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Produktart: Buch
Verlag: Bachelor + Master Publishing
Erscheinungsdatum: 07.2012
AuflagenNr.: 1
Seiten: 104
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Seit jeher fasziniert Havanna, die Hauptstadt Kubas, durch ihren schillernden Charakter. Wegen ihrer afrikanischen und europäischen Wurzeln, die sich in einer einzigartigen Kultur äußern, wegen ihrer bewegten Geschichte, aber auch wegen ihrer vielseitigen Architektur, ihres eigenen Lichts und ihrer besonderen Lage übt Havanna eine spezielle Anziehungskraft aus. Als eine der ältesten Städte Lateinamerikas und der Karibik wurde sie schon früh mythisch verklärt: Galt sie unter den spanischen Kolonisatoren als ‚Schlüssel zur neuen Welt‘, wurde sie später zum glitzernden ‚Montecarlo der Karibik‘ und zur ‚Krone der Antillen‘ (Grau 1988). Havanna wurde schon früh literarisch reflektiert: Erste kubanische Autoren begannen Anfang des 19. Jahrhunderts, in Sittenschilderungen das städtische Leben zu beschreiben, aber auch ausländische Schriftsteller interessierten sich schon früh für das ‚exotische‘ Havanna (Álvarez-Tabío 2000). Im Rahmen dieser Arbeit sollen Romane analysiert und kontrastiert werden, die sich auf das Havanna in den letzten Jahrzehnten vor der kubanischen Revolution von 1959 beziehen. Im Zentrum der Analyse soll Guillermo Cabrera Infantes Tres tristes tigres stehen, da dieser als kubanischer Roman eine spezielle Innensicht der Stadt bietet, die sich von den Darstellungen der nichtkubanischen Autoren abhebt. Die Vergleichsbasis stellen Oscar Hijuelos´ The Mambo Kings Play Songs of Love und Graham Greenes Our Man in Havanna dar, jedoch sollen auch Ernest Hemingways To Have and Have Not und Islands in the Stream sowie die Havannapassage in Max Frischs Homo Faber in die Analyse einbezogen werden, wenn sich aus diesen Romanen ein interessanter Vergleich ergibt.

Leseprobe

Textprobe: 2.2. Die Großstadt in der Literatur Da in dieser Arbeit die Auseinandersetzung mit Havanna in der Literatur im Mittelpunkt steht, soll hier ein Überblick darüber gegeben werden, wie die Stadt in der lateinamerikanischen Literatur bis jetzt dargestellt wurde, und wie sie durch europäische oder nordamerikanische Augen betrachtet wurde. Zwangsläufig muss deshalb die Betrachtung der europäischen Großstadt in der Literatur in den Hintergrund treten. Europäische Bilder der Stadt interessieren in diesem Zusammenhang nur als Kontrast zum Bild der lateinamerikanischen. Metropole und Moderne sind, diesseits und jenseits des Atlantiks, zwei nicht voneinander trennbare Phänomene (Scherpe 1988a: 8). Die moderne Großstadt gilt - überall auf der Welt - als die ‘gravierendste Revolution für die Struktur der Erfahrung’ (Fisher 1988: 106). Uneinigkeit herrscht lange Zeit lediglich darüber, ob die Großstadt eine ungesunde Reizüberforderung darstellt, vor der sich der Großstädter durch die Ausbildung von ‘Blasiertheit’ schützen muss, oder ob aus den veränderten Wahrnehmungsmustern auch ein Gewinn für die Kunstproduktion resultieren kann. Die bedeutendsten Vertreter dieser beiden konträren Pole sind Georg Simmel einerseits und Walter Benjamin andererseits. Während sich das Wesen der europäischen Städte schon mit der Industrialisierung grundlegend wandelte, erreichte der Transformationsprozess der lateinamerikanischen Städte erst Mitte des 20. Jahrhunderts seinen Höhepunkt. Aus den alten Kolonialstädten wurden, in einem gewaltigen und abrupten Wandel, moderne Metropolen. Traditionelle Zentren wurden zerstört, die Bevölkerungszahlen explodierten, das Stadtgebiet wuchs rasant an (Álvarez-Tabío 2000: 318f.). Die ‚neuen‘, mit den alten nicht mehr vergleichbaren Städte entwickelten sich allmählich zum Ort und zum Sujet der Moderne (ebd.: 15). In Europa setzte der Prozess der Auseinandersetzung mit der neuen Realität früher ein, da die Städte bereits früher ihr Wesen geändert hatten. Die Möglichkeiten der Stadt als Objekt der Fiktion wurden Mitte des 19. Jahrhunderts entdeckt. Es entstanden im Realismus die ersten Romane, die die neue industrialisierte Stadtrealität schilderten und nach innovativen Ausdrucksformen suchten (Bernal 1980: 27f.). Da die Erzählbarkeit der Großstadt abhängig vom Gegenstand ist, müssen Inhalt und Form der Literatur im Versuch der Mimesis dem neuen Gegenstand der modernen Großstadt angepasst werden (Scherpe 1988a: 8). Der Versuch, die Stadt zu erfassen, stellt Autoren nicht nur vor inhaltliche, sondern auch vor formale Probleme. Die neue Stadtrealität braucht neue Ausdrucksformen, die Schriftsteller ein neues literarisches Inventar. Dabei sind Technik und Themen eng mit der (Sozial-) Geschichte der Stadt verbunden (Bernal 1980: 29). Während sich die heutigen Metropolen herausbildeten, entwickelte sich auch die Literatur in der Auseinandersetzung mit dem Gegenstand Stadt weiter (Corbineau-Hoffmann 2003: 7f.). Bei den Schriftstellern der Moderne wurde die Stadt nicht mehr bloß als ein Sujet, sondern als eine Bewusstseinsstruktur gesehen (Fisher 1988: 112). Autoren wie Döblin, Dos Passos oder Joyce ließen bereits seit den 20er Jahren die mediale und funktionale Brechung der Großstadtwahrnehmung in ihre Texte einfließen (Scherpe 1988b: 141). In Lateinamerika fanden ähnliche Prozesse ab Mitte des 20. Jahrhunderts statt. Die nueva novela brach mit vorherigen literarischen Traditionen und machte die Stadt als Ort der Gegensätze und der gravierenden sozioökonomischen Veränderungen zum literarischen Stoff (Bernal 1980: 45). Da die lateinamerikanischen Metropolen ein neues und unvergleichbares Phänomen waren, so wie auch die europäischen Metropolen zu Beginn der Industrialisierung, verlangten sie einen Stil der Wiedergabe, der mit ihrer Essenz korrespondierte (ebd.: 37f.). Der Aufstieg des Stadtromans war eng verbunden mit neuen narrativen Techniken, die der lateinamerikanischen Großstadt als Gegenstand angepasst waren (Carpentier 1981: 14f.).

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