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Geschichte

Sebastian Brüninghaus

Das Wort aus Stein: Bauen im Nationalsozialismus

ISBN: 978-3-8366-8940-3

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Produktart: Buch
Verlag: Diplomica Verlag
Erscheinungsdatum: 04.2010
AuflagenNr.: 1
Seiten: 98
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

In den Jahren 1933 bis 1945 setzte im Deutschen Reich eine erhöhte Bautätigkeit in allen Bereichen ein. Die noch existierenden Büro-, Verwaltungs- oder Regierungsgebäude, die ganz offensichtlich im Nazi-Stil gebaut worden sind, bestimmen das heutige Bild der Architektur des Dritten Reiches. Nicht allen Bauten des Nationalsozialismus sieht man jedoch auf den ersten Blick ihre Bauzeit an, da sie äußerlich keine Assoziation mit dieser Zeit hervorrufen. Das wirft die Frage auf, was eigentlich nationalsozialistische Architektur ausmacht, woran man sie erkennt, ob es den einen nationalsozialistischen Stil überhaupt gab. Tatsache ist, dass die Architektur der Politik dienen sollte, doch mit dieser Erkenntnis stellt sich erst recht die Frage, warum in verschiedenen Stilen gebaut wurde, müsste doch an sich ein einheitlicher, den Nationalsozialismus repräsentierender Stil existiert haben. Wenn alle Gebäude die Politik unterstützen sollten und dies in verschiedenen Gewändern taten, entsteht die Frage, ob verschiedene Gebäude unterschiedliche Funktionen in diesem System hatten und diese auch an der äußeren Gestaltung ablesbar waren. Waren jeweils eigene Formensprachen für bestimmte politische Ideen vorgesehen? Wenn ja, wie wurde dann ein Stil ausgewählt, um eine spezielle Idee zu verkörpern?

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 4.3.1, Die Führerstädte: Unter den Neubauplanungen in den großen Städten im Reich traten besonders die fünf Führerstädte hervor, die alle spezielle Funktionen hatten und Vorbildcharakter für alle anderen Städte im Reich haben sollten. Für jede Führerstadt sollte ein eigener Stil entwickelt werden, so dass diese alle einmalig gewesen wären. Jede Stadt hatte auch eine andere Aufgabe. Während Berlin beispielsweise die neue Stärke des Reiches als Weltmetropole vor allem auch nach außen demonstrieren sollte, war es die Aufgabe Nürnbergs, nach innen die Geschlossenheit und Kampfbereitschaft des Volkes zu symbolisieren. Hitler war in Bezug auf die Fertigstellung der Führerstädte, vor allem in Bezug auf die Hauptstadt Berlin sehr ungeduldig. In einem Führererlass forderte er am 25. Juni 1940 eine Fertigstellung der ... wichtigsten Bauaufgabe des Reiches ... [Hervorhebung im Original] bis 1950 und erwartete dafür von allen beteiligten Stellen volle Unterstützung. Albert Speer jedoch ging im gleichen Jahr davon aus, dass man bis 1950 allein nur mit den Planungen beschäftigt gewesen wäre, ohne dass irgendein Stadtumbau fertiggestellt worden wäre. Das größte Problem auf dem Weg zur Realisierung der Pläne bestand in der Materialbeschaffung. Allein für die Münchener und Nürnberger Planungen wäre die Menge an Granit, die pro Jahr in Dänemark, Frankreich, Italien und Schweden zusammen abgebaut wurde, aufgebraucht worden. Auch Arbeitskräfte gab es nicht genug. Beide Mängel sollten durch Eroberungen und Erbeutung von Material und Arbeitskräften in besiegten Ländern aufgehoben werden. Ein weiteres unausgesprochenes Problem war die Finanzierung der Bauten. Als Albert Speer vom Chef der Reichskanzlei um einen Kostenvoranschlag für die Maßnahmen in allen Führerstädten gebeten wurde, lehnte er dies am 23. August 1940 mit den Begründungen ab, dass so eine Gesamtberechnung unmöglich sei. Außerdem ... möchte auch der Führer derartige Untersuchungen nicht angestellt wissen . Nürnberg: Die Führerstadt Nürnberg sollte den Zusatztitel Stadt der Reichsparteitage tragen. Der Plan Hitlers, Nürnberg zur ständigen Parteitagsstadt zu machen, geht wahrscheinlich auf das Jahr 1927 zurück. Seitdem fanden in der relativ zentral im Reich gelegenen Stadt schon Parteitage der NSDAP statt. Die Idee hinter der Umgestaltung Nürnbergs war, dem Individuum durch das Erlebnis eines Parteitages das Gefühl zu geben, Teil einer großen Gemeinschaft zu sein. Auch dem Ausland sollte durch diese Massenveranstaltungen und die Zurschaustellung der Einigkeit Angst gemacht werden. Architektonisch war das Parteitagsgelände relativ wenig zusammenhängend, weil zum Teil schon Bauten errichtet wurden, bevor ein Gesamtplan erarbeitet worden war. Grund dafür war der Mangel an Kompetenzen. 1935 griff dann Speer in die Planung des gesamten Geländes ein, davor hatte aber eben schon die Stadt Nürnberg geplant und gebaut. Deren Pläne waren aber nicht gigantisch, vor allem waren sie aus der stadtplanerischen Perspektive entwickelt worden und sollten außerdem mit möglichst geringem finanziellem Aufwand realisiert werden. In den städtischen Plänen sollte beispielsweise die Kongresshalle als eine Art Stadthalle dienen, unter der Speerschen Planungshoheit sollte sie jedoch nur noch während der Parteitage genutzt werden. Bei den Planungen für Nürnberg blieb die Stadt zumindest offiziell beteiligt. 1935 wurde der Zweckverband Reichsparteitag Nürnberg ins Leben gerufen, in dem die Partei, das Deutsche Reich, das Land Bayern und die Stadt Nürnberg vertreten waren. Der endgültige Plan für das Parteitagsgelände, der aber dennoch aus der Feder Albert Speers stammte, sah eine Fläche von 60 Quadratkilometern vor. Darauf sollten das Deutsche Stadion, für 400.000 Menschen das größte der Welt, die Luitpold-Arena für 200.000 Menschen, das Märzfeld mit 500.000 Zuschauern für Darbietungen der Wehrmacht und die Kongresshalle für 60.000 Personen, die dem Kolosseum in Rom nachempfunden war, Platz finden. Zu den Parteitagen sollten zwei Millionen Menschen nach Nürnberg kommen. In der Rückbetrachtung über die Tribünengestaltung des Zeppelinfeldes spielt Albert Speer die Rolle, die Hitler bei seinen Bauten einnahm herunter und betont stattdessen die Wichtigkeit der künstlerischen Ausgestaltung: Zweifellos war das vom Pergamonaltar beeinflußt. Störend erwies sich die unentbehrliche Ehrentribüne, die ich so unauffällig wie möglich in der Mitte der Stufenanlage anzuordnen versuchte . Allerdings war die Tribüne weit mehr als eine Nachbildung des Altars. In ihr wurde vieles, was die nationalsozialistische Architektur ausdrücken sollte, kombiniert. An der Schauseite war sie ein offener Altar für die Bewegung, auf der abgewandten Seite wirkte sie verschlossen wie eine uneinnehmbare Festung. Die lange Säulenreihe stand für die Ordnung, und gleichzeitig war sie in ihrer Ausführung das moderne Element in diesem Bau. Wie bei allen Großveranstaltungen wurden auch in Nürnberg die Menschen, die nur als Masse wahrzunehmen waren, in der das Individuum aufging, im Grunde zum Baumaterial und zur Kulisse, die die riesenhaften Bauten ergänzte. Die Planungen für die Stadt Nürnberg beinhalteten aber nicht nur das Parteitagsgelände. Aus der Altstadt sollte zum Beispiel die Synagoge entfernt werden. Um die Altstadt herum waren moderne Verwaltungs- und Wohnblöcke geplant. Wie überall war auch in Nürnberg die Finanzierung der Bauprojekte völlig ungewiss. 1935, als Speer in die Planungen mit einbezogen wurde, ging dieser von Kosten von 125 Millionen Reichsmark für alle Bauten aus, aber allein der Rohbau der großen Halle kostete schließlich 208 Millionen Reichsmark. Im Kostenvoranschlag war sie 1934 insgesamt nur auf 2,2 Millionen Reichsmark beziffert worden. Bis 1934 hatte das Reich schon vier Millionen Reichsmark an Nürnberg überwiesen, weitere 10,2 Millionen Reichsmark sollten nach Hitlers Anordnung zur Verfügung gestellt werden, davon allein 8 Millionen Reichsmark nur für den Bau der Kongresshalle. Ab 1939 sollte die Stadt jährlich einen Zuschuss von 55 Millionen Reichsmark durch das Reich bekommen. Nürnberg hatte unter den Führerstädten einen hohen Stellenwert. An der Kongresshalle wurde bis 1943 gebaut, sie war schließlich der am weitesten fortgeführte Großbau der Nationalsozialisten.

Über den Autor

Sebastian Brüninghaus M.A., Jahrgang 1979, Studium der Geschichte (Hauptfach), der Politikwissenschaft und der Psychologie (Nebenfächer) an der FernUniversität in Hagen, Abschluss 2009 als Magister Artium.

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