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Geisteswissenschaften

Katja Margelisch

Empathie in der Psychotherapie: Neuronale Grundlagen und Implikationen für die Praxis

ISBN: 978-3-95684-263-4

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Produktart: Buch
Verlag: Bachelor + Master Publishing
Erscheinungsdatum: 03.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 48
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Nicht nur im zwischenmenschlichen Alltag spielt Empathie eine grosse Rolle, sondern auch in der Psychotherapie. Wie jedoch kann der Begriff Empathie in der psychotherapeutischen Praxis verstanden werden? Weshalb können empathische Psychotherapeuten den Therapieverlauf günstig beeinflussen? Handelt es sich bei Empathie um eine angeborene Fähigkeit oder kann man sich empathisches Verhalten durch gezielte Massnahmen aneignen? Wie lässt sich Empathie mithilfe neurowissenschaftlicher Verfahren besser verstehen? Welche Implikationen lassen sich aus der Untersuchung neuronaler Korrelate der Empathie für die Psychotherapie ableiten? Diesen Fragen soll im vorliegenden Fachbuch nachgegangen werden. Außerdem werden Modulationen und Grenzen der therapeutischen Empathie und mögliche Schwerpunkte eines Empathie-Trainings anhand ausgewählter wissenschaftlicher Literatur aufgezeigt.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 1.3.2, Empathie und die Entdeckung der Spiegelneuronen: Das aufkommende Interesse für die neurowissenschaftliche Untersuchung der Empathie resultierte jedoch nicht aus der Untersuchung des limbischen Systems, sondern vielmehr aus der Entdeckung der Spiegelneuronen. Heute noch wird über die Rolle der Spiegelneuronen in Bezug auf Empathie heftig debattiert. Gallese, Fadiga, Fogassi und Rizzolatti (1996) konnten zeigen, dass bei Affen dieselben Neuronen im prämotorischen Kortex und im inferioren Parietallappen feuern, wenn sie zielbezogene Handlungen selbst ausführen oder sie bei andern beobachten. Durch fMRT Studien (Iacobini et al., 2005) konnte gezeigt werden, dass auch im menschlichen Gehirn Spiegelneuronen-bezogene Antworten bei der Beobachtung von Gesichtsausdrücken und Handlungen vorkommen. Gemäss Pfeifer und Dapretto (2009) betonen diese Resultate die wichtige Rolle des Spiegelneuronensystems für die Empathie. Das System könnte einen neuronalen Mechanismus bereitstellen, der mithilft, die Emotionen anderer zu verstehen. Carr, Iacobini, Dubeau, Mazziotta und Lenzi (2003) betonen die wichtige Rolle der anterioren Insula für die Empathierepräsentation, indem sie eine wichtige Verbindung zwischen dem Spiegelneuronensystem und dem limbischen System darstellt. Das neurobiologisches Modell der Empathie von Iacobini et al. (2003) geht davon aus, dass die Simulation eines Gesichtsausdrucks erst einmal die Spiegelneuronen aktiviert. Durch die Verbindung mit dem limbischen System kommt es zur Repräsentation des affektiven Zustands in der Insula und zur Wahrnehmung der Emotion. Das Beobachten und Imitieren von emotionalen Gesichtsausdrücken ist assoziiert mit zunehmender Aktivität der Spiegelneuronen im prämotorischen Kortex, sowie der neuronalen Strukturen der anterioren Insula und der Amygdala (Carr et al., 2003). Pfeifer und Dapretto (2009) liessen in einer fMRT Studie sechzehn Kinder im Alter von zehn Jahren verschiedene emotionale Gesichtsausdrücke imitieren oder nur beobachten. Anschliessend füllten die Kinder einen Empathie-Fragebogen aus. Die Empathiewerte korrelierten mit der Aktivität der Spiegelneuronen und der Aktivität der Amygdala während der Beobachtung und der Imitation der Gesichtsausdrücke. Diese signifikante Korrelation zwischen Empathie und der Spiegelneuronen Aktivierung könnte ein Hinweis für einen Mechanismus sein, der es Individuen ermöglicht zu fühlen, was andere fühlen. Gazzola, Aziz-Zadeh und Keysers (2006) konnten ebenfalls zeigen, dass bei Personen, die höhere Werte auf einer Empathie-Skala erreichten, die Spiegelneuronen stärker aktiviert sind, wenn sie Geräusche bekannter Handlungen hören, als bei Personen, die tiefere Empathiewerte erreichten. 1.3.3, Schaltkreisläufe von Empathie und Theory of Mind: Während sich die Neurowissenschaftler noch nicht einig sind, ob die Spiegelneuronen nur für die Imitation von Bedeutung sind oder auch in der Empathie eine grössere Rolle spielen könnten, streitet man sich auch über das Zusammenspiel der Perspektivenübernahme (ToM) und der Empathie. So wurden multidimensionale und integrative Modelle entwickelt, die ToM und Empathie gleichzeitig berücksichtigen (Decety & Jackson, 2004 Preston & de Waal, 2002). Das Hauptinteresse anderer Forscher liegt in der Unterscheidung der neuronalen Schaltkreise von Empathie und ToM (Singer, 2006). Eine Reihe von fMRT Studien beschäftigte sich allein mit der Fähigkeit der kognitiven Perspektivenübernahme. Gallangher und Frith (2003) konnten eine Aktivierung in einem spezifischen neuronalen Netzwerk feststellen, das hauptsächlich aus den kortikalen Arealen der temporal-parietalen Junction (TPJ), dem medialen Präfrontalkortex (mPFC), dem superioren temporalen Sulcus (STS) und den Temporalpolen besteht. Mehrheitlich wird jedoch davon ausgegangen, dass Einfühlung und kognitive Perspektivenübernahme gemeinsame Subfähigkeiten haben müssen, wie die Ich-Andere Unterscheidung. Eine wichtige Schlüsselrolle könnte darin die rechte temporal-parietale Junction (TPJ) spielen (Decety & Lamm, 2009). Diese Hirnregion ist in den meisten Neuroimaging-Studien über Empathie wie auch in den ToM Untersuchungen involviert. Sie scheint wesentlich zu sein für die Selbstbewusstheit und die Erkenntnis, dass die übernommenen Gefühle ihren eigentlichen Ursprung in der beobachteten Person haben (Lamm & Singer, 2010). Völlm et al. (2003) zeigten in ihrer fMRT Studie den Probanden Comics, die entweder eine empathische Einfühlung oder kognitive Perspektivenübernahme erforderten. So konnten sie zeigen, dass bei der ToM der STS eine wichtige Rolle spielt, während dies bei der Empathie weniger der Fall ist. Die Autoren gehen davon aus, dass diese Region für das Schlussfolgern über mentale Zustände anderer bedeutsam ist. Bei empathischen Aufgaben waren limbische Regionen wie die Amygdala und der anteriore cinguläre Cortex (ACC) stärker aktiviert als in den ToM Konditionen. Völlm et al. (2003) nehmen an, dass ToM und Empathie jedoch stark verlinkt sind in Bezug auf die soziale Wahrnehmung. Die neuronalen Netzwerke von ToM und Empathie überlappen sich stark, was sich beispielsweise in der Aktivierung der TPJ wie auch dem mPFC deutlich zeigt. Der mediale präfrontale Cortex (mPFC) hat gemäss Decety und Jackson (2004) mehrere Aufgaben in Bezug auf ToM und Empathie. Er ermöglicht die Integration der eigenen kognitiven Konzepte, der impliziten affektiven Schemata und der empathiebasierten Antizipation möglicher Reaktionen des andern Individuums. So verhilft der mPFC zu einer effektiven Selektion und zur angepassten Planung des Verhaltens. Manche Forscher betrachteten gezielt die Prozessierung der Empathie im neuronalen Netzwerk, ohne diese mit der ToM in Verbindung zu bringen. Speziell hervorgehoben wurde in diesen neurowissenschaftlichen Empathie-Studien oft die Rolle der anterioren Insula (AI) in der Prozessierung sozialer Emotionen (Lamm & Singer, 2010). Soziale Emotionen werden definiert als affektive Zustände, die nicht nur auf das Selbst bezogen sind, sondern abhängig sind vom sozialen Kontext und bei der Interaktion mit andern Menschen auftauchen. Dazu gehören Empathie, Mitleid und interpersonelle Phänomene wie Fairness und Kooperation (Lamm & Singer, 2010). Die Bedeutung der AI für die Empathie zeigt sich beispielsweise in den Forschungsergebnissen von Sterzer, Stadler, Poustka und Kleinschmidt (2007), die Jugendliche mit Verhaltensstörungen untersuchten. Es zeigte sich bei den Probanden im Vergleich mit einer Kontrollgruppe eine signifikante Reduktion der grauen Hirnmasse im bilateralen anterioren insulären Kortex. Ausserdem korrelierte das Volumen der AI signifikant mit den durch einen Fragebogen erhobenen Empathiewerten. Ebenso interessant für die Empathieforschung in der Neurowissenschaft scheint die Rolle des anteroiren cingulären Cortex (ACC) zu sein. Der ACC ist auch bei Aufmerksamkeitsprozessen involviert (Nomi et al., 2008) und könnte bei der Beobachtung oder Vorstellung des affektiven Zustands der andern Person eine wichtige Rolle spielen. Die Rolle des ACC wird auch mit der subjektiven affektiven Dimension bestimmter Empfindungen wie Schmerz in Beziehung gebracht (Singer et al., 2004). ACC und AI scheinen gemäss diesen Autoren die emotionale Erfahrung zu reflektieren und könnten somit das Verständnis der Gefühle von uns selbst wie auch der Gefühle anderer darstellen.

Über den Autor

Katja Margelisch, Psychologin FSP, wurde 1972 in Brig geboren. Nach einer 15 jährigen Tätigkeit als Grundschullehrerin studierte sie von 2008-2013 Psychologie an der Universität Bern. Aktuell arbeitet sie als Assistentin und Doktorandin an der Universität Bern und ist als Neuropsychologin in der Universitären Kinderklinik in Bern tätig. Ihre Faszination für die Neurowissenschaften und ihre vielfältigen Erfahrungen in der pädagogischen und psychologischen Praxis motivierten sie, sich der Thematik des vorliegenden Buches zu widmen.

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