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Geisteswissenschaften

Agnes Thiel

Der historische Sokrates: Quellenlage und Lehre

ISBN: 978-3-95684-423-2

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Produktart: Buch
Verlag: Bachelor + Master Publishing
Erscheinungsdatum: 05.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 76
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Die Arbeit ‘Der historische Sokrates – Quellenlage und Lehre’ von Agnes Thiel setzt sich das Ziel einer historischen Rekonstruktion des Sokrates und seiner philosophischen Lehren. Sokrates ist zwar der Gründungsvater der abendländischen Philosophie, aber es gibt von ihm kein einziges geschriebenes Wort. Er lehrte am Übergang von einer oralen hin und zu einer Schriftkultur. Seine nur mit Platon vergleichbare Wirkungsgeschichte beruht auf der Einheit von Theorie und Praxis. Für seine Lehren leerte er den Schierlingsbecher. Die Arbeit erhebt den Anspruch, etwas Neues herausgearbeitet zu haben. Sie wirft zunächst ein Licht auf die vier Hauptquellen (Aristophanes, Xenophon, Platon, Aristoteles), um in einem zweiten Schritt die Lehren von Sokrates zu rekonstruieren. Dieser Teil zeigt ihn als Ethiker. Zuletzt wird erstmalig in der Forschung der Versuch unternommen, Sokrates´ innovative Lehre einer Aretologie als Bindeglied zwischen den Spielarten der vorsokratischen Archetologie, Platons Agatologie und der aristotelischen Metaphysik darzustellen. Dadurch erscheint der berühmte Ausspruch von Cicero, Sokrates habe die Philosophie vom Himmel auf die Erde geholt, in einem völlig neuen Licht.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel II, TEIL: DIE EINHEIT VON THEORIE UND PRAXIS: 1.1, Sokrates und seine Abgrenzung von der Sophistik: Grundsätzlich lassen sich viele Gemeinsamkeiten, aber eben auch Unterschiede zwischen Sokrates und den Sophisten konstatieren. Sokrates verkündete wohl keine feststehende Lehre, sondern Kennzeichen seines Philosophierens war das Dialogisieren, das Im-Gespräch-sein. Dafür verlangte er kein Geld. Er versuchte brennende Lebensfragen zu klären, wie z. B., was ist fromm/unfromm, schön/hässlich, gerecht/ungerecht, was ist Besonnenheit, Raserei, Tapferkeit, Feigheit, Staat, Staatsmann, Herrschaft über Menschen und ein Herrscher über Menschen. Er stellte dabei die Werte, politische Abläufe etc. in Frage und erregte vermutlich bei einigen seiner Mitmenschen Anstoß. Platon und Xenophon zeigen immer wieder, wie das Denken von Sokrates von dem der Vorsokratiker und dem der Sophisten abgegrenzt werden muss und wie menschenzentriert Sokrates in den Gesprächen agierte. Folgende Punkte lassen sich darüber hinaus aus den vorgestellten Quellen herauslesen: 1, Sokrates´ Stellung zum Mythos: Er stellt nicht die Existenz der Götter in Frage, aber die traditionellen Mythen haben seiner Meinung ihre Gültigkeit verloren, weil sich daraus keine verbindlichen, individuellen Maßstäbe ableiten lassen. Der Kult ist nur rein äußeres Ritual. Sokrates kennt aber keine dezidierte Mythenkritik wie die Sophisten. Ganz im Gegenteil: Die Auskunft von Delphi nimmt er als wörtlichen Auftrag. Bei seiner Suche folgt er einem Daimonion, das aber nicht als Gottheit gelten, sondern als eine göttliche Stimme interpretiert werden kann. 2, Sokrates´ Wende zum Menschen: Er sucht nicht nach Naturprinzipien, sondern nach den Prinzipien des richtigen Handelns. Nicht Felder und Bäume oder deren Prinzipien können ihn belehren, sondern nur Menschen. Er fragt sie nach ihren Überzeugungen. Leitend ist dabei der Spruch ‘Erkenne dich selbst’, denn nur Selbsterkenntnis hat das Potential, weitere Erkenntnisse zu generieren. 3, Sokrates´ Kritik am Ethos der Polis: Auch die traditionellen Werte gelten ihm nicht mehr als selbstverständlich. Überzeugungen sind daher zunächst auf ihre Wahrheit und auf ihre überzeugenden Begründungen hin zu überprüfen. Aber – anders als die Sophisten – kritisiert er nicht grundsätzlich Sitte und Recht als bloße Gewohnheiten, sondern er plädiert für einen Respekt gegenüber den Gesetzen, was z.B. die Hinnahme seines an sich ungerechten Todesurteils beweist. 4, Sokrates´ politisch-pädagogisches Interesse: Die Ankläger des Sokrates missverstanden seine Kritik an der ungeprüften Übernahme traditioneller Werte im Sinne einer ‘Verführung der Jugend’ und glaubten dies richte sich gegen das Allgemeinwohl der Polis. Sokrates bemühte sich um die Jugend, weil diese mit ihren Überzeugungen noch nicht abgeschlossen hatte. Von ‘Verführung’ kann hier also nicht die Rede sein. Die Gespräche drehten sich darum, wie jemand sein Leben gestalten solle. Dies führt oft zur existentiellen Erschütterung der Gesprächspartner. Sokrates möchte aber nicht – anders als die Sophisten – seine Schüler auf eine politische Laufbahn vorbereiten, sondern er hielt sich fern von tagespolitischen Fragen. Er wollte, dass der Einzelne sein Leben ändere, und zwar in Richtung auf ein tugendhaftes Leben! 5, Sokrates´ Prüfung des Logos: Im Kritias sagt Sokrates, er sei sein ganzes Leben lang dem Logos gefolgt, der sich in der jeweiligen Untersuchung als der beste erwiesen habe. Sokrates sucht immer die Wahrheiten jenseits der bloßen Meinungen. Er fragt, was Frömmigkeit, Tapferkeit, Tugend oder Gerechtigkeit ist. Er prüft unentwegt die vorgebrachten Meinungen. Dabei verengt er also den von Heraklit in die Philosophie gebrachten Begriff Logos im Sinne einer Weltvernunft auf eine Analyse ethischer Begriff, aber mit Handlungskonsequenzen für den Dialogpartner. 6, Sokrates´ Methode des Dialogs: Dialog heißt die gemeinsame Erwägung von Gründen. Es wird solang gemeinsam geprüft, bis ein Ergebnis und/oder keines erzielt wurde. Das Gespräch bedient sich der Mäeutik. 7, Sokrates´ Bestimmung der Tugend: Im Zentrum steht die Tugend. Arete bedeutet Tüchtigkeit oder Tauglichkeit im Sinne von Eignung. Ein Hund hat z.B. dann Arete, wenn er gut fängt, ein Messer, wenn es scharf schneidet etc. Was ist aber die Arete des Menschen? Was ist der Zweck des Menschen? Die Gesprächspartner von Sokrates definieren dies zumeist in den von der Polis vorgegebenen Rollen des Kriegers, Handwerkers, Dichters etc. Unabhängig davon bestimmt Sokrates aber die Tugend als das Wissen um das Gute. Dazu soll der Mensch seine Vernunft gebrauchen, was bedeutet: Tugend ist die richtige Erkenntnis, umgesetzt in Handeln. Wer weiß, was gerecht ist, handelt auch gerecht. 8, Sokrates´ philosophische Lebensweise: Das Wissen um das Gute lässt sich nicht lernen wie ein Handwerk oder eine Kunstfertigkeit. Der Mensch muss stets suchen und beständig überprüfen. So ergibt sich ein gutes und letztlich glückliches Leben. Um dies noch näher zu erläutern, sei auf den Begriff der arete näher eingegangen. 1.2, Der Begriff der Arete bei Sokrates: Sokrates war ein praktischer, man könnte sogar sagen praktizierender Philosoph. In einer Zeit der politischen wie moralischen Destabilisierung, die mit Hegemonialbedrohungen seitens Athens durchaus vereinbar ist, versuchte Sokrates zu einer neuen Qualität von Stabilität zu gelangen. Er glaubte, dass diese nur auf der moralischen Stabilität des Einzelmenschen beruhen könne. In diesem Zusammenhang fallen immer wieder in den Frühdialogen Platons drei Begriffe, die eng miteinander verknüpft: 1.) Arete, 2.) Selbstsorge bzw. das Sich-um-sich-selbst-Kümmern, 3.) Besser-machen bzw. Besser-werden. Der Begriff Arete bedeutet zunächst in vorsokratischer Zeit das Charakteristische bzw. die typische Leistung eines Dinges, einer Person oder Gottheit, die zu dessen/deren Erfolg, Wohlgefallen oder Anerkennung führt. Ursprünglich ist damit Tüchtigkeit bzw. Tauglichkeit als Qualitätsmerkmal gemeint. Dieses war im Rahmen der homerischen Epen besonders den von Göttern ausgewählten Menschen vorbehalten, also Menschen, die heroische Taten vollbrachten und als Vorbilder fungierten. In der Zeit von Sokrates und Platon wird dann zunehmend ein innerer, unsichtbarer Wert bzw. eine innere Haltung daraus. Arete hat aber daneben noch eine profane, praktische Seite, etwa hat ein Pferd dann Arete, wenn es schnell rennt, ein Messer, wenn es gut schneidet. So war der Begriff auch Teil der Alltagswelt, hatte seinen ‘Sitz im Leben’. Sokrates ist nun, der diese drei Komponenten miteinander verbindet: bei ihm ist Arete eine innere Haltung, die sich am äußeren Handeln zeigt, wodurch der Mensch zu dem wird, was er gemäß seiner Seele sein soll: ein tugendhafter Mensch und damit anerkanntes Mitglied der Polis. Sokrates suchte also nach der guten Verfassung und Vollkommenheit der menschlichen Seele. Damit ist die Arete letztlich Garant der athenischen Demokratie und wird in demokratischer Zeit das Idealziel der Polisbürger. So versteht es sich, dass Sokrates niemanden bei den Gesprächen aussparte, sondern ausnahmslos jeden für bildungsfähig, d.h. zum tugendhaften Leben befähigt hielt. Darin besteht der sokratische Optimismus. Die Frage ist, wie konnte Sokrates die Menschen dazu bringen, sich entsprechend ihrer inneren Befähigung zu verhalten?

Über den Autor

Agnes Thiel studierte zunächst Philosophie, Ethnologie und Religionswissenschaft an der Universität Bayreuth. Der Wechsel nach Heidelberg brachte sie zum Studium des Dolmetschens in den Sprachen Russisch und Spanisch. 2013 absolvierte sie ihr 1. Staatsexamen in Philosophie und Spanisch. Im Jahre 2014 geht sie das Staatsexamen im Nebenfach Latein an.

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