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Geisteswissenschaften


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Produktart: Buch
Verlag: Bachelor + Master Publishing
Erscheinungsdatum: 06.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 48
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Die Großstadt spielt in der Lyrik des Expressionismus eine wichtige Rolle. Sie ist zu dieser Zeit das Zentrum der Kultur und die Menschen setzen sich mit dem neuen Leben in der Großstadt auseinander. Anders als auf dem Land leben sie anonym und in der Masse. Diese neuen Erfahrungen im Lebensraum 'Stadt' verarbeiteten die Autoren des Expressionismus in ihren Gedichten. Dieses Buch zeigt exemplarisch an den Gedichten 'Die Stadt' von Georg Heym und Alfred Lichtenstein wie sie diese neuen Erfahrungen künstlerisch und lyrisch verarbeitet haben. Zunächst wird die Zeit des Expressionismus und hier vor allem des Lebensraums Großstadt wird näher beleuchtet, anschließend werden die Gedichte formal analysiert. Die Darstellung der Stadt und die des Menschen werden im Weiteren näher betrachtet und hinsichtlich ihrer Bedeutung für die Gedichte analysiert.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 3.2, Die Darstellung der Großstadt: Die Berliner Frühexpressionisten verarbeiteten die neuen Lebensbedingungen in Berlin in ihren Gedichten nicht nur formal, sondern auch inhaltlich. Auf dem Hintergrund der sozialgeschichtlichen Darstellung Berlins und der formalen Eigenheiten der Großstadtlyrik erscheint es nun angebracht die Beschreibung der Stadt einer eingehenden Untersuchung zu unterziehen. Im Folgenden wird anhand der gleichnamigen Gedichte erstens ‘Die Stadt’ (1911) von Georg Heym und zweitens ‘Die Stadt’ (1913) von Alfred Lichtenstein die Darstellung der Großstadt untersucht. In dem Sonett ‘Die Stadt’ werden verschiedene Bedeutungsaspekte des Motivs Stadt miteinander konfrontiert. Das Bild der Stadt wird vor allem in der ersten und letzten Strophe veranschaulicht. Aus diesem Grund werden diese beiden Strophen im Mittelpunkt der folgenden Analyse stehen. Das Gedicht beginne, so Rölleke, mit einem scheinbar nüchtern feststellenden Satz ‘Sehr weit ist diese Nacht’ (V. 1), welcher einen dunklen und umfassenden Raum bietet, in der das bedrohliche Licht der letzten Strophe erscheinen könne. Der erste Vers beschreibt die weite Nacht und den Wolkenschein über der Stadt. Die erste Zeile vermittle darüber hinaus zum einen eine räumliche (‘sehr weit’) und zum anderen eine zeitliche (‘Nacht’) Vorstellung, welche parallel dazu eine zeichenhafte Atmosphäre schaffe. Die allumfassende Dunkelheit der Nacht scheint auf die hoffnungslose Situation der Stadt hinzuweisen. Ein Anzeichen dafür liefere auch die frühere Entwurfsstufe des Gedichtes, in der die erste Zeile lautete ‘Im Dunkeln liegt die Stadt’ bzw. ‘Im Dunkeln liegt die Nacht’. Indem der Mond untergeht, sei die Aussicht auf natürliches Licht geschwunden, so Rölleke. Darüber hinaus künde sich mit der dynamisierenden Metapher ‘Wolkenschein zerreißt’ (V. 1) bereits die gewaltsame Zerstörung, deren drastische Vorzeichen in der letzten Strophe erscheinen, an.. Nachdem der Mond untergegangen ist, sei der Himmel einerseits frei für die Feuerzeichen in der letzten Strophe und andererseits werden die ‘tausend Fenster’ (V. 3) in ihrer Anzahl erkennbar. Die Fenster bzw. Augen stehen selbst-ständig und losgelöst von der Umgebung in der Dunkelheit und blinzeln mit ihren Lidern (‘…blinzeln mit ihren Lidern, rot und klein’, V. 4) Heym verwendet bei der Beschreibung der Fenster einerseits eine dämonisierende Metapher ‘Und tausend Fenster stehn die Nacht entlang’ (V. 2) und andererseits eine dynamisierende Metapher ‘Und blinzeln mit den Lidern, rot und klein’ (V. 4). Die Fenster werden nicht mehr mit Augen verglichen, auch nicht mehr ausdrücklich Augen genannt, sondern sie erscheinen dem Beobachter als lebendige, eigenwillige und eigenmächtige Augen. Die Eigenständigkeit der Fenster mache die Auflösung der gewohnten Ordnung der Dinge bei Heym deutlich. So entstehe der Eindruck, dass die Fenster für sich stehen (‘tausend Fenster stehn die Nacht entlang’, V. 3). Dieses Gefühl der Verselbstständigung der Fenster schafft Heym durch den Wegfall des Wie-Vergleichs, der die Animalisierung des Gegenstandes absolut mache und dazu beitrage, dass sich Proportionen und Bezüge auflösen. Dieses Bild wird mit der Personifizierung des blinzelnden Lides (‘Und blinzeln mit den Lidern, rot und klein’, V. 4) fortgeführt. Die Adjektive, die in dieser Strophe verwendet werden, seien eher symbolisch als beschreibend zu begreifen. Die roten, kleinen, blinzelnden Augen erwecken den Eindruck des Kränkelnden, Unschönen und Tückischen. Dieses Gefühl korrespondiere mit dem Bild der roten Punkte in schwarzer Nacht, welches durch den Farbgebrauch in der ersten Strophe entstehe. Der unheilprophezeiende Schluss des Gedichts, in dem ‘Fackeln rot’ (V. 12) an ‘dunkler Wolkenwand’ (V. 14) sichtbar werden, greift diese Farbvorstellung vom Beginn wieder auf. Ebenso wie die Farbmetaphorik wiederholt sich auch das Bild der Wolken, zum einen in der ersten Strophe, in der sie das Licht der Stadt reflektieren und zum anderen in der letzten Strophe, in der die Wolken den Schimmer des untergehenden Mondes widerspiegeln. Heym gebrauche das Motiv der Wolken oft als Bild für Phantasie, so Lehnerts. Als der Mond, das romantische Symbol der Lyrik, untergeht, werfen die Wolken das Licht der Stadt zurück. So entsteht ein Bild feuriger und verhängnisvoller Vernichtung, dass durch die Anspielung auf apokalyptische Bilder ‘Und Schein und Feuer, Fackeln rot und Brand’ (V. 11) die totale Vernichtung suggeriere. Ebenso erscheine das Rot der nächtlichen Fenster (vgl. V. 1 - 4) im weiteren Verlauf des Gedichtes als vorleuchtender Widerschein des Katastrophenschimmers (‘Und Schein und Feuer, Fackeln rot und Brand’, V. 12). Das immer schwächer werdende Licht über der Stadt werde im Gedicht zu einer zeichenhaften Vision. Mit dem Erlöschen des Schimmers am Himmel drohe die Stadt selbst zu sterben. Heym beschreibt die brennenden Vorboten auf der dunklen Wolkenwand in der letzten Strophe: ‘Und Schein und Feuer, Fackeln rot und Brand’ (V. 12). Typisch für Heym sei das hier dem Substantiv nachgestellte Farbadjektiv ‘rot’, welches sich auf das gesamte Subjekt beziehe. Die feurige Vision des Lyrikers wird von vier Substantiven (Schein, Feuer, Fackeln, Brand) beschrieben, die durch ein ‘Und’ eingeleitet und verbunden sind. Dieses dreifache und immer wiederkehrende ‘Und’ erwecke den Anschein, als würde die Kette des Schrecklichen kein Ende finden. Die ‘gezückte Hand’ (V. 13), die wie ein gezücktes Schwert wirke, mache das Bild der Bedrohung noch lebendiger. Die Verwendung der Worte ‘scheinen’, ‘Wolkenwand’ und ‘dunkel’ im letzten Vers rufe, so Rölleke, den Bildbereich des ersten Verses wieder auf. Die Aussage und das Vokabular der ersten und letzten Verse runden das Gedicht zu einer Einheit ab.

Über den Autor

Britta Paulinsky wurde 1983 im Ruhrgebiet geboren. Ihr Studium der Germanistik und Erziehungswissenschaft an der Ruhr-Universität Bochum schloss die Autorin im Jahr 2008 mit dem akademischen Grad des Masters of Education ab. Das Zweite Staatsexamen für Lehrämter an Gymnasien und Gesamtschulen machte die Autorin im Jahr 2011 und ist seitdem erfolgreich im Schuldienst tätig. Im Zuge ihrer Bachelorarbeit befasste sich die Autorin mit der Lyrik des Expressionismus, welche sie schon seit der Schulzeit faszinierte.

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