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Geschichte


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Produktart: Buch
Verlag: Diplomica Verlag
Erscheinungsdatum: 08.2013
AuflagenNr.: 1
Seiten: 128
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Bhutan wird voraussichtlich als eines von ganz wenigen Ländern die UN-Milleniumsziele erreichen. Dieses Buch beschreibt den zwar oft steinigen, aber meist von Erfolg gekrönten Weg dorthin, der von absoluter Monarchie und Planwirtschaft über eine fast märchenhafte Demokratisierung bis zum Bruttoglücksprodukt führt.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 3, Die politische Entwicklung in den 50er- und 60er Jahren: 3.1, Die Beziehung zu den Nachbarstaaten: 3.1.1, Ein Zwerg zwischen zwei Riesen: Zu Beginn der 50er Jahre war Bhutan nach wie vor absolut von der Außenwelt isoliert, wenn man von den Beziehungen zum südlichen Nachbarn Indien absieht. Für westliche Bürger war es praktisch unmöglich, ins Land einzureisen. Dass diese selbst gewählte Isolation nicht auf Dauer haltbar war, wenn sich das Land nicht stets von Feinden umgeben wähnen wollte, war spätestens dem dritten König klar. Doch schon 1948 nahm Jigme Wangchuck, der zweite König, Kontakt zu den Vereinten Nationen auf, um eine eventuelle Mitgliedschaft zu erörtern. Der Kronprinz Jigme Dorje Wangchuck wurde für sechs Monate nach England geschickt, um sich mit der westlichen Kultur vertraut zu machen. Als der König 1952 starb, war das Land nach innen befriedet und gefestigt. Es wurde Zeit für einige grundlegende Reformen und Modernisierungen, die der neue, dritte König umgehend anging. Jigme Dorje Wangchuck gilt als der ‚Vater des modernen Bhutan’. ‘Wie seine Vorfahren war auch König Jigme Dorje Wangchuck sehr auf die Unabhängigkeit seines Landes bedacht. Er erkannte, daß ohne enge internationale Beziehungen sein Reich stets bedroht sein würde und daß die selbst gewählte Isolation aufgegeben werden müsse. Sein Leben lang verfolgte der König drei Ziele: die internationale Anerkennung Bhutans, die Entwicklung einer Infrastruktur und sozioökonomische und verfassungsrechtliche Reformen’. Das Freundschaftsabkommen mit Indien von 1949 sah vor, dass sich Bhutan in internationalen Angelegenheiten von Indien vertreten ließ und somit auch die indische Position einnahm. Dies war insofern keine neue Entwicklung, da Selbiges bereits 1910 in einem ähnlichen Vertrag beschlossen worden war und hier lediglich erneuert wurde. Diese einseitige Bindung an den südlichen Nachbarn barg, wie sich sehr bald herausstellen sollte, einiges Gefahrenpotential, denn das mittlerweile kommunistische China und Indien begannen wenige Monate später einen Grenzstreit, der bis heute nicht endgültig gelöst werden konnte und jahrzehntelange Eiszeitpolitik zwischen den beiden Großmächten hervorrief. Auslöser war der Chinesische Vormarsch nach Tibet und dessen Annexion im Oktober 1950. Bhutan wurde plötzlich zu einem strategisch wichtigen Grenzposten für Indien, da es nicht unter direktem indischen Militäreinfluss stand und deshalb eine leichte Beute für die chinesischen Invasoren abgegeben hätte. Die tibetanischen Widerstandskämpfer leisteten über Jahre hinweg immer wieder erbitterte Gefechte gegen die Besatzer. 1962 kam es schließlich zu Grenzübertritten der chinesischen Armee nach Bhutan und Indien. Diesen ging die Besetzung einzelner tibetanischer Enklaven in Bhutan und die Veröffentlichung einer neuen Grenzkarte durch Peking voraus, in welcher aufgrund historischer Ansprüche sowohl indisches, als auch bhutanisches Territorium China zugesprochen wurde. Die Folge war der Indochinesische Grenzkrieg 1962, der auch in Butan ausgefochten wurde. Nachach monatelangen Scharmützeln entschied schließlich China mit einer Großoffensive diesen Krieg für sich. Jedoch entschloss sich China, die südlich der Himalayagipfel gelegenen Gebiete nicht zu annektieren, sondern festigte seine Stellung an den Nordhängen des Gebirges und legte die Grenze so eigenmächtig fest. Das bhutanische Königshaus versuchte während dieser Zeit stets neutral zu bleiben, was aufgrund der engen Beziehungen zu Indien jedoch kaum möglich war. Zudem empfand auch die bhutanische Gesellschaft wesentlich mehr Verbundenheit mit den ihnen kulturell und religiös nahe stehenden Tibetern, als mit der Großmacht China. Im Gegensatz zu Bhutan hatte Nepal bereits damals ein Freundschaftsabkommen mit Indien und China geschlossen, das auf rechtlicher Gleichstellung beruhte und für eine ausgewogene Beziehung zu beiden Ländern sorgte. In Bhutans Elite regten sich nun erstmals Stimmen, die einen Vertrag nach nepalesischem Vorbild forderten. Vorerst sollten jedoch die Indo-bhutanischen Beziehungen noch enger geknüpft werden. 3.1.2, Das indische Hilfsprogramm: Seit dem Verlust der fruchtbaren Tiefebenen nach dem britisch-bhutanischen Krieg 1864-65 erhielt Bhutan eine regelmäßig erhöhte jährliche finanzielle Zuwendung von Indien als Ausgleichszahlung. Diese war an keine Vorgaben geknüpft und floss direkt in die Staatskasse. Somit könnte man diese Hilfe als generelle Budgethilfe ansehen, wie sie seit einigen Jahren von den Geberländern in der internationalen Entwicklungszusammenarbeit als Instrument der Entwicklungshilfe eingesetzt wird. Die indische Finanzhilfe wurde von ursprünglich 25.000 Rupien (Rs) 1865 in regelmäßigen Neuverhandlungen auf 50.000, 100.000 1910, bis Rs 500.000 1949 erhöht. Durch die kriegerischen Handlungen mit China vorsichtig geworden, entschied sich die indische Regierung in den 60er Jahren erstmals, eine Zusatzhilfe für militärische Zwecke bereit zu stellen. Ohne die indische Finanzhilfe wäre Bhutan tatsächlich sehr in Bedrängnis geraten, denn der traditionelle Handel mit Tibet wurde nach dessen vollständiger Annexion durch China von bhutanischer Seite total abgebrochen. Kurz zuvor hatte Indien ein offizielles Handelsembargo gegen Tibet verhängt. Da bis dato jedoch nach Indien noch kein ausreichendes Wegenetz bestand, konnten die Ausfälle in den ersten Jahren bei Weitem nicht durch die neue Ausrichtung kompensiert werden. Der Bau einer Autobahn nach Indien hatte deshalb absolute Priorität, sowohl für Bhutan als auch für die indische Armee, die auf Nachschub aus Indien angewiesen war. Diese erste Straßenverbindung nach Indien konnte 1962 eröffnet werden. Zum Bau der Straße wurde ein eigenes Arbeitsgesetz erlassen, das jede Familie verpflichtete, für jedes erwachsene Mitglied 23 Tage Arbeitsleistung zu erbringen – entweder von ein und demselben Familienmitglied oder abwechselnd. Solche unentgeltliche Arbeit für Großprojekte gehörte in Bhutan seit jeher zu den Abgaben, die an das Königshaus geleistet werden mussten. Auch die Klöster hatten das Recht auf diesen Tribut und nutzten ihn ausgiebig, wenn ein Neubau oder eine Renovierung anstand. Bis in die Sechzigerjahre waren Abgaben in Form von Naturalien die übliche Steuerleistung des Volkes an Königshaus und Klöster. Diese konnten teilweise bis zu 50% der bäuerlichen Ernte ausmachen. 1961 wurde von König Jigme Dorje Wangchuck der erste Fünf-Jahres-Plan zur Modernisierung Bhutans in Kraft gesetzt. Das Budget für diesen und die beiden folgenden Fünf-Jahres-Pläne wurde von Indien allein finanziert, da Bhutan praktisch über keine finanziellen Mittel verfügte. Der Hauptgrund für Indien mochte die Sicherung des Landes nach Norden hin gewesen sein unter anderem deshalb beinhalteten die ersten Pläne insbesondere Infrastrukturprojekte, wie die ersten Autostraßen und Krankenhäuser. Indien beteiligt sich bis heute mit über 60% am bhutanischen Staatsbudget, wobei zumindest teilweise festgelegt ist, für welche Projekte die finanzielle Hilfe geleistet wird. Indien war und ist für Bhutan der wichtigste Partner, sowohl als Geberland von Entwicklungshilfe, als auch als Handelspartner. Noch heute werden über 90% des bhutanischen Außenhandels mit Indien getätigt, wie im Kapitel zur ökonomischen Entwicklung noch genauer erläutert wird.

Über den Autor

Ramon Kathrein wurde 1981 in Lustenau (Österreich) geboren. Er studierte in Marburg Politikwissenschaft und unternahm, trotz seiner frühzeitigen Erblindung, bereits während des Studiums ausgedehnte Reisen nach Südostasien. Dort hörte er auch das erste Mal von Bhutan und dessen Bruttoglücksprodukt, das ihn fortan faszinierte und zu diesem Buch führte. Er lebt und arbeitet heute in Freiburg im Breisgau.

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