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Wirtschaftswissenschaften

Markus Schröder

Pflicht eines Markenherstellers zur Belieferung von Online-Shops

ISBN: 978-3-95820-414-0

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Produktart: Buch
Verlag: Bachelor + Master Publishing
Erscheinungsdatum: 06.2015
AuflagenNr.: 1
Seiten: 64
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Totgesagte leben länger. Nach dem Platzen der Dotcom-Blase um die Jahrtausendwende sahen viele das Ende der Internetgeschäftsmodelle gekommen. Für den Bereich der Markenprodukte musste dies nach der fulminanten Pleite des Fashion- e-tailers boo.com im Jahre 2000 in besonderem Maße gelten. Doch der E-Commerce erfreut sich größerer Beliebtheit als jemals zuvor. Dabei hat auch die Bandbreite der angebotenen Güter zugenommen und sich diversifiziert. Lange Zeit bestimmten der Bücherkauf bei amazon.de, die Schnäppchenjagd bei ebay.de oder die Urlaubsbuchung bei expedia.de das Bild des E-Commerce. Mittlerweile haben jedoch auch im Internet das Angebot und die Nachfrage nach Marken- und Luxusgütern zugekommen. Die Hersteller sehen hierin jedoch oftmals eher eine Bedrohung ihrer Marke als eine Chance, neue Absatzkanäle zu etablieren. Insbesondere in das Visier der Hersteller sind dabei Internet-Shops geraten, die innerhalb eines selektiven Vertriebssystems agieren oder Zugang zu einem solchen System begehren. Die Hersteller fürchten um ihr Markenimage und die Shop-Betreiber um ihre Umsätze. Bei einer solchen Interessenkollision scheint der Gang zu den Gerichten unvermeidlich.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel C.I.7.a.bb, Stellungnahme: Die Abgrenzung zwischen aktivem und passivem Verkauf bereitet im Bereich des E-Commerce große Schwierigkeiten. Das Problem liegt darin, dass die Kriterien der klassischen Vertriebsarten nicht problemlos auf den Internet-Vertrieb übertragen werden können. Durch die originären Möglichkeiten des Internet sind im Bereich des Marketings und der Kundengewinnung zahlreiche Besonderheiten entstanden, die die traditionellen Begriffe nicht hinreichend erfassen und abbilden können. In der Literatur wird erwogen, dass die Kommission diese Diskrepanz nur durch die Aufgabe der bisherigen Definitionen von aktivem und passivem Verkauf in Bezug auf das Internet beseitigen könne. Andernfalls bliebe die Frage ungelöst, wie weit die aktive Vermarktung der grundsätzlich bloß passiven Website gehen darf, bevor sie ihrerseits als aktiver Verkauf zu bewerten sei. Die Abgrenzung aktiver/passiver Verkauf sei überaltert und untauglich, ein seiner Natur nach grenzenloses Verkaufsmittel rechtlich sinnvoll einzugrenzen. Dieser Auffassung ist zuzustimmen. Die Kommission betont an vielen Stellen die Bedeutung und Eigenständigkeit des Internet. So sieht die Kommission gemäß Teilziffer 51 der Leitlinien eine Beschränkung des Internethandels als Kernbeschränkung (hardcore restriction) im Sinne der Vertikal-GVO an. Auch geht die sog. E-Commerce-Richtlinie auf einen Vorschlag der Kommission zurück. Laut Ziffer (1) der Erwägungen sei die Weiterentwicklung der Dienste der Informationsgesellschaft im Binnenmarkt ein wichtiges Mittel, um die Schranken zwischen den europäischen Völkern zu beseitigen. In Ziffer (2) begründet die Kommission ihren Vorschlag damit, dass die Entwicklung des elektronischen Geschäftsverkehrs in der Informationsgesellschaft erhebliche Beschäftigungsmöglichkeiten in der Gemeinschaft biete, insbesondere in kleinen und mittleren Unternehmen und das Wirtschaftswachstum sowie die Investitionen in Innovationen der europäischen Unternehmen anregen werde. Laut Ziffer (4) sollen die rechtlichen Hemmnisse, die die Weiterentwicklung der Dienste der Informationsgesellschaft in der Gemeinschaft einschränken durch Koordination abgebaut werden. Die Kommission misst dem Internet demnach eine große und eigenständige Bedeutung bei. Deutlich wird dies für den Bereich des E-Commerce darüberhinaus auch dadurch, dass die E-Commerce-Richtlinie vorgeschlagen wurde, obwohl bereits die Fernabsatz-Richtlinie bestand. Es ist daher inkonsequent, dass die Kommission den Ansatz des E-Commerce als eigenständige Vertriebs- und Wettbewerbsform nicht weitergeht, sondern bei der herkömmlichen Unterscheidung zwischen aktiven und passiven Verkauf verbleibt. In der Literatur wurde vorgeschlagen, den Internetvertrieb aus den herkömmlichen Definitionskategorien ganz herauszunehmen und in die Leitlinien stattdessen eine Liste mit zulässigen und unzulässigen Internetvertriebsformen einzufügen, die jeweils eine differenzierte Beurteilung ihrer wirtschaftlichen Auswirkungen ermöglichten. Dieser Ansatz bietet eine praktisch handhabbare Möglichkeit zur Lösung dieses Problems. Außerdem wäre die Frage, ob die Internet-Nutzer einen Kundenkreis oder eine Kundengruppe darstellen gegenstandslos. Diese Unterscheidung ist gemäß Art. 4 lit b) Vertikal-GVO nur hinsichtlich der Beschränkbarkeit eines aktiven Verkaufs relevant. Wünschenswert wäre eine EuGH-Entscheidung über die Frage, ob die Unterscheidung aktiver/passiver Verkauf auch für den E-Commerce aufrechterhalten werden muss. In einem geeigneten Verfahren könnte versucht werden, auf einen Vorlagebeschluss hinzuwirken. Der EuGH ist gemäß Art. 234 lit. b) EGV für eine verbindliche Entscheidung über die Reichweite und Auslegung der Vertikal-GVO zuständig. In Anbetracht der Verfahrensdauer und des offenen Ausgangs eines solchen Verfahrens sollte in der Praxis (und im Fortgang der Untersuchung) allerdings die bestehende Unterscheidung berücksichtigt werden. C.I.7.b.cc, Mindestumsatz in einem Ladenlokal als Voraussetzung für Internet-Vertrieb: In der Literatur wird teilweise anerkannt, die Zulassung des Internet-Vertriebs von einem bestimmten Mindestumsatz in einem stationären Geschäft abhängig machen zu können. Lancaster sieht beispielsweise vor, dass die Depositäre nicht mehr als 50% des Gesamtumsatzes mit den Vertragsprodukten über das Internet erzielen dürfen. Der Ansatz ist dabei, dass die Kosten eines Internet-Händlers geringer angesetzt werden, als die stationärer Geschäfte. Diese müssten Kosten für geschultes Verkaufspersonal, aufwändige Ladenausstattungen und Mieten in herausgehobenen Lagen aufbringen. Der Internet-Vertrieb biete daher Kostenvorteile. Bei einem echten Mehraufwand gegenüber einem Internet-Shop sei es demnach gerechtfertigt, Umsatzgrenzen zu bestimmen, um die Kostenvorteile zu verringern. Konkret sei bei der Vorgabe von Mindestverkaufsmengen aber entscheidend, dass die grundsätzliche Freiheit zum Internetvertrieb durch die individuelle Ausgestaltung des Vertriebsvertrages nicht beeinträchtigt werde. Diese Auffassung ist wenig praktikabel. Es bestünde die Frage, bei welchem Produkt welche Umsatzgrenzen ziehen wären. Eine Vielzahl von reinen Einzelfallentscheidungen wäre die Folge. In Anbetracht der Verfahrensdauer eines BGH- oder EuGH-Verfahrens ließe sich so weder Rechts- noch Investitionssicherheit gewinnen. Anstatt die bestehenden Hindernisse für den E-Commerce abzubauen würde neuer Regelungsbedarf geschaffen. Befürchtet wird weiterhin, dass sich der Handel insgesamt vom stationären Handel in das Internet verlagern könnte. Dies könne bis einer Gefährdung der Existenz des selektiven Vertriebssystems insgesamt führen. Diese Befürchtung ist nicht überzeugend. Zwar ist damit zu rechnen, dass der stationäre Handel weitere Marktanteile an den Internet-Handel verlieren wird. Hierdurch wird jedoch nicht der stationäre Handel an sich in seinem Bestand gefährdet. Ein Bedarf an Ladenlokalen wird bestehen bleiben. Auch wird durch diese Verlagerung von Marktanteilen nicht die Existenz des selektiven Vertriebssystems in Frage gestellt. Vielmehr bedarf es neuer Internet-spezifischer Selektionskriterien. Auch findet sich für die Verpflichtung zum Betrieb eines Ladenlokals keine Rechtsgrundlage. Wenn nach Art. 4 lit. c) Vertikal-GVO regelmäßig schon nicht der reine Internet-Vertrieb ausgeschlossen werden kann, kann auch keine Umsatzvorgabe für einen gemischten Vertrieb zulässig sein (argumentum a maiore ad minus). Ein reiner Internet-Shop würde schließlich 100% des Umsatzes über das Internet erzielen. C.I.7.b.ee, Verbot des Verkaufs über eBay: Eine weitere, häufig praktizierte Möglichkeit den Internet-Vertrieb zu beschränken ist das Verbot eines Verkaufs der Vertragswaren über Auktionsplattformen, d.h. insbesondere über eBay. Eine solche Klausel findet sich auch in den Vertriebsverträgen der Lancaster Group GmbH. In einer Internet-Zusatzvereinbarung zu dem Depotvertrag vereinbaren die Vertragsparteien, dass es dem Depositär gestattet sei, das Angebot und den Verkauf von Lancaster-Produkten über das Internet durchzuführen, sofern mit der Einhaltung im Einzelnen definierter Bedingungen gewährleistet sei, dass die Präsentation als elektronisches Schaufenster der autorisierten Verkaufsstelle erscheint und das Luxusimage der Lancaster-Produkte gewahrt sei. In den Vertriebsverträgen der Firma Sternjakob (Marken: Scout und 4You) finden sich ähnliche Klauseln. Demnach müsse der Rahmen, den die Website zur Präsentation nutzt, dem Ambiente eines Fachgeschäfts für Schulranzen und Schulrucksäcke entsprechen. Der Verkauf über eBay und vergleichbare Auktionsplattformen im Internet sei nicht gestattet, da nach dem derzeitigen Stand der Ausgestaltung diese Formate nicht den zuvor aufgestellten Grundsätzen entsprächen. Zu diesen Vertragsklauseln existieren widersprüchliche Gerichtsurteile. Das LG Berlin hat eine solche Klausel verworfen. Das LG Mainz und das LG Mannheim haben eine solche Klausel als zulässig erachtet. Angesichts der bereits entwickelten Selektionskriterien wird man mit dem LG Mainz und dem LG Mannheim davon ausgehen müssen, dass ein Verbot des Verkaufs über eBay zulässig ist. Insbesondere das LG Mannheim hat in seinem Urteil vom 14.03.2008 beachtliche Gründe für die Zulässigkeit solcher Klauseln gefunden. Der Auffassung des LG Mannheim ist daher zu folgen. Allerdings ist dieses Urteil noch nicht rechtskräftig. Es bleibt also abzuwarten, wie das OLG Karlsruhe und eventuell der BGH über die Frage entscheiden werden. Da der BGH in der Depotkosmetik im Internet -Entscheidung allerdings weitergehende Beschränkungen des Internet-Vertriebs zugelassen hat, ist damit zu rechnen, dass er auch einen Ausschluss des eBay-Verkaufs für zulässig erachten dürfte. Internet-Händler sollten sich bis zum Vorliegen einer rechtskräftigen Entscheidung nicht auf das Urteil des LG Berlin verlassen. Sie sollten in der Zwischenzeit auf einen eBay-Verkauf verzichten, um nicht einen Belieferungsstop zu riskieren. Für die Hersteller besteht bis zum Vorliegen einer rechtskräftigen Entscheidung kein Bedarf die Vertriebsverträge anzupassen und den eBay-Verkauf zuzulassen.

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