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Geschichte

Christopher Schulze

Der Schwarze Herzog: Friedrich Wilhelm von Braunschweig-Oels – Eine Biographie

ISBN: 978-3-95850-513-1

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Produktart: Buch
Verlag: Diplomica Verlag
Erscheinungsdatum: 09.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 200
Abb.: 19
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Das historische Gedächtnis der Deutschen an die Befreiungskriege wird heute von Personen wie Blücher, Wellington und Theodor Körner dominiert. Dabei war es ein Herzog aus Braunschweig, mit dem alles seinen Anfang nahm und ohne dessen Handeln die gemeinsame Erhebung der Deutschen gegen Frankreich im Jahre 1813 nicht denkbar gewesen wäre. Das Leben von Herzog Friedrich Wilhelm von Braunschweig-Oels war vollständig vom Kampf gegen das revolutionäre Frankreich geprägt. Seine Geschichte reicht vom Ersten Koalitionskrieg über die Schlacht bei Jena und Auerstedt bis hin nach Waterloo. Von Napoleon 1806 aus seinem Land vertrieben und besessen vom Gedanken, sich an dem Kaiser der Franzosen zu rächen, stellte er im Jahre 1809 ein Freikorps auf. Zum außenwirksamen Ausdruck seiner Gefühle und Absichten kleidete er sein Korps vollständig in tiefschwarze Uniformen, was ihm den Titel ‘Schwarzer Herzog’ einbrachte. Sein Marsch von Thüringen bis zur Nordsee ging in die deutschen Geschichtsbücher ein und machte ihn zu einer lebenden Legende.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 1.1, Kindheit in Braunschweig: Man war am 09. Oktober 1771 im Braunschweiger Residenzschloss gerade mit den letzten Vorbereitungen zum 36. Geburtstag des Erbprinzen Karl Wilhelm Ferdinands beschäftigt, als von den Wällen der Stadt 101 Kanonenschüsse die Geburt eines Prinzen verkündeten. An dem gleichen Tag des Jahres, an dem Erbprinz Karl Wilhelm Ferdinand vor 36 Jahren geboren worden war, erblickte nun auch sein jüngster Sohn das Licht der Welt. Friedrich Wilhelm wurde an diesem Vormittag zwischen zehn und elf Uhr als der vierte Sohn von Erbprinz Karl Wilhelm Ferdinand und dessen Gemahlin der Prinzessin Auguste von Hannover geboren. Zuvor waren seinem Vater bereits die Söhne Karl Georg August (geb. 08.02.1766), Georg (geb. 27.06.1769) und August (geb. 18.08.1770) sowie die zwei Töchter Auguste (geb. 03.12.1764) und Karoline (geb. 17.05.1768) geboren worden. Friedrich Wilhelm wurde in eine Zeit hineingeboren, in der die europäischen Fürsten noch uneingeschränkt herrschten, oder wie Heinrich Heine es formulierte: ‘die Krone war ihnen am Kopfe festgewachsen’. Die Französische Revolution und die schwerwiegenden Auswirkungen, die sie für Europa und das Herzogtum Braunschweig haben sollte, zeichneten sich noch nicht am Horizont ab. Seine drei älteren Brüder Karl Georg August, Georg und August waren auf Anraten des Arztes Dr. Wageler bald nach ihrer Geburt in kaltem Wasser gebadet worden, um die Weihe der Kraft zu erhalten, und auch ansonsten mit zweifelhaften medizinischen Methoden behandelt worden, sodass sie unheilbare körperliche Gebrechen davon getragen hatten. Es litten alle drei an einer beinahe an Blindheit grenzenden Augenschwäche. Friedrich Wilhelm entging durch Einschreiten des kundigen Leibarztes Dr. Brückmann dieser zweifelhaften medizinischen Behandlung. Er war der einzige Sohn des Erbprinzen Karl Wilhelm Ferdinands, der seine Gesundheit kurz nach der Geburt nicht wieder verlor. In der am 15. Oktober 1771 feierlich vollzogenen Taufe erhielt der neugeborene Prinz den Namen Friedrich Wilhelm. Als Viertgeborener hatte Friedrich Wilhelm keine Aussichten, die Nachfolge seines Vaters auf dem Thron des Herzogs anzutreten. Während der erstgeborene Karl Georg August individuell auf die Nachfolge seines Vaters vorbereitet wurde, wurden die drei jüngsten Prinzen Georg, August und Friedrich Wilhelm durch ihren eigenen Hofmeister unterrichtet. Entgegen dem Ratschlag seines ehemaligen Erziehers Abt-Jerusalem, entschied sich Karl Wilhelm Ferdinand dafür, seine Söhne von dem preußischen Major Johan Adolf von Ditfurth erziehen zu lassen, welcher ihm vom preußischen Hof empfohlen worden war. Karl Wilhelm Ferdinand hatte als Knabe eine sehr liberale Erziehung genossen, die er für seine eigenen Fehler verantwortlich machte und zog daraus die Konsequenz, seine eigenen Söhne auf entgegengesetzte Art zu erziehen. Disziplin, unnachlässige Strenge und pünktliche Ordnung waren seine bevorzugten Mittel. Große Teilnahme schenkte er aber, auch aufgrund seiner anderweitigen Verpflichtungen, seinen Söhnen nicht. Die tägliche Erziehung lag in den Händen von Ditfurth, dem zwar nicht die Kenntnisse, dafür aber die Persönlichkeit eines Pädagogen vollständig fehlte. Aufgrund seiner Erfahrungen als preußischer Offizier hielt er die strengste Gehorsamkeit gegenüber seinen Anweisungen als Lehrer für das höchste Ziel der Erziehung und jeden Verstoß gegen seine Anordnungen strafte er auf unbarmherzige Art und Weise. Seinen an barbarische Wildheit grenzenden Jähzorn ließ er daher oftmals an den Prinzen aus. Besonders häufig traf sein Jähzorn den rastlosen und lebhaften Friedrich Wilhelm, dessen kindliche Unbefangenheit von Ditfurth als Starsinn und Eigenwille gedeutet wurde. Getäuscht durch die Berichte Ditfurths über die vermeintliche Wildheit seines Sohnes, galt Friedrich Wilhelm auch bei seinem Vater schnell als äußerst schwieriges Kind und wurde deshalb nur mit umso strengerer Hand erzogen. Durch eine Unachtsamkeit an der Tafel zog er sich sogar einmal einen so heftigen Faustschlag von Ditfurth zu, dass er ernsthaft im Gesicht verletzt wurde. Die Disziplin, mit der er seit er denken konnte erzogen wurde, verhinderte, dass er es wagte, seinen Kummer der gutmütigen Mutter oder gar dem strengen Vater zu klagen. Von Ditfurth konnten die Prinzen schwerlich gute Sitten und Manieren lernen. Als noch größerer Missgriff sollte sich jedoch die Wahl des ersten Lehrers Jocardi herausstellen. Dieser war Alkoholiker und gab sich den wildesten Ausschweifungen hin, was bei bekannt werden derselben seine sofortige Entlassung nach sich zog. Erst 1780 gelang es seinem Vater mit Karl-Friedrich Pockels einen fähigen Erzieher für die Prinzen zu finden. Pockels war ein ausgezeichneter Lehrer, doch der Ditfurthschen Despotie konnte auch er nicht erfolgreich entgegen arbeiten. Karl Wilhelm Ferdinand war bereits während der letzten Regierungsjahre seines Vaters Karl I. und mit Beginn seiner eigenen Regierung im Jahre 1773 vollauf mit der Erledigung öffentlicher Angelegenheiten beschäftigt. Die prunkvolle Hofhaltung seines Vaters, die in keinem Verhältnis zu den Einnahmen des kleinen Herzogtums standen, fehlerhafte Verwaltung und die Lasten des Siebenjährigen Krieges hatten die Kräfte des Fürstentums erschöpft und beinahe zu einem wirtschaftlichen Zusammenbruch geführt. Durch strenge Sparsamkeit, die er auch selbst vorlebte, gelang es ihm die Schuldenlast zu tilgen und durch erfolgreiche Reformen blühte das Herzogtum Braunschweig auf. Zusätzlich zu den vielen Aufgaben im eigenen Land war Karl Wilhelm Ferdinand durch seine enge Beziehung zu Preußens König Friedrich dem Großen auch noch in politische und militärische Dinge in Berlin eingebunden und von seinen Pflichten als Feldmarschall in der preußischen Armee in Anspruch genommen. In Braunschweig wartete auf den viel beschäftigten Herzog auch kein glückliches Familienleben. Das Verhältnis zwischen Karl Wilhelm Ferdinand und seiner Gattin war konventionell und wahrte die höfischen Formen. Auf einer Reise nach Italien hatte Karl Wilhelm Ferdinand 1766 seine langjährige Mätresse Maria Antoinette von Branconi kennengelernt, in deren Armen er weit mehr Entspannung fand als in den Armen seiner Frau. Karl Wilhelm Ferdinand war daher nur selten am Braunschweiger Hof und griff nur periodisch direkt in die Erziehung seiner drei jüngsten Söhne ein. Seine Laune war dabei meistens schlecht und wenn er mal den Unterricht der Prinzen besuchte, dann hörte er diesem missmutig zu. Seine schlechte Stimmung ließ er durch harte Worte gegen die verschüchterten, schon durch die Gegenwart des strengen Vaters, um Antworten verlegenen Knaben aus. Von den drei Prinzen erregte Friedrich Wilhelm die meiste Anteilnahme seines Vaters, aber durch die strenge Erziehung traute er sich in dessen Gegenwart kaum zu sprechen. Er offenbarte schon als junger Knabe einen brennenden Ehrgeiz, der sich aber aufgrund des schlechten Unterrichts nicht in der Aneignung von Wissen und Kenntnissen entfalten konnte. Seine Jungendjahre verbrachte Friedrich Wilhelm zwischen einem strengen stets gefürchteten Vater auf der einen Seite und einem verhassten tyrannischen Oberaufseher auf der anderen. Das Spielen mit anderen Kindern ihres Alters wurde den Prinzen nie gestattet. Die strenge Disziplin, in der er von seinem Vater und seinem Erzieher gehalten wurde, war das wohl prägendste Merkmal der Jugendzeit Friedrich Wilhelms. Von dieser Jugendzeit, die Friedrich Wilhelm nahezu vollständig in Braunschweig verbrachte, kann kaum als einer für ihn glückliche Zeit gesprochen werden. Darüber, wie sehr Friedrich Wilhelm unter dem despotischen Ditfurth gelitten hat, gibt ein Tagebuch Auskunft, welches er im Jahre 1785 längere Zeit heimlich führte. Aus diesen Aufzeichnungen kann man auch erkennen, dass er seinen Vater trotz allem sehr verehrte und dass er alle Menschen um ihn herum mit großer Sympathie wahrnahm. Da für ihn keine Aussicht bestand, an die Regierung des Herzogtums zu gelangen, war sein höchstes Ziel die Erringung einer Offiziersstelle im preußischen Heer. Als der Leibarzt Dr. Brückmann ihn 1793 in Frankfurt am Main fragte, ‘Was ist denn Ihre größte Neigung?’, antwortete Friedrich Wilhelm, ‘Bloß der Krieg!’. Wie schon sein Vater vor ihm, diente auch Friedrich Wilhelm von früher Jugend an in der preußischen Armee. Fechten, Tanzen, Reiten und Exerzieren lernte er hervorragend, aber jene Bildung, die für einen künftigen Regenten notwendig war, wurde ihm nicht vermittelt. Selbst die für eine erfolgreiche militärische Laufbahn erforderlichen Fähigkeiten und Kenntnisse erlernte er nur unvollständig. Er lernte nie seine Aufmerksamkeit ausdauernd und konzentriert auf nur einen Punkt zu richten. So wuchs er aufgrund der schlechten Erzieher am Braunschweiger Hof zu einem ungebildeten und ungestümen Mann heran. Für die Schönen Künste vermochte er sich weder als Knabe noch als Regent zu begeistern. Dem Schauspiel, egal in welcher Form es auch gegeben wurde, konnte er nichts abgewinnen. Nichts war ihm mehr lästiger Zwang, als einen ganzen Abend im Theater verbringen zu müssen. Die militärische Erziehung übertrug Herzog Karl Wilhelm Ferdinand dem Generalleutnant von Riedesel, in dessen braunschweigisches Infanterie-Regiment Friedrich Wilhelm mit fünfzehn Jahren eintrat. Riedesel, ursprünglich hessischer Offizier, hatte dem Onkel Karl Wilhelm Ferdinands im Siebenjährigen Krieg als Adjutant gedient, war dann in braunschweigische Dienste getreten und hatte als Generalmajor die braunschweigischen Hilfstruppen im amerikanischen Unabhängigkeitskrieg befehligt. Die Regimenter aus Braunschweig galten damals nach den preußischen und hessischen als die besten in Deutschland. Friedrich Wilhelm war von Riedesel und dessen liebenswürdiger Familie sehr zugetan und fühlte sich bei dieser Familie wohler als im väterlichen Schloss, weshalb er diese so häufig als möglich aufsuchte. Sein Vater hielt es nun für erforderlich Friedrich Wilhelm von seinen beiden Brüdern zu trennen, da er den beiden kränklichen Prinzen körperlich wie geistig zu überlegen war. Aber vor allem wollte er Friedrich Wilhelm dem Einfluss seiner Mutter und Schwestern entziehen, von denen er einen verweichlichenden Einfluss auf seinen Sohn befürchtete. Der Herzog hoffte, sein Sohn würde durch den Militärdienst ein wenig männlicher werden. Wenn er im Militär dienen wolle, so müsse er jung sich gewöhnen, seine Kräfte anzustrengen. Am 01. Mai 1787 berief er den Hofrat Ernst Theodor Langer, den Nachfolger Gotthold Ephraim Lessings an der Bibliothek in Wolfenbüttel, zum Erzieher des mittlerweile jugendlichen Prinzen. Der Herzog ließ den Erziehungsplan überarbeiten, um etwaige Lücken zu schließen. Von humanistischer Bildung konnte aber auch jetzt noch keine Rede sein. Die ganze Tageseinteilung für Friedrich Wilhelm war streng und penibel geregelt. Um fern von den Ablenkungen des Hofes die schulische Erziehung Friedrich Wilhelms abschließen zu können, schickte der Herzog seinen Sohn auf Reisen. Von August 1787 bis Mitte Juli 1788 begaben Langer und sein Schüler sich ins schweizerische Lausanne. Wie der Herzog betonte, sei Friedrich Wilhelm für den Soldatenstand bestimmt, und alle Studien müssten daher auf dieses Ziel ausgerichtet sein. Damit die militärische Ausbildung auch während dieser Reise nicht zu kurz kam, erhielt der Hauptmann Moll den Auftrag, Friedrich Wilhelm nach Lausanne zu begleiten. Wie stark Friedrich Wilhelms Interesse fürs Militär schon zu dieser Zeit war, erfahren wir aus den Briefen, die er aus Lausanne an seinen Ausbilder Riedesel schrieb, und in denen er an den Veränderungen in den Regimentern Anteil nahm und sich nach den Kameraden seines Regiments sehnte. Der Herzog überwachte den Lernerfolg und Fortschritt in Lausanne brieflich. Langer hatte den Auftrag regelmäßig über alles an den Herzog zu berichten, sogar Friedrich Wilhelms Briefwechsel im Auge zu behalten. Auf Anordnung des Herzogs hatten Langer und Moll darauf zu achten, dass Friedrich Wilhelm in Lausanne keinen Kontakt mit anderen Jugendlichen hatte, sondern seine Zeit mit Personen gesetzteren Alters verbrachte. Den Dienern war es verboten, hinter dem Rücken Langers oder Molls Aufträge des Prinzen annehmen und ein Kammerdiener musste nachts im Zimmer des Prinzen schlafen. Derart streng überwacht und eingeschränkt lebte Friedrich Wilhelm in Lausanne. Auch am Hof in Braunschweig wurde Friedrich Wilhelm streng überwacht und er wusste, dass jedes Wort und jede Tat seinem Vater mitgeteilt wurde. Sein Vertrauen schenkte er seit frühester Kindheit den Menschen aus der dienenden Klasse. Als Kind tat er es, weil er von ihnen die Hingebung und Beachtung erhielt, die ihm am Hofe verwehrt blieb, und als Jugendlicher tat er es, weil er unter ihnen dem Zwang des Hofes entfliehen konnte. Zeit seines Lebens stand Friedrich Wilhelm der dienenden und der bürgerlichen Klasse näher als die meisten anderen deutschen Fürsten. Friedrich Wilhelm entwickelte in der Kindheit starke humanitäre Instinkte für die Belange seines Volkes und eine starke Anteilnahme, die sich während seines weiteren Lebens noch stärker ausprägte und sich darin manifestierten, dass er gegenüber Dienern und Freunden außergewöhnlich loyal war und die es ihm später als Regent schwer machten, andere Menschen enttäuschen zu müssen. Mittlerweile hatte sich Friedrich Wilhelm körperlich zu einem jungen Mann entwickelt: ‘Aus seinen Augen strahlte Mut und ungewöhnliches Jugendfeuer. Seine Gesichtsbildung und seine Miene war sanft seine Haltung, bei mittlerer Körpergröße, edel. Kraft und Gewandtheit sprachen aus allen Bewegungen des wohlgebauten Leibes. Zu Pferde erschien er jedem weiblichem Auge als ein ausgezeichnet herrlicher Mann’. Die strenge Überwachung und Erziehung hatten aber eine eigenständige Entwicklung seines Charakters verhindert. In Friedrich Wilhelm gärte das Feuer einer stürmischen Persönlichkeit, die sich dem väterlichen Zwang nur schwer fügte. Schon jetzt durchbrach das jugendliche Ungestüm zuweilen die ihm gezogenen Schranken. Eingezwängt in Verhältnisse, die er als einengend empfinden musste, äußerte sich sein Missmut zuweilen in rohen Ausbrüchen. Das Verhältnis zu seinem Vater blieb angespannt, insbesondere da der Herzog mittlerweile alle seine Hoffnungen auf einen würdigen Thronerben auf Friedrich Wilhelm richtete. Die Liebe, die er für seinen Sohn empfand, zeigte sich nur äußerst selten. Dem Herzog fehlte die Gabe, seine Gefühle mit seinem Sohn zu teilen. Dessen jugendliches Temperament konnte er nicht nachfühlen und da er immer nur die strengsten Maßstäbe anlegte, sah Friedrich Wilhelm in Herzog Karl Wilhelm Ferdinand den strengen Lehrmeister und erfolgreichen Landesfürsten, aber nicht den liebenden Vater. Eine innige Beziehung zwischen Vater und Sohn hat sich lange Jahr nicht entwickeln können, bis später die gemeinsamen Interessen und geteilten Kriegserfahrungen eine engere Beziehung zwischen ihnen herstellten. Die Jugendzeit Friedrich Wilhelms weist starke Ähnlichkeiten zu der von Friedrich dem Großen auf. Beide Fürsten litten unter einem strengen und unnachgiebigen Vater, der sie unter ständiger Beobachtung hielt und ihnen den Tagesablauf pedantisch genau vorschrieb. Gleichwohl heizten sie die Konflikte mit ihrem Vater durch ein betont aufsässiges Verhalten ihrem Vater gegenüber immer wieder an. Beide mussten eine Schule harter Prüfungen durchmachen, die sie zwar auf eine große Zukunft vorbereitete, in beiden aber auch einen gewissen Grad an Misstrauen gegen die Menschen erzeugte. 1.2, Ausbildung im preußischen Militärdienst: Von der Reise nach Lausanne zurückgekehrt, sollte Friedrich Wilhelm nun seine eigentliche Laufbahn beginnen. Bei den engen Beziehungen, die sein Vater zum preußischen Hofe und Heere unterhielt, war es selbstverständlich, dass auch sein Sohn in preußische Militärdienste treten würde. Im September 1788 stellte ihn sein Vater deshalb in Potsdam dem preußischen König Friedrich Wilhelm II. vor. Zwischen König Friedrich Wilhelm II. und Herzog Karl Wilhelm Ferdinand bestanden enge familiäre Beziehungen. Der König war von 1765 bis 1769 mit Karl Wilhelm Ferdinands Schwester Elisabeth Christine Ulrike verheiratet gewesen. Am 24. September traf Friedrich Wilhelm in Magdeburg ein, wo er als Stabskapitän in dem hier kasernierten Lengenfeldschen Regiment aufgenommen wurde. Zur damaligen Zeit waren die Regimenter nach ihrem jeweiligen Kommandeur benannt. Die weitere militärische Ausbildung übernahm der Hauptmann Franz Kasimir von Kleist. Von Kleist war gerade erst zum Hauptmann ernannt worden, hatte das Kommando über ein eigenes Regiment erhalten und galt als ausgezeichneter Offizier. In seinem Regiment sollte Friedrich Wilhelm die nächsten Jahre dienen. Die folgenden Jahre waren von einem schnellen und stetigen Aufstieg in der Militärhierarchie, aber auch von persönlichen Problemen geprägt. Magdeburg war von seinem Vater gewählt worden, da er selbst hier die Stellung eines Inspekteurs der Magdeburger Festungsgarnison bekleidete, und so seinen Sohn im Auge behalten konnte. Wie bereits in Braunschweig umgab ihn sein Vater auch in Magdeburg mit strengen Aufpassern, um ihn weiterhin kontrollieren zu können. Er hatte eigenhändig eine Instruktion entworfen, durch die der jungen Prinz sich weit mehr einschränkt fühlte, als es der jüngste Fähnrich tat. Ohne das Einverständnis des Hauptmanns von Kleist durfte er keinen Kontakt zu anderen Offizieren haben, ohne Begleitung nicht in der Stadt umherlaufen, der Besuch von Kaffee-Häusern war ihm verboten, ohne besondere Erlaubnis durfte er keine Nacht abwesend sein und einmal wöchentlich musste er eine Nachricht über die Verwendung seiner Zeit an seinen Vater schreiben. Die älteren Offiziere hatten alle den Auftrag, ihn scharf zu beobachten und seinem Vater Bericht zu erstatten.

Über den Autor

Christopher Schulze wurde 1986 in Braunschweig geboren. Bereits während seines Studiums der Geschichte und Germanistik an der Technischen Universität Braunschweig beschäftigte er sich intensiv mit der braunschweigischen Regionalgeschichte. Seit seinem Universitätsabschluss arbeitet er in der Nähe von Braunschweig als Gymnasiallehrer. Neben der Geschichte seiner Heimatstadt forscht und publiziert er regelmäßig Studien zum Werk Karl Mays.

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