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Geschichte


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Produktart: Buch
Verlag: Diplomica Verlag
Erscheinungsdatum: 12.2017
AuflagenNr.: 1
Seiten: 92
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Dezentralisierungsprozesse haben in einer Vielzahl von Ländern stattgefunden und dauern in vielen gegenwärtig noch an. Diesem Prozess konnte sich auch der Kosovo nicht entziehen. Doch was macht den Dezentralisierungsprozess im Kosovo spezifisch und welche positiven und negativen Ergebnisse hat die Dezentralisierung bisher für den Kosovo geliefert? Weiter stellt sich die Frage, inwieweit durch die Dezentralisierung der Frieden in einer multi-ethnischen Gesellschaft, wie sie der Kosovo ist, gesichert werden kann, und welchen Beitrag der Dezentralisierungsprozess im Kosovo bisher zur Integration von Minderheiten und insbesondere für den Schutz der Minderheitenrechte geleistet hat. Wurden die gesetzten Ziele erreicht oder hat der Dezentralisierungsprozess im Kosovo eher das Gegenteil bewirkt? Zudem strebt der Kosovo in fernerer Zukunft die Mitgliedschaft in der Europäische Union an. Somit ist auch die Reformierung der lokalen Selbstverwaltung notwendig, um sich der Regionalpolitik der EU anpassen zu können. Dieses föderalistische Konzept muss nach dem Grundsatz des Subsidiaritätsprinzips verlaufen, wobei fraglich ist, ob der Dezentralisierungsprozess im Kosovo auch im Einklang mit dem Subsidiaritätsprinzip steht. Diesen und weiteren Fragestellungen versucht die Autorin in der vorliegenden Studie nachzugehen und dabei zu untersuchen, inwieweit die Ziele des Dezentralisierungsprozesses im Kosovo bisher erreicht wurden. Insbesondere soll erläutert werden, wie sich der Dezentralisierungsprozess im Kosovo im völker- und europarechtlichen Kontext entwickelt hat, und ob er im Einklang mit den völker- und europarechtlichen Grundsätzen bezüglich der Dezentralisierung steht oder sich eventuell von diesen Grundsätzen losgelöst hat.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel III Rechtfertigungsgründe und Funktionen Die Dezentralisierung ist in den letzten zwei Jahrzehnten zu einem weltweiten Trend geworden, obwohl dieser Prozess tiefgreifende Reformbestrebungen verlangt und viele diskussionsbedürftige politische Fragen aufwirft. Die Befürworter der Dezentralisierung heben die Argumente hervor, dass durch die Dezentralisierung das Regierungshandeln auf die lokalen Bedürfnisse kleinerer und homogener Gruppen besser angepasst werden kann. Des Weiteren besteht die Annahme, dass in dezentralisierten Staaten die wirtschaftliche Entwicklung beschleunigt werden kann und auch die Bürokratie deutlich abgebaut wird und somit lokale Beamte imstande sind komplexe Verfahren schneller durchzusetzen. Auch wird die Effizienz und die politische Rechenschaftspflicht lokaler Regierungen gestärkt und auf diesem Wege ebenfalls die Demokratisierung gefördert und mehr Möglichkeiten geschaffen die Beteiligung der Öffentlichkeit an der lokalen Regierungsführung zu erhöhen. Kälin zufolge gewinne durch das Zusammenwirken lokaler Regierungen auch die Zentralregierung an mehr Legitimität, da aufgrund stärkerer Teilhabe der Bürger an öffentlichen Entscheidungen auch das Verhältnis zum Staat als Ganzes verbessert wird. Durch die Dezentralisierung wird die Schaffung eines Systems von checks and balances angestrebt, das die Möglichkeiten der Zentralebene ihre Befugnisse zu überschreiten oder gar zu missbrauchen deutlich einzuschränken versucht. Andere wiederum, die sich gegen die Dezentralisierung stellen, vertreten die Ansichten, dass meistens durch Mängel an personellen, finanziellen und technischen Ressourcen in den lokalen Regierungen, öffentliche Dienstleistungen nicht zufriedenstellend bereitgestellt werden könnten und daher die Macht an die relativ ressourcenreiche Zentralregierung bleiben solle. Durch die Dezentralisierung würden sich einerseits auch die finanziellen und sozialen Ungleichheiten zwischen den lokalen Einheiten erhöhen, aber eine allzu starke Dezentralisierung kann auch insbesondere in multiethnischen und postkonfliktuellen Gesellschaften zu Seperatismusbestrebungen führen. Je nach der Art des staatlichen Organisationsprinzips sowie den politischen oder wirtschaftlichen Entwicklungen eines Landes, unterscheiden sich oft auch die Motive die zu einem bestimmten Prozess der Dezentralisierung führen. In vielen Ländern ist die politische Transformation vom autoritären Staat in eine Demokratie der Hauptfaktor welcher oft die Notwendigkeit einer Dezentralisierung mit sich bringt. Dies hat auch einen Transitionsprozess zur Folge, wo die Dezentralisierung einen Bestandteil des Überganges von einer Zentralverwaltungswirtschaft in eine Marktwirtschaft darstellt. Auch in demokratisch entwickelten Ländern besteht oft die Notwendigkeit zur Dezentralisierung, um einerseits die Bürgerbeteiligung und die Rechenschaftspflicht der lokalen Regierung zu erhöhen und andererseits ebenfalls sich den politischen Entwicklungen der jeweiligen konkreten Reformen eines Landes anzupassen. In anderen Ländern und insbesondere im Kosovo ist der Prozess der Dezentralisierung ein Ergebnis politischer Verhandlungen, die durch ethnische Konflikte erstandene politische Krisen durch bestimmte Formen der Dezentralisierung zu bewältigen versucht. Jedoch stellen die Transformation von einem politisch autoritären System zum demokratischen Staat, der Übergang von einer Zentralverwaltungswirtschaft zur Marktwirtschaft und die Übertragung der Regierungshoheit von der internationalen Übergangsverwaltung an die unabhängigen staatlichen Institutionen des Kosovo, entscheidende Faktoren dar, die das Erfordernis zur Dezentralisierung der staatlichen Strukturen des Kosovo unerlässlich machen. Demnach kann der Dezentralisierungsprozess im Kosovo auch als ein Bestandteil des state-building Prozesses angesehen werden, da es zur Konsolidierung funktionsfähiger staatlicher Strukturen gezielt beiträgt. 1. Dezentralisierung als Grundlage von Good Governance Das Konzept der Good Governance findet Gebrauch sowie in Staaten als auch in internationalen Organisationen und meint verantwortungsvolle Regierungsführung bzw. verantwortungsvolle Führung der Staatsgeschäfte . Nach einem von dem Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP) veröffentlichten Policy Paper reiche Good Governance jedoch weit über das Konzept einer guten bzw. verantwortlichen Staatsführung. Good Governance dient vielmehr als Maßstab der Qualität einer Regierungsführung und als grundlegende Bedingung für nachhaltige Entwicklung, wobei Merkmale wie die Effektivität staatlichen Handelns und der Grad der Demokratisierung und Rechtsstaatlichkeit eine maßgebende Rolle spielen. Auch die Weltbank sieht die Relevanz der Good Governance für einen nachhaltigen Entwicklungsprozess, indem sie feststellt, dass sich Good Governance auf einen leistungsfähigen, effizienten, bürgernahen und entwicklungsorientierten Staat bezieht. So bleibt auch nach diesem Verständnis der wirtschaftliche Aspekt der Good Governance im Vordergrund. Die Europäische Gemeinschaft hingegen hat sich von den anfänglichen wirtschaftsorientierten Komponenten der Good Governance abgelöst und neigt nun zu den Schwerpunkten wie Demokratie, Partizipation, Transparenz und Verantwortlichkeit. So wird analog zu Good Governance der Begriff democratic governance verwendet, welcher die Achtung der Menschenrechte, Demokratisierung und Rechtsstaatlichkeit, Partizipation der Bürger und effiziente Leistungsfähigkeit einbegreift. Im Völkervertragsrecht wurde der Begriff des Good Governance erstmals in Art. 9 Abs. 3 des Abkommens von Cotonou aufgenommen. So heißt es dort, dass Good Governance transparente und verantwortungsbewusste Verwaltung der menschlichen, natürlichen, wirtschaftlichen und finanziellen Ressourcen und ihr Einsatz für eine ausgewogene und nachhaltige Entwicklung ist. Ähnliche Elemente erkennt auch die Menschenrechtskommission der Vereinten Nationen an und sieht Good Governance als erforderliche Bedingung für die Verwirklichung der Menschenrechte einschließlich des Rechts auf Entwicklung. Das Konzept der Good Governance richtet sich auf den Aufbau eines demokratischen Systems, der auf ein verantwortungsvollen Regierungs- und Verwaltungshandeln auf allen Ebenen sowie die Förderung der Partizipation von unten beruht. Dabei wird die Dezentralisierung als Mittel zur Umsetzung der wesentlichsten Elemente des Good Governance angesehen, die mithilfe einer starken Partizipation dezentrallokaler Gebietskörperschaften realisiert werden können. Somit stellt die Dezentralisierung der öffentlichen Verwaltung und die Förderung der Lokalverwaltung ein Mittel zum Aufbau von Good Governance dar.

Über den Autor

Kaltrina Shala wurde im Kosovo geboren. Sie studierte Rechtswissenschaften an der Universität von Prishtina, der Humboldt-Universität zu Berlin und der Georg-August-Universität Göttingen.

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