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Geisteswissenschaften


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Produktart: Buch
Verlag: Bachelor + Master Publishing
Erscheinungsdatum: 09.2015
AuflagenNr.: 1
Seiten: 52
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Die vorliegende literaturwissenschaftliche Studie behandelt kleinepische Texte Martin Walsers zwischen 1902-1932, in denen der Berufsalltag von Angestellten im frühen 20. Jahrhundert dargestellt wird. Im Fokus der Analyse steht das Verhalten der Figuren in Bezug auf Hierarchien und Mitarbeiter sowie die innere Haltung zum Beruf. Davon ausgehend werden Parallelen zwischen Walsers fiktiven Figuren und Aussagen der deutschen soziologischen Studie Die Angestellten (1929) von Siegfried Kracauer gezogen, um zu prüfen, inwieweit Walsers fiktive literarische Studien die reale Welt der Büroangestellten widerspiegeln. Bei der Arbeit handelt es sich um eine erfolgreich bestandene Abschlussarbeit eines Fern- und Online-Studiums der Dalarna University in Falun, Schweden, im Fachbereich Tyska .

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 2.6 DER ARME MANN (1916): Der Titel dieser Erzählung ist zweideutig und wirft zunächst die Frage auf, ob es um einen mittellosen Mann mit wenig Besitz geht, oder um jemanden, der bedauert wird. Zusammenfassung Der arme Mann: Von einer dauerhaften finanziellen Not ist der arme Mann nicht betroffen, denn [s]eine Steuern bezahlte er pünktlich . Berufliche Probleme sind auch nicht das Problem, denn als Kanzlist und Schreiber war er ein treulicher, fleißiger und pünktlicher Arbeiter . Die Not liegt woanders. Er war ein unscheinbarer, gedrückter, zaghafter, armer Mann. Energie und Selbstbewußtsein waren nicht seine Sache fängt der Ich-Erzähler an und redet weiter von Unterwürfigkeit, Kraftlosigkeit, Gehorsam, Demut und vom Ducken, sich abzufinden und furchtsam zu sein. Die Erzählung ist von der Niedrigkeit und scheinbaren Hoffnungslosigkeit des Mannes geprägt, der sich nur ein einziges Mal wagte, sich über eine Ungerechtigkeit zu beschweren. Er erhoffte sich Gerechtigkeit, durfte jedoch das Unternehmen verlassen, weshalb er kurz darauf seine Klage zurückzog und in die altbekannte Spur der Untertänigkeit wiederkehrte. Name, Wohnort und Alter des Mannes bleiben dem Leser unbekannt jedoch nicht die Erkenntnis, dass mangelndes Selbstvertrauen, fehlende Vision, Hoffnung und Möglichkeiten zur Entwick-lung und Veränderung den Menschen arm macht – und zwar in mehrfacher Hinsicht. - Vertikales Verhältnis Der arme Mann: Der arme Mann war im Berufsalltag gehorsam und hat sich dem System angepasst. Ein einziges Mal hat er rebelliert , indem er sich wegen einer Ungerechtigkeit beschwerte. Auch dafür bat er kurz darauf um Verzeihung und zog seine Klage zurück. Das Verhältnis zu höheren Hierarchiestufen war von Unterwürfigkeit und Gehorsam geprägt. - Horizontales Verhältnis Der arme Mann: Konkrete Hinweise zu Beziehungen mit Kollegen gibt es in dieser Erzählung nicht. - Internes Verhältnis Der arme Mann: Alles achtete er, nur sich selber nicht und so war dieser Mann niemand, der sich Erfolg oder gar Glück ausmalte, sondern war und blieb ein Mann der Unscheinbarkeit und nahm das auch für sich so hin. Er lebte in der Welt der Bescheidenheit und Unterwürfigkeit und dachte keinen Augenblick ans Emporsteigen , und irgendetwas in der Welt zu bedeuten, war für ihn zu kühn. Er vermochte seine scheinbar hoffnungslose Lebenssituation nicht zu ändern sondern hatte sie akzeptiert. Teilanalyse Der arme Mann: Von dem Beruf oder Tätigkeit des Mannes erfahren wir nichts, was laut Marian Holona immer bei Walser der Fall ist, wenn er über den Arbeiter bzw. das Proletariat schreibt. In Kracauers Studie erkennen wir, dass Angestellten sich von den Arbeitern abheben möchten und auf sie herabsehen, wie z. B. ein Justizwacht-meister er duldet […] keinen Arbeiter in der Familie , weshalb der Freund der Tochter seine Stellung wechseln muss und er bestätigt, dass zahlreiche Angestellte einem näheren Umgang mit den Genossen abgeneigt sind . Einzig ihre hohe Bildung trennte sie von den Arbeitern, weshalb sie sich mit dem Bürgertum statt mit dem Proletariat identifizierten. Der bereits vom Typus her unscheinbare Mann steigt literarisch noch mehr in Bedeutungs-losigkeit, indem seine Berufsfunktion im Text ausgelassen wird. Im Gegensatz zu den Angestellten in früheren Texten hat dieser Mann weder eine Rolle, noch eine Funktion. Der arme Mann lebt in seelischer und finanzieller Armut, was ihn innerlich lähmt, nach neuen Wegen zu suchen. Ein unscheinbarer, gedrückter, zaghafter, armer Mann , ohne Zu-kunftsvision oder Erwartungen an das Leben und an sich selbst, der vor Hoheiten duckt und Ungerechtigkeiten in Kauf nimmt, statt für sich gerade zu stehen und Lösungen zu suchen.

Über den Autor

Angelika Schedewie, 1966 in Schweden geboren und aufgewachsen, ist seit 1995 als Assistentin der Geschäftsführung eines internationalen Unternehmens in Frankfurt am Main tätig. Der Mitarbeiter als Mensch, die Vielfalt von Persönlichkeiten und das tägliche Zusammenspiel im Büro sind für sie neben dem Beruf primäre Fragestellungen im Arbeitsalltag. Im Rahmen ihres Studiums an der Dalarna University, Fachbereich Tyska (Deutsche Sprache, Literatur und Kultur), behandelt sie in ihrer literaturwissenschaftlichen Studie diese Themen und zieht gleichzeitig Parallelen zwischen der fiktiven Angestelltenwelt bei Martin Walser und den realen Bedingungen des frühen 20. Jahrhunderts.

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