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Geschichte


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Produktart: Buch
Verlag: Diplomica Verlag
Erscheinungsdatum: 02.2021
AuflagenNr.: 1
Seiten: 64
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Der 20. Juli 1944 ist in der deutschen Geschichte mit dem gescheiterten Stauffenberg-Attentat auf Hitler, dem bedeutendsten Umsturzversuch des militärischen Widerstands im Dritten Reich, untrennbar verknüpft. Die Reichsexekution gegen Preußen hingegen, der sogenannte Preußenschlag vom 20. Juli 1932, beseitigte den letzten Hort der Weimarer Demokratie: Die Reichsregierung von Papen löste die demokratisch legitimierte preußische Regierung – auf dem Weg zweier Notverordnungen des Reichspräsidenten von Hindenburg – durch Reichskommissare ab. Die Hitler-Bewegung war in die Staatsstreichpläne einbezogen. In dem Irrglauben die NSDAP kontrollieren zu können, ebnete man ihr letztlich den Weg zur Machtübernahme 1933. Dieses Buch zeichnet im ersten Teil die Handlungen nach, legt mit großer Sachkenntnis die Motivlagen der Hauptakteure frei und beleuchtet den Preußenschlag aus politikwissenschaftlicher und historischer Sicht. Der zweite Teil befasst sich mit der juristischen Aufarbeitung der Reichsexekution im Prozess Preußen contra Reich vor dem Staatsgerichtshof, in dem Carl Schmitt als Vertreter des Reiches die Hauptrolle einnahm und endgültig den erstrebten Zugang zum Machthaber gefunden hatte.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 3. Die Präsidialregierung Papen: Mit dem Präsidialkabinett Heinrich Brünings (29. März 1930 – 30. Mai 1932) hatte die schleichende Aushöhlung des parlamentarischen Systems begonnen. Trotz seiner Remonarchiesierungsideen war Brüning gleichwohl der letzte Kanzler der Republik, dessen Politik sich noch an rechtsstaatlichen Grundsätzen zumindest orientierte. So ist denn für Heinrich August Winkler der Sturz Brünings auch ein tiefer historischer Einschnitt . Mit ihm endete am 30. Mai 1932 die erste, gemäßigt-parlamentarisch tolerierte Phase des Präsidialsystems. Nach Brüning begann eine zweite, autoritäre und offen antiparlamentarische Phase. Trotzdem war die Machtstellung des Reichspräsidenten gegenüber allen anderen Verfassungsinstitutionen bereits unter Brüning extrem gesteigert worden. Auf dem von Brüning planierten Terrain konnte das autoritäre Präsidialregime nach Brünings Sturz mühelos weiter ausgebaut werden . In diesem politischen System, in dem parlamentarische Entscheidungs- und Kontrollfunktionen weitgehend ausgeschaltet waren, standen Personen im Fokus der politischen Macht, die das Vertrauen des Reichspräsidenten genossen. Der katholisch-westfälische Adelige, monarchistische Zentrumspolitiker und preußische, politisch weit rechts stehende Landtagsabgeordnete Franz von Papen, wurde eine dieser Personen: Hindenburg ernannte sein Fränzchen am 1. Juni 1932 als Nachfolger Brünings zum neuen Reichskanzler. Papen war der einzige Politiker des Zentrums gewesen, der im April 1932 nach der Wahl Hindenburgs zum Reichspräsidenten und vor den Preußenwahlen die Bildung einer Regierungskoalition von Zentrum und nationaler Rechter (Deutschnationale und Nationalsozialisten) öffentlich gefordert hatte. Wie die Börse reagierten die größeren deutschen Länder auf den Amtsantritt Papens mit großem Misstrauen. Insbesondere seine Ankündigung eine Reichsreform zu initiieren, ließ bereits Anfang Juni 1932 Konflikte zwischen Reich und Ländern erwarten. Wer den Dualismus zwischen Reichs- und Preußenregierung, die Diskrepanz der Länder hinsichtlich Größe, Einwohnerzahl und Leistungsfähigkeit, die Handhabung des Ausnahmerechts gemäß Art. 48 WRV sowie die Kompetenzabgrenzung zwischen Reich und Ländern anders als auf dem Verhandlungsweg in Angriff nehmen wollte, mußte mit dem entschiedenen Widerstand insbesondere der großen Länder rechnen. Den Politiker Papen hatte Hindenburg allerdings der für ebenso fähig wie intrigant eingeschätzte General Kurt von Schleicher nahegelegt , der als Regisseur des Sturzes Brünings und spiritus rector der Regierung Papen, als Reichswehrminister der eigentlich starke Mann in Papens Kabinett der Barone war und zum engsten Beraterkreis Hindenburgs zählte. Auf den Vorwurf: Der Papen ist doch kein Kopf! , habe Schleicher ungerührt geantwortet: Das soll er ja auch nicht sein. Aber er ist ein Hut . Noch während der Amtszeit Brünings war es am 8. Mai 1932 zu einem Treffen zwischen Schleicher und Hitler gekommen, dessen Ergebnis Schleicher, der politische Großdrahtzieher jener Monate (Franz Walter), als Abmachung verstand: Schleicher versprach, dafür zu sorgen, daß die Regierung Brüning entlassen, das SA-Verbot aufgehoben, der Reichstag aufgelöst und neu gewählt würde, während Hitler zusagte, eine nationale Präsidialregierung tolerieren zu wollen . Papen – seinen Partei freund Brüning durch intriganten Sturz beerbend – war nach seiner Ernennung aus dem Zentrum ausgetreten, um seinem Ausschluss wegen Illoyalität zuvorzukommen. Keine Regierung der Republik war isolierter wie dieses Präsidialkabinett schon bei seiner Einsetzung. Brüning war bis zuletzt von einer Mehrheit des Reichstags und insbesondere von der SPD immerhin toleriert worden, Papen, wenn überhaupt, dann nur von DVP und DNVP. So beendete die SPD auch umgehend ihre Tolerierungspolitik und plante einen Misstrauensantrag: Dementsprechend musste Papen einen Zusammentritt des Parlaments vermeiden, wollte er nicht ein Misstrauensvotum und die Aufhebung der präsidialen Notverordnung riskieren. So wurde er zum einzigen Reichskanzler, der niemals im Parlament sprach. Selbst seine Regierungserklärung verlas er am 4. Juni im Rundfunk (…) . Dem geplanten Misstrauensantrag begegnete die Regierung jedoch umgehend: sie veranlasste den Reichspräsidenten den Reichstag aufzulösen. Schleicher hatte im Bund mit Hindenburg seine verabredeten Zusagen an Hitler prompt erfüllt. Brüning war entlassen, das SA-Verbot aufgehoben, der Reichstag am 4. Juni 1932 mit der Begründung aufgelöst, er entspreche nicht mehr dem Willen des deutschen Volkes Reichstagswahlen waren für den 31. Juli 1932 angesetzt worden. Dabei präjudizierte die Aufhebung des SA-Verbots den Verlauf des bevorstehenden Reichstagswahlkampfs, der unter bürgerkriegsähnlichen Bedingungen ablaufen sollte. Quid pro quo stand die vage Zusage Hitlers, die Präsidialregierung Papen zu tolerieren. Dieses Vorgehen entsprach den Zielsetzungen Schleichers und den Intentionen Hindenburgs. Hindenburg präferierte ein Konzentrationskabinett auf breitester Basis mit fachlich hervorragenden Persönlichkeiten als Minister , das von den Rechtsparteien – einschließlich der NSDAP – und nicht von der SPD toleriert würde. Für Christopher Clarc war Papens Kabinett zu Recht eine Junta von Ultrakonservativen , die sich daran machte, die Republik zu demontieren. Auch Schleicher, Hauptexponent des Konzepts einer Zähmung Hitlers, strebte ein dauerhaft antiparlamentarisch-autoritäres Präsidialregime an, das die NS-Bewegung integrierte, freilich in einer eher passiven, im wesentlichen durch Schleicher selbst definierten Rolle . Überdies wollte er die paramilitärischen SA-Verbände durch Eingliederung in die Reichswehr zur Landesverteidigung heranziehen – erst Recht seit der Völkerbund in Genf über den Wegfall der rüstungspolitischen Beschränkungen des Versailler Vertrags diskutierte.

Über den Autor

Wolfgang A. Mühlhans studierte Politik- und Rechtswissenschaften, Soziologie und Neueste Geschichte in Regensburg, Würzburg und Frankfurt am Main, wo er sein Studium mit dem Grad eines Diplom-Politologen abschloss. Seine Arbeitsschwerpunkte sind Staatstheorie, Staatsgeschichte, Staatsrecht und Staatsphilosophie. Mühlhans lebt und arbeitet als freier Autor im mittelfränkischen Uffenheim. Von ihm ist bereits folgender Titel erschienen: Carl Schmitt. Die Weimarer Jahre. Eine werkanalytische Einführung. Baden-Baden 2018.

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