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- Vom Rotlicht ins Rampenlicht: Frauenboxen in Deutschland
Sport
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Verlag: Diplomica Verlag
Erscheinungsdatum: 06.2012
AuflagenNr.: 1
Seiten: 124
Abb.: 10
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Das Jahr 2012 ist ein bedeutendes für das internationale Frauenboxen. Denn im Sommer dieses Jahres feiern Amateurboxerinnen ihr olympisches Debüt. Bislang stellte diese Sportart die einzige olympische Disziplin dar, die ausschließlich Männern vorbehalten war. Die von der AIBA (International Amateur Boxing Association) entfachte Diskussion über eine eventuelle Kleiderordnung – Miniröcke statt wie üblich Shorts – spiegelt die Problematik wider, mit der sich Boxerinnen in Ausübung ihres Sports häufig konfrontiert sehen: um das Frauenboxen vermarktbar zu machen, wird von Funktionären auf die Betonung der Weiblichkeit gesetzt. Das Sportliche Können gerät in den Hintergrund. Gegenstand der vorliegenden Untersuchung ist das Frauenboxen in Deutschland. Neben der forschungsleitenden Frage nach der gesellschaftlichen Akzeptanz dieses Sports steht die Frage nach sozialen Aufstiegsmöglichkeiten von Frauen im Boxsport im Fokus. Denn ein sozialer Auf- oder Abstieg, so die These, ist immer auch verbunden mit einer geringeren bzw. höheren Wertschätzung durch die Gesellschaft. Ist also ein Sport, der mit sozialer Akzeptanz zu kämpfen hat (bzw. unlängst noch zu kämpfen hatte), prädestiniert dafür, einen sozialen Aufstieg seiner Akteurinnen zu gewährleisten? Oder besteht in der Ausübung einer Sportart, die landläufig immer noch als Unterschichtensport gilt und die Attribute erfordert, die geschlechtsstereotypisch immer noch als männlich angesehenen werden, für eine Frau nicht viel eher die Gefahr des sozialen Abstiegs? Die Entstehung des professionellen Frauenboxens hierzulande ist erst auf Mitte der 1990er Jahre zu datieren und ist personifiziert durch eine Sportlerin: Regina Halmich. Sie gilt als diejenige, die das Frauenboxen in Deutschland publik gemacht hat. Die Untersuchung der sozialen Aufstiegsmöglichkeiten von Frauen im Boxsport findet daher anhand einer Analyse der Medienberichterstattung über die Boxerin statt. Die Art und Weise, in der über sie berichtet wird, wird dabei als Gradmesser für die gesellschaftliche Wahrnehmung des Frauenboxens in Deutschland geltend gemacht. Die theoretische Fundierung des Forschungsgegenstands der sozialen Mobilität erfolgt anhand des kultursoziologischen Ansatzes Pierre Bourdieus. Die vorliegende Studie leistet einen ersten Einblick in ein Gebiet, dem bisher so gut wie keine Aufmerksamkeit geschenkt wurde: der gesellschaftlichen Wahrnehmung des Frauenboxens in Deutschland. Es wird ein Überblick über die Geschichte dieses Sports geboten, sein Stellenwert in der Gesellschaft aufgezeigt und untersucht, inwieweit das sportliche Engagement von Boxerinnen soziale Anerkennung erfährt.
Textprobe: Kapitel 4, FORSCHUNGSDESIGN: Die Untersuchung der sozialen Aufstiegsmöglichkeiten von Frauen im Boxsport erfolgt anhand einer Presseanalyse der über Regina Halmich erschienenen Berichterstattung. Im Folgenden wird das für diese Analyse entwickelte Konzept vorgestellt und die hierfür notwendigen Arbeitsschritte beschrieben. 4.1, Begründung der Methodik: Die Ziele der Untersuchung von Medieninhalten können sehr unterschiedlicher Natur sein. Zumindest implizit kann aber davon ausgegangen werden, dass allen Analysen die Annahme zugrunde liegt, ‘dass massenmediale Inhalte entweder die Prozesse und Rahmenbedingungen reflektieren, aus denen diese Inhalte resultieren, oder dass sie Voraussetzungen für Effekte bei den Rezipienten sind’ (MAURER/REINEMANN 2006: 12). Die zugrunde liegende Fragestellung, ob der Boxsport prädestiniert dafür ist, einen sozialen Aufstieg seiner Akteurinnen zu gewährleisten und die der Frage zu Grunde liegende Hypothese, dass Regina Halmich die soziale Akzeptanz dieses Sports maßgeblich beeinflusst hat, impliziert die Annahme, dass soziale Aufstiegsmöglichkeiten bzw. Abstiegsgefahren für Frauen im Boxsport unmittelbar mit der gesellschaftlichen Wahrnehmung und Akzeptanz des Frauenboxens in Zusammenhang stehen. Die Herausforderung bei der Entscheidung für eine bestimmte Methodik besteht daher darin, eine Forschungsweise zu wählen, die es ermöglicht, einen sozialen Wandel auch langfristig zu untersuchen. Eine Analyse der Berichterstattung der Presse kann diesem Kriterium gerecht werden, da sie es ermöglicht, von Medieninhalten Schlussfolgerungen auf die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen zu ziehen. Die Inhalte der Medienberichterstattung richten sich prinzipiell nach dem aktuellen Geschehen. Häufig gehen diese dabei jedoch über eine neutrale Schilderung der Ereignisse hinaus und sind explizit oder implizit wertend. Medieninhalte können daher auch Erkenntnisse über die Werte und Überzeugungen in einer Gesellschaft bieten. Eine Veränderung der Medieninhalte kann daher als Indikator für einen gesellschaftlichen Wandel geltend gemacht werden (vgl. MAURER/REINEMANN 2006: 20). Diese Annahme beruht einerseits darauf, dass es Journalisten gar nicht möglich ist, ihre Berichterstattung vollkommen neutral zu halten, da sie selbst auch geprägt sind von der Zeit, in der sie leben und aufgewachsen sind: ‘Sie verwenden eine andere Sprache, berichten mehr oder weniger kritisch über bestimmte Themen und lassen unterschiedliche Werte in ihrer Berichterstattung mehr oder weniger wichtig erscheinen’ (MAURER/REINEMANN 2006: 20). Andererseits müssen die Inhalte der Medienberichterstattung aus wirtschaftlichen Gründen immer auch die Interessen der Rezipienten berücksichtigen (vgl. ebd.). Natürlich können für diesen Ansatz der Entstehung von Medieninhalten auch Kritikpunkte geltend gemacht werden. So muss an dieser Stelle erwähnt werden, dass die aktuelle Berichterstattung nicht in jedem Fall auf die Realität schließen lässt, da immer auch subjektive Werte und Meinungen der Journalisten Einfluss auf ihre Arbeit nehmen: ‘Die Meinungen und Werte, die in den Medieninhalten erkennbar sind, können deshalb, müssen aber nicht unbedingt mit den Meinungen und Werten identisch sein, die in der Bevölkerung vorherrschen’ (ebd.: 21). Weiter muss davon ausgegangen werden, dass Medieninhalte die Ansichten der Gesellschaft zwar widerspiegeln können, rückschließend aber die Form der Berichterstattung auch die Themen und Werte in der Gesellschaft bestimmen können. ‘Medieninhalte können [daher, die Autorin] ein Spiegel gesellschaftlicher Werte- und Meinungsverteilungen sein. Sie können jedoch auch die Ursache gesellschaftlicher Werte- und Meinungsverteilungen sein’ (ebd.). Diesen Einschränkungen der gewählten Methodik wurde mit Hilfe eines Experteninterviews entgegengewirkt. Zur Ergänzung des erhobenen Analysematerials und zur Fundierung späterer Ergebnisse wurde ein Gespräch mit Jürgen LUTZ, dem Vizepräsident der WIBF und erstem Trainer Regina Halmichs geführt. Das Heranziehen des Wissens und der Meinung eines der größten Experten im deutschen Frauenboxen kann als Realitätsindikator geltend gemacht und so die gewonnenen Erkenntnisse der im späteren Verlauf durchgeführten Analyse gestützt werden. 4.2, Erhebung des Forschungsmaterials: Im Vorwege einer Analyse der Medienberichterstattung über Regina Halmich bedurfte es einiger grundlegender Entscheidungen über die Bestimmung des Ausgangsmaterials. Ein erster Schritt stellte die ausschließliche Beschränkung auf Textmaterial dar, den Artikeln zugeordnete Fotografien wurden nicht berücksichtigt. Die Beweggründe zur Exklusion von Bildmaterial sind nicht auf Desinteresse zurückzuführen, sondern lediglich dem Versuch geschuldet, das für die Untersuchung relevante Material in einem überschaubaren Rahmen zu halten. Eine eingehende Bildanalyse könnte vor dem Hintergrund der zu untersuchenden Thematik durchaus zusätzlich interessante und aufschlussreiche Erkenntnisse liefern, eine derartige Ergänzung des Forschungsmaterials ließ der zur Verfügung stehende Zeitraum jedoch nicht zu. In einem zweiten Schritt erfolgte die Festlegung des Untersuchungszeitraums. Da im Fokus der Untersuchung die soziale Akzeptanz des Frauenboxens steht und eventuelle Veränderungen in der gesellschaftlichen Wahrnehmung des Sports von vordergründigem Interesse sind, sollte ein möglichst großes Zeitfenster gewählt werden. Nach Betrachtung des Karriereverlaufs der Untersuchungsperson Regina Halmich fiel die Entscheidung auf den Zeitraum 1995 bis 2007. Am 10. Juni 1995 errang Regina Halmich erstmalig einen Weltmeistertitel, am 30. November 2007 bestritt sie den letzten Kampf ihrer Boxkarriere. In diesen 13 Jahren war Regina Halmich ungeschlagene Weltmeisterin (vgl. 2.2). Gerade die Kontinuität ihres Erfolges erweckte das Interesse für den anvisierten Forschungszeitraum und begünstigte die Frage nach Veränderungen in der gesellschaftlichen Wahrnehmung Regina Halmichs und des Frauenboxens. Der zu untersuchende Zeitraum wurde auf den 01. Januar 1995 bis zum 31. Dezember 2007 festgelegt, um einen eventuellen Vorlauf der Berichterstattung, sowie eine mögliche Nachberichterstattung erfassen zu können. Nachdem die ersten grundlegenden Entscheidungen hinsichtlich der methodischen Planung getroffen waren, musste nun das Vorhaben konkretisiert werden. Der nächste Schritt bestand folglich in der Erhebung des Forschungsmaterials.
Inga-Mareike Frick, Jahrgang 1981, ist in Berlin geboren und aufgewachsen. Sie studierte Soziologie, Sport und BWL an der Universität Hamburg. Die Leidenschaft für das Boxen begleitet die sportbegeisterte Autorin seit ihrem 21. Lebensjahr. Die anhaltende Polarisierung des Frauenboxens in Deutschland motivierte die Diplom-Soziologin, sich mit ihrem Sport auch wissenschaftlich auseinanderzusetzen.
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