern. Wurden in den Anfangsjahren (1992-1994) um die 200 Personen betreut, lag die Zahl zehn Jahre später schon bei 5270 zu betreuenden Personen pro Jahr. 2008 konnten dann österreichweit schon 11087 Klientinnen/Klienten das Angebot der Arbeitsassistenz in Anspruch nehmen. Circa 300 Arbeitsassistentinnen/Arbeitsassistenten sind in den neun Bundesländern im Einsatz. In Österreich bieten insgesamt 36 unterschiedliche Trägerorganisationen Arbeitsassistenz an. Dazu gehören zum Beispiel BBRZ Österreich, pro mente O.Ö., Miteinander GmbH, Volkshilfe Basar GmbH usw. Viele dieser Organisationen haben sich auf eine Beeinträchtigungsart spezialisiert. Die rege Inanspruchnahme des Angebots der Arbeitsassistenz und der stetige Ausbau in den letzten 21 Jahren verweisen auf den Erfolg des Arbeitsassistenzangebotes. Im Jahr 2010 wurden für die Arbeitsassistenz österreichweit knapp 20 Millionen Euro aufgewendet. Der Aufwand ist somit seit 2002 um drei Viertel gestiegen. Die Anzahl der Klientinnen/Klienten hat sich im gleichen Zeitraum fast verdoppelt. Da die Arbeitsassistenz einerseits stets abhängig von den Geldern ihrer Fördergeber (Bundessozialamt, Landesregierung, Europäischer Sozialfond usw.) ist, andererseits vom Arbeitsmarkt beeinflusst wird, verändern sich die Möglichkeiten seit der Gründung kontinuierlich. Auch die Bedingungen und Spielräume der Arbeitsassistenzen variieren zwischen den Bundesländern und Trägerorganisationen erheblich (vgl. Pöschko, H., Meusburger, K. (2012): 20 Jahre Arbeitsassistenz Österreich: Forschungsbericht, http://bidok.uibk.ac.at/library/poeschko-arbeitsassistenz.html#idp9365344, Abfragedatum 26.02.2013). Die Arbeitsassistenz ist eine allgemein zugängliche Dienstleistung, die Menschen mit Beeinträchtigungen freiwillig in Anspruch nehmen können. Die Arbeitsassistentin/der Arbeitsassistent unterstützt Menschen mit Beeinträchtigungen in ihrer beruflichen und sozialen Situation. In den Beratungsgesprächen, die möglichst individuell auf die Bedürfnisse der zu beratenden Person abgestimmt sein sollen, werden persönliche Neigungen, Interessen beziehungsweise Fähigkeiten geklärt. Das soziale Umfeld muss in diese Gespräche unbedingt mit einbezogen werden, da vor allem die Eltern maßgebliche Unterstützung leisten können, damit die Integration in den Arbeitsmarkt gelingt (vgl. Fasching, H. (2004b): Qualitätssicherung und –Entwicklung in der beruflichen Integration, in: Vitkova, M., Pipekova, J. (Hrsg.) (2004): Sammelband zum Programm Integrative Beratung für benachteiligte Personen am Arbeitsmarkt im Kontext der nationalen und europäischen Zusammenarbeit , http://www.eduhi.at/dl/Fasching_2004_Qualitatssicherung.pdf, Abfragedatum 09.01.2014). Die individuellen Beratungsgespräche können in vier Phasen eingeteilt werden, die Fasching (2004b, 3f) folgendermaßen beschreibt: Phase 1: Klärung der Ausgangssituation, Berufsorientierung und Fähigkeitenanalyse: In dieser Phase wird die Lebenssituation der zu betreuenden Person analysiert. Die Jugendliche/der Jugendliche wird in den Mittelpunkt gestellt und die Beraterin/der Berater fungiert als interessierte Person, die bemüht ist, die Lebens- und Problemsituation zu verstehen. Wichtig ist dabei herauszufinden, ob mit der Berufsberatung begonnen werden kann, oder ob zuerst anderen Problemen (zum Beispiel psychischer oder körperlicher Natur) Beachtung geschenkt werden muss. Gerade bei jugendlichen Klientinnen/Klienten ist eine Berufsberatung sehr wichtig, da sie meistens noch über keine berufliche Erfahrung verfügen. Außerdem sind die Arbeitsassistentinnen/Arbeitsassistenten mit oft sehr unrealistischen Erwartung bezüglich der Berufsvorstellungen der Jugendlichen konfrontiert. Diese Vorstellungen gehören besprochen und auf ein realistisches Maß gebracht. Dazu wird oft ein Fähigkeitenprofil erstellt, das die Selbsteinschätzung der Jugendlichen und Fremdeinschätzungen von Personen, die im Integrationsprozess beteiligt sind (Arbeitsassistenz, Eltern, Lehrer), beinhaltet. Dieses erstellte Profil soll Klarheit über die Fähigkeiten der Jugendlichen schaffen und Auskunft darüber geben, welche Arbeitsplätze mit diesen Eigenschaften in Frage kommen. Die Arbeitsassistenz ist in diesem Prozess stets bemüht, dass die Stärken und positiven Eigenschaften der Jugendlichen im Vordergrund stehen und das Hauptaugenmerk nicht auf die Defizite gerichtet ist. Phase 2: Arbeitsplatzakquisition: In der Arbeitsassistenz hat sich die Strategie der bewerberorientierten Arbeitsplatzakquisition bewährt. Das heißt, es werden nicht wahllos Betriebe für etwaige mögliche Bewerber akquiriert, sondern die Akquisition findet personenbezogen statt (vgl. Fasching, H. (2004b), 5). Da die Jugendlichen meist ein niedriges Bildungsniveau vorweisen, die Sozialkompetenzen oftmals gering ausgeprägt sind und körperliche und/oder psychische Probleme ihren Alltag bestimmen, ist eine intensive Zusammenarbeit vonseiten der Arbeitsassistenz zum akquirierten Betrieb vonnöten. Am Ende der Arbeitsplatzakquisition findet das Bewerbungsgespräch statt. Bei diesem Gespräch ist die Arbeitgeberin/der Arbeitgeber, die Jugendliche/der Jugendliche und die Arbeitsassistentin/der Arbeitsassistent anwesend. Die Arbeitgeberin/der Arbeitgeber verschafft sich einen ersten Eindruck über die Bewerberin/den Bewerber, die Arbeitsassistentin/der Arbeitsassistent erfüllt die Rolle der Vermittlerin/des Vermittlers und ist dabei immer darauf bedacht, dass die Autonomie der Bewerberin/des Bewerbers gewahrt bleibt (vgl. Fasching, H. (2004b), 5). Phase 3: Vorbereitung der Arbeitsaufnahme und betriebliche Qualifizierung: Das Modell der Arbeitsassistenz ist so konzipiert, dass die noch benötigten Qualifikationen der Jugendlichen möglichst am Arbeitsplatz erlernt werden und eine Integration rasch passieren kann. Die persönlichen Hilfestellungen werden vor Ort geleistet beziehungsweise benötigte Hilfsmittel zur Verfügung gestellt. Die Qualifizierung passiert direkt am Arbeitsplatz, sie ist somit sehr zielorientiert und praxisnah. In vielen Fällen wird vor der tatsächlichen Einstellung im Betrieb ein Praktikum absolviert. Dieses Praktikum ist in der Regel zeitlich auf vier Wochen begrenzt. Das Praktikum bietet mehrere Vorteile. Zum einen kann die Jugendliche/der Jugendliche die arbeitsplatzbezogenen Anforderungen am Arbeitsplatz trainieren, zum anderen lernen die zukünftigen Arbeitskolleginnen/Arbeitskollegen die Jugendliche/den Jugendlichen besser kennen und mögliche vorherrschende Vorurteile gegenüber Menschen mit Beeinträchtigungen können dadurch abgebaut werden. Im besten Fall findet die Arbeitsassistentin/der Arbeitsassistent eine betriebliche Ansprechperson, die die soziale Integration der Jugendlichen/des Jugendlichen unterstützt. Die Arbeitskolleginnen/Arbeitskollegen werden über die Beeinträchtigungen der Jugendlichen/des Jugendlichen informiert und im Bedarfsfall instruiert, um bei bestimmten Notfällen (zum Beispiel epileptischer Anfall) richtig reagieren zu können. Die Arbeitsassistentin/der Arbeitsassistent steht während des Praktikums für die Jugendliche/den Jugendlichen und für den Betrieb zu Verfügung. Sie/er hilft zum Beispiel beim Eintrainieren der erforderlichen Tätigkeiten und beim Adaptieren des Arbeitsplatzes. Außerdem kümmert sie/er sich um alle behördlichen Belange, die bei einer Integration von Menschen mit Beeinträchtigungen erforderlich sind (vgl. Fasching, H. (2004), 5-6). Phase 4: Nachbetreuung: Nach gelungener Integration in den Arbeitsmarkt findet vonseiten der Arbeitsassistenz eine Nachbetreuung statt, um eine langfristige Integration zu gewährleisten. Diese sollte, wenn zum Beispiel eine Lehrausbildung absolviert wird, die gesamte Ausbildungszeit umfassen. Die Arbeitsassistenz ist mit dem Betrieb und der Jugendlichen/dem Jugendlichen telefonisch in Kontakt und bei Bedarf trifft man sich. In der Praxis hat es sich bewährt, dass sie die alleinige Ansprechpartnerin für den Betrieb ist. Familiäre, schulische und andere institutionelle Belange werden bei der Arbeitsassistenz deponiert und es liegt im Ermessen der Arbeitsassistenz, welche dieser Informationen sinnvollerweise dem Betrieb übermittelt werden und welche nicht (vgl. Fasching, H. (2004), 6-7). Die Jugendarbeitsassistenz verfolgt die gleichen Ziele wie die Arbeitsassistenz. Diese Dienstleistung wird für Jugendliche mit Behinderungen gefördert und von Fachkräften, die sich auf die Zielgruppe spezialisiert haben, durchgeführt. Die Aufgaben der Arbeitsassistenz reichen von der gemeinsam mit den Jugendlichen vorgenommenen Situationsanalyse und Einschätzungen zu den individuellen beruflichen Möglichkeiten über die Begleitung der Arbeitssuche bis hin zu einer Unterstützung in der Anfangsphase des Dienstverhältnisses. Eine zweite zentrale Funktion der Arbeitsassistenz ist die Krisenintervention zur Sicherung eines gefährdeten Arbeitsplatzes. Im Jahr 2012 gab es im Rahmen der Jugendarbeitsassistenz 4.872 Förderfälle (2.032 weiblich und 2.840 männlich). (Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz (2013): Jugend und Arbeit in Österreich, http://www.bmask.gv.at/cms/site/attachments/7/6/7/CH2124/CMS1249976411510/jugend_und_arbeit_2013_deutsch.pdf, Abfragedatum 08.01.2014).
Markus Berghahn, Jahrgang 1977, ist Lehrer für Deutsch und Werken in der Sekundarstufe und lehrt auch an der Pädagogischen Hochschule der Diözese Linz. Er absolvierte den Masterlehrgang Bildungs- und Berufsberatung an der Donau-Universität Krems. Darüber hinaus arbeitete er auch als Outplacer und vermittelte Jugendliche mit Beeinträchtigungen in den Arbeitsmarkt. Somit kennt er beide Seiten der im Buch beschriebenen Schnittstelle Schule-Beruf .
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