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Geisteswissenschaften


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Produktart: Buch
Verlag: Bachelor + Master Publishing
Erscheinungsdatum: 03.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 36
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Pyotr Magnus Nedov hat die Erfahrung gemacht, dass man als Filmemacher die Form der zu erzählenden Geschichte unterwerfen sollte. Manche Geschichten lassen sich besser linear erzählen, manche Geschichten funktionieren besser als Roman oder Theaterstück manche Geschichten funktionieren besser non-linear, wie eben Iñarritús vielgelobtes Spielfilmdebüt ‚Amores perros.‘ Anhand dieser Arbeit möchte der Autor ein kleines, aber feines Werkzeug erschaffen, mithilfe dessen man einige der (möglichen) Techniken der non-linearen Filmnarration besser verstehen und nutzen kann, um sie praktisch auch in den eigenen (filmischen) Arbeiten einfließen lassen zu können. Aus diesem Grund bemüht sich der Autor um eine klare und einfache Sprache und beschränkt das Fachvokabular auf ein Minimum, um die Erkenntnisse der vorliegenden Arbeit auch dem filminteressierten Laien zugänglich zu machen.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 3.3, Das Triptychon. Die formale Ebene: Auf der formalen Ebene hat sich A.G.I. verschiedener Mittel bedient, um die einzelnen Teile des Triptychons voneinander abzugrenzen. Anbei einige Beispiele. Filmmaterial, Licht und Farben: Das gesamte Filmmaterial von Amores perros wurde mithilfe des skip-bleach-Verfahrens gebleicht, um stärkere Kontraste zu erzielen. Darüber hinaus wurde beim ersten (I) und dritten Teil (III) des Triptychons jeweils körnigeres Filmmaterial verwendet das zweite Fragment (II) wurde auf unterschiedlichem Filmmaterial gedreht, um es sauberer und schärfer zu machen. In Kapitel I fällt die Verwendung der Primärfarben grün, blau und rot auf, die durch das skip-bleach-Verfahren als Mischfarben, die grau und schmutzig wirken, auftreten. Ebenfalls ist die Kleidung der Figuren in I in diesem Farbton auffällig. Im zweiten Fragment des Triptychons (II) ist die Licht- und Farbstimmung von weichen und warmen Farben gekennzeichnet. In III dominiert, neben Blau- und Grüntönen, der Grauanteil die Farbgebung. Diese Unterscheidung der einzelnen Kapitel wird in Bezug auf die Kostüme und Ausstattung fortgesetzt. Kamera: Die Kameraarbeit unterscheidet sich ebenfalls von Fragment zu Fragment. In I ist die Kameraführung (Handkamera) rhythmisch und aggressiv in II statischer in III kantig und elegant , wie es Rodrigo Prieto, der Kameramann des Films, ausdrückt. Für jede Geschichte wurden jeweils verschiedene Optiken verwendet, um etwa in Geschichte I Nähe zu erzielen in Geschichte III aber auf Distanz zu gehen und so El Chivos Isoliertheit besser zu erzählen. 3.4, Das Triptychon auf der Zeitebene: Der Autounfall spielt eine zentrale Rolle in Amores Perros . Er nimmt großen Einfluss auf die Protagonisten aller 3 Geschichten des Triptychons und verändert deren Schicksale (wie wir in 3.2. bereits gesehen haben). Der Autounfall wird zudem ganze 4 Mal gezeigt (im Einführungsteil aus Octavios Perspektive) und dann wieder 3 Mal aus jeweils der Perspektive der Protagonisten der einzelnen 3 Geschichten des Triptychons. Es scheint, dass die zentrale Frage des Films um den Autounfall kreist: Was hat zum Autounfall geführt und was sind seine Konsequenzen? Um diese Frage aus der Perspektive der Beteiligten zu schildern, hat A.G.I. die Linearität der histoire zu einem non-linearen discours dekonstruiert. Wie er nun genau beschaffen ist, werden wir uns auf der Zeitebene ansehen. Zunächst fällt auf, dass die einzelnen Teile des Triptychons nicht gleich lang sind (in Bezug auf die Erzählzeit). Bei einer Gesamtlänge von 154 Minuten, also 2 Stunden 34 Minuten Erzählzeit, nehmen die einzelnen Episoden folgende Erzählzeit ein: Teil I (Octavio und Susana) 60 Minuten [grob:VERGANGENHEIT]. Teil II (Daniel und Valeria) ca. 30 Minuten [grob:GEGENWART]. Teil III (El Chivo und Maru) 60 Minuten [grob:ZUKUNFT]. (+ ca. 2 Minuten Abspann). Auf der Zeitebene interferieren die 3 Teile des Triptychons folgendermaßen miteinander: 1. TEIL I Octavio und Susana (0'-60') [VERGANGENHEIT] 00' 00'' - 03'05'' Intro (Verfolgungsjagd Octavio bis zum Autounfall). Nach dem Aufprall sehen wir das zweite am Unfall beteiligte Auto. Die blutverschmierten Hände einer im Auto eingeklemmten jungen Blondine gleiten über die Schutzscheibe. Die Frau versucht verzweifelt, das Seitenfenster zu öffnen, schafft es aber nicht, die Tür klemmt. Man hat das Gefühl, dass die Frau, die wir nicht kennen [Valeria] erstickt. Das ist der erste Hinweis auf Geschichte II. (1. II) Man fragt sich, wer diese Frau ist und was mit Octavio passiert ist. Was mit Octavio nach dem Unfall passiert ist, wissen und erfahren wir im Intro jedoch nicht. Schwarzblende: Einblendung Titel Octavio und Susana (03'20'') Es wird nun ein zeitlicher Rückgriff gemacht und in der nächsten knappen Stunde erzählt A.G.I., wie es zum Unfall gekommen ist (aus Octavios Perspektive). Es ist also in Bezug auf das Intro und auf den Autounfall ein in der Vergangenheit liegender Teil. 04'00'' Erste Hundekampfszene. Zwei scharfe Hunde werden in einer Hundekampfarena aufeinander losgelassen. Unmittelbar nach ihrem Aufeinanderkommen erfolgt der Schnitt auf eine schmutzig-grüne Hausfassade. 05'00'' Susana kommt nach Hause in eine vollgekrempelte Wohnung. Schmutzige Grün- und Blautöne dominieren. In der Küche bittet Susana die Mutter ihres Mannes Ramiro, auf ihr Baby aufzupassen. Die Frau lehnt ab. Schnitt. 05'33'' Wir sehen einen schmutzigen ungepflegten Streicher in Karl-Marx-Look [El Chivo], durchwegs in grau angezogen, der mit einem Schiebewagen an einer stark befahrenen Straße mit zirka 7 Hunden unterwegs ist. Das Bild ist beinahe durchgehend grau. Das ist der erste Hinweis auf Geschichte III (1.III) Auf der Tonebene hören wir bereits das heftige Anblaffen der Hunde in der Hundekampfarena, bleiben aber im Bild noch bei dem Streicher, den wir noch nicht kennen. Schnitt. 06'-09' Hundekampf: Unmittelbar danach setzt El Jarocho (Octavios Konkurrent in der Hundekampfarena) seinen Kampfhund auf El Chivos Hunde an. El Chivo ist nicht zu sehen (09'33'') hinter einer Ecke taucht er auf, sagt nichts, sondern lächelt El Jarocho an und zückt eine Machete (09'55'')- das ist das zweite Mal, dass wir El Chivo in Teil I sehen, ohne etwas über ihn wirklich zu wissen (2.III). El Jarocho dreht sich um, lässt von El Chivos Hunden ab, bemerkt Cofi und lässt seinen Kampfhund auf Cofi los. Die Kamera bleibt auf die Gesichter der Freunde von El Jarocho gerichtet man sieht nicht, was mit den Hunden passiert. Schnitt. Über ein ECU (Extreme Close Up/ Detailaufnahme) auf ein Fernsehbild gelangen wir in Octavios Zimmer (Octavio sieht fern). Susana ist bei ihm. Hier erfahren wir, dass Ramiro Susana einen Ohrring vom Ohrläppchen heruntergerissen hat (weil sie ihm die Arbeitskleidung falsch gewaschen und nicht auf Cofi aufgepasst hat). Schnitt: 11'30'' El Chivo betrachtet das Foto (grau) eines älteren gut gekleideten Geschäftsmanns es fallen seine überlangen schmutzigen Fingernägel und gefurchten Hände auf. El Chivo schiebt eine Patrone in ein leeres Magazin und schiebt dieses mit einer Patrone geladene Magazin in eine Pistole hinein (3.III). Schnitt. Octavios Mutter beschwert sich bei Octavio, dass er alleine mit der Frau seines Bruders Ramiro in seinem Zimmer sitzt. Ihr gefalle das nicht. Ramiro und Octavio essen in der Küche. Ihre Mutter fragt Ramiro nach Geld (die Eier, die er da isst, gebe es nicht umsonst, sagt sie). Ramiro sagt, er hätte keins Octavio glaubt ihm nicht. Schnitt. 15'48'' ECU von einer Kochplatte. Gemüse wird angebraten. Wir sehen den Geschäftsmann von El Chivos Foto, der gutgelaunt isst. Er sitzt mit dem Rücken zur Glasfront des Restaurants, vor der El Chivo ihn beobachtet. El Chivo zückt seine Pistole und erschießt den Mann durch die Glasfront mit einem Schuß (4.III). Wieder ECU von der Kochplatte. Das Blut des Geschäftsmanns brutzelt auf der Platte. Schnitt. 16'38'' Wir sind im Auto mit einer unbekannten Frau und zwei Mädchen auf dem Rücksitz. Der elegant angezogene (Anzughemd, Krawatte) 40-jährige Mann, der den Wagen lenkt, schweigt in Gedanken versunken [Daniel]. Er ist offensichtlich genervt. Eine riesige rote Reklamewand, auf der eine sich lasziv vorbeugende Blondine in Barbie-Look [Valeria] ein Parfüm der Marke enchant (dt: verzaubern ) bewirbt, kommt zum Vorschein. Subjektive vom Mann, der auf die Reklametafel schaut. Aus dem Off Telefonklingeln zu hören. Schnitt. Wir sind im Eingangsbereich eines wohlhabenden Hauses. Ein Telefon an der Wand. Es klingelt. Die Kinder laufen hin, heben ab es meldet sich keiner zu Wort. Kurze Zeit später klingelt es erneut der Mann [Daniel] läuft die Treppe runter zum Telefon, doch die Frau, die mit ihm und den Töchtern im Auto sass, seine Frau, scheint es, geht ran. Wieder legt der Anrufer auf. Sie ist misstrauisch (2.II). Schnitt: 17'27'' Octavios Zimmer. Susana erzählt ihm, dass sie wieder schwanger ist (ungewollt) und dass sie Angst hat, dass Ramiro sie deswegen umbringt. Ramiro überfällt eine Apotheke. 20' El Chivo [von dem wir zu diesem Zeitpunkt immer noch so gut wie nichts wissen, auch den Namen nicht) kommt nach Hause zurück, liest die Todesanzeige des von ihm getöten Geschäftsmanns (freut sich darüber]. Auf der nächsten Seite entdeckt er die Todesanzeige einer Frau [seiner Frau, wie wir später erfahren werden] und bricht in Tränen aus (5.III). Schnitt: 22'20'' Susanas Zimmer, in rotes Licht eingetaucht. Ramiro kommt zurück und schenkt ihr einen Walkman. 29'20'' Octavio bringt Susana Einkäufe für ihr Baby und Geld (von seinem ersten Hundekampf). Schnitt:

Über den Autor

Pyotr Magnus Nedov wurde 1982 in Chisinau, Sowjetunion (Moldawien) geboren. Studium der Keltologie, Romanistik, Filmwissenschaften und Filmregie an der Sorbonne Paris, RGGU Moskau, Université de Montréal, am SAE Technology Institute und an der Universität Wien. Forschungsaufenthalte am National Film Board of Canada und an der Cinémathèque québécoise. 2008 Promotion zum Doktor der Philosophie an der Universität Wien mit einer filmwissenschaftlichen Arbeit über Pierre Falardeau. 2009 bis 2013 Postgraduales Filmstudium an der Kunsthochschule für Medien Köln (KHM) mit Schwerpunkt auf Drehbuch und Spielfilmregie. Sein Abschlussfilm Kosherland feierte seine Premiere auf dem Max-Ophüls-Festival und wurde mehrfach ausgezeichnet. 2013 erschien sein Roman Zuckerleben bei DuMont. Er lebt und arbeitet als Autor und Filmemacher in Berlin.

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